Es gibt eine Liste der europäischen Sozialisten, d.h. derjenigen, die Europa in den letzten Jahren im Namen der Austerität, des Abbaus von Arbeitsrechten regiert haben; es gibt eine Liste der Liberalen, und es gibt eine Liste der Linken, der Partei der Europäischen Linken, d.h. derjenigen, die in den letzten Jahren gegen diese Politiken und für eine andere Lösung gekämpft haben", sagte Nicola Fratoianni. Und weiter: "Wir sind diejenigen, die der Meinung sind, dass in einer Welt, in der die Ungleichheit immer größer wird, ein Teil des Reichtums an diejenigen umverteilt werden muss, die nichts mehr haben, an diejenigen, die der Meinung sind, dass das Thema der ökologischen Transformation der Wirtschaft in den Mittelpunkt gestellt werden sollte und dass die Arbeit neu verteilt werden sollte, wodurch die Arbeitszeit bei gleichem Lohn reduziert wird. Wir müssen die Fragen des konkreten Lebens der Bürger wieder in den Mittelpunkt stellen."
Die Linke legt ein Programm vor, das eine radikale Alternative zu dem der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) sein will: gegen Austerität und das Europa der disziplinierenden Haushaltsregeln, für eine Vermögenssteuer zur Umverteilung des Reichtums, für mehr Rechte der Arbeiter*innen und mehr Schutz am Arbeitsplatz.

"Man versteht sofort, wer wir sind und was wir vertreten und verteidigen wollen: die sozialen Rechte der Arbeit, die Rechte der Frauen und der LGBT-Welt, die Belange der Schwächsten und Verletzlichsten, das Recht unserer Kinder, eine Zukunft auf diesem Planeten zu haben. Wir sind die Linke, die für die Umverteilung des Reichtums in einem Land eintritt und kämpft, in dem die Ungleichheiten auf unerträgliche Weise zugenommen haben. Wir sind die Linke, die gegen den Fiskalpakt gekämpft hat und die die Lebensqualität der Menschen in das Zentrum Europas stellen will. Wir sind diejenigen, die sagen, dass wir angesichts des Krieges zwischen den Armen, der in den Vororten unserer Städte ausgebrochen ist, effiziente Dienstleistungen, Wohlfahrt und Hilfe für die Schwächsten brauchen, wir brauchen Schulen und Kindergärten, wir brauchen die Fürsorge für die Menschen und das Gemeinwohl. Wir sind die Linke, die den Mut hat, die Wahrheit zu sagen: Wenn wir Europa retten wollen, müssen wir es ändern." Nicola Fratoianni, Nationalsekretär von Sinistra Italiana

Das Symbol der Liste wurde auf der Grundlage einer Online-Befragung von etwa 20.000 Aktivist*innen ausgewählt. Unter dem Namen "La Sinistra" auf rotem Hintergrund befinden sich die Symbole der Linksfraktion im Europäischen Parlament GUE/NGL und der Partei der Europäischen Linken. Die Basis bilden die Farben Grün für den Umweltschutz und lila für die Kämpfe um die Rechte der Frauen. Zusammen mit Nicola Fratoianni standen Maurizio Acerbo, Nationaler Sekretär der Partito della Rifondazione Comunista, und Eleonora Forenza, Europaabgeordnete der Linksfraktion GUE/NGL im EU-Parlament, auf der Bühne.

"In der Europäischen Union werden jedes Jahr 1.000 Milliarden Euro hinterzogen. Der Kampf muss gegen Steueroasen, die großen Steuerhinterzieher*innen und die Superreichen gehen, nicht gegen die Armen, die vor Hunger und Krieg fliehen. Wir sind die Liste derjenigen, die sich immer im Namen eines anderen demokratischen und sozialen Europas gegen die europäischen Verträge ausgesprochen haben, während die Lega und die Rechte sie zusammen mit der Mitte-Links-Fraktion angenommen haben. Im Europäischen Parlament ist unsere Fraktion die rot-grüne Fraktion, die die Kräfte der Linken, Feministinnen und Ökolog*innen zusammenbringt, die für den Wandel in allen Ländern kämpfen, von Unidos Podemos bis Bloco de Esquerda, von France Insoumise bis DIE LINKE". Maurizio Acerbo, Nationalsekretär von Rifondazione Comunista

Ursprünglich galt der Bürgermeisters von Neapel, Luigi De Magistris, als der wahrscheinlichste Kristallisationspunkt einer gemeinsamen linken Liste in Italien. Im März 2018 hatte der griechische Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis, der ehemalige sozialistisches Präsidentschaftskandidat Benoît Hamon aus Frankreich und Luigi de Magistris bei einer Zusammenkunft in Neapel bekanntgegeben, dass sie zur nächsten EU Wahl im Mai 2019 zusammen mit anderen Linkskräften mit einer "bahnbrechende europäische transnationale Liste" Liste antreten wollen. (siehe "Varoufakis, Hamon und Luigi de Magistris starten Liste zur EU-Wahl") Anfang März 2019 machte De Magistris einen Rückzieher und gab bekannt, dass er nicht an den Europawahlen teilnehmen wird. Nach Ansicht vieler will De Magistris keine Niederlage bei der Europawahl riskieren, sondern die Energie erhalten, um sich auf nationaler Ebene zu einem starken Gegenspieler gegen den faschistischen Innenminister Matteo Salvini aufzubauen.

"Zwei Albträume tauchen auf der europäischen Bühne auf: die Fortsetzung der neoliberalen Politik und das Vordringen reaktionärer Populismen. Sie werden zum einen durch die Stärkung der »europäischen« Achse zwischen Frankreich und Deutschland und zum anderen durch die fremdenfeindlichen Nationalismen von Orban und Salvini repräsentiert. Zwei miteinander verbundene Alpträume: Weil der Neoliberalismus, den die EU-Verträge »konstitutionalisiert« haben, und die Massenverarmung, die sich aus der neoliberalen Bewältigung der Krise ergibt, einen fruchtbaren Boden für eine nationalistische Reaktion geschaffen haben; weil mit der Ideologie des Wettbewerbs, die zum »gesunden Menschenverstand« wird, die Idee des »Zuerst kommen wir« Einzug hält und sich am Ende leichter durchsetzt. Wir haben die politische Pflicht, eine politische Alternative zu diesen beiden Alpträumen zu schaffen: einen dritten Raum, der darauf abzielt, das Machtgleichgewicht im europäischen Raum zu verändern, der das Ziel verfolgt, die Zwangsjacke der Verträge zu durchbrechen. Lasst uns nicht zögern, es geht weder darum den europäischen Superstaat noch den Nationalstaat zu verteidigen, sondern es geht daraum das Projekt eines europäischen Raums, der von der neoliberalen Herrschaft befreit ist, zu verteidigen. Eleonora Forenza, Mitglied des Europäischen Parlaments (GUE/NGL), Rifondazione Comunista

Auch "Potere al Popolo" (PaP) - ein Bündnis von Aktivist*innen des neapolitanischen Sozialzentrums "Je so’ pazz", anderer Vereinigungen und Rifondazione Comunista, das bei der letzten Wahl des italienischen Parlaments etwa 400.000 Stimmen errang – ist nicht auf der Liste. Im Laufe der Verhandlungen isolierte sich PaP von den anderen linken Kräften mit so weitgehende Bedingungen für ein gemeinsames Projekt – Ablehnung der europäischen Verträge, Austritt aus der NATO und kein Bündnis mit der PD, auch nicht auf lokaler Ebene -, die ein Bündnis mit "Sinistra Italiana" unmöglich gemacht hätten. Die PD-Abspaltung "Articolo 1 – Movimento Democratico e Progressista" ist im Gespräch mit dem neuen PD-Sekretär Nicola Zingaretti, um einige ihrer Kandidat*innen auf der PD-Liste unterzubringen. "Articolo 1 – MDP" ist im Februar 2017 aus dem linken Flügel der damaligen Regierungspartei PD gegründet worden und hatte bei der letzten nationalen Wahl 2018 im Bündnis mit "Sinistra Italiana" als Liste "Liberi e Uguali" kandidiert. "Liberi e Uguali" kam auf 3,4%. Mit der gemeinsamen Liste "Europa Verde" (Grünes Europa) treten die Grünen und die Partei "Possible" an.

"Um mit der Umweltzerstörung aufzuhören, müssen wir die Zentralität des privaten Profits in Frage stellen: Sowohl die Natur als auch die Arbeit werden von diesem Raubkapitalismus verwüstet. Es bedarf einer entschlossenen öffentlichen Intervention, um private Unternehmen zu veranlassen und zu verpflichten, ihre Produktion umzustellen und ihre Produkte umweltfreundlich zu modifizieren. Die linksgerichtete vereinte Liste stellt daher einen radikalen Wandel des Entwicklungsmodells in den Mittelpunkt ihres Programms, das auf der Umverteilung des Geldes, der Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichem Gehalt und der ökologischen und sozialen Umstellung der Wirtschaft basiert. Die einheitliche Liste führt im Gegensatz zur Zersplitterung der letzten Wahlen dazu, dass die italienische Situation zu einer positiven Übereinstimmung mit der Situation auf dem Rest des Kontinents führt. Diese einheitliche Liste entstand dank der entscheidenden Rolle der Partei der Europäischen Linken, die sich in den letzten Jahren zunehmend als Schwerpunkt des einheitlichen Aufbaus der Linken auf europäischer Ebene konsolidiert hat." Paolo Ferrero, Ex-Nationalsekretär Rifondazione Comunista, Vize-Vorsitzender der Europäischen Linken

Die 4-Prozent-Hürde überwinden

Bei der zurückliegenden Europawahlen 2014 kam die linke Liste "Altra Europa con Tsipras" (Anderes Europa mit Tsipras) auf 4,03%. Die PD erreichte mehr als 40% der Stimmen. "Altra Europa con Tsipras" hatte auch die Grünen mit einbezogen, während diesmal im Wesentlichen nur "Sinistra Italiana", Rifondazione Comunista und einige andere Sektoren der Linken zusammenkommen. Die Grünen kandidieren mit einer eigenen Liste, Linksabweichler*innen der PD suchen den Weg zurück und ein großer Teil der übrigen, zersplitterten Linken wird bei der Europawahl nicht auf dem Stimmzettel zu finden sein. Trotzdem gibt sich Nicola Fratoianni zuversichtlich, dass "La Sinistra" die 4 Prozent-Hürde überwinden wird. Die PD ist heute viel schwächer, sagt Fratoianni, und hofft auf Stimmenzuwachs aus dem Lager der PD. Mindestens vier Frauen und einen Mann sollen in das Europäische Parlament einziehen. Für die Inseln ist der Journalist Corradino Mineo auf Platz 1 gesetzt; im Nordwesten Italiens steht Eleonora Cirant an der Spitze, eine Aktivistin aus der Frauenbewegung "Nonunadimeno"; Silvia Prodi, Enkelin des ehemaligen Premierministers, hat den Spitzenplatz im Nordosten; im Zentrum führt Marilena Grassadonia, Präsidentin von Associazione famiglie Arcobaleno, die Liste an; und im Süden steht die Europaabgeordnete Eleonora Forenza auf dem ersten Platz. Luciana Castellina, legendäre italienische Kommunistin und Gründerin der Zeitung Il Manifesto, kandidiert in Griechenland auf der Liste von SYRIZA, während der griechische Journalist Argiris Panagopoulos, Vertreter der Partei von Tsipras, auf der italienischen Liste steht.
Mit dieser Entscheidung trifft sich die beste Geschichte der italienischen und europäischen Linken", gratulierte Nicola Fratoianni. "Wir haben viele Geschichten, aber wir wollen eine große gemeinsame Geschichte aufbauen, die die Geschichte der Linken ist. Menschen, die denken, dass es möglich und notwendig ist, zu verändern. Wir wollen Elemente der Partizipation wieder aufbauen, die wir alle brauchen", sagt Fratoianni.

Die Linke ist antifaschistisch

Auf die Kandidatur von Mussolinis Urenkel für die faschistische "Fratelli d'Italia", ein Bündnispartner von Innenminister Salvini, antwortet "La Sinistra" mit der Kandidatur von Adelmo Cervi. Adelmo Cervi ist der Sohn von Verina Castagnetti und Aldo, einer der sieben Brüder Cervi, die am 28. Dezember 1943 von den Faschisten auf dem Schießstand in Reggio Emilia erschossen wurden.   Der Artikel erschien zuerst auf kommunisten.de.