Die praktische Umsetzung der Gaspreisbremse würde der Quadratur des Kreises gleichen. Das war schon vor der Präsentation des Zwischenberichts der von der Bundesregierung berufenen „ExpertInnenkommission Gas und Wärme“ klar. Schließlich sollen die zu erarbeitenden Empfehlungen nicht nur die Gaspreise für private Haushalte und Wirtschaft senken helfen, und zwar möglichst bedarfsgerecht und billig. Das Ganze auch schnell und ohne zu großen bürokratischen Aufwand. Gleichzeitig sollen die Regeln verhindern, dass dabei Einsparanreize auf der Strecke bleiben. Schließlich muss Deutschland aufgrund ausbleibender russischer Lieferungen bis Jahresende rund 20 Prozent Gas einsparen, ansonsten könnten Gasspeicher, norwegisches Trassengas und LNG-Importe nicht ausreichen, um hierzulande durch den Winter zu kommen. Infolge von Entlastungen an der falschen Stelle könnte die Gasnachfrage, etwa in der Industrie oder halbwegs solventen Haushalten, wieder ansteigen, was wiederum Gasmangel provozieren und den Marktpreis für Gas weiter nach oben treiben würde. Ein noch höherer Subventionsbedarf wäre die Folge – eine verhängnisvolle Spirale. 


Der Scholzsche Doppelwumms von 200 Milliarden Euro muss dennoch verteilt werden, und zwar unter enormen Zeitdruck und eingeschränkten Daten, wie die erst Ende September einberufene Kommission selbst beklagt. In der Bundesregierung hatte die FDP zuvor einmal mehr den Blockierer gegeben, Haushaltsmittel rechtzeitig locker zu machen. Ein Grund, weshalb sich Robert Habeck von seinen Beamten im Bundeswirtschaftsministerium zunächst eine Totgeburt wie die Gasumlage aufschwatzen ließ. Bis diese aufgrund der öffentlichen Proteste beerdigt wurde und Christian Lindner endlich die Kasse aufmachte, ging wertvolle Zeit ins Land. Es werde viel zu spät reagiert, über das Thema hätte schon im Juni debattiert werden müssen, kritisierte dann auch Dietmar Bartsch, der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Bundestag.


Das, was am Montag von der 21-köpfigen Kommission präsentiert wurde, steht nun wie zu erwarten unter Beschuss. Doch zunächst zu den Fakten:

Keine Abschlagszahlung im Dezember

Der Kern des Vorschlags ist ein zweistufiges Entlastungsverfahren. Im ersten Schritt wird den Gaskunden die Abschlagszahlung im Dezember erlassen. Die Versorger bzw. Vermieter erhalten dafür einen Ausgleich. Basis dafür bildet die Abschlagzahlung im September. Vielverbrauchende erhalten demnach viel, und wenig Verbrauchende wenig Rabatt. Um diese Schräglage zumindest etwas auszugleichen, ohne größere Haushalte mit naturgemäß höherem Verbrauch zu bestrafen, ist der Rabatt bei der Einkommenssteuererklärung als geldwerter Vorteil anzugeben. Möglichst hohe Freibeträge sollen hier Gaskunden mit geringen Einkommen besserstellen. Die (statistisch zumindest grob bestätigte) Vermutung dahinter: Der Energieverbrauch pro Kopf steigt mit dem Einkommen. Im Falle zentral beheizter Wohn- und Geschäftsbauten soll laut Vorschlagstext die Gutschrift vom Vermieter auf die Wohnungen bzw. Mieter nach den üblichen Schlüsseln umgelegt werden.

Subventioniertes Grundkontingent

Die Einmalzahlung als erste Stufe dienst als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse. Schritt zwei ist die eigentliche Bremse und braucht längere Vorbereitung. Die Expert*innen wollen, dass möglichst ab März nächsten Jahres – also quasi erst nach der Heizperiode – ein Grundkontingent an Gas preislich gedeckelt wird. Für 80 Prozent des Verbrauchs, dem die Abschlagszahlung von September 2022 zugrunde liegt (folglich nicht für eine feste Menge) soll eine Preisobergrenze gelten. Der ermäßigte Preis läge für Privatkunden und kleinere Betriebe bei zwölf Cent je Kilowattstunde (kWh), einschließlich Steuern und Abgaben. Zum Vergleich: Im Frühjahr letzten Jahres lag der Gaspreis bei knapp sechs Cent/kWh. 


Ein über die 80 Prozent gehender Verbrauch wäre mit dem jeweils vertraglichen Arbeitspreis zu bezahlen, in dem bis dahin die Preissteigerung am Großhandelsmarkt (anteilig zu bestehenden Langfristverträgen) eingeflossen sein werden. Die Kommission nimmt hier fürs nächstes Jahr einen durchschnittlichen Gaspreis von 24 Cent/kWh an. Auch in der zweiten Stufe soll die Vorteilsbesteuerung mit Freibetrag gelten.

Industrielle Verbraucher

Für industrielle Verbraucher (größer 1,5 Mio. kWh pro Jahr, ca. 24.000-25.000 Unternehmen, keine Gaskraftwerke) werden nach dem Vorschlag von Januar 2023 bis April 2024 „im Regelfall“ 70 Prozent des Verbrauchs von 2021 subventioniert, dort liegt der Deckel bei einem Beschaffungspreis (also ohne Netzentgelte und Steuern) von sieben Cent/kWh. Wer mehr verbraucht zahlt den Marktpreis. Auch hier der Vergleich zum Frühjahr 2021: Der durchschnittliche Gaspreis für industrielle Verbraucher lag damals bei rund 3 Cent/kWh. Gewerbliche Gaskunden, und noch mehr für Industriekunden, haben seit jeher sowohl seitens der Gasversorger (Großkunden-Rabatte) als auch hinsichtlich der Steuern und Umlagen günstigere Konditionen als Privathaushalte. Das deutsche Exportmodell beruht eben auch auf billigem Erdgas. Ein Umstand, der nicht nur gegenüber kleinen privaten Gaskunden ungerecht ist, sondern auch im Zuge der anstehenden Dekarbonisierung der Wirtschaft Probleme bereiten dürfte. 


Die subventionierte Gasmenge kann laut Bericht das verbrauchende Unternehmen für seine Zwecke nutzen oder am Markt verkaufen. Letzteres soll Anreize zu weitergehenden Gaseinsparungen setzen. Die Förderung ist nach Vorstellung der Kommission an den Standorterhalt und eine Transformationsperspektive zu binden. Die Kommission empfiehlt ferner einen Instrumentensatz für Härtefälle (z.B. durch Liquiditätshilfen, Bürgschaften, Zuschüsse, Kredite).


Analog zum Gaspreis wird nach dem Vorschlag der Expert*innen ein garantierter Brutto-Preis von 9,5 Cent/kWh für Fernwärme für ein Grundkontingent von 80 Prozent eingeführt.

Hilfsfonds für Härtefälle und soziale Dienstleister

Die Kommission schlägt einen Hilfsfonds für Härtefälle von zunächst Januar 2022 bis Februar 2023 vor, der aus zwei Elementen besteht. Zum einen aus einer zinslosen Liquiditätshilfe für die Vermieter und Wohnungsunternehmen, sofern sie für Ihre Mieter*innen bei extremen Preissteigerungen für Gas und Fernwärme in Vorleistung gehen wollen, sowie für Mieter*innen, deren Vorauszahlungen von September 2023 bis Februar 2023 durch die vorgeschlagene Einmalzahlung nicht ausgeglichen werden kann. Zum anderen in einer Unterstützung für Mieter*innen sowie Eigentümer*innen, die von den Preissteigerungen schon vor September dieses Jahres betroffen waren und über das vorgesehene Modell nicht ausreichend entlastet werden. 


Die Expert*innen plädieren ferner für einen Hilfsfonds für soziale Dienstleister (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Reha-Kliniken, Sozialkaufhäuser etc.). 

Energieeinsparung

Zum Auftrag der Expert*innen-Kommission gehört es, „Maßnahmen mit nachfragesenkenden Wirkungen“ vorzuschlagen. Für diesen Energieeinsparblock fehlte in den wenigen Tagen aber offenbar die Zeit zur Ausarbeitung. Lediglich die Überschriften der fünf Körbe zum Großthema stehen: 1. Gesetzgeberische Instrumente; 2. Instrumente, die auf Verhaltensänderungen zielen / Information / geringinvestive Maßnahmen; 3. Monetäre Anreize, um Gas zu sparen; 4. Gas aus der Verstromung drängen, indem das Angebot anderer Energieträger ausgeweitet wird; 5. Investitionen verstetigen und verstärken. Unter diesen fünf Körben findet sich jeweils der Verweis, hierzu würden „weitere Vorschläge“ kommen.

Offene Fragen für die Kommission

Die Expert*innen-Kommission wird ihre Arbeit bis Ende Oktober fortsetzen und dann den Endbericht vorlegen. Bis dahin wird sie sich neben den genannten Körben zum Gassparen unter anderem mit folgenden Fragestellungen auseinandersetzen: Wie wird mit Härtefällen wegen Preissteigerungen bei nicht erdgasbasierten Wärmetechnologien umgegangen (etwa Ölheizungen oder Wärmepumpen)? Wie werden die vorgeschlagenen Entlastungsmodelle vertieft? Wie sind die Konditionen auszugestalten für jene Unternehmen, die an der Gaspreisbremse teilnehmen wollen? Wie werden die vorgeschlagenen Maßnahmen in den europäischen Rahmen eingebettet? 

Wie gerecht ist das Paket?

Die Maßnahmen des zweistufigen Verfahrens würden geschätzte Kosten von 96 Milliarden Euro verursachen. Davon abgesehen, dass das Ganze nur ein Vorschlag ist, von dem vollkommen unsicher ist, inwieweit die Koalition ihn umsetzt: In diesem Modell bliebe rechnerisch eine bislang ungenutzte Lücke von 104 Milliarden Euro zum 200-Milliarden-Doppelwumms. Von diesem Schirm soll aber auch die Rettung der Gasimporteure finanziert werden. Kommissionsmitglied Felix Matthes vom Öko-Institut verweist zudem darauf, dass dieser Topf auch einen Zuschuss zur geplanten Strompreisbremse bezahlen soll, was 50 Mrd. Euro und mehr kosten könnte. Eigentlich sollte diese Bremse aus dem vom EU-Energieministerrat Ende September beschlossenen Paket einer Übergewinnabschöpfung im Strommarkt sowie bei anderen Energieunternehmen (im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich) finanziert werden. Doch die Erlösobergrenze, über die Brüssel Stromerzeuger zur Kasse bitten möchte, ist mit 180 Euro je MWh sehr komfortabel gesetzt. Und die Sonderabgabe bei den anderen Energieunternehmen von 33 Prozent auf jene Gewinne in 2022 und 2023, die mehr als 20 Prozent über dem Durchschnitt von 2019-2021 liegen, könnte auch deutlich höher liegen. Angesichts der schweren sozialen Krise hätte die Politik die Konzerne auch mit einem Plus von 20 Prozent oder weniger nach Hause schicken, und alles darüber vollständig kassieren können. Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung berechnete bei einer Konsequenten Besteuerung Einnahmen von bis zu 100 Milliarden Euro allein für Deutschland.


Notwendig wären die zusätzlichen Mittel vor allem für gezielte Hilfen an bedürftige Haushalte. Denn die kriegsbedingte Explosion der Wärmekosten wird mit dem Modell zwar abgefedert, im Schnitt aber nur um etwas weniger als die Hälfte. Für viele Menschen bleibt eine kaum zu schulternde Zusatzbelastung.


Die fast vollständige Finanzierung der 200 Milliarden aus dem Sonderfonds belastet wiederum die Zukunft. Das geht zwar an die Adresse der Bundesregierung, und nicht der Kommission. Es ist aber einmal mehr ein Tribut insbesondere an die FDP, welche die Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen blockiert. Würden endlich auch Reiche zur Kasse gebeten, könnten auch arme deutlich stärker unterstützt werden.


Ein Vorwurf gegen das Vorschlagspaket erweist sich allerdings als überzogen: Reichere Haushalte würden absolut um ein Vielfaches von dem entlastet, was ärmere Haushalte erstattet bekommen. Da die Entlastungen für die 80 Prozent Grundverbrauch sich auf den bisherigen Gasverbrauch beziehen, würden etwa reiche Poolbesitzer*innen übermäßig bevorteilt, so die Rechnung. Zugrunde gelegt worden sein dürften hier allerdings Untersuchungen, die einen Anstieg sämtlicher Energiekosten mit dem Einkommen zum Inhalt haben. Höchste Einkommen verbrauchen hier rund achtmal so viel Energie wie das ärmste Zehntel, was vor allem an den Treibstoffkosten liegt. 


Bei der Gaspreisbremse geht es aber um die Wärmekosten. Und hier sind die Relationen deutlich weniger krass. Nach einer älteren Berechnung von Benjamin Held verbrauchen Haushalte der oberen Einkommensklassen im Schnitt rund 1,5-mal so viel Heizenergie wie ärmere Haushalte. Die beschriebene Vorteilsversteuerung der Kommission mit den vorgeschlagenen Freibeträgen könnte die verbliebene Schieflage bei der Erstattung zwischen Viel- und Wenig-Verbraucher*innen zumindest zum Teil ausgleichen, je nachdem, wie sie tatsächlich ausgestaltet wird – und ob die reiche Poolbesitzerin in Deutschland tatsächlich Steuern zahlt.


Die Expert*innen-Kommission sieht aber ebenfalls das grundsätzliche Problem des relativen 80-Prozent-Deckels, welcher im Ansatz eher Gießkanne ist als bedarfsgerecht, und damit nicht nur unpräzise, sondern im Vergleich zur Wirkung auch teurer als nötig. Sie plädiert darum unter der Überschrift „Flankierende Maßnahmen“ für „sozial differenzierte Direktzahlungen“ an die Haushalte. Diese seien der „grundsätzlich beste Mechanismus“. Derzeit sei er allerdings nicht umsetzbar, da es dafür keine entsprechende staatliche Infrastruktur gebe. Tatsächlich existiert trotz der jahrelangen Debatte um solche Instrumentenvorschläge wie das „Klimageld“ zur Kompensation von CO2-Kosten bei Energiepreisen immer noch kein Transfermechanismus für solche Direktzahlungen. Die Koalition hat das verschlafen, was man nun gut gebrauchen könnte. Ebenso fehlen verknüpfte Daten zu Wohnungsbelegung, Einkommen und energetischem Zustand des Gebäudes. Versorger wissen in der Regel auch nicht, wie viel Wohnungen oder Büros sich hinter dem Gaszähler verbergen. Datenschützer*innen mögen über die Blackbox nicht unglücklich sein, sei hinzugefügt. 


Ungerechtigkeiten gibt es übrigens auch in eine andere Richtung: Schon mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent im Anfang Oktober werden auch jene glücklichen Menschen entlastet, die in ihren Verträgen langfristige Gaspreisgarantien haben, teils bis Ende nächsten Jahres. Die erste Entlastungsstufe der Gaspreisbremse setzt noch einen drauf: Sie zahlen so weniger für ihre Wärme als vor der Gaskrise. Alles andere wäre administrativ zu aufwendig, wird dies begründet.


Vorgeworfen wird dem Kommissionsergebnis ferner, dass Haushalte mit Ölheizungen leer ausgehen. Tatsächlich werden die extremen Belastungen der meisten Gaskunden mit den Kommissionsvorschlägen in Richtung der Zusatzbelastungen der Heizölkunden heruntergedeckelt. Denn die Gaspreise stiegen in den letzten Monaten um ein Vielfaches stärker als die Heizölpreise. Für Wärmekunden jenseits von Gasheizung will die Kommission dennoch bis Ende des Monats Kompensationsvorschläge vorlegen. 


Mehrfach wird im Papier darauf hingewiesen, dass bei Umsetzung der Vorschläge Vorkehrungen zur Vermeidung von Missbrauch durch Unternehmen getroffen werden müssen. In dem unter großem Druck entworfenen Mechanismen schlummert offensichtlich Potenzial zur Bereicherung. 

Einsparanreize richtig gesetzt?

Dass nur 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs subventioniert werden, setzt grundsätzlich Einsparanreize. Die Kommission hätte dennoch lieber den subventionierten Grundverbrauch haushaltsbezogenen in der Menge begrenzt und nicht nur relativ. Für solch eine Obergrenze seien aber erst die rechtlichen und technischen Voraussetzungen zu schaffen. Der Gedanke dahinter wird sein, dass die (Teil-)Subventionierung von 80 Prozent eines beispielsweise verschwenderisch hohen Verbrauchs klima- und verteilungspolitisch Unsinn ist, und die nachträgliche Abschöpfung der Zahlungen bei Reichen über die Vorteilssteuer nur eine Krücke. Soll das alternative System fair umgesetzt werden, so müssten die Versorger aber beispielsweise auch hier wissen, wie viele Menschen in einer Wohnung leben, wie groß die Wohnung ist und welchen energetischen Zustand sie hat. 


Für industrielle Verbraucher wird eine mengenmäßige Obergrenze des zu entlastenden Gasverbrauches nicht ins Auge gefasst. Aufgrund der enormen Bandbreite der verbrauchten Mengen sei hier eine diskriminierungsfreie Definition nicht möglich, so die Kommission. Hier vergibt sie klar eine Chance, in einen – auch angesichts der Klimakrise – unsinnigen Verbrauch einzugreifen, etwa bei der Produktion von SUVs oder unnützer Plastik-Verpackungen.


Der Bericht verweist vielmehr darauf, dass die Industrie seit Beginn der Krise ihren Gasverbrauch bereits zwischen 20 und 25 Prozent über die gesamte Industrie hinweg reduziert habe. Die Einsparungen seien zum Teil durch Effizienz und Prozessoptimierung, durch einen Wechsel des Energieträgers (von Gas vor allem zu Öl), aber auch durch eine deutliche Reduzierung von Produktionsvolumina erreicht worden. Die Kommission befürchtet, dass letzteres sich im kommenden Jahr zu Lasten von „Wachstum und Beschäftigung“ fortsetzen werde. Die Expert*innen räumen hier immerhin ein „schwieriges Spannungsverhältnis zwischen Sparanreizen auf der einen Seite und dem Erhalt der globalen Wettbewerbsfähigkeit und der Bekämpfung einer Rezession durch reduzierte Gaspreise auf der anderen Seite“ ein. Die Unternehmensseite dürfte bei der Abwägung kräftig in die zweite Richtung gedrückt haben. Insofern kann man auch auf die Ausgestaltung der angekündigten „Transformationsperspektive“ als Voraussetzung für staatliche Unternehmenshilfen gespannt sein.

Nationaler Alleingang und EU-Gaspreisbremse

International gibt es starke Kritik am deutschen 200-Milliarden-Alleingang. Viele EU-Länder befürchten, mit dem Paket – welches sich nur ein solch reiches Land wie die Bundesrepublik leisten könne – würden die Sparanreize hierzulande untergraben. Im Ergebnis werde Deutschland zusätzlich Gas benötigen und den internationalen Gasmarkt absaugen. Die dann verschärfte Gas-Knappheit und den Preistrieb hätten dann auch sie zu bezahlen. Sie fordern stattdessen einen EU-weiten Gaspreisdeckel bereits beim Import des Brennstoffs. Einen solchen lehnen Scholz und Habeck aber ab. Die Ampel befürchtet, bei vereinbarten Höchstpreisen für den Gasimport könnten die Exporteure sich entscheiden, lieber für mehr Geld nach Asien zu liefern. Sie präferiert lieber für eine Art EU-Einkaufsgemeinschaft, um über mehr Marktmacht darüber preisdämpfend zu wirken.


Die Expert*innen-Kommission hat an diesem Streit keinen Anteil, sie arbeitet im vorgegebenen politischen Umfeld. Ihr ist aber dennoch klar, dass der nationale Gaspreisdeckel auch EU-rechtlich heikel wäre. Schließlich wird die deutsche Industrie damit stark subventioniert, um ihr Exportmodell weiterfahren zu können. Der Staat solle die konkreten Regelungen ihrer Vorschläge so ausgestalten, empfiehlt dann auch der Bericht, dass diese bei den beihilferechtlichen Prüfungen in Brüssel nicht durchfallen. 


Ansonsten sei das Konzept grundsätzlich kompatibel zu einem künftigen EU-Gaspreisdeckel (sollte dieser kommen), schätzt die Kommission ein. Würde dieser zu sinkenden Großhandelspreisen führen, würde das lediglich entsprechend geringere deutschen Subventionen für die nationale Gaspreisbremse bedeuten. Das mag stimmen. Wie aber letztlich EU-Gaspreisbremse oder deutscher Gaspreisdeckel tatsächlich aussehen werden, bleibt vorerst noch Spekulation.