In der jüngeren Vergangenheit zeigte sich, wie relevant und immer noch aktuell die Analysen und Konzepte Karl Polanyis sind (Block und Somers 2014; Buğra 2007; Polanyi 1978), etwa für die Untersuchung der Entwicklung kapitalistischer Gesellschaftsformationen seit den 1970er Jahren, der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 (Altvater 2010) aber auch der darauf folgenden Staatsschuldenkrise, der Einführung sogenannter »Austeritätsstaaten« auch im Globalen Norden (Jessop 2015, 2017) wie der daraus resultierenden sozialen Kämpfe.[1]  Maßgebliche Bedeutung kommt den polanyischen Untersuchungen auch für die Analyse des globalen Aufschwungs rechtspopulistischer[2] und radikal rechter Bewegungen und Parteien im Kontext der genannten Entwicklungen zu. In vielen Ländern gelang es diesen Kräften in Regierungen einzuziehen (Campani und Sauer 2017; Heinisch 2016), was in einigen Fällen zu Verschiebungen hin zu illiberalen Demokratien und Autoritarismus führte (Becker 2019; Fabry 2019). 

Aus einer polanyischen Perspektive werfen diese Entwicklungen einerseits die Frage auf, ob die Krisen der Marktliberalisierung und Finanzialisierung (Lapavitsas 2013) seit 2008 zusammen mit dem Aufkommen radikal rechter und rechtspopulistischer Gegenbewegungen auf ein Ende des finanzialisierten Kapitalismus verweisen und den Beginn einer weiteren »großen Transformation« des Kapitalismus markieren. Anderseits stellt sich die Frage, ob die skizzierten Entwicklungen als eine Radikalisierung der kapitalistischen Dynamik – von Polanyi als Marktexpansion verstanden – im globalen Maßstab interpretiert werden können, die durch die austeritätspolitischen Formen des Krisenmanagements weiter vertieft wird. 

Vor diesem Hintergrund bieten Polanyis Überlegungen zum Faschismus (Polanyi 1978, 2003a, 2003b, 2003c) eine Reihe interessanter konzeptioneller Werkzeuge, mittels derer die Rolle und Funktion radikal rechter Politiken zur Bewältigung der Krise kapitalistischer Gesellschaften verstehbar werden.

Rettung des Kapitalismus

Polanyis Konzeptualisierung des Faschismus und seine Rolle für die, wie er es ausdrückte, Rettung des Kapitalismus, bietet eine Reihe interessanter Einblicke (Dale 2016; Harootunian 2006; Polanyi 1978, 2003a, 2003b, 2003c; Reynolds 2015), um den ambivalenten Charakter radikal rechter und rechtspopulistischer »Gegenbewegungen« und ihre Vorschläge zur Bearbeitung der Krisen kapitalistischer Gesellschaften zu verstehen. Dies ist wichtig, da es intensive Debatten darüber gibt, ob diese Bewegungen hauptsächlich als schützende, aber exklusive Reaktionen der Gesellschaften gegen die Marktliberalisierung und die Dominanz des Finanzkapitals verstanden werden sollen. Diese würden das Vakuum füllen, das demokratische linke Parteien und Bewegungen, die die Vorherrschaft der Märkte und die Notwendigkeit von Kürzungen im Wohlfahrtsstaat akzeptiert haben, hinterlassen hätten. Aus einer solchen Perspektive erscheinen der Autoritarismus und die antidemokratischen Neigungen rechtspopulistischer und radikal rechter Parteien sowie ihr Rassismus und Antifeminismus, eher als sekundär. Im Vordergrund stehen vielmehr die Reaktionen auf die ungezügelte transnationale Marktexpansion und Akkumulationsdynamik.

Lange Zeit wurden Polanyis Überlegungen zum Faschismus in Die Große Transformation (1978) sowie in einer Reihe anderer weniger bekannter Schriften, wie etwa Das Wesen des Faschismus von 1935 (2003b), weder systematisch analysiert noch in Zusammenhang mit seiner umfassenderen Konzeptualisierung der kapitalistischen Entwicklung gebracht (Reynolds 2015). Ebenso wenig wurden sie im Verhältnis zu anderen Theorien und Analysen des Faschismus[3] bewertet. Nichtsdestotrotz kann seine Kritik an der faschistischen Philosophie – insbesondere an den Arbeiten des österreichischen Philosophen Othmar Spann – und deren Ablehnung eines universalistischen Freiheits- und Individualitätsbegriffs zugunsten eines Verständnisses von Rasse und Nation, das auf Kampf und Überleben basiert (Polanyi 2003b, S. 200ff) auf andere kritische Theorien des Faschismus bezogen werden.

Polanyis Perspektive auf den Faschismus bietet aber aus heutiger Sicht einige interessante Ansatzpunkte zu Bearbeitung der Fragestellung, inwieweit neoliberale Strategien zur Ökonomisierung und Reorganisation von (Wohlfahrts-)Staatsaktivitäten und Sozialpolitiken sowie Autoritarismus und Rechtspopulismus, die darauf abzielen, soziale Krisen zu ethnisieren und zu kulturalisieren, miteinander artikuliert werden können. Dies wird in einer Rede deutlich, die er 1933 hielt (2005). Darin diskutiert er, wie der Faschismus das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat verändert. Diese Diskussion weist bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit kritischen Analysen neoliberaler Strategien zur Ökonomisierung von Staat und Politik auf:

»[...] der Faschismus will die Politik abschaffen und die Wirtschaft absolut setzen, den Staat aus seiner Position reißen und den Staat aus der Wirtschaft herauslösen. [...] Zusammen mit der Sphäre der Politik schafft der Faschismus die Idee der Freiheit ab.« (Polanyi 2005, 219)

Grundsätzlich stellt für Polanyi (1978, 256) der Faschismus eine Bewegung dar, die darauf abzielt, den Kapitalismus zu retten, und zwar erstens durch die Zerstörung der Demokratie und zweitens durch die Abschaffung der individuellen Freiheit (Polanyi 2003b). Aus dieser Perspektive ist der Faschismus daher nicht einfach eine Antwort auf die Krise und den Zusammenbruch von Gesellschaften, die von der Marktexpansion dominiert werden. Vielmehr beschreibt Polanyi ihn als eine Reaktion auf eine Pattsituation zwischen der ungezügelten internationalen Expansion der Märkte und Akkumulationsdynamiken einerseits und der begrenzten und fragmentierten Umsetzung von Schutzmaßnahmen sowie dem Trend zur Demokratisierung nach dem Ersten Weltkrieg andererseits. Diese konnten nicht auf friedliche Weise gelöst werden (siehe die Beiträge in Polanyi u.a. 2003).

Vor dem Hintergrund der Krise kapitalistischer Gesellschaften und der Reaktionen auf diese versuchte Polanyi zu verstehen, warum der Faschismus den Liberalismus, den Marxismus/Bolschewismus und die Demokratie nur als unterschiedliche Facetten moderner sozialer und wirtschaftlicher Entwicklungen und ihrer aus faschistischer Sicht zerstörerischen Konsequenzen, die auf Menschen, den Staat und die Wirtschaft wirken, betrachtete (Polanyi 2003b). Der Faschismus entsteht demnach als Reaktion auf die tiefe und langanhaltende Krise der Gesellschaft, die durch die bestehende Form der Demokratie oder staatlich organisierter sozialer Schutzmaßnahmen nicht überwunden werden konnte. Vielmehr stellt der Faschismus die Schutz- und Sicherungsfunktionen als Ursache der wirtschaftlichen und sozialen Krise dar und präsentiert sich selbst als Rettung des Kapitalismus. Dafür, so Polanyi, wurde eine revolutionäre Neuorganisation[4] des gesamten Staats- und Gesellschaftsgefüges in Gang gesetzt, die  einem umfassenden Angriff auf die demokratischen Institutionen und Prozesse, Rechte und Organisationen gleichkam und deren Abschaffung durchsetzte (Polanyi 2005, 219).

»Die faschistische Lösung der Sackgasse, in die der liberale Kapitalismus geraten war, kann als eine Reform der Marktwirtschaft beschrieben werden, die zum Preis der Auslöschung aller demokratischen Institutionen sowohl im industriellen als auch im politischen Bereich erreicht wurde. Das Wirtschaftssystem, das in Gefahr war zusammenzubrechen, wurde so revitalisiert, während die Menschen selbst einer Umerziehung unterworfen wurden, die darauf abzielte, das Individuum zu entnaturalisieren und es unfähig zu machen, als verantwortliche Einheit des politischen Körpers zu funktionieren. Diese Umerziehung, die die Grundsätze einer politischen Religion umfasste, die die Idee der Brüderlichkeit der Menschen in all ihren Formen leugnete, wurde durch einen Akt der Massenkonversion erreicht, der gegen Widerständige mit wissenschaftlichen Methoden der Folter durchgesetzt wurde.« (Polanyi 1978, 256)

Um es klarzustellen: Polanyi stellt den antidemokratischen Impuls des Faschismus nicht bloß gegen die liberalen Vorstellungen von Demokratie. Vielmehr mobilisiert er ein breiteres Konzept von Demokratie, das seine Wurzeln in den sozialistischen Debatten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat (Brie und Thomasberger 2018). Für ihn ist Demokratie nicht auf die politische Sphäre im engen Sinne beschränkt. Vielmehr stellt die Ausweitung der Demokratie auf andere soziale Sphären und insbesondere auf die Wirtschaft eine entscheidende Dimension des Entstehens von »Gegenbewegungen« gegen das »liberale Credo« und die Ausweitung der Marktdynamiken und Akkumulationsprozesse seit dem 19. Jahrhundert (Polanyi 2001) dar. Er erwartet, dass diese Entwicklungen schließlich einen Übergang zu einer sozialistischen Wirtschaft ermöglichen werden, die auf demokratischer Planung und Regulierung basiert. Diese würde die Krise und Zerstörung überwinden, die durch eine ausschließlich auf Eigeninteresse basierende Wirtschaft über die Gesellschaft gebracht wurden, und die Freiheit für alle bewahren und ausweiten. Für ihn stellten der Faschismus und der Übergang zum demokratischen Sozialismus zwei alternative Lösungen für den Zusammenbruch und die Krise der »Marktgesellschaft« dar. Dass Liberale dies leugneten, sieht er als zentralen Grund für den Triumph des Faschismus.

»Die Ausweitung des demokratischen Prinzips auf die Wirtschaft impliziert die Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln und damit das Verschwinden einer separaten autonomen Sphäre: Die demokratische politische Sphäre wird zur gesamten Gesellschaft. Dies ist im Wesentlichen der Sozialismus.« (Polanyi 2003b, 201)

Polanyis Analyse des Faschismus bietet jedoch einen weiteren Aspekt, der hilft, die Rolle und Funktion radikal rechter »Gegenbewegungen« zu verstehen. Entgegen der Behauptung, dass Marxismus und Sozialismus auf einer grundlegenden Feindschaft gegenüber der Idee der Persönlichkeit/Individualität basieren, weist Polanyi darauf hin, dass der Sozialismus der Erbe des Individualismus ist, da er auf einem universalistischen Konzept des Individuums basiert. Er tut dies, indem er die Ähnlichkeiten und Kontinuitäten zwischen einem christlichen und einem marxistischen Verständnis, sowie der dialektischen Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen Individuum und Gesellschaft hervorhebt. Demokratie und ihre Ausweitung sind somit die institutionelle Verbindung zwischen Sozialismus und dem Individuum, die auf ihrer grundlegenden Gleichheit basiert. Universalistische Gleichheit überwindet nicht nur wirtschaftliche Unterschiede, sondern auch »rassische« oder nationale (Polanyi 2003b). Der Faschismus hingegen ist in seinem Kern anti-individualistisch, er lehnt universalistische Annahmen über die Gleichheit der Individuen innerhalb der Gesellschaft ab (ebd., 200ff).

Unter Berücksichtigung dieser Einsichten wird deutlich, dass Polanyis Analyse des Faschismus eine ambivalente Position einnimmt. Der Faschismus stellt nicht nur eine »Gegenbewegung« zur Marktexpansion dar, sondern auch zu den Tendenzen, demokratische Prozesse auszuweiten und die Freiheit des Individuums auf der Grundlage eines universalistischen Gleichheitsbegriffs zu vergrößern.

Diese Ambivalenz erlaubt die Frage, ob Polanyis Analyse des Faschismus genutzt werden kann, um zu verstehen, ob und wie aktuelle rechtspopulistische sowie radikal rechte Bewegungen und Parteien auf die Aporien und Widersprüche neoliberaler Politiken in verschiedenen Politikfeldern, wie der (Re-)Produktion von Arbeit(skraft) als fiktive Ware, zurückgreifen können. Mit seinem Ansatz ist es möglich, (mindestens) drei zentrale Felder zu identifizieren, in denen der Faschismus versucht, den Staat und das soziale Gefüge als Ganzes neu zu organisieren und umzugestalten, um den Kapitalismus zu retten. Diese Felder umfassen Strategien, die Ausweitung demokratischer Partizipation über die politische Sphäre im engen Sinne hinaus zurückzudrängen oder gar zu zerstören; die Ablehnung der Gleichheit aller Individuen; und den Angriff auf die Freiheit in nicht-ökonomischen sozialen Sphären, während gleichzeitig die Freiheit von Marktprozessen ausgeweitet wird.

Vor diesem Hintergrund müssen wiederum drei Dimensionen der skizzierten Neuorganisation und Umgestaltung von Wohlfahrtsregimen unter neoliberaler Dominanz hervorgehoben werden. Erstens richtete sich der neoliberale und »autoritär populistische« Angriff gegen die dekommodifizierenden Dimensionen der Sozialpolitik, gegen Versuche, die kapitalistische Wirtschaft demokratisch zu steuern und Partizipationsprozesse auszuweiten (Jessop 2016), sowie die damit einhergehenden sozialen Kämpfe. Während diese Angriffe auf die Demokratie in Ländern wie Chile in diktatorische Regime mündeten, wurden in Ländern des globalen Nordens von neoliberalen Regierungsprojekten eher Strategien zur Einschränkung demokratischer Institutionen und Prozesse ein- und umgesetzt (Kiely 2017). Zu diesen Strategien gehören die Einschränkung von Gewerkschaftsaktivitäten und Tarifverhandlungen sowie deren Einfluss auf die Politikgestaltung und Wohlfahrtsinstitutionen im Rahmen korporatistischer Sozialpartnerschaften in vielen Ländern; die Abschaffung oder Schwächung von Organisationen der Beschäftigten und verschiedener Formen der betrieblichen Mitbestimmung; die Privatisierung und Auslagerung sozialer und öffentlicher Dienstleistungen (Frangakis u.a. 2009) sowie die Einführung von Managerialismus, der die öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen reduzierte. Debatten über die Aushöhlung demokratischer Prozesse und das Aufkommen der Postdemokratie (Crouch 2008) sowie des autoritären Konstitutionalismus (Oberndorfer 2016) oder den Übergang zu sogenannten illiberalen Demokratien und deren Auswirkungen auf die sogenannte Politikverdrossenheit zeigen, dass die Dominanz des neoliberalen Krisenmanagements seit den 1970er/1980er Jahren eine Art Abwärtsspirale hin zu einer Demokratiekrise in Gang setzte, die als »autoritärer Neoliberalismus« bezeichnet wurde (Bruff 2013, Candeias 2004).

Zweitens konzentriert sich die oben skizzierten zunehmend polarisierten Sozialpolitiken zur Reproduktion von Arbeitskraft als (fiktive) Ware zwischen Aktivierung/Workfare und Sozialinvestitionen stark auf die Subjektivitäten der einzelnen Beschäftigten und ihrer Arbeitsvermögen (definiert als Humankapital) einerseits sowie ihre Bereitschaft sich als kommodifizierte Arbeitskraft dem kapitalistischen Arbeitsmarkt zu unterwerfen (Atzmüller 2015). Die erzwungene Rekommodifizierung der Arbeit(skraft) umfasst und erfordert die permanente Anpassung des »Arbeitsvermögens« (Marx 1867) durch Lernen und andere Formen der Selbstoptimierung. Das lebenslange Erlernen neuer Fähigkeiten und Kompetenzen sowie die Fähigkeit, mit den Anforderungen flexibler und prekärer Beschäftigung umgehen zu können, definieren zunehmend die Position von Individuen zwischen wirtschaftlichen Anforderungen und einem zunehmend ökonomisierten Sozialpolitikregime (Lessenich 2012). Dies verengt den Spielraum für individuelle Entwicklung auf Marktkonformität, die bereits in der frühen Kindheit beginnt (Aulenbacher u.a. 2018a). Diese Veränderungen der Wohlfahrtsregime und Sozialpolitiken zielen darauf ab, die individuellen Autonomiegewinne (Vobruba 2003), die durch Sozialpolitiken und die damit einhergehenden sozialen Kämpfe in der Vergangenheit durchgesetzt werden konnten, zu kappen.

Drittens basieren diese Maßnahmen nicht einfach auf Kürzungen von Sozialleistungen. Vielmehr knüpfen sie Leistungsansprüche an bestimmte Bedingungen sowie Verhaltensweisen und erhöhen die institutionelle Kontrolle über Individuen durch die Ausweitung disziplinierender und sanktionierender Maßnahmen (z.B. die Ausweitung von Sanktionsregimen der öffentlichen Arbeitsverwaltungen) einerseits und die wachsenden Anforderungen, das eigene Selbst und die Arbeitsfähigkeit ständig anzupassen, um die Verwertung des eigenen Humankapitals aufrechtzuerhalten, andererseits. Diese Entwicklungen haben in vielen Gesellschaften zu weitreichenden Tendenzen der Polarisierung und Fragmentierung geführt, die hohe Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung, Ungleichheit und Armut hervorgebracht haben (Scherschel u.a. 2012).

Reaktion auf die Krise neoliberaler Marktexpansion

In diesem Beitrag haben wir gezeigt, dass Polanyis Konzeptualisierung des Faschismus hilfreich ist, um die Ambivalenzen rechtspopulistischer und radikal rechter Bewegungen und Politiken (z. B. in Bezug auf die Reproduktion von Arbeit(skraft) als fiktive Ware) aufzuzeigen. Sie bietet Einblicke, warum und wie diese Bewegungen und deren Politiken in der Lage sind, die Krise der Marktexpansion mit einem Angriff auf Wohlfahrtsinstitutionen und Sozialpolitiken, zu einer zunehmend kohärenten sozialen Alternative zu verknüpfen. Dies ist eine Reaktion auf Widersprüche und Aporien der neoliberalen Reorganisation der Märkte und Akkumulationsdynamiken der letzten Jahrzehnte. Sie ist eng verbunden mit Strategien, die Warenförmigkeit von Arbeitskraft gegen ihre sozialpolitischen Begrenzungen wieder zu stärken und zu kontrollieren.

Die neoliberale Umgestaltung und Neuorganisation von Wohlfahrtsregimen und Sozialpolitiken zielt darauf ab, Arbeit aktiv zu rekommodifizieren. Diese Rekommodifizierung stellt weniger einen Prozess der Entbettung durch den Abbau von Sozialpolitiken und Regulierungen dar, wie eine vereinfachte Polanyi-Rezeption nahelegt. Vielmehr handelt es sich um eine widersprüchliche Neuorganisation und Umgestaltung von Wohlfahrtsregimen, die nicht durch die simple Gegenüberstellung von Marktliberalisierungsbewegungen und schützenden Gegenbewegungen erfasst werden kann.

Die staatlich induzierte Rekommodifizierung von Arbeit(skraft) durch Aktivierungs-/Workfare-Politiken und Sozialinvestitionen einen wichtigen Mechanismus dar, um strukturellen Wandel durchzusetzen und (zumindest bestimmte Aspekte) der anhaltenden Krise des Kapitalismus anzugehen, um die Bewegung der Marktliberalisierung zu stabilisieren. Der jüngste Aufschwung rechtspopulistischer und radikal rechter Bewegungen und Parteien offenbart jedoch die Aporien und Widersprüche dieser erzwungenen Bewegung der Marktexpansion, die zu einer Fragmentierung und Polarisierung der Wohlfahrtsregime und Sozialpolitiken geführt hat.

In den wiederkehrenden Krisen der neoliberalen Marktexpansion konstituieren sich diese Bewegungen zunehmend als eine Alternative, um nicht nur die Krise der Marktexpansion zu bewältigen, sondern auch die (emanzipatorischen) Kontinuitäten einer wohlfahrtsstaatlichen Einbettung der Wirtschaft, die die individuelle Autonomie erweitert hat, zu überwinden und die hierarchische und ausschließende soziale Ordnung durch ihre nationalistische und ethnische Abschottung durchzusetzen.

Bis heute blockieren die noch bestehenden institutionellen Merkmale der Wohlfahrtssysteme in gewissem Maße die Externalisierung der zerstörerischen Auswirkungen der Marktexpansion auf bestimmte gesellschaftliche Schichten, die aber wieder stärker durch beispielsweise nationalistische Begriffe definiert werden. Allerdings dient das Aufkommen einer ethnisierten/rassifizierten und kulturalisierten Sichtweise auf Sozialpolitiken zunehmend dazu, Letztere zu delegitimieren.