Nach den Gewaltexzessen der Polizei beim G20-Gipfel in Hamburg wird auch jenseits der linken Szene darüber nachgedacht, welche Rolle die Polizei in der Gesellschaft einnehmen soll – und ob es Alternativen zur Polizei gibt. Wenn uns Polizei (und andere Sicherheitstechniken wie Grenzen und Gefängnisse) keine Sicherheit geben können, welche Möglichkeiten gibt es dann? Wie können wir selbst Sicherheit schaffen? Um Analysen zusammenzutragen und Antworten zu finden, habe ich das Projekt „Was macht uns wirklich sicher?“ initiiert, zusammen mit verschiedenen Berliner Aktivist*innen & Organisationen. Daraus hervorgegangen sind eine Webseite, Seminare, Veranstaltungen, eine Ausstellung sowie ein Toolkit für Aktivist*innen.[1] Dieses stellt das Sicherheitsversprechen des Staates bewusst in Frage, weil Techniken wie Polizei, Gefängnis und Grenzen Gewalt (re)produzieren statt sie zu beenden. Insbesondere was sexualisierte und Partner*innen-Gewalt angeht, stellt sich seit der Silvesternacht in Köln die Frage: Wie konnten scheinbar 'gute Ideen' wie die Unterstützung der von Gewalt betroffenen Personen zum Vorwand für rassistische Überwachung und ein neues Sicherheitsregime werden?

Einführung in das Projekt  „Was macht uns wirklich sicher?“ (die ersten 4 Minuten)

Vom Wohlfahrtsstaat zum strafenden Staat

Im Zuge der Schwächung des Wohlfahrtstaats erfahren Law-und-Order-Strategien im Umgang mit sozialen Problemen wie Armut, Obdachlosigkeit und sexualisierter Gewalt in Nordamerika und Westeuropa wachsende Bedeutung. Vorreiter dieser Entwicklung sind die USA, wo der strafende Staat sich am deutlichsten in der massenhaften Inhaftierung seiner Bewohner_innen zeigt: Fast ein Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung ist derzeit in Strafanstalten eingesperrt, deutlich mehr als in anderen Ländern.[2] Dabei sind von der Inhaftierung schwarze Menschen und People of Color überdurchschnittlich häufig betroffen: Während der Anteil von schwarzen Menschen an der Bevölkerung 13,2 Prozent ausmacht, beträgt er bei den Inhaftierten 35,4 Prozent.[3] 

Deutschland ist weit von der US-amerikanischen Praxis der Masseninhaftierung entfernt, dennoch sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten. Auch hier ist das soziale Sicherheitsnetz durch Maßnahmen wie die Hartz-IV-Reformen und das Austeritätsdiktat im Zuge der Eurokrise ausgedünnt worden, gleichzeitig kommen zunehmend Instrumente des strafenden Staates zur Anwendung – zuletzt im Zusammenhang mit dem "Sommer der Migration". Darunter fallen Überwachungs- und strafrechtliche Verfolgungsmechanismen, die auf rassistischen Kriterien beruhen und die Bewegungen und Handlungen bestimmter Bevölkerungsgruppen kontrollieren und einschränken. Solche „Gefängnis“-Techniken sind keine neuen Importe aus den USA, sondern tief in der Geschichte von Kolonialismus und Nationalsozialismus verwurzelt,[4] wie aktuell die Berliner Kampagne „Ban! Racial Profiling – Gefährliche Orte Abschaffen!“ zeigt. Gerechtfertigt wird dieser Ausbau strafender Institutionen, wie etwa psychiatrischer Einrichtungen, Abschiebegefängnissen, Lagern für Geflüchtete oder Haftanstalten, in der Regel mit der Begründung, diese Einrichtungen schützten die Bevölkerung, vor allem „wehrlose Frauen und Kinder“ (weiß, deutsch), vor gefährlichen Einzeltäter*innen.

Aber für viele Trans- wie Cis-Frauen*, die Partner*innen-Gewalt erfahren, bei der Arbeit diskriminiert oder auf der Straße belästigt und schikaniert werden, ist der Staat keine Institution, die für ihre Sicherheit sorgt. Im Gegenteil: er ist eine Quelle weiterer Gewalt.[5] Migrant*innen und geflüchtete Frauen* sind der sexualisierten Gewalt von Polizeibeamt*innen oder Grenzschützer*innen ausgesetzt. Sie laufen Gefahr, ihren Aufenthaltstatus zu verlieren und abgeschoben zu werden, wenn sie etwa nach einem sexuellen Übergriff bei staatlichen Stellen Unterstützung suchen.[6] Auch Sexarbeiter*innen, obdachlose Jugendliche oder mittelose Frauen* sind häufig mit der Kriminalisierung ihrer Überlebensstrategien konfrontiert, wenn sie zum Beispiel auf der Straße ihr Geld im informellen Beschäftigungssektor verdienen oder sich gegen gewalttätige Partner*innen zur Wehr setzen. In solchen Fällen werden die Betroffenen von Gewalt zu Täter*innen gemacht und selbst zum Ziel polizeilicher Gewaltausübung: Ihnen drohen Einweisung, Gefängnis oder Abschiebung. Und selbst die betroffenen Menschen, denen durch ihre gesellschaftlich privilegierte Situation möglicherweise eine Retraumatisierung durch die Polizei erspart bleibt und die eine Verurteilung der Täter durch das Gericht erfolgreich durchsetzen können, wünschen sich oft mehr Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Heilung als das Rechtssystem ihnen bieten kann. 

Da sich sexualisierte Gewalt am häufigsten im bekannten Umfeld oder der Familie ereignet, haben betroffene Personen über die Tat hinaus oft mit komplizierten Beziehungsgeflechten zu kämpfen, die nicht mithilfe eines Gerichtsverfahrens oder Kontaktverbots gelöst werden können. Obwohl das neue „Nein heißt Nein“- Sexualstrafrecht in Deutschland betroffenen Personen einen besseren Zugang zum Strafrechtssystem ermöglicht, fragen viele Aktivist*innen zu Recht: „Warum soll das der einzige Weg sein?“.

LGBT & feministische Komplizenschaft mit dem strafenden Staat

Umso beunruhigender ist die Komplizenschaft von Akteur*innen „progressiver“ sozialer Bewegungen, auch feministischer und LGBT-Organisationen, mit dem strafenden Staat. So kommt es immer wieder vor, dass deren Sicherheitsbelange und entsprechende Forderungen von staatlicher Seite aufgegriffen und instrumentalisiert werden, um einen aggressiveren polizeilichen Umgang mit PoC und Migrant*innen zu rechtfertigen. Auf die rassistische Medienhetze gegen nordafrikanische Männer, die man pauschal für sexuelle Übergriffe während der Silvesternacht in Köln und anderswo verantwortlich machte, folgte kurz darauf ein Beschluss im Bundestag, der Marokko, Algerien und Tunesien zu „sicheren Drittstaaten“ erklärte, in die nun leichter abgeschoben werden kann. Darüberhinaus wurde die Reform des deutschen Sexualstrafrechts – für die sich Feminist*innen jahrelang gegen den Widerstand von weiten Teilen der Politik eingesetzt hatten – zu einer Priorität der Konservativen, als nicht-weiße Männer als Täter ins Fadenkreuz gerieten. Das führte dazu, dass die „Nein heißt Nein“-Reformen des Sexualstrafrechts mit rassistischen und strafrechtlichen Maßnahmen versetzt wurden.[7] Zugleich verabschiedete der Bundestag das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz, das Sexarbeiter*innen verpflichtet, sich staatlich registrieren zu lassen und einen Ausweis bei sich zu tragen – was diejenigen ohne Aufenthaltserlaubnis noch stärker in die Illegalität und Schutzlosigkeit treibt.[8]

Solche Gesetze, die vorgeben, „unschuldige Opfer“ zu schützen, sind typisch für eine bestimmte Tradition von Law-und-Order-Politik, bei der moralisierende Argumente und Ängste in Bezug auf sexualisierte Gewalt, Prostitution oder Frauenhandel gezielt genutzt werden, um den strafenden Staat auszubauen. Wissenschaftliche Studien zeigen für die USA im besten Fall ambivalente Ergebnisse, was diese repressiven Ansätze anbelangt.[9] Häufig verschärfen sie die Probleme der betroffenen Personen. Das Gleiche ist in Deutschland zu erwarten, da auch hier die eigentlichen Ursachen von sexualisierter Gewalt nicht angegangen werden. 

Ähnlich verhält es sich mit der Gesetzgebung gegen Hasskriminalität, von der sich viele queere Menschen und People of Color in den USA einst erhofften, sie würde sich als wirkungsvolles Instrument zur Bekämpfung von Gewalt gegen Minderheiten erweisen. Stattdessen kritisieren heute viele Aktivist*innen, die zunehmenden Verurteilungen wegen hate crimes lasse vor allem die Gefängnisbevölkerung weiter anwachsen und trage dazu bei, dass Rassismus oder Homophobie in erster Linie als individuelle, affektive Probleme (motiviert durch „Hass“) wahrgenommen werden – und weniger als gesellschaftliche und institutionalisierte Phänomene. In Deutschland, wo es solche Gesetze gegen Hasskriminalität bislang nicht gibt, sprechen sich einige Mainstream-LGBT-Organisationen gemeinsam mit Vertreter*innen der Legislative und der Strafverfolgungsbehörden für deren Einführung aus.[10] Dabei sollte nicht vergessen werden, dass in der öffentlichen Debatte über homophobe Gewalt meist muslimische, arabische junge Männer als größte Bedrohung stilisiert werden[11] – eine Bevölkerungsgruppe, die ohnehin schon am systematischsten von der Polizei überwacht und stark kriminalisiert wird. 

Durch solche Maßnahmen wird nur die Sicherheit von bestimmten Frauen* und queeren Personen gewährleistet. Die Homogenisierung und das white-washing von Frauen* und queeren Menschen führen dazu, dass diese „Gruppe“ gegen People of Color ausgespielt wird, ganz in der Tradition von ‚Teile und Herrsche’. In den USA wird dieses Phänomen carceral feminism[12] (was ich ‚Strafrechtsfeminismus’ nenne) genannt, während in Europa eher von Homonationalismus[13] oder Femonationalismus[14] die Rede ist. Diese Bezeichnungen weisen darauf hin, dass „whitestream“[15] queer-Feminismus Konzepte und Praktiken von Sicherheit vertritt, die Gefahr laufen, rassistische und nationalistische Diskurse zu bestärken und uns zu Kompliz*innen eines strafenden Staates zu machen. 

Viele feministische Initiativen, die zum Teil direkt mit dem strafenden Staat kooperieren, tragen so zur Kriminalisierung, Überwachung und zum Tod von People of Color bei, indem sie, der kolonialen Tradition entsprechend, die mythologische Figur der weißen, unschuldigen Frau bemühen.[16] Gayatri Chakravorty Spivak hat einst das britische Kolonialsystem in Südasien mit dem berühmten Satz charakterisiert, es gründe auf dem Bild von „weißen Männern, die braune Frauen vor braunen Männern retten“[17]. In post-kolonialen Zeiten könnte die verzerrte, pseudo-feministische Konstellation analog dadurch charakterisiert werden, dass nun "weiße Frauen (andere) weiße (und braune) Frauen vor braunen Männern retten".

Ein neues Nachdenken über Sicherheit jenseits von Gefängnis und Polizei

So wie Marx' die bürgerlichen Konzepte von Freiheit und Gleichheit hinterfragte, die in sich die Unfreiheit und Ungleichheit des Zwangs zur Lohnarbeit bergen, so muss auch das liberale Sicherheitsdenken immanenter Kritik unterzogen werden, wenn die Sicherheit von einigen den Tod von anderen bedeutet. Eine solche Biopolitik, die Unterdrückungsverhältnisse verstärkt und damit die Grundlage für weitere Gewalt legt, untergräbt tatsächlich die Sicherheit von allen. 

So wie Freiheit ist liberale Sicherheit negativ bestimmt: als die Abwesenheit von Angriffen und Gewalt. Gewalt meint hier sichtbare, physische, einzelne Ereignisse – strukturelle, „langsame“ Gewalt kann dessen ungeachtet fortgesetzt werden. Dieses „Not-in-my-backyard“-Verständnis beinhaltet die Vorstellung von geschützten und immer stärker privatisierten Räumen, in denen man sich frei bewegen und ungehindert seine Rechte ausüben kann. Befürworter*innen einer Logik der Bestrafung wollen uns weismachen, Sicherheit entstehe durch Eindämmungs- und Abschottungsmaßnahmen (durch Gefängnisse, den Bau von Grenzzäunen etc.) oder durch die Abschirmung besonders gefährdeter Personen (zum Beispiel in Frauenhäusern). Solche Sicherheitsökonomien stufen einige Körper als ‚Überfluss’ ein, der getrost entsorgt werden kann, andere als ‚wertvolle’ Opfer, solange diese in ihren passiven Rollen verharren, abhängig von externen, mächtigen Beschützer*innen. Aber wäre es nicht viel sinnvoller, die Verhältnisse anzugreifen, die für sexualisierte Übergriffe verantwortlich sind, anstatt zu versuchen, die Täter oder gar die Betroffenen von Gewalt innerhalb der Gesellschaft zu isolieren? 

Positive Sicherheit ist widerstandsfähiger: Sie sucht keine externe Schutzkraft, sondern Selbstbestimmung. Mit dem Aufbau solidarischer und fürsorglicher Beziehungen gehen wir gegen Entfremdung und prekäre Lebensbedingungen an, die gewalttätiges Verhalten befördern. Der nicht-gewählte Charakter des Zusammenlebens[18] stellt die Herausforderung, ein solidarisches Konzept der Sicherheit zu entwickelt, wo niemand überflüssig oder entbehrlich (disposable) ist. Ein positives Konzept von Sicherheit ist aber auch weniger eindeutig: Anstatt festzulegen, welche Räume oder Orte "sicher" und welche Personen "unbedenklich" sind und diejenigen auszugrenzen oder einzusperren, die als "bedrohlich" oder "verzichtbar" gelten – aufgrund ihrer „race“, ihrer Staatsbürgerschaft oder ihrer Klassenzugehörigkeit –, sieht dieser Ansatz den Aufbau von sozialen Beziehungen in Zeiten der Care-Krise sowohl als Ziel als auch als Methode gegen Gewalt.[19]

Die Bewegung für "Community Accountability & Transformative Justice"

Dieses Verständnis von Sicherheit ist inspiriert und geprägt von meiner Arbeit mit der Bewegung für community accountability (kollektive Verantwortungsübernahme) und transformative justice (transformative Gerechtigkeit), die Frauen* & Trans, nicht-binäre & queere People of Color in den USA gegründet haben. Sie sind im strafenden Staat besonderen Gefährdungen ausgesetzt, weil sie sich als Angehöre mehrerer marginalisierter Positionen an der gefährlichen Schnittstelle von staatlicher Gewalt und sexualisierter und Partner*innen-Gewalt befinden. Viele von ihnen kommen zu dem Schluss, dass der strafende Staat sie nicht schützt, sondern eher bedroht, und daher keine Lösung für sie sein kann. Es ist kein Zufall, dass gerade sie sich der Herausforderung gestellt haben, grundsätzlich neu über die Themen Sicherheit und community-basierte Alternativen zum Polizei- und Gefängnissystem nachzudenken, in politischen Kontexten wie den Bewegungen zur Abschaffung von Gefängnissen oder Black Lives Matter. 

Die community accountability & transformative justice (CA-TJ) Bewegung entstand durch eine doppelte Intervention von Trans* & Frauen* of Color, sowohl in cis-männerdominierten antirassistischen Kontexten als auch in weißdominierten feministischen Räumen. Immer wieder in der Rolle der politischen Brückenfigur („This Bridge Called My Back“[20]), wiesen sie auf die blinden Flecken in zwei Zusammenhängen hin: in den Mainstream-Anti-Gewalt-Organisationen einerseits, die nur Beziehungsgewalt thematisierten und staatliche Gewalt verschwiegen, und den Initiativen gegen staatliche Gewalt andererseits, die keine alternativen Umgangsformen für den Fall von zwischenmenschlicher Gewalt liefern konnten. INCITE!, ein landesweites Netzwerk radikaler Feminist*innen of Color, das 2000 auf der Konferenz „Color of Violence“ gegründet wurde, hat als erstes den Begriff "community accountability" geprägt.

 INCITE! nennt vier zentrale Aspekte dieses Konzepts:
 

  • Unterstützung von betroffenen Personen, Gewährleistung ihrer Sicherheit und Selbstbestimmung;
  • Verantwortungsübernahme durch den/die Gewaltausübende und Verhaltensänderung;
  • Maßnahmen innerhalb der Community, die gegen Unterdrückung und Gewalt gerichtete Haltungen und Praxen stärken;
  • Strukturelle Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, die für den Fortbestand von Gewalt verantwortlich sind.[21]

Die Methoden, die INCITE! vorschlägt, sind für zwischenmenschliche Gewalt entwickelt, nicht für Gewalt von Seiten des Staates, Konzernen oder Institutionen. In meinen Interviews mit Aktivist*innen aus den Staaten zeigt sich, dass diese Techniken offenbar am besten in kleinen Communities funktionieren, wo es entweder viel geteilten Alltag gibt, wie in Nachbarschaften; oder auch geteilte Werte und Identitäten, wie bei gut strukturierten politischen Organisationen – ein Beispiel ist der Prozess, den die Gruppe Black Youth Project 100 geführt hat. Im Transformative Justice Kollektiv Berlin, das ich in 2011 mitgegründet habe, arbeiten wir praktisch meist in weißdeutsch-dominierten, linken Zusammenhänge wie Hausprojekten und politischen Gruppen. Häufig handelt es sich hierbei um den Versuch, mit geringen Ressourcen am Rande des Möglichen zu experimentieren und zu improvisieren. Es gibt kein feststehendes Modell, das auf alle Einzelfälle passt, transformative justice bietet vielmehr Orientierung, trägt Vorschläge zusammen, welche Ansätze in bestehende politische Strukturen und Arbeit integriert werden können. Im Unterschied zum Täter-Opfer-Ausgleich und anderen Mediationsmethoden, die dem Konzept einer restaurativen Justiz folgen, betrachten Vertreter*innen von CA-TJ Gewalt nicht losgelöst vom größeren Kontext systematischer Unterdrückung und eines Machtgefälles, das nicht einfach durch Mediation wiedergutgemacht werden kann. Daher müssen sowohl das individuelle gewalttätige Verhalten als auch die diesem Verhalten zugrunde liegenden sozialen und politischen Verhältnisse verändert werden.[22]

Die Grundsätze transformativer Gerechtigkeit[23]

 1) Selbstbestimmung statt Schutz für betroffene Personen

CA-Strategien liegt die Annahme zugrunde, dass Betroffene von Gewalttaten über umfangreiches Wissen und Fähigkeiten verfügen, die sie zu potenziellen Akteur*innen sowohl der eigenen als auch gesellschaftlicher Veränderung macht. Es wäre falsch, sie auf den Status eines hilflosen Opfers zu reduzieren, das von einer äußeren Kraft (wie dem väterlichen Staat) oder bürgerlichen Fachleuten (wie Mitarbeiter*innen von professionellen Anti-Gewalt-Programmen) beschützt werden muss. Stattdessen geht es bei Sicherheit um Selbstbestimmung und der Herausbildung von Widerstandskraft gegenüber gewalttätigen Verhältnissen sowie das Aufbauen eines Werkzeugskastens von Skills – queerer gesagt, eines Nähkästchens.Organisationen wie „Creative Interventions“ oder das „Northwest Network“ in den USA haben es sich zur Aufgabe gemacht, betroffene Personen darin zu bestärken, zusammen mit Verbündeten und Vermittler*innen neues Selbstbewusstsein aufzubauen und eigene Entscheidungen für ihr Leben zu treffen.[24] In solchen Gruppen können Pläne entwickelt werden, wie die betroffenen Personen zum Beispiel eine*n gewalttätige*n Partner*in verlassen können oder wie sie am besten mit Arbeitskolleg*innen oder den eigenen Kindern über das sprechen können, was ihnen passiert ist. Kollektive Unterstützung kann etwa im Rahmen von „Heilungszirkeln“ oder „Krisenreaktionsteams“ organisiert werden, die Care-Arbeit wie Babysitting und emotionale Unterstützung, aber auch Übersetzungsarbeit oder Begleitung zum Amt anbieten können. 

Wie im US-amerikanische Kontext haben auch in Deutschland trans- und queere Black & PoC-Communities den Weg für einen alternativen Umgang mit Fragen von Sicherheit und Gewalt bereitet. LesMigraS, der Antidiskriminierungs- und Antigewaltbereich der Lesbenberatung Berlin, berät sowohl Betroffene als auch Einrichtungen oder Szene-Lokale, in denen es zu Vorfällen kam. Ihren Ansatz zur community-Unterstützung haben sie in einer Broschüre zusammengefasst. Manche Aspekte sind allerdings in der weißdominierten linken Szene bisher nicht angekommen. Der Ansatz schwarzer Feminist*innen aus den USA, die auf eine Politik der Liebe, Heilung und der Rehumanisierung von Menschen setzen, die als Abschaum behandelt werden, lassen sich einer weißen Linken, die Rassismus zu lange als eine Nebenerscheinung des Kapitalismus betrachtet hat und Spiritualität und Emotionen in der Politik ablehnt, nur schwer vermitteln.[25]

 2) Verantwortungsübernahme statt Strafe für Gewaltausübende

Gewaltausübende Personen sollte die Möglichkeit gegeben werden, Verantwortung für das von ihnen begangene Unrecht und den angerichteten Schaden zu übernehmen. Die Community ist nicht nur der Ort, wo Alternativen entwickelt und umgesetzt werden können, sie gibt auch die Methode vor. Das Gefängnissystem reagiert auf Schaden im Grunde durch das Abbrechen von Beziehungen, während Verantwortungsübernahme den Aufbau von Beziehungen als nachhaltige Alternative sieht. 

Konkret bedeutet dies, dass aus der Community heraus Initiativen unternommen werden, um auf die gewaltausübenden Personen Druck auszuüben, ihr gewalttätiges Verhalten aufzugeben und sich ihrer Verantwortung zu stellen. Das kann heißen, eine Therapie oder Entziehungskur zu beginnen oder Wiedergutmachung gegenüber den Betroffenen zu üben. In manchen Fällen haben sich Initiativen zusammengefunden, um langfristig (über mehrere Jahre hinweg) einen solchen Rechenschafts-, Wiedergutmachungs- und Lernprozess zu begleiten.[26] Das Umfeld muss allerdings die Motivation haben, diese Person in der Community behalten zu wollen, und die gewaltausübende Person muss motiviert sein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. 

Der CA-TJ Ansatz wurde von Menschen in den Staaten entwickelt, deren Körper ungerechtfertigterweise und grundlos kriminalisiert werden. So großzügig über Täterschaft zu sprechen wie diese es tun, ist in einem deutschen Kontext, mit dem Hintergrund der NS-Täterschaft, ungewohnt und erfährt Widerstand. Als Person, die in beiden Kontexten gewohnt und gearbeitet hat, spüre ich immer wieder den Nachhall der Geschichte bei dieser Arbeit. Kulturen von Scham und Schuld sind Folgen der verfehlten Aufarbeitung der NS-Zeit, und linke Zusammenhänge sind dagegen nicht immun, was oft zu einer Politik der moralischen Hyghiene führt. Wenn Menschen sich sehr um ihre eigenen Korrektheit und moralische Reinheit sorgen, große Anstrengung betreiben um diese aufrechtzuerhalten und sich von den eigenen Fehler existentiell bedroht fühlen, fehlt oft die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln und daraus entstandenen Schaden zu übernehmen.

3) Kollektiver Umgang statt individueller Schuld

Vielleicht kann hier die Position der CA-TJ hilfreich sein, dass Gewalt zwischen Personen nicht das Problem einiger weniger „fauler Äpfel“ ist, sondern Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen Symptoms, für das wir alle Verantwortung tragen und das uns alle auf verschiedene Weise berührt. Das Kollektiv ist nicht nur eine Quelle des Problemes, sondern kann auch der Ort der Lösung sein. Die Communities und Individuen, die am stärksten von zwischenmenschlicher Gewalt betroffen sind, sind meist besser in der Lage, auf diese Gewalt angemessen zu reagieren, als externe Vertreter*innen staatlicher Institutionen. 

Um solche Projekte und CA-TJ-Ansätze im deutschen Kontext umzusetzen und verständlich zu machen, bedarf es einer beträchtlichen konzeptuellen Vermittlungs- und Transferleistung. Im letzten Herbst hat unser Kollektiv die Broschüre „Das Risiko wagen“ veröffentlicht, für das wir einen zentralen Text zum Thema „Community Accountability“ vom Englischen ins Deutsche übersetzt haben. Dabei haben wir gemerkt, wie schwierig es ist, nicht nur bestimmte Worte, sondern ganze Konzepte auf ein neues Terrain zu übertragen. Zum Beispiel wird der Begriff „Community“ oft mit Irritation empfangen. Oft bekommen wir gesagt, dass es in Deutschland nicht so starke „Communities“ gibt wie in den Vereinigten Staaten. Tatsächlich wurden die selbstständigen, oft über Ethnizität, Herkunft, und race definierten Communities in den USA geschmiedet von einem Siedlerkolonialismus, der auf einem Völkermord beruhte, von Sklaverei, Multikulturalismus und Migration. Er unterscheidet sich daher stark von der Geschichte und den politischen Kategorien hierzulande. 

Allerdings merken wir in der Praxis, dass es auch hier oft schon solidarische Zusammenhänge und stabile Infrastrukturen gibt, die aktiviert werden können, in linken Kontexten (Gruppen, Hausprojekte) und in NGOs, im Gemeinwesen- und der Stadtteilarbeit oder in religiösen Einrichtungen. Sie sollten Richtlinien zum Umgang mit Vorfällen sexualisierter Gewalt erstellen und entsprechende Aufklärungs- und Präventionsarbeit leisten, anstatt das Thema als private Angelegenheit zu betrachten und unter den Tisch zu kehren. 

In Hamburg macht das Projekt „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“, inspiriert durch den Austausch mit einer Anti-Gewalt-Organisation in Boston, genau das: Es hilft einer Stadtteileinrichtung, das Thema aufzugreifen und die Community durch Community Organizing und Forschung zu aktivieren. Öffentlichkeitsarbeit und Erwachsenenbildung sorgt für Prävention und die Veränderung von Leitkulturen; Unterstützungsangebote für betroffene Personen und Beratung für gewaltausübende Personen werden aufgebaut, und? schließlich wird mitgedacht, wie das Projekt sich auf lokaer Ebene auch politisch einmischen kann.

Community versus Staat

Seit dem Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016 werden Diskussionen über sogenannte rebellische Städte oder über einen radikalen Munizipalismus[27] mit neuer Energie geführt. Ihnen liegt meist die Annahme zugrunde, dass der Widerstand am besten auf der lokalen Ebene zu organisieren ist und dies auch der Ort ist, wo sich Vorstellungen von partizipatorischer Demokratie am einfachsten in Community-Einrichtungen verwirklichen lassen. In der deutschen Linken gibt es ein großes Interesse an Community-Organizing-Ansätzen aus den USA und Großbritannien, die viele nach Deutschland importieren wollen. Doch schon den Begriff "Community" richtig zu übersetzen, ist ein heikles Unterfangen. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass das Sprechen über Communities ebenso wie die Rede von Populismus oder vom "Volk" ideologisch aufgeladen ist und von verschiedenen politischen Lagern unterschiedlich definiert und benutzt wird. So geht die multikulturelle und subversive Bedeutung, die dem Begriff Community im US-amerikanischen Kontext zukommt, verloren, wenn man ihn – wie es häufig geschieht – mit dem deutschen Wort „Gemeinschaft“ übersetzt. 
 

Die Rechte hat ein nationalistisches und meist rassistisches Verständnis von Gemeinschaft beziehungsweise „Community“. Ihre Alternative zur Polizei, die sogenannten Bürgerwehren, zeigen, dass community-basierte Reaktionen auf Gewalt (selbst wenn diese in der Bevölkerung auf große Unterstützung stoßen) keinesfalls Garant für fortschrittliche und gesellschaftsverändernde Ansätze und Resultate sind. Die Existenz von Bürgermilizen kratzt die Machtverhältnisse und die Logik des Strafrechtssystems nicht wirklich an. Im Gegenteil: Sie tauscht einen zumindest im Prinzip demokratisch kontrollierten staatlichen Gewaltapparat gegen Akteure aus, die sich selbst anmaßen, nach ihren eigenen Kriterien zu verfolgen und zu bestrafen – jenseits jeglicher gesellschaftlicher Legitimation. 

Neoliberale Kräfte wiederum rechtfertigen Einschnitte bei Sozialleistungen mit der Begründung, ehrenamtlich Tätige in den Communities (Kirchengemeinden oder NGOs) könnten die Lücken füllen, die der Staat in diesem Bereich hinterlassen hat. Besonders deutlich zeigte sich das in der sogenannten Flüchtlingskrise, als es vielerorts Bürgerinitiativen übernommen haben, die neu Ankommenden zu empfangen und umfassend zu unterstützen – vieles davon Aufgaben, die eigentlich dem Staat zukommen oder für die er zumindest ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen müsste. Die hier beschriebene Anti-Gewalt Arbeit darf nicht zum Komplizen solcher Kürzungen gemacht werden. 

Die alternative Infrastruktur der radikalen Linken in Form von Wohnprojekten, Solidaritätsinitiativen für Geflüchtete und kollektiven Betrieben sind Community-Institutionen, die ganz bewusst eine große Distanz zu staatlichen Strukturen haben und zum Teil gegen den Staat gerichtet sind. Abgesehen von ihrer Funktion, Löcher im sozialen Sicherheitsnetz zu stopfen, bieten sie Raum, um demokratische Mikro-Alternativen zu entwickeln, die perspektivisch die Basis einer neuen Gesellschaft bilden könnten. Und doch, darauf haben zahlreiche CA-TJ-Aktivist*innen hingewiesen, können wir nicht einfach davon ausgehen, dass die für alternative Praxen benötigten Communities im ausreichenden Umfang bereits existierten, oder so tun, als wären die bestehenden Communities frei von Gewalt und Unterdrückung. Bisher gibt es viele modellhafte Ansätze, aber oft wenig Kapazitäten und Fähigkeiten, diese umzusetzen. Es geht daher im Moment mehr um die Veränderung von Diskursen und Alltagspraxen. Mitglieder des „Northwest Network“ haben deswegen als einen ersten Schritt die Notwendigkeit betont, „verantwortungsvolle Communities“ aufzubauen, ehe Prozesse von „community accountability“ in Krisensituationen tatsächlich eingesetzt werden können.[28] 
 

Das heißt, wir brauchen vertrauensvolle und verlässliche Beziehungen, gemeinsame Werte, fair verteilte Sorgearbeit und die Bereitschaft, uns auch im Alltag für unser Verhalten zur Verantwortung zu ziehen. Nur so sind wir vorbereitet und wissen, was im Fall von Gewalt zu tun ist. Nur so können wir auf zwischenmenschliche Gewalt mithilfe unserer eigenen selbstorganisierten Netzwerke reagieren und uns unabhängiger von Staatsgewalt machen. 

Die Erkenntnisse, die diesem Beitrag zugrunde liegen, gehen auf Diskussionen mit dem Transformative Justice Kollektiv Berlin zurück sowie mit Teilnehmer*innen des Seminars „Carceral Feminisms and Transformative Alternatives“, mit Aktivist*innen aus Nordamerika und all meinen Freund*innen, die mich als betroffene Person bei meiner Suche nach transformativer Gerechtigkeit unterstützt haben.

[1] Erscheint 2018 auch als Buch bei Edition Assemblage.
https://www.youtube.com/watch?v=op_aSoFmcls Einführung in das Projekt  „Was macht uns wirklich sicher?“ (die ersten 4 Minuten)

[2] https://www.prisonpolicy.org/reports/pie2017.html/. 
[3] https://www.prisonpolicy.org/blog/2016/08/15/cjrace/

[4] vgl. Nadija Samour, „Einleitung: Was ist staatliche Gewalt“ und „Zwei Beispiele für Rassismus und Repression im deutschen Jugendstrafrecht“ in: Was macht uns wirklich sicher? Toolkit für Aktivist_innen, hg. von Melanie Brazzell, Berlin 2017, S. 15-16, 24-25. Claus Melter, „Koloniale, nationalsozialistische und aktuelle rassistische Kontinuitäten in Gesetzgebung und der Polizei am Beispiel von Schwarzen Deutschen, Roma und Sinti“ in: Rassismuskritik und Widerstandsformen, hg. von Karim Fereidooni & Meral El, Springer 2017, S. 589-612 

[5] Ich arbeite mit einem breiten Verständnis von sexualisierter Gewalt und Partner*innen-Gewalt: Diese Gewalt kann in queeren und Hetero-Beziehungen geschehen und sich gegen Menschen aller geschlechtlichen Identitäten richten. Allerdings werden diese Gewaltformen überwiegend von Cis-Männer ausgeübt und richten sich oft gegen Frauen*, Trans* und geschlechlich nicht-binäre Menschen. 
[6] Für weitere Barrieren für Migrant_innen und geflüchtete Personen vgl. https://www.transformativejustice.eu/wp-content/uploads/2017/07/toolkit-finished-1.pdf#page=25

[7] https://www.transformativejustice.eu/wp-content/uploads/2017/07/toolkit-finished-1.pdf#page=37 
[8] https://www.transformativejustice.eu/wp-content/uploads/2017/07/toolkit-finished-1.pdf#page=38

[9] Zur Ineffektivität eines öffentlichen Register für Sexualstraftäter*innen vgl. http://www.nber.org/papers/w13803 und http://www.ncjrs.gov/pdffiles1/nij/grants/234597.pdf. Über die Wirkung einer Festnahmepflicht bei häuslicher Gewalt und “no drop” Strafverfolgungsrichtlinien auf die von Gewalt Betroffenen vgl. https://www.ncjrs.gov/pdffiles1/nij/222679.pdf, https://www.bc.edu/content/dam/files/schools/law/lawreviews/journals/bctwj/23_1/04_FMS.htm. Zur den Folgen, die Gesetze gegen Menschenhandel auf Sexualarbeiter*innen haben vgl. http://www.thedailybeast.com/the-gops-sex-trafficking-shell-game-how-laws-against-sex-trafficking-end-up-hurting-women, https://www.vox.com/2015/8/28/9220255/alaska-prostitution-sex-trafficking. 

[10] https://www.transformativejustice.eu/wp-content/uploads/2017/07/toolkit-finished-1.pdf#page=34 
[11]  vgl. Jin Haritaworn, Queer Lovers and Hateful Others: Regenerating Violent Times and Places, Pluto Press, London 2015. 

[12] vgl. Victoria Law, „Against Carceral Feminism“ in: Jacobin, 17.10.2014. Elizabeth Bernstein, „The Sexual Politics of the ‘New Abolitionism’“ in: differences, 2007, 18(3), S. 128-151. 
[13] Jasbir Puar, Terrorist Assemblages: Homonationalism in Queer Times, Duke University Press, Durham 2007. 
[14] Sara R. Farris, In the Name of Women’s Rights: The Rise of Femonationalism, Duke University Press, Durham 2017. 
[15]Diese Begriff, den Claude Denis geprägt hat und den viele indigene Aktivist*innen und Denker*innen benutzen, beschreibt eine weiß-dominierte Mainstream Politik. 

[16] https://www.transformativejustice.eu/wp-content/uploads/2017/07/toolkit-finished-1.pdf#page=36 
[17] von „Can the Subaltern Speak?“ in: Marxism and the Interpretation of Culture, hg. von Cary Nelson & Lawrnece Grossberg, University of Illionois Press 1988. 

[18] Judith Butler, Am Scheideweg: Judentum und die Kritik am Zionismus, Campus 2013. 
[19] Kiyomi Fujikawa, persönliches Interview, 9. April, 2014.

[20] This Bridge Called My Back: Writings by Radical Women of Color, herausgegeben von Cherríe Moraga und Gloria Anzaldúa, war einer der wichtigsten frühen Veröffentlichung von Frauen of Color im US-amerikanischen Kontext zum Thema Intersektionalität. 

[21] INCITE! Women, Gender Non-Conforming, and Trans People of Color Against Violence, „Community Accountability Fact Sheet“ in: Law Enforcement Violence Against Women of Color and Trans People of Color: A Critical Intersection of Gender Violence and State Violence. An Organizer’s Resource and Toolkit. Redmond, WA, 2008, S. 69–70.

[22] Zu den Methoden der restaurativen Justiz gehört, betroffenen Personen die Möglichkeit zu bieten, mit Tätern und anderen Opfern zusammenzukommen und über die Folgen des Geschehenen zu sprechen. Damit stellen sie eine gute Alternative zum Strafrechtssystem dar, weil diese Herangehensweise in vielen Fällen eher ihren Bedürfnissen entspricht. Es gibt aber auch Gründe, die in Fällen von sexualisierter Gewalt in Familien oder Partnerbeziehungen dagegensprechen, dass sich betroffene Person und Täter an einem Tisch zusammensetzen – etwa ein extremes Machtgefälle zwischen den Beteiligten oder die Gefahr einer erneuten Traumatisierung. 

[23] Für Beispiele, wie diese Prinzipien in der Praxis aussehen können, siehe meinen Artikel in der analyse & kritik. 

[24] Vgl. Creative Interventions Toolkit: A Practical Guide to Stop Interpersonal Violence, Northwest Network „It takes a Village People! Advocacy, Friends & Family, and LGBT Survivors of Abuse“ Broschüre 
[25] The long tradition of Black women focusing on love (and self-love) in their politics can be found in the work of June Jordan, bell hooks, Patricia Hill Collins, and Alexis Pauline Gumbs. Gumb's recent anthology (together with Mai'a Williams and China Martens) Revolutionary Mothering: Love on the Front Lines <http://secure.pmpress.org/index.php?l=product_detail&p=746> centers love and life-giving by women and queer folks of color in order to reframe debates about care-work. This approach is visible in the political praxis of Southerners of New Ground (SONG) <http://southernersonnewground.org>, which recently organized its second "Black Mama's Bail Out Action" <http://southernersonnewground.org/2017/05/a-labor-of-love/>, a campaign that raised money to bail Black mothers (defined broadly, not biologically) out of jail in protest of the cash bail system in the U.S.  Another example is the unionization of care workers. Organizer Ai-jen Poo described the New York campaign of what later became the National Domestic Worker's Alliance (NDWA) in the article "Organizing with Love" <http://www.leftturn.org/Organizing-with-Love>. The NDWA partnered with generative somatics <http://www.generativesomatics.org/>, an organization focused on transformative body and healing work, for their leadership training program <https://dornsifecms.usc.edu/assets/sites/242/docs/sol-transforming-lives-executive-summary-4.pdf>. Such somatics and spiritual aspects of movement building have been detailed in the report "Out of the Spiritual Closet" <http://movementstrategy.org/directory/out-of-the-spiritual-closet/> 

[26] z.B. Organisationen wie Philly Stands Up und Support New York 

[27] Vgl. 6. Ausgabe von ROAR Magazine, „The City Rises“, 2017. 

[28] Connie Burk: „Think. Re-Think. Accountable Communities“, In: The Revolution Starts at Home: Confronting Intimate Violence within Activist Communities, hg. von C.-I. Chen, J. Dulani, & L. L. Piepzna-Samarasinha, South End Press, Brooklyn, 2011. S. 265–80.

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