Als Donald Trump am 5. November 2024 die Wahl zum Präsidenten gewann, reagierte die deutsche Ökonomin Isabella Weber mit einem aufrüttelnden Post auf X und löste damit eine Diskussion aus. Sie fragte: »Können wir jetzt endlich ernsthaft über antifaschistische Wirtschaftspolitik sprechen?«[1] Der Post ging in kürzester Zeit viral. Etliche Medien stürzten sich auf die Ökonomin. Sie wollten wissen, was eine »antifaschistische Wirtschaftspolitik« genau sein solle und welche Ziele damit verfolgt werden. Webers Vorstoß wurde in Deutschland vor allem von der Partei Die Linke aufgenommen, aber auch Vertreter*innen der kritischen Wirtschaftswissenschaften, von Jugendorganisationen und Gewerkschaften waren neugierig zu erfahren, was hinter dem Etikett stecken mochte.
Im Nachhinein erklärte Weber, sie sei schockiert gewesen vom Ergebnis der Wahl, aber nicht überrascht. Viele Leute hätten Trump gewählt, weil das Leben für sie immer teurer geworden sei. Die Demokraten hätten es versäumt, »die wirtschaftlichen Sorgen der Wechselwähler wirksam anzusprechen«.[2] Man habe die finanziellen Probleme der Menschen ignoriert. Donald Trump sah das ganz ähnlich: »Einwanderung und Lebensmittel – damit habe ich die Wahl gewonnen«, sagte er im Fernsehsender ABC, »ein sehr einfaches Wort: Lebensmittel. Wissen Sie, wer das Wort jetzt benutzt? Ich! Ich sage jetzt immer: Lebensmittel. Wenn du Äpfel kaufst, wenn du Speck kaufst, wenn du Eier kaufst – da haben sich die Preise in kürzester Zeit verdoppelt und verdreifacht. Deshalb habe ich die Wahl gewonnen. Wir werden diese Preise senken.«[3] Also propagierte er: »Make eggs cheap again!« Was zunächst nach einer Verballhornung seines zentralen Wahlkampfslogans »Make America Great Again« – MAGA – klang, war tatsächlich ernst gemeint. Und verfing.
Dass der Post von Isabella Weber so viel Resonanz erfuhr, hatte mehrere Gründe.[4] Die an der University of Massachusetts lehrende Ökonomin ist keine Unbekannte. Ende Dezember 2021, inmitten der Pandemie, war sie in einen internationalen »Shitstorm« geraten, nachdem sie angesichts rasant gestiegener Gaspreise im britischen Guardian »strategische Preiskontrollen« erwogen hatte. Sie hatte sich schon zuvor lange mit diesem Thema beschäftigt und betont, dass Preiskontrollen ein äußerst kontroverses wirtschaftspolitisches Werkzeug seien und nur unter ganz bestimmten Umständen ein Mittel der Wahl. Da aber die dominante Sicht auf Inflationsbekämpfung wichtige historische Erfahrungen und Argumente ausblende, sei es an der Zeit, auch über solche Maßnahmen nachzudenken. Im Vorwort zur deutschen Übersetzung ihres Buchs »Das Gespenst der Inflation« konstatierte Weber rückblickend: »Ich hatte mich um vorsichtige Formulierungen bemüht. Aber es stellte sich heraus, dass das Stichwort ›Preiskontrollen‹ ausreichte, um in den sozialen Medien einen Sturm der Empörung auszulösen.« (Weber 2023)
