Die Erzählung vom „grünen“ bzw. „intelligenten“ Wachstum im „Green New Deal“ der internationalen Politik verlängert das Konzept der Industriegesellschaft in eine strahlende, Klimaneutrale und dekarbonisierte Zukunft. Es wird, so die Erzählung, auch angesichts der Klimakrise ein ökonomisches „Weiter so“ geben, weil die Technik — allem voran die „Digitalisierung“ — und ihre Transformation dem Kapitalismus den Hals rettet. Dieses Heilsversprechen beruhigt Konzerne wie Konsument*innen und Gewerkschaften: Es wird auch in Zukunft Profite durch Autos, Flugzeuge, Flugzeugträger, Panzer, Smartphones geben, dazu „Smart Cities“ und -Homes, Pflege- und Sexroboter. Durch „Künstliche Intelligenz“ werden sie gegenüber der alten, fossil angetriebenen Technik sogar noch perfekter, automatischer, sicherer und vergnüglicher sein. Die Vermögen werden weiter anschwellen, die „Thrickle Down“-Körner aus den Abfällen der Reichen gibt’s auch, wenn auch fürs Volk bescheidener. Wie sagte schon Kaiser Wilhelm der 2. zu Beginn des ersten Weltkriegs: "Herrlichen Zeiten führe ich Euch entgegen!" 


Die „moderne“ Technik und der Kapitalismus als Treiber des Klimawandels

Dummerweise ist das aber eine „Rechnung ohne den Wirt“. Der Wirt, das ist die Natur und ihre energetischen und stofflichen Grenzen und Gesetzmäßigkeiten: Physik, Biologie, Chemie, Mathematik. Sie hat in Jahrmillionen durch Photosynthese, Kompression und Einlagerung von Kohlenstoff in Form von Öl, Kohle, Erdgas unter der Erde dafür gesorgt, dass die Natur im Gleichgewicht blieb, um dann der menschlichen Spezies im Holozän etwa 20.000 Jahre Existenz in einem Temperatur-Korridor von etwa einem Grad zu ermöglichen, der das Klima für ihr Leben und Überleben recht komfortabel gestaltete. Durch die Einlagerung sind aber extrem Energie-dichte fossile Stoffe entstanden, die dann als Brennstoffe die „Industrielle Revolution“ und die kapitalistische Wachstums-Wirtschaft angetrieben haben. Innerhalb des Zeitraums seit 1784 (James Watts Dampfmaschine betriebsfähig) wurde auf dieser Basis eine „moderne“ Technik entwickelt, deren Leistungsfähigkeit ohne diese Stoffe und ihre einfache Nutzbarkeit als Brennstoff nicht möglich gewesen wäre. Diese Technik ging eine Ehe ein mit dem Kapitalismus, der nur so das exponentielle Wachstum seiner Geldvermehrung energetisch und stofflich in materielle Produktion und Konsum umsetzen konnte. Die damit naturgesetzlich verbundenen ebenfalls exponentiell ansteigenden Emissionen von Treibhausgasen haben seitdem die Durchschnitts-Temperatur auf der Erde um 1,2 Grad gesteigert – mit den bekannten Folgen. 


Um beurteilen zu können, wie realistisch die Versprechen technischer Lösungen für die multiple Krise sind, in der wir uns befinden, müsste man alle Dimensionen dieser Krise und nicht nur die des Klimas berücksichtigen. Also, orientiert an einer Systematik von Johann Rockström (Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Professor für Erdsystemwissenschaften an der Universität Potsdam): Klima, Biodiversität und Stickstoffkreislauf als bereits jetzt schon überkritische Umweltprobleme, Verschmutzung von Land und Ozeanen durch chemische Substanzen und Partikel, Versauerung der Ozeane, Abbau der Ozonschicht, Phosphorkreislauf, Wassermangel und Zerstörung der Wälder. Für all diese Parameter der multiplen Krise kommt Technik als halbwegs überschaubare und einschätzbare Problemlösung noch weniger in Frage als für das Klima. Wohl auch deshalb fokussiert sich die Debatte in Politik und Öffentlichkeit — nicht in der Wissenschaft! — aufs Klima, auch weil hier ein großer Teil des Problems direkt durch Technik verursacht ist wie CO2 -Emissionen und es deshalb ja naheliegt, durch technische Veränderungen der energetischen und stofflichen Größen Erfolge zu erzielen. Hier ist also nur von diesem Teil der Krise und ihren Lösungskonzepten die Rede. 


Bei der näheren Betrachtung aller technischen Konzepte muss man zunächst daran erinnern, dass eine physikalisch-thermodynamische Gesetzmäßigkeit die Technik grundsätzlich daran hindert, das auch schon vor der industriellen Revolution ersehnte „perpetuum mobile“ in Gang zu setzen: Die Entropie. In unserem Fall muss dabei nicht nur die thermodynamische Entropie berücksichtigt werden, sondern auch die dissipative Entropie. Die thermodynamische besagt, vereinfacht: Außerhalb der lebendigen Welt ist jeder technische Prozess, der Energie umwandelt und nutzt (also, wenn Wärme, Sonnenstrahlung, Wind oder Gravitation z.B. in elektrischen Strom umgewandelt werden) verbunden mit irreversiblen Verlusten. Zwar gilt auch der Satz von der Erhaltung der Energie: Diese verschwindet also nicht im Nirwana. Sie wird aber sozusagen degradiert zu Wärme, die nicht mehr technisch verwendet werden kann, sondern entweder die Erde aufheizt oder aber in den Weltraum diffundiert. Ähnliches gilt für die stoffliche Entropie: Metalle z.B., die ja im Prinzip gut recycelt werden können, können bei einer Diffusion in kleine und kleinste Mengen (typischerweise bei mikroelektronischen Geräten und Teilen wie Chips) nicht mehr ohne große Verluste (und häufig vergiftende Wirkung für natürliche Prozesse und Körper) eingesammelt und damit einer neuen Verwendung zugeführt werden. Das begrenzt auch Kreislauf-Wirtschafts-Konzepte wie „Cradle to Cradle“, die ja ausgehend von einem richtigen Grundgedanken die Natur insofern kopieren sollen, als sie keinen „Müll“ kennen, sondern jeden Abfall eines Produktions- oder Nutzungsprozesses für einen anderen aufbereiten und dadurch wiederverwenden. Das geht in der Natur weitgehend ohne Verluste, aber nicht in der Technik. 


Die „moderne“ fossil angetriebene und den Wachstums-Imperativ des Kapitalismus realisierende Technik basiert, wie wir seit gut 100 Jahren wissen und spätestens seit 50 Jahren wissenschaftlich belegt haben („Der stumme Frühling“ 1962, und „Grenzen des Wachstums“ 1972), auf fortschreitender Natur-Zerstörung. Ihre „Produktivität“ besteht darin, die Arbeit und Fähigkeiten von Tieren und Menschen, von Wind- und Wasserkraft zu ersetzen durch fossil gewonnene Energie und Rohstoffe. Diese Technik ist im Vergleich zur Produktivität der Natur sehr grobschlächtig und wenig intelligent. Gerade die wichtigen erneuerbaren Energie-Wandlungs-Systeme wie Fotovoltaik und Windkraft brauchen riesige, Energie- und Rohstoff-intensive Maschinerien. Der für ihre Herstellung und Rohstoffe aufgewandte energetische und stoffliche Aufwand (ihr „ökologischer Rucksack“) „amortisiert“ sich zwar inzwischen relativ schnell (in etwa einem halben Jahr) – er muss aber zunächst erbracht werden und emittiert entsprechende Klimagase, die z.T. sehr lange in der Atmosphäre bleiben. Für die Wasserstoff-Produktion und dessen Einsatz als Energieträger (z.B. für die Stahl- und Zement-Industrie) gilt das gleiche. Ein Huhn kann bei Zimmertemperatur ohne CO2-Emissionen hochwertigen Zement für die Eierschale produzieren – wir brauchen dafür 1400 Grad und erzeugen für die Zement-Produktion inzwischen weltweit 6 bis 8 Prozent der gesamten CO2 -Emissionen. Insofern ist in Sachen intelligente Technik noch viel Luft nach oben. 


Das scheinbar fast kostenlose Potential der fossilen Vorräte als Brenn- und Rohstoff, ihre hohe Flexibilität und bisher leichte Verfügbarkeit sowie die brutale, kolonialistische Ausbeutung des „Südens“ durch den „Norden“ für die nötigen Rohstoffe sind die „Väter“ des industriellen Aufstiegs des Kapitalismus und weniger dessen Innovationsfähigkeit. Die ist durch die Paradigmen und Leitbilder des Kapitalismus eher gehemmt: Konzentration auf die Mehrwertproduktion als primäres Ziel (Tauschwert statt Gebrauchswert), Konkurrenz und Patentunwesen, „schöpferische“ Zerstörung durch den Markt und Beschleunigungswahn. Ingenieur*innen träumten deshalb in ihrer Berufsgeschichte immer wieder von „Technischer Gemeinschaftsarbeit“ in internationaler Kooperation und der Befreiung von der Dominanz der „Kaufleute“. Ingenieure und Handwerker früherer Zeiten haben ohne Kapitalismus, ohne fossile Hilfsmittel und ganz ohne „Künstliche Intelligenz“ beeindruckend kluge und raffinierte technische Verfahren und Produkte geschaffen. Die genialen Konstruktionen arabischer, römischer und mittelalterlicher Baumeister und ihrer bis zu sieben Jahre lang ausgebildeten Handwerker sowie die künstlerische Gestaltung auch einfacher Gebrauchsgüter im Kunstgewerbe dieser Zeit bewundern wir heute noch. Will man also die „Grüne“ Revolution und ihre vollmundigen Versprechen naturwissenschaftlich und technisch beurteilen, ist nicht nur der Vergleich mit den in Jahrmillionen gewachsenen, optimierten und erprobten Klima-neutralen Prozessen in der Natur angebracht, von denen wir lernen können. Wir wären auch gut beraten, uns mit Hilfe der Archäologen die „vorindustriellen“ Methoden und Verfahren anzuschauen und so auch von ihnen zu lernen, wie Technik wieder nachhaltig werden kann. Beide Vorbilder machen zudem klar, dass alle kreativen und Nutzen stiftenden Entwicklungsprozesse für eine bedürfnisorientierte, „konviviale“ Technik (Illich) viel Zeit brauchen, auch um auszuschließen, dass die sozialen und ökologischen „Nebenwirkungen“ ihren Sinn und Nutzen konterkarieren. 


Beim „Green Deal“ geht es der Politik und dem Kapital aktuell darum, die erneuerbare Energie-Wandlung so schnell wie möglich auszubauen, um den steigenden Bedarf an Strom „nachhaltig“ decken zu können. Es wird also immer mehr Tempo gemacht. Energetisch und stofflich handelt es sich dabei real aber um den fortdauernden Einsatz fossiler Brennstoffe zum Bau der Groß-Maschinerien zur unmittelbaren Umwandlung von Sonnen-, Wind- und Bewegungsenergie in elektrischen Strom und für die Extraktion der dafür benötigten Rohstoffe, insbesondere Metalle. Fossile Primär-Energie macht derzeit noch mehr als vier Fünftel des heutigen weltweiten Energie-Umsatzes aus. Um nur auf dem Status quo dieses jetzigen Energie-“Verbrauchs“ bleiben zu können, müssten wir also gut das Vierfache der bis jetzt installierten „Erneuerbaren“ innerhalb von etwa 25 Jahren bauen und die anderen Kraftwerke zurückbauen. Parallel müssen wir zudem die existierenden fossil angetriebenen Geräte durch elektrisch angetriebene ersetzen und die alten komplett „entsorgen“. Der bei dieser Art von Transformation – wenn auch mit abnehmendem Anteil - noch fossil gewonnene Energieaufwand erzeugt aber enorme Mengen von Treibhausgasen zusätzlich zu den inzwischen etwa 140 ppm CO2, die wir seit der Industrialisierung zu den damals rd. 280 ppm hinzugefügt haben. Schon die haben uns die bereits jetzt teilweise katastrophalen Klima-Wirkungen beschert. CO2 bleibt zudem hunderte von Jahren in der Atmosphäre. Zwar ist in den vergangenen Jahrzehnten die Effizienz in der Energiewandlung und -Nutzung deutlich gestiegen. Die erhoffte Entkoppelung zwischen Wachstum des BIP und dem Stoff- und Energieeinsatz, den Emissionen und der Naturzerstörung ist aber trotz seit Anfang der 1990er Jahre (Rio 1992) permanent wiederholter politischer Absichtserklärungen nicht gelungen. Grund dafür ist der Rebound-Effekt, der für das Wachstum und die Renditen in der kapitalistischen Ökonomie existentiell ist: Die ständige und immer mehr beschleunigte Zunahme des Umsatzes technischer Geräte durch „Systemische Obsoleszenz“ und Bedarfs-generierendes penetrantes Marketing macht diese Entwicklung exponentiell. Allein in den letzten 30 Jahren wurden so viel Klima-Gase emittiert wie in den gesamten 2 Jahrhunderten vorher seit der industriellen Revolution. Bei einem weiteren Wachstum von nur 2 Prozent pro Jahr kommen wir 2050 auf 74 Prozent mehr als heute. Dazu wird Kenneth Boulding der treffende Satz zugeschrieben: "Anyone who believes exponential growth can go on forever in a finite world is either a madman or an economist“.  

Entwicklungszeiten und Nutzungskonkurrenzen „grüner“ Technologien

Für den „Green Deal“ wird auch die Hoffnung angeführt, dass wir besonders kritische, seltene, unter extrem brutalen Arbeitsbedingungen und mit kriminellen Unternehmenspraktiken geförderte Metalle irgendwann und irgendwie ersetzen. Die angestrebten hoch komplexen „grünen Innovationen“ – z.B. Wasserstoff-Technologie für Fahrzeuge, Flugzeuge, Zement- und Stahlherstellung, aktive Kohlenstoff-Reduktion (CDR) durch Kompression und Lagerung von CO2 unter der Erde oder dem Meer (CCS) etc. — müssen fast durchweg erst entwickelt, konstruiert und praxistauglich hergestellt werden. Ein professionell arbeitender Ingenieur oder eine Ingenieurin würde angesichts dieser Ambitionen einem Investor dringend abraten, darauf zu setzen, dass das in 25 Jahren der Fall ist – die Windkraft z.B. hat allein über 35 Jahre gebraucht, bis durch die von kleinen, selbstverwalteten Unternehmen entwickelte fast reibungsfreie Lagerung und die Auswucht-Technik die heutigen riesigen Maschinen praxistauglich entwickelt und gebaut waren. Der damals vom „innovativen“ Kapital eines Konsortiums der Großindustrie in Rekordzeit entwickelte „Growian“ versagte nach der Inbetriebnahme 1983 kläglich, weil er diese Probleme nicht gelöst hatte, und wurde 1987 stillgelegt. Die selbstverwalteten Ingenieur-Unternehmen wurden dann ökonomisch platt gemacht und ihre technische Kompetenz einverleibt.


Der Bedarf an elektrischem Strom all dieser neuen Geräte und Verfahren wird also geradezu explodieren. Allein die als angeblich „klimafreundlich“ gehypten E-Autos benötigen, wenn sie in den vergleichbaren Stückzahlen wie heute Verbrenner (in Deutschland 48 Millionen PKW) auf die Straßen kommen, etwa ein Viertel der gesamten heutigen Strom-Menge. Wir nutzen derzeit weltweit etwa 1,3 Milliarden PKW, die jährlich um etwa 8 Prozent mehr werden. Dazu kommen die ebenfalls Millionen LKWs und die Arbeitsmaschinen der Bergbau-, Holzindustrie und Landwirtschaft. Für den absehbaren Bedarf an Batterien nur des VW-Konzerns etwa brauchte man z.B. die gesamte weltweite Kobalt-Produktion von heute. Was also ist mit den Flugzeugen, den Milliarden von Smartphones, den riesigen Servern für die „Digitalisierung“, der Wasserstoff-Gewinnung und den Klimaanlagen, die angesichts steigender Temperaturen nicht nur in Dubai, sondern in den Hitzezonen der ganzen Welt gebraucht werden, um überhaupt dort leben und arbeiten zu können? Was ist mit der gesamten Militär-Technik? Die politischen bzw. geopolitischen Probleme, die die Konkurrenz um Energie und die Verfügbarkeit von Rohstoffen erzeugt, haben in den letzten Jahren die internationale Szene immer mehr beherrscht und führen schon seit Jahren zu genau so großen Spannungen wie die politischen Kämpfe und Kriege um Kohle, Öl und Erdgas. Der Überfall des russischen Militärs auf die Ukraine zeigt die Härte und Rücksichtslosigkeit der kommenden Kämpfe. Die Aufrüstung der Bundeswehr, die deshalb jetzt in Deutschland programmiert wird, wird nicht nur den Ausstieg aus der Kohle verzögern: Die Produktion der entsprechenden Militär-Maschinerie wird auf den fossilen Aufwand noch oben draufgesetzt.


Es wurde oben schon erwähnt, dass für alle elektrischen und elektronischen Geräte viele Metalle gebraucht werden, die man vor 50 Jahren nur aus dem Periodensystem der Elemente kannte oder aus dem Labor. Es ist aber ein Unterschied, und das nicht nur quantitativ, ob diese Elemente begrenzt genutzt oder aber großtechnisch in Geräte für den Alltag von mehreren Milliarden von Menschen eingebaut und eingesetzt werden, hochskaliert auf Giga-Größen in Dimension und Stückzahl. Insofern ist eine Betrachtung der Eigenschaften und des technischen Aufwandes für die Förderung, den Einsatz und die „Entsorgung“ oder Wiederverwertung durch Recycling dieser unentbehrlichen Rohstoffe für die Beurteilung „grüner“, elektrischer und elektronischer Geräte und Verfahren und ihrer Nachhaltigkeit wichtig. Die energetischen und stofflichen Probleme, die dabei entstehen, kann man in dicken wissenschaftlichen Veröffentlichungen wie z.B. „Kritische Metalle in der Großen Transformation“ (2015, Neuauflage 2018) nachlesen. 


Zunächst mal geht es um ein seit Jahrhunderten gängiges und häufig verwendetes Metall: Das Kupfer. Es ist ziemlich gut zu recyceln, weil es nicht wie z.B. Coltan, Gold oder Neodym in kleinsten Mengen verarbeitet wird – deshalb kommt ja auch etwa 50 Prozent des heute verwendeten Kupfers bereits aus Recycling-Quellen. Dennoch ist der Bedarf an Kupfer so gewaltig gestiegen, dass die Förderung sich selbst dann lohnt, wenn wie z.B. in Chile der Kupfergehalt im Erz nur noch 0,7 Prozent beträgt. Vor vier Jahrhunderten enthielt das geförderte Erz 20% bis 30% Kupfer, im 19. Jhd. noch 5 Prozent, im 21. Jhd. durchweg weniger als 2 Prozent. Der Kupfer-Bedarf beträgt z.B. derzeit für ein großes Windrad etwa 4,5 Tonnen, für ein E-Auto 45 bis 85 kg, je nach Größe, Gewicht und PS-Zahl. Die Förderung ist trotz Recycling von 1932 bis 2017 exponentiell von einer Megatonne pro Jahr auf 20 Megatonnen angestiegen. Der Förderungs-Bedarf an Primär-Kupfer in Minen steigt nach Projektionen bei wie bisher linear ansteigendem Pro-Kopf-Verbrauch (also noch ohne E-Autos) bis 2050 weiter auf das Doppelte. Für die Förderung dieses Metalls werden sozusagen Berge versetzt – mit riesigen Arbeitsmaschinen wie Muldenkippern, die pro Tag 4900 Liter Diesel verbrauchen. Die alle auch noch durch Elektrifizierung „Klimaneutral“ zu machen gleicht dem Versuch, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen.


Die sogenannten „Seltenen Erden“, die z.T. gar nicht so selten sind und auch keine Erden, sondern Metalle, und andere kritische Metalle (Kobalt, Wolfram, Nickel, Molybdän etc.) zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Förderung und Aufbereitung für die Verwendung in Geräten energetisch sehr aufwändig ist (Schmelzfluss-Elektrolyse mit sehr hohen Temperaturen) und extrem giftige Substanzen benötigt. Es werden dabei Schwermetalle, Arsen und Säuren freigesetzt. Sie werden besonders dort verwendet, wo es um „grüne“ und digitale Technologien geht: LCDs, Plasma-Bildschirme, Wind- und Wasserkraftanlagen etc. Neben den Wirkungen fürs Klima führt die Förderung zu extremen Belastungen für die Umwelt: Zurück bleiben völlig zerstörte Landschaften. Deshalb ist der „Ökologische Rucksack“ dieser Stoffe bei ihrer Schürfung, Herstellung und Anwendung riesig: Für einen Mikrochip von 2 Gramm 100 kg Material, eine SMS 632 Gramm; ein PC von ca. 2 kg braucht bei der Herstellung 22 kg Chemikalien, 240 kg Brennstoffe, 1,5 Tonnen Trinkwasser. Das Recycling dieser oft in minimalen Mengen in die Geräte eingebauten Metalle ist wegen der stofflichen Entropie-Problematik auch dann immer schwieriger und insbesondere Energie-aufwändiger, wenn z.B. alte Handys fleißig gesammelt werden. Da es inzwischen fast vier Milliarden Smartphones gibt, dürfte allein die Logistik dafür sehr aufwändig, wenn überhaupt bewältigbar sein. Wahrscheinlich ist, dass ein sehr großer Teil der dort verbauten Stoffe verloren ist, irgendwo auf Mülldeponien landet und die dort wohnende Bevölkerung auch noch vergiftet.

Der Weg zur Nachhaltigkeit: Industrielle, militärische und energetische Abrüstung in Produktion und Konsum

Was ist nun die Konsequenz aus dieser Analyse? Wenn sie zutrifft, heißt das: Die Transformations-Strategie, die den bisherigen Pfad der kapitalistisch geformten „Entwicklung“ bzw. des „Fortschritts“ beibehalten soll, ist zum Scheitern verurteilt. Sie verschärft das Problem. In der Technikgeschichte des 20. Jahrhunderts sind schon viele Heilsversprechen abgegeben worden und gescheitert – vom unsinkbaren Schiff über das „Atomzeitalter“ ohne Stromzähler bis zur Dematerialisierung durch IT. Wir sollten angesichts der Lage nicht daraufsetzen – dieser Wechsel auf die Zukunft ist energetisch und stofflich ungedeckt.


„Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“ sagen die Deutschen. „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“, die Österreicher. Das ist die Parole des Kapitals und der ihm folgenden Politik: Verdrängung. Das ist verständlich, wenn man die einzig mögliche Strategie zur Abwendung von noch mehr Schäden in der multiplen Krise der fossilen „Zivilisation“ ins Auge fasst: Die möglichst schnelle Reduzierung von Produktion und Konsum in den Industrieländern, um die Pro-Kopf-Emissionen von etwa 12 Tonnen pro Jahr auf global verträgliche 2 Tonnen zu senken, um den Ländern, die heute noch deutlich unter diesen 2 Tonnen liegen, die Möglichkeit zu geben, ihren Lebensstandard zu erhöhen. Das hieße für uns in Europa: Wir müssen auf etwa den Standard zurückkommen, den wir Mitte der 1960er Jahre hatten, und uns von der „Imperialen Lebensweise“, ihrem das Leben erstickenden Überfluss und dem Druck befreien, die lediglich Geld vermehrende Gschaftlhuberei für die Renditen des Kapitals weiter zu steigern: Also z.B. die Arbeitszeit auf die Hälfte senken, die Städte von den Autos, die Kids von der „Smarten Diktatur“ der Tech-Konzerne befreien.


Für eine solche Reduzierung und internationale Umverteilung muss der Kapitalismus, schon gar der neoliberal radikalisierte und globalisierte, zunächst rabiat politisch eingeschränkt und sukzessive durch eine „Solidarische Ökonomie“ bzw. „Post-Wachstums-Ökonomie“ ersetzt werden. Die Linke könnte die Krise der Lebensgrundlagen nutzen, um die Hegemonie der (grün-)kapitalistischen Irrlehre wie zu Zeiten Galileis durch eine Wissenschafts-basierte Kritik des Produktivismus, des Konsumismus und des fossilen „Fortschritts“-Modells zu brechen und damit eine ganz neue Epoche in der Menschheitsgeschichte einzuläuten. Da hilft auch eine sozial innovative (Wieder-)Belebung klassisch linker Ökonomie-Modelle wie Genossenschaften und selbstverwaltete Betriebe. Die jungen Menschen, die den Ernst der Lage immer präziser erfasst haben, fragen nach einem „System-Wandel“: Wenn die Antwort und praktikable Modelle dafür nicht von der Linken kommen, kommen sie von den Faschisten.