Soziale Medien sind längst mehr als bloße Orte der Unterhaltung, Selbstdarstellung oder der zwischenmenschlichen Vernetzung. Sie haben sich zu zentralen Bühnen politischer Kommunikation entwickelt und bieten zunehmend auch eine bedeutende Infrastruktur für Radikalisierungsprozesse. Vor allem rechtsextreme Akteure setzen auf soziale Medien, um Nutzer*innen in ihrem Sinne zu politisieren. Neben dem Verbreiten von alternativen Fakten und der Konstruktion von Bedrohungsnarrativen bedient sich rechtsextreme Online-Propaganda gerne der visuellen Anziehungskraft sorgfältig gestalteter Bilder, um ihre politischen und kulturellen Botschaften entweder explizit oder suggestiv zu vermitteln (Bempeza, 2020). Inmitten der alltäglichen Flut von Bildern und Inhalten können rechtsextreme Narrative leicht platziert werden, um unauffällig in die alltägliche Wahrnehmung der Nutzer*innen einzudringen. 

Ein in besonderem Maße geeignetes Bildmaterial für diese Strategie bietet die sogenannte Cottage Core-Ästhetik. Es handelt sich dabei um einen populären Social Media Trend, der auf Instagram und TikTok millionenfach rezipiert wird und Bilder von einem romantisierten traditionellen Leben auf dem Land entwirft. In einem abgelegenen Häuschen in der Natur, zwischen blühenden Gärten, handgefertigten Textilien und frisch gebackenem Brot entfaltet sich hier die Fantasie einer Flucht aus der modernen, hektischen Welt in eine idyllische vorindustrielle Zeit, in der das Leben vermeintlich authentischer und einfacher war. Der westliche kleinbäuerliche Lebensstil wird wiederbelebt und so inszeniert, dass er die Sehnsüchte der Gegenwartsgesellschaft nach Ruhe und Naturverbundenheit anspricht. Während diese Ästhetik dabei vordergründig lediglich eine harmlose romantisierte Vision des Lebens auf dem Land entwirft, finden sich in ihr bei näherer Betrachtung zahlreiche Elemente, die dazu geeignet sind, um von rechten Bewegungen instrumentalisiert zu werden. So wird der eskapistische Charakter des Cottage Core Trends potenziell zum Träger rechtsextremer, rassistischer und patriarchaler Narrative.

Ästhetik als Mittel der Ideologieverbreitung 

Um zu verdeutlichen, wie Ästhetiken schädliche Ideologien vermitteln und subtil Boden für autoritäre Politiken bereiten können, lohnt sich ein Blick auf die Geschichte des Faschismus. In den faschistischen Bewegungen der Zwischenkriegszeit spielte die Kulturindustrie eine zentrale Rolle. Durch den Einsatz ästhetisch ansprechender Bilder trug sie wesentlich zur Anziehungskraft des deutschen Nationalsozialismus und des italienischen Faschismus bei (Mosse, 1996). Ihre Propagandabilder erzeugten eine starke Faszination bei den Rezipient*innen und konnten die Menschen auf einer emotionalen und affektiven Ebene ansprechen, indem sie Sehnsüchte weckten und die Erfüllung von Wünschen suggerierten. Die Ästhetik dieser Bilder basierte auf der Kernidee faschistischer Ideologie, welche nach Roger Griffin (1991) in einem palingenetischen Ultranationalismus bestand – also der Vorstellung von einer Wiedergeburt der Nation. Die Nation wird im faschistischen Denken auf Grund ihrer gemeinsamen Herkunft, Kultur und ihres, nach rassistischer Vorstellung, »gemeinsamen Blutes« als eine natürliche Einheit verstanden, welche zugleich über eine naturgegebene, einzigartige Seele verfüge. Diese Vorstellung geht mit dem Glauben an eine natürliche Ordnung einher, in der Nationen voneinander abgegrenzt sind und in einem ausgeprägten hierarchischen Verhältnis zueinander stehen. Die vermeintlich einzigartige Seele der Nation, einschließlich ihrer Werte und Traditionen, gilt es daher vor physischem Niedergang sowie vor vermeintlich degenerativen moralischen, geistigen und kulturellen Bedrohungen zu bewahren (Sternhell et al., 1994).

Die Utopie der wiedergeborenen Nation wurde durch ästhetische, idealisierte Darstellungen von Menschen und Landschaften inszeniert. Im Mittelpunkt der faschistischen Ästhetik stand ein spezifischer Kult der Schönheit sei es in Bezug auf idealisierte Körperformen, politische Zeremonien, alltägliche Rituale oder Darstellungen von Natur- und Gesellschaftsverhältnissen. In diesen Inszenierungen wurde das Schöne als das Starke, das Gute, Wahre und Heilige gefeiert, wohingegen das Hässliche, Unperfekte und Schwache aus den faschistischen Visionen verbannt wurde. Den Adressaten dieser Botschaften wurde versprochen Teil einer Nation großer und schöner Helden zu sein, die anderen Völkern überlegen sei. Solche affektiven Wirkpotentiale visueller Elemente nutzen rechte Ideologien auch heute, wenn sie sich bestimmter Ästhetiken, wie der Cottage Core Ästhetik bedienen, um ihre Botschaften zu vermitteln.

Gegenwelt zur »degenerierten« städtischen Moderne

Als Gegenentwurf zum modernen Leben lässt sich die Cottage Core Ästhetik leicht in Einklang mit den Grundhaltungen antimoderner Bewegungen bringen, die von reaktionär-konservativen bis hin zu offen rechtsextremen Einstellungen reichen. Im antimodernen Diskurs wird die Stadt häufig als ein Ort angesehen, an dem ein angeblich moralischer und kultureller Verfall in besonders ausgeprägter Form zu beobachten sei. Entwicklungen, die mit urbaner Moderne assoziiert werden – etwa Multikulturalismus, die zunehmende Sichtbarkeit und gesellschaftliche Anerkennung queerer Lebensweisen, ein wachsendes Bewusstsein für Rassismus und andere Formen der Diskriminierung ­­̶ werden in solchen Diskursen als »entartet« und bedrohlich stilisiert. Ein ähnlicher Antiurbanismus war bereits fester Bestandteil der NS-Ideologie. Ihr zentraler Mythos, dass die Stärke der Nation nur wiederzugewinnen sei, wenn sie von fremden Einflüssen befreit werde, sah in der städtischen Lebensweise die Gesundheit der Nation gefährdet. Die in der Stadt wirksamen liberalen und kosmopolitischen Einflüsse hätten zu einer Entartung der Kultur und Dekadenz der Sitten geführt und alles Städtische müsse daher überwunden werden (Laimer, 2001). Diese nationalistisch und rassistisch geprägte Denkfigur wirkt bis heute fort. Rechte Kreise inszenieren urbane Räume erneut als Orte degenerativer Gefahren, während das Landleben als Sinnbild von Reinheit, Ursprünglichkeit und gesellschaftlicher Heilung verklärt wird. 

Die Cottage Core Ästhetik mit ihrer Stilisierung einer traditionellen, naturnahen, westlichen Lebensweise, die sich durch Selbstversorgung, Rückkehr zu traditionellem Handwerk und Unabhängigkeit von moderner Infrastruktur auszeichnet, lässt sich leicht für solche Ideen in Anspruch nehmen. Diese romantisierte Sehnsucht nach dem Ländlichen findet sich auch in rechten ökologischen Online-Bewegungen wie der Crunchy Bewegung wieder. Der Name leitet sich vom knusprigen (»crunchy«) Geräusch naturbelassener Lebensmittel ab und stand ursprünglich für einen linksliberalen, umweltbewussten Lebensstil. Inzwischen hat sich jedoch innerhalb der Crunchy-Bewegung eine Strömung gebildet, die naturnahe Praktiken, alternative Heilkunde und Kritik an konventioneller Medizin sowie industriellen Lebensmitteln mit rechtsextremen Ideologien verbindet (Miller, 2024). Besonders Frauen propagieren dort Aussteigerprojekte, um sich und vor allem ihre weißen Kinder vor den »toxischen Gefahren« der modernen Gesellschaft zu schützen. Gemeint sind dabei nicht nur Pestizide und Impfstoffe, sondern vielfach auch die sozialen und kulturellen Einflüsse einer diverseren Gesellschaft.

Bebilderung traditioneller Weiblichkeit 

Neben dem in der Cottage Core Bildwelt enthaltenen Stadt-Land Gegensatz bieten auch die in ihrem Zentrum stehenden Frauenfiguren das ideale Bildmaterial, um durch rechte oder rechtsextreme Influencer in ihrem Sinne gedeutet zu werden. In den überwiegenden Darstellungen stehen Frauen im Vordergrund, die in ihrem Aussehen eine ganz bestimmte Form von Weiblichkeit repräsentieren: Junge, schlanke, weiße Frauen werden in traditionellen langen Kleidern in der Natur oder bei der Ausübung hausfraulicher Tätigkeiten inszeniert. Diese spezifische Ästhetik, die auf konservativen Weiblichkeitsvorstellungen und traditionellen Geschlechterstereotypen basiert, erklärt auch die Verbindung, die zwischen Cottage Core Inhalten und der Bewegung der sogenannten Tradwives besteht. Unter dem Social Media Trend der Tradwives produzieren junge Frauen Inhalte, in denen sie ihre Rolle als traditionelle Ehefrau und die traditionelle Geschlechterdynamik glorifizieren. Beide Bewegungen weisen enorme ästhetische Überschneidungen auf und Tradwife-Tiktoks werden häufig sowohl mit #CottageCore als auch #Tradwives Hashtags versehen. Das Phänomen der Tradwives wird seit längerem für die subtile Vermittlung rechtskonservativer und antifeministischer Botschaften problematisiert, insbesondere aufgrund nachgewiesener Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen und Figuren der Alt-Right-Bewegung (Sykes & Hopner, 2022). Durch die thematische und ästhetische Nähe werden Cottage Core Enthusiast*innen somit schnell zu antifeministischen Inhalten geleitet, die von Tradwife-Influencerinnen in die Social Media Pop-Kultur integriert werden. 

Zwischen weißem Schönheitsideal und rechter Körperideologie

Die Cottage Core Bilder sind nicht nur aufgrund ihrer weiblichen Identitätsentwürfe anfällig für rechte Instrumentalisierung. Sie sind gleichzeitig geeignet im Hintergrund Vorstellungen von rassischer Reinheit zu transportieren, indem sie, ob gewollt oder ungewollt, häufig ein traditionelles weißes Schönheitsideal propagieren. Rechtsextreme Online-Bewegungen nutzen diese impliziten Bedeutungspotentiale, um die Cottage-Core-Ästhetik in ihrem Sinne rechtsextrem umzudeuten. Die Anthropologin Catherine Tebaldi, die zur Entwicklung rechtsextremer Ideen im Internet forscht, fasst solche Bewegungen unter dem Begriff der »Granola Nazis« zusammen (Tebaldi, 2023). In den Inhalten der Granola Nazis wird eine eng definierte Vorstellung von Schönheit propagiert, in der es im Grunde darum geht, die angeblich überlegene Stärke und Gesundheit des weißen Menschen zu zelebrieren. Aus der Sorge um die »Vitalität« des weißen Menschen leitet sich ihr Interesse an naturnaher, regionaler Ernährung und einem naturverbundenen Lebensstil ab. Themen wie Selbstversorgung, biologische Lebensmittel oder Pflanzenkunde werden mit Elementen heidnischer Mystik verknüpft – etwa durch Naturrituale, den Einsatz von Kräutern oder den Konsum von Rohmilch, die zur Stärkung der Volksvitalität beitragen sollen. Dabei bedienen sich die Granola Nazis einer ähnlichen Bildsprache wie die Mainstream Cottage Core Ästhetik, gleichzeitig machen sie jedoch rassistische Implikationen explizit und verbinden sie mit Ideologien von Rassenhierarchien. Die Beschäftigung mit natürlicher Schönheit und Gesundheit dient dazu, faschistische Ideen der Eugenik wiederzubeleben: Weißsein wird mit höherwertigem Erbgut gleichgesetzt und Sorgen um die genetische »Reinheit« weißer Nationen werden konstruiert. Diese Agenda wird durch begleitende Texte wie dem Hashtag #Preservewhitebeauty expliziert gemacht. Während ähnliche Bilder im Cottage Core Kontext nur als ästhetische Vorlieben wahrgenommen werden, dienen sie in modernen faschistoiden Gruppierungen zu einer direkten Aufforderung zur rassistischen Exklusion. 

Landschaften als Zeichen weißer Vorherrschaft

Dieses Konzept des »Bewahrens der weißen, natürlichen Reinheit« lässt sich auch mit den Landschaftsbildern des Cottage Core Trends verbinden. Die Bilder des Cottage Core sind stark von nordamerikanischen und westeuropäischen Kultur- und Naturlandschaften inspiriert und zeigen oft naturbelassene Szenen oder vorindustrielle Landwirtschaft. Die entworfene Bilderwelt ist dabei meist äußert exklusiv: weiße Menschen auf traditionell »weißem« europäischem oder von Weißen angeeignetem nordamerikanischem Boden, die ihren Alltag in Einklang mit der Natur gestalten. Unter einer rechtsextremen Deutungsweise können diese Darstellung als Visualisierung einer vermeintlich »natürlichen« weißen Ordnung gelesen werden, in der eine homogene weiße Bevölkerung in ihrer »natürlichen« geographischen Heimat ihrem »Volkscharakter« gemäß lebt. Wenn die Cottage Core Bilder auf diese Weise latent ethnozentristische Vorstellungen vermitteln können, erscheint es doch ziemlich besorgniserregend, dass sich eine bedeutende Internetcommunity in eine derartige Welt hineinträumt. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass diese Bilder auch eine implizite Ästhetisierung der Kolonialzeit transportieren: Cottage Core orientiert sich stark am englischen Landleben des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, einer Zeit, die von extremer Ungleichheit, rassistischer Ausbeutung und weißer Vorherrschaft geprägt war. Kritiker*innen werfen der Ästhetik daher vor, koloniale Strukturen zu romantisieren und die sozialen Realitäten dieser Zeit zu verklären. Während eine rein eskapistische Cottage Core Ästhetik diese sozialpolitischen Realitäten bewusst oder unbewusst ausblendet, weil sie nur so ihren eskapistischen Zweck erfüllen kann, greifen reaktionäre Gruppen gezielt auf diese Bilder zurück – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Anknüpfung an Zeiten weißer Vorherrschaft. Cottage Core wird dadurch zu einem ästhetischen Instrument, um ein rückwärtsgewandtes, exkludierendes Weltbild zu inszenieren. 

Landschaften als Zeichen neovölkischer Ideologie

Die Landschaftsdarstellungen des Cottage Core werden nicht nur als reaktionäre Propaganda genutzt, sondern dienen auch als Bebilderung neovölkischer Ideen. Augenscheinlich harmlose Naturbilder werden von neovölkischen Akteur*innen als Symbole für eine »reine« weiße Kultur und eine »reine« weiße Nation reinterpretiert. Dabei wird eine organische Verbindung zwischen der heimischen Landschaft und ihrer angeblich angestammten weißen Bevölkerung und Kultur konstruiert, indem Naturbilder durch nordische Runen oder dem Sonnenrad – beides gängige Symbole in neofaschistischen Kreisen - oder Hashtags wie #whiteculture und #heritage kontextualisiert werden (O'Luanaigh, 2013; Tebaldi, 2023). Der Rückgriff auf Elemente germanischer Kultur wird von neovölkischen Gruppen genutzt, um die Ideologie einer rassistisch begründeten Überlegenheit und eine mystische Verbindung zu einem »arischen« Erbe zu konstruieren. Diese Weltanschauung greift den nationalsozialistischen Mythos von Blut-und-Boden wieder auf. Die nationale Einheit, die hier propagiert wird, wird analog zu den vielgenutzten Baum und Waldmotiven als fest in dem weißen, europäischen Boden verwurzelt dargestellt. Derartige neovölkische Narrative beschränken sich nicht auf digitale Räume, sondern finden konkrete Ausdrucksformen in realweltlichen rechten Ökokulten wie den völkischen Siedlungsprojekten der Anastasia-Bewegung. Diese Bewegung verknüpft Naturverbundenheit mit rechter Esoterik und antisemitischen Verschwörungstheorien. Im Kern steht die Idee einer ›weißen Herrenrasse‹, die durch die Rückbindung an ›ihren Boden‹ und Lebensraum zu ihrer ideologisch überhöhten Naturkraft finden soll (Arbeitskreis Anastasia, 2020). 

Cottage Core und die Ästhetik rechter Propaganda

Die Verbindungen zwischen der popkulturellen Cottage Core Ästhetik und rechtsextremer Propaganda verdeutlichen, wie rechte Akteure gezielt moderne Kommunikationsstrategien und beliebte Bildwelten nutzen, um ihre Ideologie subtil zu verbreiten. Indem sie sich von verstaubten Erscheinungsbildern klassischer rechtsextremer Bewegungen lösen und sich ästhetisch an der Mainstream-Jugendkultur orientieren, verwischen sie die Grenzen zwischen radikalen Subkulturen und populären Online-Trends. Unter den zahlreichen harmlosen Cottage Core Bildern fällt es schwer, zu erkennen, welche Inhalte einen rechtsextremen Hintergrund haben. Einzelne Influencer*innen, vorrangig aus dem linken Spektrum, warnen deshalb davor, solche Inhalte unreflektiert zu teilen, da sie möglicherweise von faschistischen Social-Media-Konten stammen könnten.

Durch die Verbindung der romantisierenden Cottage Core Bildsprache mit einem rechtsextremen Deutungsrahmen kann rechte Ideologie in einer attraktiven und emotional wirkenden Weise verbreitet werden und Bedürfnisse nach Entlastung, Entschleunigung und Naturverbundenheit ansprechen. Die Welt des Cottage Core bietet zwar eine Projektionsfläche für unterschiedliche Vorstellungen von einer Lebensweise im Einklang mit der Natur; sie eignet sich jedoch in besonderem Maße um im Sinne einer rechtsextremen Vorstellung von einer »natürlichen Ordnung« gelesen zu werden: eine natürliche Geschlechterordnung, eine natürliche weiße Lebenswelt, die naturgegebenen nationalen Ordnungen und rassistische Hierarchien. Die im Cottage Core angelegte Utopie einer besseren, einfacheren Welt kann so in reaktionäre oder gar faschistische Fantasien kippen. Sehnsüchte nach Stabilität, Orientierung oder Rückzug aus überfordernden Verhältnissen werden dann nicht als strukturelle Probleme verstanden, sondern mit rechten Lösungsmustern beantwortet: Frust über moderne Beziehungsweisen oder die Doppelbelastung durch Familie und Beruf? Rückkehr zur patriarchalen Ehe. Überforderung und Erschöpfung? Flucht ins Ländliche, wo eine »reine« traditionelle westliche Lebensweise weiterbesteht und »natürliche Verhältnisse« eine nationale Reinheit und Ordnung versprechen. Leistungsdruck und das Gefühl gesellschaftlicher Abwertung? Weiße Vorherrschaft als Heilsversprechen einer alten Ordnung.

Gerade weil diese Ideologie in ästhetisch ansprechende Bilder verpackt ist, besteht eine reale Gefahr für die politische Kultur: Wenn es rechtsradikalen Bewegungen gelingt, legitime gesellschaftliche Sehnsüchte nach Entlastung, Gemeinschaft oder Harmonie mit rassistischen, nationalistischen und patriarchalen Vorstellungen zu besetzen, kann schleichend ein kulturelles Klima entstehen, das rechte Politik weiter normalisiert. Um solchen Entwicklungen zu begegnen, müssen diese Imaginationen nicht nur als Teil rechtsextremer Ideologie erkenntlich gemacht werden; es müssen ihnen auch progressive Zukunftsvisionen entgegengesetzt werden, die gesellschaftliche Sehnsüchte ernst nehmen, aber auf Gleichheit, Diversität und Solidarität gründen.