Alternativen nach dem Scheitern der Yasuní-Initiative
Die Regierung von Rafael Correa hat angekündigt, eines der revolutionärsten ökologischen Vorhaben aufzugeben: das „Yasuní ITT-Projekt“. Ecuador hätte sich darin verpflichtet, das Erdöl im Yasuní-Park (einem der an Biodiversität reichsten Gebiete der Welt) nicht zu fördern, wäre die internationale Gemeinschaft im Gegenzug bereit gewesen, die Hälfte der Einnahmen aufzubringen, die Ecuador durch die Nicht-Nutzung des Vorkommens verloren hätte. Das Projekt stellt eine Marktlogik in Frage, die unbegrenztes Wachstum postuliert und dieses als einzig mögliche ‘Entwicklungs’-Perspektive behandelt.
Das Yasuní-Projekt wurde ursprünglich von sozialen Bewegungen und Umweltorganisationen entwickelt, dann allerdings auch von Präsident Correa aufgegriffen. Bedauerlicherweise hat die Regierung nun angekündigt, die Yasuní-ITT-Initiative (den so genannten Plan A) aufzugeben und stattdessen die Erdölförderung (den so genannten Plan B) voranzutreiben. Begründet wurde der Politikwechsel damit, dass die internationale Gemeinschaft keine Gelder zur Verfügung gestellt habe und Ecuador somit die Ressourcen fehlen, um die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern. Doch die Ölförderung stellt nicht nur eine gravierende Gefahr für die Umwelt dar, sondern auch für die in der Region lebenden indigenen Völker, deren Überleben vom Wald abhängt.
Wir wollen hier eine dritte Alternative ins Gespräch bringen, den so genannten Plan C. Wir sind der Ansicht, dass die für die Armutsbekämpfung notwendigen Mittel auch durch eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums erzielt werden könnten – eine Ausbeutung der Ölvorkommen würde damit verzichtbar.
Wir gehen davon aus, dass die sozialen Probleme Ecuadors nicht auf knappe ökonomische Ressourcen, sondern auf die ungerechte Einkommensverteilung zurückzuführen sind und die Armutsbekämpfung entsprechend nicht von der Ölförderung im Yasuní-Gebiet abhängt. Die heutigen Verteilungsverhältnisse kommen einer kleinen Elite im Land zugute, während sich die Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit nur langsam und in sehr begrenztem Maße verbessern.
Ohne eine Bekämpfung der extremen Reichtumskonzentration wird eine Überwindung der ‚Unterentwicklung’ nicht möglich sein. Unter den heute bestehenden und extrem ungleichen Verteilungsverhältnissen werden die Einnahmen aus der Ölförderung der armen Bevölkerung kaum zugutekommen. Auch wenn eine größere wirtschaftliche Stabilität dazu beiträgt, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern, wird dieser Beitrag verglichen mit dem, was eine andere Verteilungspolitik erreichen könnte, nur bescheiden ausfallen.
Der ecuadorianische Präsident hat auf das Problem der ungleichen Einkommensverteilung selbst des Öfteren hingewiesen:
“Die Armut ist die nicht Folge fehlender Ressourcen, sondern eines ungeeigneten, perversen Systems (…) Wir leben in einem der ungleichsten Länder der Welt.” (El Ciudadano, 8.5.2012)
Nichtsdestotrotz propagiert die Regierung heute einen neuen Diskurs der Armutsbekämpfung, bei dem die Umverteilung des Reichtums keine größere Rolle mehr spielt. Stattdessen argumentiert sie, dass neue Öleinnahmen für ihre Sozialpolitik unabdingbar seien. Dieser Diskurs mündet in eine Art Fatalismus, der nur die Wahl des geringeren Übels kennt und eine falsche Dichotomie eröffnet: entweder Ölförderung oder Verschärfung der Armut.
Auch wenn von offizieller Seite betont wird (zumindest in den an die Bevölkerung gerichteten Informationsbroschüren), die Ölförderung in Yasuní solle Mittel für die „Entwicklung“ und für die Transformation „des auf Rohstoffexport beruhenden Wirtschaftsmodells“ bereitstellen, gilt die Hauptsorge der Regierung der Verwundbarkeit der Wirtschaft gegenüber möglichen internationalen Krisen. Die Ölförderung soll helfen, Devisen einzunehmen und somit eine monetäre Liquidität sichern, die Voraussetzung für das Funktionieren des Wirtschaftskreislaufs ist. In diesem Zusammenhang gilt es aber zu bedenken, dass die Liquiditätsprobleme weiter bestehen werden, solange nicht wirklich versucht wird, das Dollar-System2 (geordnet) zu verlassen und Regionalstrategien gegen die Macht der großen internationalen Wirtschaftsnationen zu entwickeln.