Alltagserfahrungen und solidarische Allianzen

Gespräch mit Katrin Reimer-Gordinskaya und Selana Tzschiesche
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»Ohne Unterdrückung und ohne Rassismus kein Blues«

In seinem Buch »Die Linke und die Kunst« führt Jens Kastner in die Vielzahl linker Theorien ein, die den Stellenwert von Kunst und Musik für die gesellschaftliche Transformation verhandeln. Wir veröffentlichen hier mit freundlicher Genehmigung des © Unrast Verlags einen Auszug zu Kunst und Black Liberation. 
Die „Equality and Human Rights Commission“ (EHRC) hat ihren lange erwarteten Bericht zu Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Labour Party am 29. Oktober 2020 vorgelegt. Er erhebt gravierende Vorwürfe gegen die Partei in der Amtszeit von Jeremy Corbyn als Vorsitzenden und enthält eine Reihe von Empfehlungen und Aufforderungen, zu denen sich die Partei bis Dezember verhalten soll. Nach der Veröffentlichung des Berichts hat die Parteiführung, ausgehend vom neuen Generalsekretär David Evans die Mitgliedschaft Jeremy Corbyns suspendiert, nachdem dieser aus Sicht der Parteiführung die Ergebnisse des Berichtes ohne vorherige Abstimmung relativiert habe.
Teile der Öffentlichkeit schauen derzeit beunruhigt nach Frankreich. So wurde selbst in deutschen Medien zurückhaltend darauf hingewiesen, dass die Strategien zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Frankreich äußerst gewalttätig sind und einer Revision bedürfen. Aktueller Höhepunkt war der Tod des jungen Steve Maia Caniço, der während eines Polizeieinsatzes gegen die Besucher*innen eines Technokonzerts in Nantes in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni in der Loire ertrank, dessen sterbliche Überreste aber erst mehr als einen Monat später aus dem Fluss geborgen werden konnten.
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Weder Washington noch Peking - Selbstbestimmung für die Menschen in Hongkong

Die westlichen Mainstream-Medien beschreiben die Lage in Hongkong oft eindimensional und präsentieren Hongkong als Opfer der Tyrannei Pekings und die USA und das Vereinigte Königreich als Verfechter der Autonomie Hongkongs und der Demokratie. Peking wiederum beteuert, weiterhin zur Autonomie und Demokratie in Hongkong zu stehen, sieht Hongkong jedoch aktuell durch eine »ausländische Intervention« bedroht. Die Argumente dieser beiden Lager spiegeln und ergänzen sich. Die Realität ist allerdings weitaus komplizierter.
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LuX Kontrovers: Perspektiven der Protestbewegung in Hongkong

Seit Sommer 2019 gibt es in Hongkong Massenproteste. Auslöser war ein geplantes Auslieferungsgesetz an die Volksrepublik China. Es schürte Ängste vor einer Aushöhlung des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme", das den Status Hongkongs als Sonderverwaltungszone in China absichern soll. In den folgenden Wochen und Monaten nahmen über eine Million Menschen an Demonstrationen teil, die Bilder der kreativen Protestformen mit Regenschirmen, Barrikaden und Laserpointern gingen um die Welt. Bei den Kommunalwahlen im November 2019 verlor die pekingnahe Regierungspartei dramatisch an Zustimmung.
Wann immer in Deutschland von französischen Banlieues die Rede ist, stehen die Themen Kriminalität und Gewalt im Vordergrund. Auch in der Linken haben sich bestimmte Eindrücke festgesetzt: einerseits von rebellischen Jugendlichen, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, die jeden Anlass dafür nutzen, mit ›disruptiven Mitteln‹ ihrer Gegnerschaft zum bestehenden System Ausdruck zu verleihen; andererseits eine deklassierte Arbeiterklasse, meist ohne Migrationshintergrund, die sich schon seit Langem von der Politik abgewendet hat und – wenn sie sich überhaupt zu Wort meldet – mit dem Front National sympathisiert und sich an dessen Versprechungen klammert.
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Die verbindende Kraft von #BlackLivesMatter

Vom 24. bis zum 26. Juli kamen auf dem Gelände der Cleveland State University mehr als 1000 AktivistInnen und Organisierende zur Versammlung »Bewegung für Schwarze Leben« (Movement for Black Lives ­– M4BL) aus den gesamten Vereinigten Staaten und anderen Ländern zusammen. Fast ein Jahr nach dem Tod von Michael Brown in Ferguson war es das Ziel des Zusammentreffens, den AktivistInnen einen Raum zu schaffen, in dem sie um den Verlust derjenigen trauern können, die von PolizistInnen umgebracht worden sind. Hier können sie die gegenseitige Unterstützung stärken und die Bewegung der M4BL, welche sich seit dieser Zeit exponenziell verbreitert hat, strategisch ausbauen.
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"Wir müssen Sicherheit selbst definieren"

Das Hashtag #BlackLivesMatter entstand 2012 in den USA im Kontext des Todes von Trayvon Martin. Der unbewaffnete schwarze Schüler wurde von George Zimmerman, einem Nachbarschaftswachmann einer Gated Community in Florida, auf offener Straße erschossen. Während Zimmerman freigesprochen wurde, wurde der Schüler posthum für seinen eigenen Tod verantwortlich gemacht. Trayvon Martin steht – wie Mike Brown und viele andere – für die hunderten schwarzen Menschen, die rassistischer Gewalt zum Opfer fiehlen.
Kann die Subalterne sprechen? geht auf einen Vortrag von mir mit dem Titel Macht und Begehren (Power and Desire) vom Sommer 1983 zurück. Ich versuchte gerade, mich aus dem Bann von Foucault und Deleuze zu befreien. Zugleich war dies wohl der Zeitpunkt, an dem sich Derrida der Politik zuzuwenden begann. Im Zentrum meines Schaffens stand damals die französische Theorie, standen Yeats und Marx – ich war auf Europa konzentriert. Aber ich spürte, dass die Zeit reif war für eine Veränderung. In meiner anfänglichen Euphorie wandte ich mich dahin, woher ich gekommen war, ich besann mich auf die (soziale) Klasse, aus der ich stammte.
Die Veränderungen der Lage der schwarzen Arbeiterklasse in den USA während der letzten 60 bis 70 Jahre entsprechen den gleichzeitigen Entwicklungen im US-Baseball. Auch Baseball kann als Industrie betrachtet werden. Neben der Major League, den beiden nordamerikanischen Profiligen, in denen bis 1947 nur Weiße spielten, gab es bis in die 1950er Jahre die schwarzen Negro Leagues, die zwar untergeordnet, aber dennoch bedeutend waren. 1947 setzte im Baseball ein Prozess der Desegregation ein: Jackie Robinson von den Brooklyn Dodgers war der erste schwarze Major-League-Spieler, ihm folgten bald weitere herausragende schwarze Spieler in anderen Mannschaften.