Mario Candeias ist Referent für sozialistische Transformationsforschung, linke Strategien und Parteien der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Mitbegründer dieser Zeitschrift.
Vom Auseinanderfallen gesellschaftlicher und gefühlter Problemlagen
Über Zukunftsprojekte und linkes Regieren
Das Projekt der Unabhängigkeit Kataloniens ist vorerst gescheitert. Am 21. Dezember finden in der Autonomen Republik Katalonien erneut Wahlen statt - erzwungen nach der Anwendung des Artikel 155 der Verfassung des spanischen Staates und der Absetzung der katalanischen Regierung durch die rechte Zentralregierung in Madrid. Seither wird das Land von Madrid aus zwangsverwaltet. Der Bürgerkrieg ist ausgeblieben, doch ebenso die großen Proteste.
Und nicht nur die Unabhängigkeitsbewegung sieht sich mit schwierigen Zeiten konfrontiert. In der Polarisierung zwischen Kräften der Unabhängigkeit und zum Erhalt der spanischen Einheit wurden jene zerrieben, die quer zu diesen Fragen der Nation stehen, insbesondere Catalunya en Comú (CeC) Podem, der Zusammenschluss aus den rebellischen Linken von Podemos und der munizipalistischen Bewegung. Sie «bezahlen den Preis für ihren Versuch politische Brücken zu bauen» (Tamames 2017) und sich dem Entweder-oder zu entziehen, auf Kosten von Verratsvorwürfen beider Seiten.
Erfolg oder Frust?
Zum ersten Mal seit Beginn der weltweiten Finanzkrise, die 2008/09 begann, wird ernsthaft über eine Alternative zur autoritären Krisenbearbeitung und Kürzungspolitik diskutiert. Mit dem Wahlsieg von SYRIZA in Griechenland wurde eine linke Regierung in Europa in die Lage versetzt, eine Politik offensiv infrage zu stellen, die für soziale Verelendung, den Abbau von demokratischen und sozialen Rechten und Umverteilung von unten nach verantwortlich ist. Nun muss sich zeigen, ob es gelingen kann, diesen Moment für eine wirkungsvolle Verdichtung sozialer Proteste und des Widerstands in Europa und Deutschland zu nutzen.
Vor etwa 15 Jahren brachten kanadische und US-amerikanische Gewerkschaftsaktivisten wie Brian Kohler den Begriff »just transition« ins Gespräch1, um anlässlich der notwendigen ökologischen Restrukturierung der Wirtschaft einen gerechten Übergang einzuklagen: Die »gegenwärtigen Produktionsformen und Konsummuster werden sich aus ökologischen Gründen ändern müssen [...] Aber wer wird bezahlen? Wird dies dem sogenannten freien Markt überlassen, werden Arbeiter in den vom Strukturwandel betroffenen Industrien, die ihren Job verlieren, für den Vorteil aller leiden?« (2010, 1)