Kurz vor dem erneuten Amtsantritt Donald Trumps als US-Präsident sind auch die Posten im Weißen Haus verteilt. Anders als sein erstes Kabinett, das ursprünglich überwiegend aus bewährten Establishment-Figuren bestand, stellt Trump diesmal ein ideologisch weiter rechts stehendes und ideologisch kohärentes Team auf. Eine Sache hat sich allerdings kaum verändert: aus welcher Klasse das Team stammt und welcher es dient. Denn es sind diverse Multimillionäre und Milliardäre, die sich hier zusammenfinden.
Diese sehr spezielle Kapitalfraktion kann in Anlehnung an Marx als »Lumpenbourgeoisie« bezeichnet werden. Ihr »Instinkt« lehre sie, dass die Demokratie ihnen zwar den Zugang zur Macht ermögliche, sie aber »zugleich deren gesellschaftliche Grundlage unterwühlt«, so Marx in Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Also weg mit der Demokratie! Diese »Lumpen« verfolgen kein produktives Projekt. Stattdessen versuchen sie alle Schranken der Ausbeutung von Mensch und Natur nieder- und den Reichtum notfalls auch mit Gewalt an sich zu reißen. Raub oder »Akkumulation durch Enteignung«, wie es David Harvey nannte. Die neue Stellung der Lumpenbourgeoisie ist also selbst Ausdruck der Krise der Kapitalismus wie der mit ihr verbundenen liberalen Demokratie.
Die sicherlich schillerndste Figur aus diesem Kreis ist Elon Musk. Der Tech-Milliardär gab schon mal einen Vorgeschmack auf die neue Regierungspraxis. Über seinen Kanal X führte er medial Krieg gegen die britische Regierung, unterstützte mit Millionen auch die radikale britische Rechte – und nun auch offen den Wahlkampf von Alice Weidel und der AfD. Jenseits der schwerreichen Gefolgsleute Trumps gibt es aber auch hierzulande weniger bekannte Gesichter in der neuen Regierung. Einige aus dem engsten Beraterkreis von Trump sind Rechtsintellektuelle und gelten als Vordenker seiner Agenda. Max Böhnel wirft einen Blick auf diese »Lumpen«.
(Mario Candeias für Redaktion)
Russell Vought
Russell Vought, Jahrgang 1976, sieht mit seinem gestutzten grauen Bart und seiner Allerwelts-Brille eher wie ein Buchhalter als ein MAGA-Extremist aus. In Wirklichkeit ist er beides. Im November 2024 kündigte Trump an, ihn zum Direktor des Office of Management and Budget (OMB) zu ernennen. Die Behörde legt die Ausgabenprioritäten für die gesamte Bundesregierung fest. Bewilligt wird das Budget davor vom Kongress. Aber wie das Geld ausgegeben oder wem es vorenthalten wird, fällt dem OMB-Direktor zu, der damit eine Menge Macht auf sich vereint. Sollte eine Senatsmehrheit Voughts Nominierung zustimmen, wovon momentan ausgegangen wird, dann wird dieser Technokrat im MAGA-White House 2.0 zu einer Schlüsselfigur werden.
Im Gegensatz zu den meisten nominierten Mitgliedern im neuen Trump-Kabinett verfügt Vought über weitreichende Vorkenntnisse. Denn sein neuer Posten ist der alte. Schon unter Trump 1.0 arbeitete er im OMB, erst als stellvertretender Direktor, dann als kommissarischer Leiter. Nach dem Ende der Trump-Präsidentschaft gründete er 2021 das Center for Renewing America, das unter anderem jegliche Art von Antidiskriminierungsmaßnahmen – Stichwort »Critical Race Theory« – abschaffen will. Das Center war federführend am Project 2025 beteiligt, einer von der Heritage Foundation orchestrierten Blaupause für eine zweite Trump-Präsidentschaft.
Zwar haben auch frühere Präsidenten die Kontrolle über die Verwaltungsbehörden zentralisiert. Das Project 2025 legt jedoch auf einem ganz neuen Niveau unkontrolliert die Macht in die Hände von Trump. Der verkündete bereits, er werde »Diktator sein« – wenn auch »nur für einen Tag«. Gleichzeitig hat Trump im Wahlkampf alle Verbindungen zum Project 2025 abgestritten. Denn der darin entworfene Fahrplan mit dem Ziel einer extrem aggressiven Machtkonzentration in der Exekutive kam in Meinungsumfragen nicht so gut an.