Die Linke ist zurück – sie hat 2025 das „Comeback des Jahres“ hingelegt. Die neue Stärke wird sich zukünftig auch bei den Kommunalwahlen (zuletzt in Nordrhein-Westfalen, 2026 in Hessen, Bayern, Niedersachsen und Berlin) in viele Mandate übersetzen. Bisher jedoch tut sich die Partei schwer mit dem Thema Kommunalpolitik. Dafür gibt es mindestens drei Gründe: 


Erstens: Historisch gab es in den Quellparteien der Linken (PDS und WASG) sehr unterschiedliche Zugänge zu dem Feld. Die PDS im Osten war seit den 1990er Jahren stark kommunalpolitisch verankert. Die WASG im Westen, entstanden als Protestformation gegen bundespolitische Weichenstellungen für die Neoliberalisierung des Sozialstaates („Hartz IV-Gesetze“), hatte wenig Sinn für das Lokale und seine spezifischen Fragestellungen, die häufig eher von einer Verwaltungslogik, denn von den „großen Konflikten“ unserer Zeit geprägt sind. Umgekehrt dominerte diese Verwaltungslogik teilweise bei den Kommunalpolitiker*innen im Osten. Dass das Feld der Kommunalpolitik in der Linken keinen allzu hohen Stellenwert genießt, lässt sich auch daran ablesen, dass sie die einzige der etablierten demokratischen Parteien ist, die keine eigene Zeitschrift für Kommunalpolitik hat – bei den anderen Parteien ein wichtiges Vehikel, um die kommunalen Verantwortungsträger*innen mit fachlicher Expertise und auf die Kommunen scharf gestellter politischer Agenda auszustatten. Die Lücke wird bei der Linken teilweise durch die gute Arbeit des kommunalpolitischen Forums Sachsen gefüllt (deren Zeitschrift heißt Das Kommunalforum), deren Ressourcen dafür aber längst nicht ausreichen.

»Die weitgehende Unselbstständigkeit hat System und betrifft im Grunde alle Kommunen: Seit Jahrzehnten wurden ihnen Finanzierungsmöglichkeiten über eigenständige Steuereinnahmen entzogen.«


Zweitens: Insbesondere in der Fläche war und ist die Personaldecke dünn. Der Parteiaufbau der Linken konzentrierte sich nachvollziehbarerweise zuerst auf die Bundes- und Landesebene. Im Westen führten schlechte Wahlergebnisse in der Vergangenheit außerdem dazu, dass Kommunalpolitiker*innen häufig Einzelkämpfer*innen blieben. Weil man häufig keine Fraktionsstärke erreichte oder nur sehr kleine Fraktionen hatte und gleichzeitig die auf Kreisebene korrespondierenden Parteistrukturen mit dem Rest der Parteiarbeit (Mitgliederversammlungen, Infostände, Wahlkämpfe etc.) ausgelastet waren, fehlten die politischen Ressourcen, um daraus ein kollektives politisches Projekt zu machen. Die Wahlergebnisse führten teils auch dazu, dass nicht in allen Bundesländern kommunalpolitische Foren finanziert wurden, die zur Qualifizierung von kommunalen Mandatsträger*innen hätten beitragen können. Die zurückliegenden Krisenjahre der Partei dünnten die Reihen zusätzlich aus. Einige Landesverbände hatten schon Schwierigkeiten, geeignetes Personal für Landesvorstände zusammenzubekommen. Mit dem Aufstieg der AfD und einer kriselnden Linken dezimierte sich auch im Osten die Zahl der Kommunalmandate (Beispiel Sachsen: Früher hatte man über 1 000 Kommunalmandate, nach der letzten Kommunalwahl 2024 sind es noch etwa 250).


Drittens: Das Feld der Kommunalpolitik ist geprägt von Austerität. Das Wort der „Pleitekommunen“ (insbesondere in Nordrhein-Westfalen) verkörpert dabei das Extrem einer finanziell nicht mehr eigenständigen Kommune unter Zwangsverwaltung. Die Problemlage der weitgehenden Unselbstständigkeit hat aber System und betrifft im Grunde alle Kommunen: Seit Jahrzehnten wurden ihnen Finanzierungsmöglichkeiten über eigenständige Steuereinnahmen entzogen. Früher floss zum Beispiel die KfZ-Steuer direkt in die Kommunalkassen. Heute landet das Geld beim Bund, der zum Ausgleich einen Betrag an die Länder zahlt, die dann einen Betrag an die Kommunen weiterreichen. So werden die Kommunen zu Bittstellern, denen im Wesentlichen nur noch eine einzige Steuer geblieben ist, um direkte Einnahmen zu erzielen: die Gewerbesteuer. Wer den Hauptsitz eines großen Unternehmens hat, bekommt hier einen „Geldsegen“, mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass sich große Unternehmen ihre Kommunen zu einer Art „Königreich“ machen, weil die Ausfinanzierung der sozialen Infrastruktur am Verbleib des Firmensitzes in der Kommune hängt und kommunale Entscheidungsträger*innen mit dem entsprechenden Erpressungspotenzial gefügig gemacht werden.[1] Zudem erleben einige Kommunen, insbesondere in Süddeutschland, durch die Krise der Autoindustrie gerade die Kehrseite dieser Abhängigkeit. 

Finanzpolitischer Reformbedarf zur Stärkung der Kommunen 

Eine grundsätzliche Reform des Systems der Finanzierung der Kommunen, die aus dieser Abhängigkeit herausführen würde, bleibt seit Jahren aus. Letztlich ist dies der gordische Knoten der Kommunalpolitik, der auf Bundesebene gelöst werden muss. Die Linke schlägt dazu unter anderem einen Altschuldenfonds, eine 100-prozentige Berücksichtigung der Kommunalfinanzen im Länderfinanzausgleich, einen höheren Anteil der Kommunen am Gesamtsteueraufkommen des Staates sowie die Umwandlung der Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftssteuer vor. 

Doch anstatt einer Lösung des Problems erleben wir eine zunehmende indirekte Steuerung der Kommunen durch Fördermittel. Denn wofür es Fördermittel gibt, wird andernorts (auf Landes-, Bundes- oder europäischer Ebene) entschieden. Im Ergebnis richten sich lokale Bauvorhaben oder Investitionsprojekte nach den Lenkungsvorgaben der oberen Ebenen. Außerdem folgt diese indirekte Steuerung der Logik: Wer hat, dem wird gegeben. Denn Fördermittel bedürfen Eigenmittel. Wer genügend Eigenmittel hat und eine gut funktionierende Verwaltung, die Fördermittelanträge mit teils komplizierten Auflagen effizient stellen und abwickeln kann, dem winken Millionensummen und der kann seine Kommune „gestalten“. Kommunen, die das nicht haben, kriegen auch keine Fördermittel und sind daran nach der Logik der Fördertöpfe „selbst schuld“. 

Die finanziellen Spielräume auf kommunaler Ebene werden zusätzlich verkleinert, indem den Kommunen vom Bund sogenannte Pflichtaufgaben zugewiesen werden, für die sie die entsprechenden Mittel aufzubringen haben. Andere Dinge zählen dann als „freiwillige Leistungen“ und stehen von vornherein unter Finanzierungsvorbehalt. Die Forderung nach dem Prinzip „Wer bestellt, soll auch bezahlen“ wird mittlerweile parteiübergreifend gestellt. Passiert ist bislang nichts. Damit werden aber letztlich die Menschen im Stich gelassen, die auf eine funktionierende Daseinsvorsorge in den Kommunen angewiesen sind.

Mit Sachverstand und politischem Druck den Unterschied machen 

Es überrascht insgesamt nicht, dass viele Linke bisher einen Bogen um dieses Terrain gemacht haben. Mit der neuen Stärke sowohl an der Wahlurne als auch durch die verdoppelte Mitgliedschaft gibt es jetzt jedoch die Chance, die kommunale Ebene neu in den Blick zu nehmen. Dabei stellt sich die Herausforderung, auf dieser Ebene einerseits mit einem kommunalpolitisch versierten Sachverstand als Standbein und einer sozialistischen Strategiebildung, die sich an einer konfliktorientierten Praxis orientiert, als Spielbein aktiv zu sein. 

Im Ergebnis müssen dabei zwei Dinge gelingen: Die Linke muss sich glaubhaft, das heißt mit einem verwaltungstechnisch bzw. rechtlich informierten Realitätssinn sowie der gebotenen Sachlichkeit für (nicht vorhandene) Spielräume, für konkrete Verbesserungen einsetzen. Zugleich muss sie grundsätzliche Fragen stellen und zeigen, dass es für die Organisierung und Gestaltung des Zusammenlebens in den Kommunen einen Unterschied macht, ob Die Linke kommunalpolitisch Verantwortung trägt oder nicht. Oder anders gesagt: Die Linke darf Kommunalpolitik nicht auf Verwaltungshandeln reduzieren, sondern muss die bestehenden politischen Spielräume für linke Politik nutzen. Das bedeutet, sie sollte ihren Aktionsradius nicht auf Amtsstuben oder das Kommunalparlament beschränken, sondern muss auch gesellschaftlich verankert sein und Druck für Veränderung erzeugen. In diesem Sinne ließe sich das Bild vom Stand- und Spielbein auch umdrehen: Das Standbein ist eine Verankerung in der Gesellschaft, das Spielbein dann die Arbeit im Kommunalparlament oder sogar die Übernahme von Ämtern als Teil einer Stadtregierung.

Kommunalpolitische Arbeit wird nicht immer heißen, dass Die Linke das Bürgermeisteramt übernimmt. Sie wird sich vermutlich zunehmend die Frage stellen, ob sie an lokalen Regierungskoalitionen (im Stadtparlament oder Gemeinderat) beteiligt sein will oder nicht. Denn auch eine gute Fraktionsarbeit in der Opposition kann einen eigenen Mehrwert haben und bestimmte Themen auf die Agenda heben (bspw. in Kassel mit Violetta Bock).

Die Widersprüche in der Kommunalpolitik sind unterschiedlich

Um das scharfzustellen, muss eines betont werden: „Die kommunale Ebene“ bedeutet sehr unterschiedliche lokale Bedingungen mit sehr unterschiedlichen Lebenssituationen von Menschen in unterschiedlichen Settings mit eigenen Problemlagen. Klar: Wer in Metropolräumen Politik macht, hat andere Themen auf dem Tisch als im ländlichen Raum oder in schrumpfenden Städten. Es gilt aber auch Unterschiede zwischen ähnlichen Einheiten bzw. Raumtypen zu berücksichtigen. Beispiel Mietspiegel: Der muss lokal erstellt werden, denn Richtwerte, die in München noch günstig sein und mietanstiegsbegrenzend wirken mögen, wären in Köln oder Berlin ein Mieterhöhungsprogramm. Differenzen zeigen sich auch in anderen Bereichen oder hinsichtlich der historisch gewachsenen Strukturen. Die konkrete Arbeit, für eine jeweilige Region, Stadt oder Gemeinde realpolitische Perspektiven der Gestaltung zu entwickeln, kann den lokalen Akteuren also nicht abgenommen werden. Eine sozialistische Kommunalpolitik wird immer nur so gut sein wie die Genoss*innen vor Ort. 

Mögliche Interventionsfelder: Wofür es sich zu kämpfen lohnt

In ihrer Unterschiedlichkeit bietet die Kommunalpolitik einen „bunten Blumenstrauß“ an möglichen Interventionsfeldern für lokale Kämpfe und Kampagnen, die hier nur kursorisch angerissen werden sollen. In vielen Fällen geht es um die Frage der politischen Steuerungsmöglichkeiten und damit verbunden um die Eigentumsfrage (vgl. hierzu auch „Believe the hype!“). Deshalb ist ein Klassiker unter den lokalen Kämpfen: Abwendung von Privatisierungen oder umgekehrt der Kampf für eine Rekommunalisierung (vgl. hierzu eine Broschüre der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit zahlreichen Beispielen).

Während im Energiebereich in vielen Kommunen die Privatisierungen der 1990er Jahre bereits wieder rückgängig gemacht werden konnten, ist das in anderen Bereichen noch nicht gelungen, etwa beim Wohnungsbestand, der sich als profitables Asset in den Bilanzen von Aktienunternehmen wie Vonovia und anderen befindet. Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel die Stadt Chemnitz, die mit ihrem kommunalen Wohnungsunternehmen real steuernd auf den Mietenmarkt einwirken kann. Das Chemnitzer Wohnungsunternehmen schreibt dabei schwarze Zahlen – und dass muss es auch, denn sonst werden kommunale Unternehmen zum strukturellen Problem für Kommunen, die mittlerweile kaum andere Einnahmequellen haben, um defizitäre Teile der Daseinsvorsorge zu finanzieren. 

Im Bereich der Gesundheitsinfrastruktur geht es teilweise um die Rekommunalisierung von Krankenhäusern (Dück/Schalauske 2022), aber teils auch um die komplizierte Suche nach realpolitischen Pfaden in einem kaputten System (vgl. Spehr 2021). Doch auch unterhalb der Krankenhaus-Ebene erleben wir derzeit einen Umbruch in der Gesundheitsinfrastruktur, weil Private-Equity-Unternehmen in vielen Kommunen – für die Patient*innen zunächst kaum sichtbar – Facharztpraxen (z.B. die von Augenärzt*innen) aufkaufen und sie auf Profit trimmen. Auch Medizinische Versorgungszentren (MVZ) werden zum Gegenstand neuer Anlagestrategien (vgl. Li u.a. 2023). Hier ist ein wichtiger Ansatzpunkt für linke Politik: Die Gründung von kommunalen MVZ muss auf die lokalpolitische Agenda. Dass es von Kommunen oder Bundesländern finanzierte Krankenhauskonzerne gibt, zeigt den Weg, um in diesem Bereich die Gesundheitsversorgung zu stabilisieren. Auch unterhalb solcher systematischen Lösungen lässt sich etwas bewegen: Im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick etwa hat Die Linke eine Praxisraumbörse initiiert, bei der ansiedlungsbereite Ärzt*innen dabei unterstützt werden, Praxisräume zu finden. Das Projekt stößt auf großes Interesse der anderen Berliner Bezirksstadträte für Gesundheit, aber noch besser wäre es, wenn von Landesebene dafür gesorgt wird, dass das landeseigene Krankenhausunternehmen Vivantes MVZ eröffnet.

Im Bereich der Stadtplanung obliegt es den kommunalen Mandatsträger*innen, mit Bebauungsplänen den Investoren umfassende Vorgaben zu machen und damit zu einer sozialen Stadtentwicklung beizutragen. Dieses bisher „schärfste Schwert“ der Stadtplanung wird zwar durch den „Bau-Turbo“ der Bundesregierung massiv infrage gestellt, wie diese Auseinandersetzung in der Praxis ausgehen wird, ist gegenwärtig aber noch offen. Eine vorausschauende Bodenpolitik (Heinz/Belina 2019; Luft 2019) ist ein weiterer wichtiger Hebel, wie es die Stadt Ulm seit Jahrzehnten erfolgreich vormacht: „Zentrales Prinzip der Ulmer Baulandstrategie ist, dass die Stadt nur dann Bebauungsplanverfahren durchführt, wenn sie Eigentümerin der Grundstücke ist. So kann sie zum einen unter Zuhilfenahme übergeordneter Flächennutzungs- und quartiersbezogener Rahmenpläne die Siedlungsentwicklung steuern, zum anderen verbleibt ihr auch der monetäre Wertzuwachs durch die Schaffung von Baurecht.“ (Holm/Horlitz 2022, 40)

Im Bereich der Mobilitätspolitik geht es in vielen Kommunen zur Sache: In Großstädten eskaliert teilweise der Kampf um das Auto und seine immer noch dominierende Rolle (vgl. zu Bremen Sander 2025). Die konzeptionelle Arbeit und die ambitionierten Projekte von links wie die in Barcelona entwickelten „Kiezblocks“ müssen daher auch soziale Fragen und praktische Probleme direkt adressieren. Dazu gehört etwa, sich mit der Zumutbarkeit des Arbeitswegs von Schichtarbeiter*innen im Krankenhaus bei nicht oder unzureichenden vorhandenen ÖPNV-Angeboten auseinanderzusetzen. An grundsätzlichen Ideen für Wege aus der Autogesellschaft heraus (vgl. LuXemburg 1/2020), etwa auch durch eine Transformation der Automobilindustrie (vgl. Riexinger 2020 bzw. Candeias 2020), mangelt es nicht. Je konkreter es um gebaute Infrastrukturen in den Städten geht, desto deutlicher wird die Rolle der kommunalen Ebene in einem notwendigen Transformationsprozess.

Auch jenseits dieser ganz besonders „dicken Bretter“, die sich häufig mit ungelösten Transformationskonflikten verbinden, gibt es wichtige Ansatzpunkte für eine linke Kommunalpolitik. Vermeintlich kleine Verbesserungen wie mehr Parkbänke machen für mobilitätseingeschränkte Personen oder Senior*innen einen großen Unterschied, oder ob es in Städten kostenlose Toiletten im öffentlichen Raum gibt  – und das auch für Frauen, wie es die Berliner Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg bereits vor Jahren auf die Agenda gesetzt hat. Auch diese unscheinbaren Dinge und Bedürfnisse muss eine sozialistische Strategie in sich aufnehmen, wenn sie den Anspruch hat, Hegemonie herzustellen (vgl. Fried/Wischnewski 2022 u. 2024). 

Auch andere punktuelle Interventionen können einen spürbaren Unterschied machen: In Potsdam konnte Die Linke mit viel Arbeit und gesellschaftlichem Rückhalt ein rabattiertes bzw. kostenloses Mittagessen in Kitas und Schulen durchsetzen (vgl. Vandre 2025). In Kassel konnte von der Linken jüngst im Kreistag mit Unterstützung eines breiten Bündnisses – von der traditionellen Friedens- bis hin zur Klimabewegung – ein Beschluss für den Bau einer neuen Panzerteststrecke für einen Rüstungskonzern verhindert werden. Im Bereich der Migrationspolitik haben sich in den letzten Jahren mehr als 300 Kommunen zu „Sicheren Häfen“ erklärt und damit ihre Bereitschaft, aus Seenot gerettete Menschen oder Gestrandete aus den Flüchtlingslagern in Südeuropa aufzunehmen. Europaweit gibt es eine Zusammenarbeit im Netzwerk „Moving Cities“.[Hinweis: Die Fußnote sollte vermutlich nicht stehen bleiben, die verlinkte Literatur ist bisher nicht im Literaturverzeichnis, ggf. einfach in Bearbeitung vergessen worden? Sonst einfach Fußnote streichen]

Ein Blick nach rechts zeigt zudem, wie mit Symbolpolitik auf lokaler Ebene auch Interventionen in die ideologische Textur unternommen werden. In einigen Kommunen in Sachsen-Anhalt und Sachsen werden mittlerweile von CDU-Landräten kommunalpolitische Initiativen der AfD umgesetzt, die vorsehen, vor allen öffentlichen Gebäuden (einschließlich der Schulen) ganzjährig Deutschlandflaggen zu hissen. Die AfD begründete dies damit, die Nation als „Schicksals- und Wertegemeinschaft“ im Bewusstsein stärken zu wollen. Beim Blick nach rechts und bezüglich des Umgang mit der AfD ist überdies festzuhalten, dass es weiterhin eine Herausforderung bleibt, die Brandmauer auf lokaler Ebene aufrechtzuerhalten (Hummel/Taschke 2023).

Ein Problem für Die Linke wird auf absehbare Zeit sein, dass viele ihrer guten Vorschläge und kommunalparlamentarischen Initiativen praktisch folgenlos bleiben, weil sie von der zuständigen lokalen Exekutive ignoriert und nicht umgesetzt werden. In Kassel zeigt jedoch die Linksfraktion mit ihrem Sozialatlas, dass man trotzdem die mit einer kommunalen Fraktion einhergehenden Ressourcen sehr gut nutzen kann. Der Sozialatlas listet Anlaufstellen für Transferleistungsbezieher*innen übersichtlich auf, von der Schuldnerberatung bis hin zu Freizeitangeboten für Kinder aus Bürgergeldfamilien. Keine Raketenwissenschaft, aber ein nützliches Kompendium und ein realer Mehrwert für die Vielen, insbesondere diejenigen, die am Ende des Monats genau überlegen müssen, was sie sich noch leisten können. 

Kompass behalten: Aktive, kollektive Parteiarbeit statt Einzelkämpfertum

Die Herausforderungen und Chancen der Kommunalpolitik sollten nicht nur Gegenstand individueller Weiterbildung und individuellen Nachdenkens sein, sondern auch Gegenstand kollektiver Debatten und Strategiebildung. Es kann Sinn machen, noch vor der Aufstellung von Kandidat*innen ein politisches Selbstverständnis für die Kommunalpolitik als Handlungsrahmen zu vereinbaren. Gleichzeitig muss man aufpassen, dass Ressourcen und Energien durch kommunalparlamentarische Ausschussarbeit und andere Aufgaben nicht komplett aufgesogen werden und damit andere wichtige politische Arbeit hinten runterfällt. Hier gilt es, den eigenen Kompass zu stärken: Kommunalpolitische Arbeit kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie in eine aktive und handlungsfähige Parteiarbeit und in Kooperationen mit weiteren Akteuren eingebunden ist.

Die Linke hilft und Sozialberatungen…

Sozialistische Kommunalpolitik kann also nur als kollektives Projekt gelingen, denn die Anforderungen und Herausforderung sind zu groß für Einzelne. Es braucht den Sachverstand aus Ausschüssen genauso wie den rebellischen (und Grenzen politisierenden) Geist aus Bewegungen und Initiativen sowie den Einblick in konkrete Lebenslagen und handfeste Probleme der unteren Klassen, der sich aus Sozialberatungen ergibt. Schlussendlich braucht es eine handlungs- und strategiefähige Partei für eine „Kommunalpolitik der Vielen“. Für Die Linke gilt es, in den vielen Städten und Gemeinden einen Unterschied zu machen. Es ist gut, wenn dies im Anschluss an bundesweite Kampagne (z.B. zur Mietenpolitik) geschieht. Aber Teil der neuen Herausforderungen für die neu erstarkte Linke ist auch, die lokal Aktiven nicht nur im Campaigning auszubilden. Vielmehr sollten sie mit entsprechendem Fokus und Qualifizierungsangeboten in die Lage versetzt werden, das kommunalpolitische Feld mit seinen Besonderheiten und den im Vergleich zur Landes- oder Bundesebene verkleinerten Spielräumen ernst zu nehmen: als Terrain für sozialistische Politik und den Kampf um gesellschaftliche Hegemonie. Denn wir haben nicht nur eine Welt, sondern auch viele Kommunen zu gewinnen.

[1] In Marburg zerbrach an den damit verbundenen Fragen eine frisch geschmiedete rot-rot-grüne Koalition.

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