Mit Recht wäre bei einer erneuten Regierungsbeteiligung der FPÖ auf Bundesebene eine Verschärfung solcher Entwicklungen zu erwarten gewesen, konnte man doch zeitgleich im Januar und Februar 2025 beobachten, was in der zweiten Amtszeit Donald Trumps in den USA passierte. Dort wurde im Zeitraffer umgesetzt, was in Österreich erst in den Anfängen steckte: die Strategie eines autoritären Staatsumbaus. In den USA erleben wir mit der Trump-II-Regierung gerade live, was es heißt, wenn eine rechtsautoritäre reaktionäre Regierung an die politische Macht gelangt. Dort werden querbeet durch alle Bereiche ganze Behörden oder Abteilungen geschlossen, die auch nur den Verdacht erwecken, gleichstellungsorientiert zu arbeiten und auf Minderheitenrechte bedacht zu sein. Betroffen davon ist aber auch die mit öffentlichen Mitteln finanzierte wissenschaftliche Forschung, darunter die medizinische Krebsforschung sowie die Weltraumforschung, und selbstverständlich alles, was mit Gendergerechtigkeit, Inklusion, Antidiskriminierungsmaßnahmen oder Diversität zu tun hat.
Die Gefahr weiterer autoritärer Brüche ist auch in Österreich real, wenn auch vorerst auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Dort, wo die FPÖ bereits an regionalen Regierungen beteiligt ist – nämlich in Nieder- und Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Steiermark (wo sie mit Landeshauptmann Mario Kunasek zurzeit sogar die Landesregierung anführt) –, entsteht eine Art Versuchslabor. In all diesen Bundesländern lassen sich autoritäre Tendenzen und staatliche Eingriffe beobachten, insbesondere in den Bereichen Kunst und Kultur. In Niederösterreich soll zum Beispiel Schluss sein mit Gendern in offiziellen Dokumenten der Landesregierung, in der Steiermark kümmert sich nun die FPÖ vermehrt um den Denkmalschutz und um alles, was mit Traditionen und der sogenannten Volkskultur zu tun hat, während der ÖVP die »Hochkultur« bleibt. Zeitgleich werden Haushaltsmittel für die freie Kunstszene gekürzt. All dies mögen nur Ablenkungsversuche und Zugeständnisse an die Wähler*innen der FPÖ sein. Dahinter steht aber, wie wir ja auch weltweit gerade erleben, der Versuch, kritische Kunst und kritische Wissenschaft wie etwa die Gender Studies einzuhegen oder langfristig ganz abzuschaffen. Ob dies direkt durch Verbote oder indirekt durch gezielte Mittelkürzungen passiert, ist vielleicht eher nachrangig. Klar ist die Ausrichtung. Österreich ist neben Ländern wie Ungarn unter Orbán und ehemals Polen unter der PIS-Regierung ebenfalls ein Beispiel dafür, wie rechte Kräfte in der Gesellschaft den Kampf für die traditionelle Familie und gegen jegliche Vielfalt in den Genderidentitäten führen.
Die Gefahr einer Faschisierung ist nicht gebannt
Vieles deutet auf eine Entwicklung in Richtung Faschisierung hin, würde eine gestärkte und radikalisierte FPÖ im Bund erneut an die Regierungsmacht kommen. Unterstützung erhält sie unter anderem von einer auffälligen Allianz aus Millionär*innen und Vertreter*innen der Industrie, die zum Teil offen für eine Koalition mit der FPÖ warben bzw. sich enttäuscht zeigten, dass diese am Ende doch nicht den Kanzler stellte. Angesichts der kriselnden Wirtschaft geht es zum einen um eine Infragestellung der Sozialpartnerschaft, die in Österreich immer wieder zu begrenzten sozialen Kompromissen geführt hat. Das steht mehr denn je zur Disposition. Ein erstes Beispiel hierfür ist die Abschaffung der Bildungskarenz, die es Arbeitnehmer*innen für einen begrenzten Zeitraum bis zu einem Jahr ermöglichte, sich fortzubilden, wenn die Arbeitgeberseite zustimmte. Davon haben vor allem auch Frauen profitiert, die sich nach der Geburt von Kindern wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern wollten.
Des Weiteren gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche von russischer Seite, in Österreich Einfluss auf Regierungen und Beamt*innen zu nehmen, unter anderem von Personen, die direkt unter dem Einfluss der russischen Regierung stehen. Sie haben versucht, vertrauliche Informationen direkt abzugreifen, entweder über die Geheimdienste, wie im Fall von Egisto Ott, dem vorgeworfen wird, als ehemaliger österreichischer Geheimdienstmitarbeiter Kontakte zu Jan Marsalek (Wirecard) unterhalten zu haben, oder durch Bespitzelung von in- und ausländischen Journalist*innen in Österreich.
Aktuell (Stand: Mitte März 2025) liegt die FPÖ laut einer Umfrage immer noch mit 32 Prozent vorn, bleibt also die stimmenstärkste Partei auf Bundesebene. Und das ließe sich vermutlich kurzfristig nur dadurch ändern, dass die anderen Regierungsparteien in Österreich, also ÖVP, SPÖ und NEOS, endlich eine zukunftsfähige Politik betreiben. Österreich ist zudem, stärker als Deutschland, massiv verschuldet. Angesichts der weltwirtschaftlichen Erschütterungen ist in näherer Zukunft auch keine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zu erwarten. Einige bekannte Warengroßhändler wie Leiner mussten schließen und der Einzelhandel ist von diversen Insolvenzen bedroht. Das sind Bereiche, in denen vor allem Frauen arbeiten. Zudem droht immer noch ein EU-Defizitverfahren, das noch nicht ganz vom Tisch ist. Gleichzeitig schwelt die Krise der sozialen Infrastruktur weiter. Die so dringend benötigten Investitionen in die Kultur- und Bildungspolitik oder ins Gesundheitswesen bleiben aus oder lassen weiterhin auf sich warten. Ein brennendes soziales Thema ist dabei leistbares Wohnen. Es bleibt abzuwarten, was ein sozialdemokratischer Vizekanzler hier an Ideen durchsetzen kann, die er in seinem Ressort versammelt. Zugleich wird bereits jetzt deutlich, wie sehr der vielgelobte österreichische »Kompromiss«, der letztlich die FPÖ in der Bundesregierung und im Kanzleramt doch noch verhindert hat, Schattenseiten hat: Selbst die SPÖ befürwortet inzwischen einen Stopp des Familiennachzugs von Asylbewerber*innen nach Österreich, obwohl ein solches Vorgehen ganz offensichtlich nicht europarechtskonform ist. Seit einiger Zeit lassen sich solche Verschiebungen nach rechts innerhalb der Sozialdemokratie oder im öffentlichen Diskurs feststellen, auch wenn sie innerhalb der Partei selbst umstritten sein mögen. So ist die jetzige Frauen- und Wissenschaftsministerin, die von der SPÖ gestellt wird, dezidiert eine Feministin.
Gleichzeitig gibt es Untersuchungen, wonach sich seit der Covid-19-Pandemie ein Großteil der FPÖ-Wähler*innen überhaupt nur noch über der rechten Partei nahestehende Medien informiert – so wie viele junge Menschen, die hauptsächlich Nachrichten über TikTok oder andere soziale Medienkanäle und Podcasts konsumieren. Dabei handelt es sich um Kommunikationsinfrastrukturen, die von der FPÖ und ihrem Umfeld systematisch aufgebaut wurden. Zugleich gibt es immer weniger finanzielle Förderung für alternative linke oder feministische (Print-)Medien. Sie hätten vermutlich zu den Ersten gehört, die ihre Existenzgrundlage verloren hätten, wäre es zu einer Regierung unter Führung der FPÖ gekommen.
Was tun?
Es wird weiterhin die Möglichkeit geben, linke und feministische Themen auf der Agenda zu halten. Für eine zivilgesellschaftliche Organisierung gegen rechts, für soziale und feministische Forderungen und für Klimaschutz ist es noch nicht zu spät. Die bestehenden Strukturen gilt es jedoch zu stärken und auszubauen. Keine Frage: Die Lage ist ernst. Viele Menschen sind angesichts der internationalen Entwicklungen derzeit sehr verunsichert. Das sollte aber nicht zu weiterer Vereinzelung führen oder zu einem Rückzug ins Private, vielmehr braucht es gerade jetzt kollektive Überlegungen, Solidarität und progressive Kräfte, die sich in die Politik einmischen.
Wir müssen aufwachen und all unsere Strategien auf den Prüfstand stellen, die den oben genannten Entwicklungen in den letzten Jahren nur begrenzt etwas entgegensetzen konnten. Die Organisierung der extremen Rechten ist schon sehr weit vorangeschritten, sodass es neue Ideen braucht, wie wir etwa die Menschen in ihrem Alltag wieder besser erreichen können. Druck machen entlang sozialpolitischer Themen scheint da der vielversprechendste Ansatz. »Bezahlbares Wohnen« ist für viele Menschen mittlerweile eines der drängendsten Themen, um das herum auch Fragen der Demokratisierung neu gestellt werden können: Wohnen in genossenschaftlicher und kommunaler Hand, ausgerichtet an den unterschiedlichen Bedürfnissen. So können auch Fragen von Migration, Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit (z. B. zur Lage von Alleinerziehenden oder älteren Frauen*), von kommunalen sozialen Infrastrukturen für Pflege- und Sorgearbeit, barrierefreie soziale Räume, Gesundheitsversorgung für Geflüchtete und marginalisierte Gruppen etc. zusammengebracht werden. Ein solcher Schwerpunkt für einen im Alltag erlebbaren Antifaschismus würde auch zeigen, dass »Vielfalt« nicht einfach ein »kulturelles« Thema ist, das man sich in besseren Zeiten leisten kann, sondern mit der materiellen Dimension von Ungleichheit verknüpft ist.