Auf Seite 41  der Kurzfassung des fünften Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, der im Frühjahr 2017 erschienen ist, heißt es : „Die Wohnsituation in Deutschland ist insgesamt gut“. Zu einem solchen Ergebnis kann man gelangen, wenn mit bundesweiten Durchschnittswerten hantiert und das Wesentliche, sprich die räumlich ungleiche Entwicklung von Mieten, Bodenpreisen und Wohnkosten (BBSR 2016), ausblendet wird. Im Themenfeld Wohnen liefert der Abschnitt des Regierungsberichts, der sich deskriptiv der Bestandsanalyse widmet, zwar zum Teil aufschlussreiche Daten zu Mietpreissteigerungen, der Wohnkostenbelastung und zur Wohnungslosigkeit (Abschnitt 1). Da allerdings jeweils nur deutschlandweite Durchschnittswerte betrachtet werden, bleiben die signifikanten regionalen Differenzen zwischen städtischen Wachstumspolen einerseits und strukturschwachen Regionen andererseits unsichtbar. Diese Problematik ist den Autor/innen des Berichts durchaus bewusst und wird auch mehrfach selbstkritisch angemerkt. Eine regional differenzierte Betrachtungsweise folgt daraus allerdings nicht.

Über die deskriptive Analyse hinaus diskutiert der Bericht zudem auch mögliche Ursachen für die gegenwärtig steigenden Mieten und Wohnungspreise. Die Neoliberalisierung der Wohnungspolitik seit Ende der 1980er Jahre und die von vielen Akteuren seitdem politisch vorangetriebene Vermarktlichung und Privatisierung der Wohnraumversorgung (Schönig, Kadi, Schipper 2017) wird dabei jedoch als möglicher Kausalfaktor konsequent ignoriert. Mit Blick auf die aktuelle Wohnungskrise empfiehlt der Armuts- und Reichtumsbericht dementsprechend auch (fast) nur marktkonforme Lösungen, die über eine Ausweitung des Wohnraumangebots – so die Hoffnung – preisdämpfend wirken sollen (Abschnitt 2). Warum eine solche „Wohnungsbau-Offensive“ (S. 367), die auf einer engen Kooperation mit renditeorientiertem privatem Immobilienkapital fußt, die Wohnungsfrage nicht wird lösen können, wird im abschließenden Abschnitt 3 skizziert.

Bestandsanalyse zu Entwicklungen am Wohnungsmarkt

Im Analyseteil des Armuts- und Reichtumsberichts sind drei Aspekte als bemerkenswert hervorzuheben: Erstens steigen seit 2009 die durchschnittlichen Angebotsmieten jährlich um 3,3 % an. Dahinter verbergen sich aber, wie bereits angemerkt, große regionale Differenzen, da prosperierenden Zuzugsräumen mit steigenden Wohnkosten strukturschwache Regionen mit hohen Leerstandsraten und stagnierenden Mieten gegenüberstehen. Der Bericht schreibt dazu:

„Die seit 2009 zu verzeichnende zunehmende Dynamik auf den Wohnungsmärkten der wirtschaftsstarken Zuzugsräume und vieler Groß- und Universitätsstädte hält weiter an. In vielen Ballungsräumen, Groß- und Universitätsstädten sind weiterhin deutliche Mietsteigerungen und vielerorts spürbare Wohnungsmarktengpässe zu verzeichnen. Vor allem einkommensschwächere Haushalte, aber auch zunehmend Haushalte mit mittleren Einkommen haben Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Angebotsmieten nahmen zwischen 2010 und 2015 deutschlandweit mit jährlich durchschnittlich 3,3 Prozent spürbar zu. Allerdings gibt es in Deutschland keine flächendeckende Wohnungsknappheit. In vielen Regionen, vor allem in ländlichen Regionen mit Abwanderung und Leerstand, stagnierten die Mieten oder gingen sogar zurück“ (S. 362).


Zweitens liegt gemäß den Daten des Armuts- und Reichtumsberichts die mittlere Wohnkostenbelastung der Bevölkerung seit 2010 trotz steigender Mieten unverändert bei 22 % (S. 364). Grund ist, dass methodisch nicht zwischen Mieterhaushalten und Eigentümer/innen differenziert wird. Während gegenwärtig die Wohnungsknappheit bei Mieter/innen zu einem Anstieg der Belastungen führt, sinken selbige bei Eigentümerhaushalten aufgrund des aktuell niedrigen Zinsniveaus. Diese divergierenden Trends scheinen sich in dem oben genannten Durchschnittswert auszugleichen. Von einer Überbelastung durch Wohnkosten wird laut EUROSTAT gesprochen, wenn der Anteil der Wohnkosten auf mehr als 40 % des verfügbaren Haushaltseinkommens ansteigt. Davon betroffen waren im Einkommensjahr 2014 16 % aller Haushalte deutschlandweit, was im Vergleich zum Jahr 2010 (15 %) einem leichten Zuwachs entspricht. Haushalte mit einem Nettoäquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle[1] haben jedoch „im Mittel eine überdurchschnittlich hohe Wohnkostenbelastung, die seit 2010 zwischen 35 Prozent und 43 Prozent schwankt, im Vergleich von 2010 und 2015 aber gestiegen ist. Auch liegt bei mehr als der Hälfte dieser Haushalte der Anteil der Wohnkostenbelastung bei über 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens“ (S. 364). Ebenso wie bei der Betrachtung der Mietpreisentwicklungen beziehen sich diese Zahlen allerdings auch auf den bundesweiten Durchschnitt, wohinter sich „sehr unterschiedliche regionale Entwicklungen“ (S. 365) verbergen:

„Einerseits nimmt der Druck auf die Wohnungsmärkte wirtschaftsstarker Zuzugsräume und verschiedener Groß- und Universitätsstädte zu, wodurch deutliche Mietsteigerungen und spürbare Wohnungsmarktengpässe entstehen. Die lokalen Einkommen stiegen aber zumeist nicht in gleichem Maße an, so dass die dortige Bevölkerung im Jahr 2014 einen deutlich höheren Teil ihres verfügbaren Einkommens für das Wohnen einsetzen musste als noch zehn Jahre zuvor. […] Als Alternative zu den ansteigenden Kosten müssen sich diese Haushalte beim Wohnraum einschränken oder in günstigere, meist entlegenere und weniger attraktive Quartiere umziehen. Daraus folgende Segregationstendenzen sind für das Überwinden von Armut auf vielfache Weise hinderlich“ (S. 365f).


Genauere Angaben bezüglich einer regional differenzierten Betrachtung der Wohnkostenbelastung kann der Bericht aber nicht bieten.

Hervorzuheben ist zudem drittens, dass die Wohnungslosigkeit in Deutschland zwischen 2006 und 2014 deutlich angestiegen ist. Da es keine offizielle Statistik zu Wohnungslosigkeit gibt, beruft sich der Bericht auf Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W). Demnach waren „im Jahr 2014 335.000 Menschen ohne eigene Wohnung, davon lebten geschätzte 39.000 Menschen gänzlich ohne Unterkunft auf der Straße […]. Dies ist ein deutlicher Anstieg seit dem Jahr 2006, in dem lt. Schätzung der BAG W 256.000 Menschen wohnungslos waren“ (S. 482).

Ursachen und Lösungsangebote aus Sicht der Bundesregierung

Über die deskriptive Analyse von Mietpreisentwicklungen und Wohnkostenbelastungen hinaus diskutiert der Bericht der Bundesregierung in Ansätzen auch die Ursachen für die regional differenzierte Rückkehr der Wohnungsfrage. Konsequent als möglicher Kausalfaktor ausgeblendet wird dabei aber die seit Mitte der 1980er Jahre erfolgende tiefgreifende Neoliberalisierung bzw. Vermarktlichung der Wohnungspolitik. Selbige ist gekennzeichnet gewesen durch einen schleichenden Rückzug aus dem öffentlichen Wohnungsbau, die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit und dem damit einhergehenden Verlust von über zwei Millionen preisgebundenen Mietwohnungen, die massive Privatisierung und anschließende Finanzialisierung von öffentlichen Wohnungsbeständen sowie die standortpolitische Ausrichtung lokaler Wohnungspolitik auf die Bedürfnisse einkommensstarker Haushalte (Holm, Schönig, Gardemin, Rink 2015; Schönig, Kadi, Schipper 2017). Um die Ursachen der Wohnungskrise, von der insbesondere einkommensschwache Haushalte betroffen sind, zu verstehen, wird im Bericht stattdessen ausschließlich die Nachfrageseite in den Blick genommen und insbesondere die dynamische wirtschaftliche Entwicklung als preistreibender Faktor benannt:

„Ursachen für die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum sind die positive Konjunkturentwicklung der letzten Jahre mit steigender Beschäftigung, steigenden Einkommen und einer damit verbundenen höheren Wohnflächennachfrage. Auch die zunehmende Zahl von Ein-Personen-Haushalten spielt dabei eine Rolle. Das derzeit niedrige Zinsniveau führt außerdem zu einer stärkeren Nachfrage privater Haushalte nach Immobilien zur Selbstnutzung oder als Kapitalanlage. Auch inländische und ausländische institutionelle Investoren investieren vermehrt in deutsche Immobilien. Dies alles trägt zu einem Anstieg der Immobilienpreise und der Mieten bei, wenn auch regional deutlich differenziert“ (S. 363).



Gemäß der dem Bericht zugrundeliegenden Marktlogik werden als Lösungsangebote wohnungspolitische Maßnahmen empfohlen, die die Bundesregierung in den letzten Jahren bereits umgesetzt hat und die überwiegend darauf abzielen, mittels marktkonformer Anreize Investoren zur Ausweitung des Wohnraumangebots zu motivieren, um darüber letztlich preisdämpfende Effekte zu erzeugen. Konkret werden auf den Seiten 366-369 i) die Wohngeldreform von 2016, ii) die Erhöhung der Mittel für die Wohnbauförderung von 0,5 Milliarden € auf 1,5 Milliarden € (2017) sowie iii) das 2014 gegründete ‚Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen‘ als für die Sicherung der sozialen Wohnraumversorgung zielführende Instrumente gelobt. Letzteres hat zum Ziel, durch die Bereitstellung von Bauland, optimierte Anreize für den Wohnungsneubau und eine Vereinfachung von Bauvorschriften „bessere Rahmenbedingungen für den Bau bezahlbarer Wohnungen zu schaffen“ und eine „Wohnungsbau-Offensive“ (S. 367) einzuleiten. Als Ausnahme zur ansonsten dominierenden Marktlogik erwähnt der Armuts- und Reichtumsbericht wohlwollend lediglich die Mietpreisbremse, die darauf abzielt, Wiedervermietungsmieten zu deckeln.

Kritik der im Bericht empfohlenen wohnungspolitischen Maßnahmen

Im Folgenden soll anhand der vier vom Bericht hervorgehobenen Maßnahmen aufgezeigt werden, dass diese in ihrer bisherigen Form entweder wenig wirksam sind (dies betrifft die Mietpreisbremse) oder sich weiterhin innerhalb einer marktkonformen Logik bewegen. Gemäß letzterer soll die Wohnungskrise überwunden werden, indem zum einen die Anreizstrukturen für private Investoren verbessert werden, so dass es zu einer Ausweitung des Wohnraumangebots kommt (Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen). Zum anderen sollen Kapitalverwertungsprozesse im Wohnimmobiliensektor nicht eingeschränkt (etwa durch ein strengeres Mietrecht oder die Wiedereinführung einer gemeinnützigen, nicht-gewinnorientierten Wohnungswirtschaft; vgl. Holm, Horlitz, Jensen 2015), sondern Marktmechanismen simuliert werden, indem die Renditeerwartungen gewinnorientierter Akteure sowohl durch Instrumente der Subjekt- (Wohngeldreform 2016) als auch Objektförderung (Ausweitung der Wohnbauförderung) staatlich garantiert werden.

Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen: Um konkrete Lösungsvorschläge für die Krise der Wohnraumversorgung zu entwickeln, wird im Juni 2014 unter Federführung des ‚Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit‘ (BMUB) das ‚Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen‘ gegründet. Daran beteiligt werden die kommunalen Spitzenverbände, die Verbände der Immobilienwirtschaft und der Bauindustrie, der Deutsche Mieterbund (DMB), Architektenverbände sowie der DGB und die IG BAU. Der vom BMUB geschaffene Zusammenhang formuliert die wesentlichen Grundlagen, aus denen schließlich unter anderem die im Armuts- und Reichtumsbericht genannten wohnungspolitische Reformen abgeleitet werden. Kernziel ist dabei laut dem im März 2016 publizierten ‚Bericht zum Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen und zur Wohnungsbau-Offensive‘ (Bundesregierung 2015), den Wohnungsbau zu intensivieren, um über eine Ausweitung des Angebots eine preisdämpfende Wirkung zu entfalten. Im Armuts- und Reichtumsbericht heißt es dazu:

„Ziel ist es, bessere Rahmenbedingungen für den Bau bezahlbarer Wohnungen zu schaffen. Die Rahmenbedingungen für Investitionen in den Wohnungsbau sollen weiter verbessert werden, nur so kann für die breite Bevölkerungsschicht bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden.“ (Kurzzusammenfassung, S. 42)


Zu diesem Zweck empfiehlt das ‚Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen‘ konkret, den freifinanzierten und nicht preisgebundenen Mietwohnungsneubau steuerlich zu fördern (was jedoch erfreulicherweise am Widerstand der SPD scheitert), Baukosten durch eine Überprüfung von Bauvorschriften, eine stärkere Modularisierung, Standardisierung und serielle Vorfertigung zu reduzieren, den sozialen Wohnungsbau wiederzubeleben und ehemals militärisch genutzte Bundesliegenschaften verbilligt an Kommunen zu vergeben. Bezüglich letzterem hat der Finanzausschuss des Bundestags bereits im Mai 2015 die sogenannte Verbilligungsrichtlinie beschlossen. Diese ermächtigt die ‚Bundesanstalt für Immobilienaufgaben‘ (BImA), militärische Konversionsflächen und andere entbehrliche Liegenschaften auch unter dem Verkehrswert an Kommunen für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus oder der Unterbringung von Geflüchteten abzutreten. Allerdings wird das Gesamtvolumen der Verbilligungen für die Jahre 2015 bis 2018 auf insgesamt 100 Millionen € begrenzt. Bei einem anvisierten Kaufpreisabschlag von 25.000 € pro neu geschaffener Wohneinheit können über dieses Programm in vier Jahren und für ganz Deutschland daher lediglich 4.000 Sozialwohnungen entstehen, während im gleichen Zeitraum geschätzte 360.000 Sozialwohnungen aus der Bindung fallen (Bundesregierung 2015, S. 29).

Erhöhung der Wohnbauförderung: Seit 2016 hat der Bund die den Ländern zur Verfügung stehenden Kompensationsmittel für die Wohnbauförderung – wie vom ‚Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen‘ gefordert – von 518,2 Millionen € (bis 2015) schrittweise auf 1,5 Milliarden € (ab 2017) verdreifacht. Die für die Wohnbauförderung zuständigen Länder halten jedoch an dem problematischen System der nur temporär ausgerichteten Objektförderung fest. Demnach erhalten Investoren zinsvergünstigte Darlehen und neuerdings auch Zuschüsse, müssen im Gegenzug aber nur befristete Sozialbindungen von in der Regel maximal 20 Jahren akzeptieren. Jährlich fallen aufgrund dieser Problematik ca. 80.000 bis 100.000 Wohnungen aus der Bindung, so dass angesichts niedriger Neubauzahlen der Bestand per Saldo jedes Jahr um ca. 65.000 Wohnungen abnimmt. Vor diesem Hintergrund ist die Gesamtzahl an preis- und belegungsgebundenen Sozialwohnungen deutschlandweit seit 1990 von ca. 3 Millionen Wohnungen auf 1,5 Millionen gesunken (Bundesregierung 2015, S. 29). Zwar wurden laut dem Armuts- und Reichtumsbericht zwischen 2007 und 2015 „168.000 Wohnungen für Haushalte mit geringem Einkommen oder anderen Schwierigkeiten bei der Wohnraumversorgung mit den Fördermitteln neu gebaut“ (S. 369). Allerdings wird nicht erwähnt, dass im gleichen Zeitraum geschätzte 810.000[2] aus der Bindung gefallen sind, so dass sich der Bestand insgesamt um ca. 642.000 verringert hat.

Die nun erfolgte Erhöhung der Fördermittel würde nur dann einen marktfernen, dauerhaft gesicherten öffentlichen Wohnungsbestand entstehen lassen, wenn sich die institutionellen Bedingungen der Wohnbauförderung auf Länderebene grundlegend ändern. Kriterium müsste sein, dass einmal investierte öffentliche Gelder auch dauerhaft sozialen Belangen in der Wohnungsversorgung zugutekommen, indem sie z.B. prioritär an gemeinnützige und nicht-profitorientierte Akteure vergeben werden. In der jetzigen Form wird die Erhöhung der Fördermittel ein weiteres Abschmelzen des Sozialwohnungsbestandes womöglich abbremsen, aber sicherlich nicht verhindern können.

Wohngeldreform 2016: Während der Bund zur Zeit 1,5 Milliarden € für die Objektförderung bereitstellt, hat die öffentliche Hand im Jahr 2014 4,4 Millionen Haushalte mit insgesamt 17 Milliarden € bei den Wohnkosten entlastet; 3,9 Millionen Haushalte erhielten Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) und 0,6 Millionen Wohngeld: „Damit profitierten 11 Prozent aller Haushalte von einer vollständigen oder teilweisen Entlastung bei den Wohnkosten“ (S. 367). Zum Januar 2016 hat die Bundesregierung beschlossen, das Wohngeld für einkommensschwache Haushalte um 39 % auf für einen Zwei-Personen-Haushalt durchschnittlich 186 € monatlich zu erhöhen (Bundesregierung 2015, S. 59f.). Laut Armuts- und Reichtumsbericht profitieren „660.000 einkommensschwache Haushalte […] von der Wohngeldreform. Darunter sind rund 200.000 Haushalte, die durch die Reform neu oder wieder einen Anspruch auf Wohngeld erhalten“ (S. 368). Als „Bestandteile einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten Wohnungs- und Mietenpolitik“ (Bundesregierung 2015, S. 43) zielen derartige Maßnahmen der Subjektförderung darauf ab, das soziokulturelle Existenzminimum armutsgefährdeter Haushalte zu gewährleisten, indem letztlich indirekt die Renditeerwartungen der Wohnungseigentümer/innen über staatliche Subventionen in Gestalt individueller Mietzuschüsse garantiert werden (Stichwort „Geschäftsmodell Hartz IV“). Für den dringend benötigten Ausbau eines marktfernen, öffentlichen Wohnungssektors stehen die jährlich verausgabten 17 Milliarden € dagegen nicht zur Verfügung. Zum Vergleich lag im Jahr 1986, also zu Beginn der tiefgreifenden Neoliberalisierung der Wohnungspolitik, das Verhältnis noch umgekehrt bei 3,45 Milliarden DM für Wohngeld und 7,71 Milliarden DM für den sozialen Wohnungsbau (Becker 1988, S. 96).

Mietpreisbremse: Im Juni 2015 tritt das auf fünf Jahre befristete Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG) in Kraft, welches Neuvermietungsmieten auf angespannten Wohnungsmärkten auf maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt. Allerdings wird der ursprüngliche Entwurf in den Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern aus CDU/CSU und SPD letztlich stark verwässert mit dem Ergebnis, dass die Mietpreisbremse bei Neubau, Modernisierung und in Fällen, in denen der/die Vormieter/in schon eine höhere Miete gezahlt hat (Bestandsschutz), nicht gilt. Dennoch betritt der Gesetzgeber mit dem MietNovG Neuland, als dass Eigentumsrechte bei Neuvertragsabschlüssen bislang praktisch nicht reguliert waren. Allerdings zeichnet sich ab dem Frühjahr 2016 ab, dass die Mietpreisbremse nur sehr bedingt eine dämpfende Wirkung entfaltet. Dies liegt unter anderem daran, dass die Vermieter/innen bei Verstößen gegen das Gesetz keinerlei Sanktionen zu befürchten haben und die Mieter/innen selbst (und z.B. nicht städtische Wohnungsämter) gegen überhöhte Mieten vorgehen müssen. Ein solches Vorgehen wurde jedoch vom Gesetzgeber erheblich erschwert, insofern Vermieter/innen keiner Auskunftspflicht unterliegen und den Mieter/innen daher die notwendigen Informationen für eine erfolgreiche gerichtliche Auseinandersetzung in der Regel fehlen.