Das Tesla-Werk in Grünheide gefährdet nicht nur die Wasserversorgung vor Ort. Es steht für die globale Ausbeutung von Ressourcen – mit Rückendeckung der Politik. Umso wichtiger ist breiter Widerstand.

 

Staaten und Unternehmen planen seit Jahrzehnten die Profitmaximierung durch die Ausbeutung des Planeten und steuern damit zielgenau in die Klimakatastrophe. Angesichts des Zusteuerns auf planetare Grenzen und Kipppunkte soll die kapitalistische Wirtschaft nun nach Prinzipien der „nachhaltigen Entwicklung“ und des „grünen Wachstums“ umgestaltet werden – die Kosten für Mensch und Umwelt werden in diesen Modellen jedoch weiterhin ausgelagert. Zwar sind die Klimawandelfolgen inzwischen auch im Globalen Norden durch Hitze, Dürre oder Überschwemmungen dramatisch spürbar – eine sorgsame und solidarische Planung zum Umgang mit Klimawandelfolgen ist jedoch nicht in Sicht. Im März 2023 verabschiedete die Bundesregierung die Nationale Wasserstrategie. Zu deren zehn strategischen Punkten gehört auch, Risiken durch Stoffeinträge zu begrenzen und die globalen Wasserressourcen nachhaltig zu schützen. Doch im Wasserschutzgebiet in Grünheide in Brandenburg zeigt sich, das die Eindämmung von Risiken durch Schadstoffeinträge allem Anschein nach keine Priorität hat. Priorität hat dort die E-Auto-Fabrik des US-Unternehmens Tesla. Deren sogenannte Giga-Factory ist ein Beispiel, das zeigt, wie aktuelle Planungsprozesse verlaufen: Für das E-Auto-Werk waren deutsche Behörden fähig, Planungsprozesse im Dienst von Kapitalinteressen in einer Schnelligkeit durchzusetzen, die man sich bei der Einhaltung von Klimazielen nur wünschen kann.

Öffentliche Turbo-Planung für Tesla

Die Region Berlin Brandenburg gehört zu den trockensten in ganz Deutschland, es gibt zu wenig Niederschläge und einen sandigen Boden, der das Wasser nicht halten kann. Die Klimakrise verschärft das Problem schon jetzt, und die Wasserversorgung der Hauptstadt ist auf das Umland angewiesen. Seit März 2022 produziert Tesla in Grünheide E-Autos, konkret das SUV-Modell Y. Das Land Brandenburg ist stolz, dass dem Produktionsbeginn nur kurze, gut zweijährige Genehmigungsverfahren mit zeitgleich laufenden Bauarbeiten vorausgegangen sind. Für die Bürger*innen in der Region hat das mit Blick auf die Wasserversorgung einige Veränderungen zur Folge: Der größte Teil des Fabrikgeländes befindet sich im Trinkwasserschutzgebiet, das Werk darf rund 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr verbrauchen. Das ist in etwa der Wasserverbrauch einer Stadt mit 40.000 Einwohner*innen und rund ein Fünftel der Wassermenge, die der Wasserverband Strausberg-Erkner insgesamt im Jahr für die Region zur Verfügung hat. Schon jetzt kommt der Wasserverband nach eigenen Angaben an seine Grenzen: neue Schulen oder Kitas können nicht gebaut werden, weil die Wasserversorgung nicht gewährleistet werden kann. 130 Liter Wasser pro Tag verbrauchen Menschen in Deutschland im Schnitt. Für neue Wasserkund*innen rund um das Tesla-Werk ist der Verbrauch bereits auf 105 Liter pro Tag gedeckelt, ab 2025 soll das für alle privaten Haushalte gelten.

Auch auf einer anderen Ebene haben Behörden Tesla zugearbeitet: Die zuständige Arbeitsagentur vermittelt Elon Musk fleißig Arbeiter*innen. Inzwischen sind rund 12 Tausend Menschen bei Tesla in Grünheide beschäftigt. Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist ein zentrales Argument der Politik für die Erweiterung des Werks, doch die Arbeitsbedingungen scheinen dabei nachrangig zu sein. Zwei Jahre nach Produktionsbeginn häufen sich Berichte über Arbeitsunfälle und Umweltverstöße. Seit der Eröffnung gab es laut Angaben des Brandenburger Umweltamts bereits mehr als 25 Umwelthavarien. In einer investigativen Recherche deckte der Stern auf, dass es zu auffällig vielen Arbeitsunfällen, darunter sehr schweren, kommt. Beschäftigte berichten außerdem von einem „Klima der Angst“. In Anbetracht der Tatsache, dass viele der überwiegend migrantischen Beschäftigten auf ihre Arbeitsverträge angewiesen sind, um ihren Aufenthaltsstatus nicht zu verlieren, ist die Organisierung für bessere Arbeitsbedingungen erschwert. Elon Musk ist nicht nur für rechtsradikale Äußerungen auf seiner Plattform X, sondern auch für seine Gewerkschaftsfeindlichkeit berühmt. So werden der gewerkschaftlichen Organisierung in Grünheide viele Steine in den Weg gelegt. Umso beachtlicher ist es, dass die IG Metall-Liste bei den Betriebsratwahlen im März 2024 mit 39,4 Prozent der Stimmen und voraussichtlich 16 von 39 Sitzen die stärkste Gruppe im künftigen Betriebsrat wurde. Der Werksleiter in Grünheide, André Thierig, hält einen Tarifvertrag nicht für nötig. Doch das Wahlergebnis stimmt hoffnungsvoll, dass der Tarifkampf auch in Deutschland Fahrt aufnimmt. Die schwedische IF Metall begann bereits im Oktober 2023 einen Streik für einen Tarifvertrag für Tesla-Mechaniker*innen in Schweden, dem sich andere Branchen mit Solidaritätsstreiks anschlossen. Hafenarbeiter*innen in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland solidarisierten sich, indem sie keine Tesla-Autos mehr für die Verschiffung nach Schweden verluden. Elon Musk wettert indes auf seiner Plattform X gegen die Arbeitskämpfe. All das scheint akzeptabel für das Wohl des „Wirtschaftsstandort Deutschland“. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hofierte Elon Musk bei seinem Besuch im März 2024.

Weltweiter Protest für Wasserschutz und eine Mobilitätswende

Im Jahr 2023 ist auch der Protest der Bürgerinitiative Grünheide gewachsen und hat mit dem neuen Bündnis Tesla den Hahn abdrehen (TdHa) Verstärkung erhalten, das sich im September 2023 auf einem Wald- und Wasserfest in Erkner zusammenschloss und aus Gruppen aus Berlin und Brandenburg besteht. Tesla den Hahn abdrehen versteht sich als Bündnis für weltweiten Wasserschutz und eine Mobilitätswende und fordert kostenlosen öffentlichen Nahverkehr für alle statt Profiten für Autokonzerne.  Seit der Gründung hat das Bündnis eine Blaue-Band-Aktion rund um den bedrohten Wald organisiert und erfolgreich den NEIN-Wahlkampf bei der Befragung zur Tesla-Erweiterung unterstützt: Über 62 Prozent der Bürger*innen von Grünheide haben in einer nicht-bindenden Bürger*innenbefragung für den Erhalt des Waldes gestimmt und damit den in Teslas Sinne gestalteten Bebauungsplan „B-Plan 60“ im Februar 2024 abgelehnt. Das Bündnis, das unter anderem die Bürgerinitiative Grünheide, die Wassertafel Berlin-Brandenburg, die Interventionistische Linke Berlin oder die Left Ecological Association aus Potsdam umfasst, organisierte daraufhin die größte Demonstration, die es in Grünheide bisher gegen Tesla gab: Am 10. März 2024 demonstrierten über 1000 Menschen unter dem Motto „Tesla, NEIN danke!” und forderten einen endgültigen Stopp der Ausbaupläne der Autofabrik. Die Gemeinde Grünheide legte der Gemeindevertretung am 14. März 2024 dennoch einen nur leicht überarbeiteten Bebauungsplan vor, der weiterhin Rodungen und eine Geländeerweiterung für Tesla vorsieht. Damit bestätigt sich eine Befürchtung, die Bürger*innen in den Haustürgesprächen während der Befragung äußerten: Die Politik setze ohnehin nur die Interessen Teslas durch statt auf das demokratische Votum zu hören. Aber das Nein der Mehrheit in Grünheide lässt sich nicht mehr ignorieren. Vom 8. bis 12. Mai lädt Tesla den Hahn abdrehen deshalb bundesweit zu dem „Wasser. Wald. Gerechtigkeit“-Camp in Grünheide und zu Demonstrationen ein. 

Der zunehmende Widerstand der lokalen Bevölkerung wird durch kreative Protestformen unterstützt. So baute die Initiative „Tesla stoppen“ Ende Februar in dem durch Tesla bedrohten Wald Baumhäuser. Die sogenannte „Wasserbesetzung“, soll nicht nur die Rodung verhindern, sondern damit auch die Wasserversorgung schützen. Die Besetzer*innen vertrauen der Kommunal- und Landesregierung nicht, das Nein der Anwohner*innen zu respektieren. Viele der Anwohner*innen, die in der Bürger*innenbefragung gegen die Erweiterung gestimmt haben, zeigen sich seitdem solidarisch mit der Besetzung, indem sie am Informations- und Kulturprogramm im Wald teilnehmen und die Besetzung mit Lebensmittel- und Sachspenden unterstützen.

Der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach will die „Wasserbesetzung“ räumen lassen, was zeigt, dass die Landesregierung Teslas Profitinteressen sowohl über die Versammlungsfreiheit, als auch über die Mehrheit in Grünheide stellt. Auch Grünheides Bürgermeister Arne Christiani sowie Landeswirtschaftsminister Steinbach und Bundesverkehrsminister Volker Wissing stellten sich hinter das Interesse Elon Musks. Vorerst entschied ein Gericht zugunsten der Wasserbesetzung.  Doch die vielen unterschiedlichen Interessensparteien zeigen, dass der Konflikt um das Trinkwasser weit über die kommunale Ebene hinausstrahlt.

So sind bei den Aktionen gegen die Teslaerweiterung immer wieder auch internationale Aktivist*innen dabei, die die globale Dimension des lokalen Protests hervorheben. Bei dem erwähnten Wald- und Wasserfest in Erkner etwa waren Vertreter*innen der chilenischen Wasser- und Umweltorganisation MODATIMA dabei. Bei einer gemeinsamen Kundgebung sagten sie einen wichtigen und zentralen Satz: „No es sequía, es saqueo“ (Es ist keine Dürre, es ist Plünderung).

Klar ist: Eine Gigafactory hätte nie in einem Wasserschutzgebiet gebaut werden dürfen, das Menschen in Berlin und Brandenburg mit Trinkwasser versorgt. Doch die globale Perspektive von MODATIMA und anderen macht deutlich: Luxus-E-Autos sollten auch andernorts nicht produziert werden. Denn der hohe Energie- und Wasserverbrauch bei der Produktion reiht sich ein in den massiven Wasserverbrauch bei der Rohstoffgewinnung. So wird für die Batterien beispielsweise Lithium benötigt, dessen Abbau Menschen in der Atacama Wüste im Norden Chiles das Wasser abgräbt. Eine ökologische Wirtschaftsplanung muss zwangsläufig lokale Prozesse global in Beziehung setzen. Schon ohne eine Verschärfung der Wasserproblematik durch den Verkehrssektor braucht es angesichts sinkender Wasserpegel und zunehmender Dürren ein neues und anderes Wassermanagement. Sorgsam mit der Ressource Wasser umzugehen heißt also nicht, neue Technologien für die effizientere Produktion von mehr Autos zu entwickeln, sondern Wasserschutz heißt, schnellstmöglich die Mobilitätswende anzugehen. Denn es braucht weder fossile noch elektrische Privatautos, sondern einen guten und sicheren öffentlichen Verkehr nach ökologischen Standards. Dort, wo öffentlich geteilte, kleine und leichte E-Autos erforderlich sind, muss die Produktion mit Blick auf gerechte globale Lieferketten geplant werden. Degrowth bedeutet hier also weniger Individualverkehr auf der einen Seite und neue, andere Formen von Mobilität auf der anderen. 

Tesla zu stoppen wäre nur der Anfang. In der Konsequenz wäre es notwendig, Autokonzerne abzuwickeln und statt neuen Autobahnen das Schienennetz auszubauen. So gibt es in Wolfsburg etwa eine Initiative, die VW-Stadt in eine Verkehrswende-Stadt zu transformieren: Die Buchstaben VW könnten außerdem zukünftig für „Vergesellschaftung Wagen“ stehen und die Fabriken könnten statt Autos Straßenbahnen produzieren. Es gibt für die Autokonzerne kein pauschales Vergesellschaftungsrezept. Doch klar ist, dass große Konzerne wie Tesla (und ja, auch Mobilitätsdienstleister wie Google Maps) dem Profitzwang entzogen und vergesellschaftet, also demokratisch verwaltet werden müssten. Grünheide könnte vielleicht dann für demokratische Mobilitätsplattformen bekannt sein – und nicht für die Produktion von SUVS, die der Region das Wasser abgräbt.  

Demokratische ökologische Planung mit globalem Weitblick

Doch was wäre eine ganz konkrete alternative Nutzung für die Produktionsstätte in Grünheide? Was ließe sich ohne Tesla produzieren, im Einklang mit dem Trinkwasserschutzgebiet? Aus ökologischer Perspektive ist ein Abriss der riesigen Hallen keine Lösung. Umso wichtiger ist, dass das Gelände nicht erweitert, noch mehr Wald gerodet und noch mehr Pfähle in den Boden gerammt werden. Nach dem Turboprozess, bei dem mit Ausnahmegenehmigungen für die Giga-Factory vollendete Tatsachen geschaffen wurden, während die Bürger*inneninitiative, Umweltverbände oder lokale Ämter noch Einwände äußerten, braucht es ehrlicherweise zunächst einmal Zeit, um gemeinwohlorientierte Lösungen für die neue Situation zu finden. Die Bevölkerung und die Beschäftigten müssten in einem demokratischen Prozess ermitteln, welche Art von Produktion das Trinkwasser und die Umwelt in der Region nicht gefährden, sinnvolle gesellschaftliche Bedürfnisse stillen und gute und sichere Arbeitsverhältnisse ermöglichen würden. Bei einem solchen demokratischen Planungsprozess stellt sich die Frage: Wer entscheidet? Sind es die Bürger*innen vor Ort, oder müssen auch Berliner*innen, deren Trinkwasserversorgung davon beeinträchtig wird, sowie die Arbeiter*innen, die aus Berlin, Brandenburg und sogar Polen pendeln, mitentscheiden? Und müssten nicht eigentlich auch die Menschen am Anfang der Lieferketten, also beispielsweise in Chile, mitentscheiden? Es müsste zumindest sichergestellt werden, dass ein solcher Prozess versucht, all diese Stimmen zu berücksichtigen. Auch wenn es auf all diese Fragen noch keine Antworten gibt, müssen sie gestellt werden.

Die globale Dimension dieser Fragen wird deutlich, wenn man die Auseinandersetzung um Tesla aus einer Degrowth-Perspektive betrachtet: Insbesondere dekoloniale Denker*innen entwickelten Alternativen zur westlichen Konzepten der ökonomischen Entwicklung. In diesem Sinne zeigt die Degrowth-Bewegung seit inzwischen über 50 Jahren auf, dass das kapitalistische Entwicklungsmodell nicht bzw. nur für sehr wenig privilegierte Menschen aufgeht. Degrowth bedeutet Kritik am Wachstum und somit auch am Kapitalismus. Es geht dabei nicht nur um eine Reduzierung des Rohstoff- und Energieverbrauchs, sondern um eine ganz andere Gesellschaft, in denen Commons, Demokratie, Konvivialität und Fürsorge im Zentrum stehen. Angesichts der zunehmenden Krisen wird immer wichtiger, wem die knappen Ressourcen gehören und wie deren Verteilung gestaltet wird. Wie also planen, wenn die Endlichkeit von Ressourcen spürbarer wird, Bedürfnisse im Widerspruch zueinanderstehen? Neue Formen von Planungsprozessen müssten Interessen von Arbeiter*innen und Konsument*innen im Globalen Norden zu den Interessen von Menschen im Globalen Süden ins Verhältnis setzen. Historisch gewachsene Ungleichheiten müssten anerkannt und abgebaut werden. Vor diesem Hintergrund ist es ein erster kleiner Schritt, dass bei der Wasserbesetzung, dem Wasserfest in Erkner oder der Demonstration in Grünheide auch Aktivist*innen aus den global am meisten betroffenen Bevölkerungsgruppen und Regionen (Most Affected People and Areas - MAPA) vertreten waren und ihnen zugehört wurde.

Das Beispiel LEAG: Öffentliche Planung für das Kapital

Der politische Kampf um Tesla und die zukünftige Produktion am Standort Grünheide ist auch deshalb so dringlich, weil die Fabrik zwar schon Zerstörung angerichtet hat, Schlimmeres aber noch aufgehalten werden kann. Denn der grüne Lack, mit dem Autoindustrie und Politik ein veraltetes Mobilitätssystem übertünchen, blättert jetzt schon. Ein Blick auf die größte Wasserkatastrophe in Brandenburg, die Braunkohletagebaue in der Lausitz, führt vor Augen, welche Ewigkeitslasten Klima- und Umweltschädliche Technologien verursachen können.

Die LEAG betreibt Braunkohlekraftwerke und –tagebaue in der Lausitz und ist Brandenburgs größter Wassernutzer. Laut einer Recherche von Correctiv  ist der Bergbau der LEAG und ihrer Vorgänger für ein Wasserdefizit von vier Milliarden Kubikmetern verantwortlich. Für den Bergbau muss Grundwasser abgepumpt werden, das heißt neben verschmutztem Wasser verursacht der Bergbau auch leere Grundwasserspeicher. Die günstigste Möglichkeit, einen stillgelegten Tagebau zu renaturieren, ist die Schaffung von Bergbaufolgeseen durch eine Flutung der Grube. Weil das Wasser aber bereits knapp ist, soll diese durch Überleiter aus Flüssen wie Oder, Neiße und Spree gewährleistet werden. Gleichzeitig wird durch die Klimakrise mehr Grundwasser verdunsten. Die Flutung könnte sich also nicht nur bis ins nächste Jahrhundert ziehen, sondern womöglich nie abgeschlossen werden. Ähnliche Probleme zeigen sich im Rheinischen Braunkohlerevier mit den von RWE verursachten Ewigkeitslasten.

Die LEAG ist ein Beispiel, wie öffentliche Planung im Interesse des Kapitals und ein Mangel unabhängiger Kontrollen auf Kosten der Allgemeinheit gehen: Das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR) in Cottbus bestimmt, wie viel Wasser die LEAG entnimmt. Correctiv deckte auf, dass die LEAG am Tagebau Jänschwalde aber jahrelang viermal so viel Wasser entnahm wie ursprünglich genehmigt. Dennoch wird die aktuelle Entnahme nicht gestoppt, weil die Grube zusammenfallen würde. Dies ist nur ein Beispiel aus einer Liste von Skandalen. Auch hier ist die Trinkwasserversorgung Berlins gefährdet, da die Berliner Wasserbetriebe einen Teil ihres Wassers aus der Spree beziehen, die in der Lausitz entspringt. Nach Angaben der Berliner Wasserbetriebe wurden diese Auswirkungen auf das Berliner Trinkwasser bei der Planung der Bergbaufolgelandschaft nicht ausreichend berücksichtigt, so die Correctiv-Recherche.

Die Kohlekonzerne haben in Deutschland ihre Macht über Jahrzehnte ausgebaut und können sich nicht nur mit Blick auf die Mitverursachung der Klimakrise, sondern vermutlich auch auf die mitverursachten Wasserkrisen in ganzen Regionen aus der Verantwortung stehlen. Dies sollte Warnung genug sein, Tesla rechtzeitig den Hahn abzudrehen. 

Die öffentliche Planung der Wassernutzung wird von Kapitalinteressen direkt bekämpft: Der Geschäftsführer des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE), André Bähler, äußerte sich kritisch gegen eine Erweiterung der Gigafactory. Der WSE habe bereits jetzt Probleme bei der Trinkwasserversorgung neuer kommunaler Projekte wie Schulen. Sieben von sechzehn Gemeinden, darunter auch Grünheide, stellten daraufhin einen Abwahlantrag gegen ihn, der allerdings im September 2023 scheiterte. Der Bürgermeister des an Tesla grenzenden Erkner und Vorsitzende der Verbandsversammlung des Wasserverbands Strausberg-Erkner, Henryk Pilz (CDU), hatte sich hinter Bähler gestellt, denn „der Wasserverband sei nicht dazu da, zusätzliches Wasser zu beschaffen, sondern sicherzustellen, dass Wasser für jeden vorhanden sei“ (rbb) - ein vorläufiger Sieg der Wasserschützer*innen. Nach dem jüngsten Abwasserskandal hat Pilz seinen Vorsitz allerdings niedergelegt. Denn obwohl die Grenzwerte für Phosphor und Stickstoff seit Produktionsstart bis zu sechsfach überschritten werden, folgen keine Konsequenzen für den Konzern. Bähler hatte beantragt, die Abnahme von Abwasser wegen überschrittener Grenzwerte zu stoppen, um Tesla gewissermaßen das Abwasserrohr zu stopfen. Da dies unterlassen wurde, wollte Pilz den Vorsitz nicht länger übernehmen. 

Die Beispiele aus der Lausitz und Grünheide zeigen, dass sich die öffentliche Planung von Wassernutzung und -verteilung radikal ändern müsste. Die aktuelle Praxis stabilisiert die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, verschärft so die Klimakrise und wälzt die Ewigkeitskosten und die Kosten der Klimawandelfolgen auf die Allgemeinheit ab. Es braucht stattdessen demokratisch-planerische Ansätze, die wassergefährdende und -verknappende Industrien stoppen und in die Verantwortung nehmen.

Globale Wassergerechtigkeit als konkrete Utopie

In ihrem Science-Fiction-Roman „Parable of the Sower“ zeichnete Octavia E. Butler 1993 eine von Klimawandel und ökonomischer Krise zerrüttete dystopische Welt im Jahr 2024. Heute sind Konflikte um Wasser, autoritäre Verteilungskämpfe und enorme soziale Ungleichheit keine Dystopie mehr, sondern Realität. Wenn Rohstoffe erschöpft sind, wird die kapitalistische Plünderung noch grausamere Wege finden. Umso wichtiger sind solidarische Antworten.

Eine neue gesellschaftliche Utopie muss der Unumkehrbarkeit der Klimafolgen ins Auge sehen – sie kann den verwundeten Zustand der Natur nicht schön malen. Die Utopie liegt darin, neue Wege einer sorgsamen gemeinsamen Planung und Verteilung von kostbaren Allgemeingütern zu finden. Soziale Kämpfe um Wasser werden weltweit zunehmen. Eine globale Vernetzung von Kämpfen für Wassergerechtigkeit wäre ein Schritt hin zu einer solchen solidarischen Utopie – in der Wasser nicht länger privatisiert ist und in einem lokalen, global vernetzten Prozess demokratisch verteilt wird. Ähnliches würde für die Mobilität gelten: Demokratische Plattformen müsste einen smarten öffentlichen Verkehr nach sozialen und ökologischen Kriterien planen.