Wie viel verdient der Investment-Manager eines Immobilienfonds?
Die deutschen Publikumsfonds brachten ihren Anlegern in den letzten Jahren im Schnitt zwischen 2,5 und 3 Prozent Rendite (Scope Investor Services 2018a) und damit deutlich mehr als ein Sparkonto. Institutionelle Investoren erwarten von professionellen Fonds immerhin sechs bis acht Prozent Rendite (Scope Investor Services 2018b) und Blackstone wirbt bei seinen Anlegern sogar mit einer Rendite von 16 Prozent.
Doch bevor diese Renditen bei den Anlegern ankommen, werden hohe Managementgebühren fällig. Die Investmentmanager erhalten in der Regel ein Honorar von ein bis zwei Prozent des verwalteten Immobilienvolumens, zuzüglich einer Erfolgsbeteiligung an der Wertsteigerung von 20 Prozent – eine Strafe für Wertverminderung ist meistens nicht vorgesehen. Was das im Einzelfall bedeuten kann, zeigt der Fall der Berliner Häuser von Taliesin und Blackstone.
In einem aus Investorensicht großartigen Jahr wie 2017, in dem die Immobilienpreise explodierten, erhielt der Investmentmanager von Taliesin laut Jahresabschluss knapp 17 Millionen Euro Honorar und Boni – bei Mieteinnahmen von lediglich knapp 11 Millionen Euro. Er beanspruchte nicht nurdie kompletten Mieteinnahmen des Jahres, sondern auch einen Teil der zukünftigen Einnahmen und Mietsteigerungen für sich. Pro Mietpartei kostete er 2017 grob überschlagen 13.000 Euro – ohne dafür, abgesehenvon ein paar gezielten Luxussanierungen und aus Anlegersicht gut gemanagten Mietsteigerungen, eine Gegenleistung erbracht zu haben. Der Chef und Gründer von Blackstone, Stephen A. Schwarzmann, genehmigte sich im selben Jahr ausweislich des Jahresabschlusses Gehalt und Prämien von insgesamt 132 Millionen US-Dollar, zuzüglich einer Dividende auf seine Anteile von knapp 661 Millionen US-Dollar. Auf das gesamte durch Blackstone verwaltete Vermögen runtergerechnet – mit über 400 Milliarden US-Dollar deutlich mehr als bei Taliesin –, hätte Herr Schwarzmann jede Mietpartei nur rund 350 Euro gekostet. Mit einem Vermögen von 13,3 Milliarden US-Dollar rangiert er auf Platz 34 der Forbes-Liste der Milliardäre.
Wie schaffen es Immobilienfonds, so gut wie keine Steuern zu zahlen?
Das Ziel maximaler Renditen erreichen internationale Immobilienfonds zum einen über professionell gemanagte Mietsteigerungen und gut getimte Spekulationen, zum anderen über aggressive Steuervermeidung. Kauft man als Privatperson ein deutsches Mietshaus, zahlt man auf die Mietüberschüsse – alsodie Einnahmen nach Abzug der Kosten – in Deutschland Einkommensteuer, je nach Höhe des Einkommens bis zu 47,5 Prozent (einschließlich Reichensteuer und Solidaritätszuschlag). Und zwar ganz egal, in welchem Land man geboren ist oder wo man wohnt. Das Besteuerungsrecht für Mieteinnahmen liegt fast immer bei dem Land, in dem das Haus steht. Verpackt man das Haus in ein Unternehmen, dann verteilt sich die Steuerzahlung auf zwei Stufen, verändert sich aber im Effekt kaum. Auf Stufe eins bezahlt das Unternehmen auf seine Gewinne Körperschaft- und Gewerbesteuer von zusammen knapp 30 Prozent. Auf Stufe zwei zahlt der Anteilseigner noch einmal zusätzliche Steuern, wenn er die Gewinne ausbezahlt bekommt. Zusätzlich zur Einkommensteuer werden beim Kauf einmalig bis zu 6,5 Prozent vom Kaufpreis als Grunderwerbsteuer fällig. Wertsteigerungen werden beim Verkauf pauschal, also unabhängig von der Höhedes Einkommens, mit 25 Prozent besteuert. Mit der richtigen Strategie lassen sich fastalle diese Steuern umgehen. Taliesin und Blackstone zeigen wieder beispielhaft, wie das funktioniert.
Fangen wir mit den Steuern auf Einkommen und Unternehmensgewinne an. Immobilienfonds zählen in Deutschland meistens nicht als Gewerbebetriebe, sondern als vermögensverwaltende Gesellschaften. Mit der richtigen Gestaltung und ein paar Vorsichtsmaßnahmen sparen sie sich so die Gewerbesteuer und zahlen lediglich 15,8 Prozent Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag auf ihre Gewinne. Mit einem firmeninternen Kredit aus Luxemburg oder einer anderen Steueroase sowie mit dem geschickten Hin- und Herschieben von Verlusten und anderen Tricks lässt sich der zu versteuernde Gewinn noch kleinrechnen, sodass nur sehr geringe Steuerbelastungen übrigbleiben. Anstatt die Gewinne in Deutschland auszuschütten und zu versteuern, werden sie über Luxemburg in eine Steueroase wie Jersey oder die Cayman Islands geschleust, wo die Steuerlast null Prozent beträgt. Wenn sich dann der Anteilseigner dort hinter anonymen Firmenkonstruktionen vor den heimischen Steuerbehörden versteckt oder seinen steuerlichen Wohnsitz durch ein paar Tricks dorthin verlagert, wo keine Steuern auf ausländisches Einkommen fällig werden, entfällt Stufe zwei der Besteuerung nicht nur für Deutschland, sondern komplett. Wem die Anteile an Blackstones Fonds gehören, ist für die Öffentlichkeit – anders als bei normalen Unternehmen – nicht nachvollziehbar und auch für die Steuerbehörden oft nicht zu erkennen.
Auch die Grunderwerbsteuer und die Steuer auf Wertsteigerungen – für Spekulanten mit hohen Renditeerwartungen mindestens genauso wichtig – lassen sich mit einem einfachen Trick umgehen. Beim sogenannten Share Deal werden nicht Häuser verkauft, sondern Firmenanteile, und der Eigentümer im Grundbuch ändert sich nicht. Werden weniger als 95 Prozent der Firmenanteile übertragen, entfällt die Grunderwerbsteuer. Und wenn der Share Deal im Ausland stattfindet, entfällt wegen einer Gesetzeslücke auch die Steuer auf die Wertsteigerung. Um trotzdem 100 Prozent der Immobilien übernehmen zu können, hat Taliesin eine Konstruktion gewählt, bei der ein kleiner Teil der Anteile auf eine auf dem Papier unabhängige Treuhandgesellschaft ausgelagert wurde. Beim Verkauf an Blackstone wurde diese Gesellschaft für einen Euro mit verkauft. Blackstone war anscheinend weniger kreativ und griff auf zwei in Jersey eigens für den Deal gegründete Gesellschaften (Canary und Wren) zurück. Zumindest die Gesetzeslücke bei den Wertsteigerungen ist seit dem 1. Januar 2019 und damit pünktlich zum Ende des Immobilienbooms und den damit verbundenen Preissteigerungen und zu spät für Blackstone gestopft. Auch die Schließung der Lücke bei der Grunderwerbsteuer wird seit mehreren Jahren vorbereitet. 2018 einigten sich die Finanzminister der Länder darauf, die Grenze für den Share Deal auf 90 Prozent abzusenken. Aber während das Gesetz aktuell im Bundestag verhandelt wird, ist Blackstone schon einen Schritt weiter und hat laut Eintrag im deutschen Handelsregister vorsorglich die Anteile seiner zwei Firmen entsprechend angepasst.
Wer kontrolliert die Herkunft des Geldes?
Dass die Investoren von Immobilienfonds fast immer anonym bleiben, ist nicht nur für die Besteuerung problematisch. Expert*innen gehen davon aus, dass knapp zehn Prozent des weltweiten Vermögens – je nach Schätzung zwischen sieben und 25 Billionen Euro – völlig anonym ist (Henry 2012; Zucman 2015). Das sieht man beispielsweise an den Lücken in den internationalen Investmentstatistiken. Dort melden Länder die Guthaben und Schulden ihrer Bürger*innen gegenüber dem Ausland. Lücken entstehen dabei, wenn beispielsweise ein deutscher Arzt von seinem anonymen Konto in der Schweiz in einen in Luxemburg beheimateten Immobilienfonds investiert. Dann meldet Luxemburg Schulden gegenüber der Schweiz, die Schweiz meldet aber kein Guthaben gegenüber Luxemburg, weil sie weiß, dass es Deutschland zuzuordnen ist. Aber weil Deutschland das nicht weiß, meldet auch Deutschland kein Guthaben.
Das heißt nicht nur, dass die Steuerbehörden leer ausgehen, auch Nachforschungen von Ehepartner*innen im Scheidungsfall genauso wie polizeiliche und nachrichtendienstliche Ermittlungen zu Profiten aus Drogenhandel, Waffenschmuggel und Korruption oder zur Finanzierung von terroristischen Organisationen verlaufen oft im Sande. Um das zu vermeiden, gibt es eigentlich ein internationales System aus Geldwäschegesetzen, das Banken, Makler- und Berater*innen und viele andere Beteiligte dazu verpflichtet, verdächtige Transaktionen zu melden. Außerdem verpflichten immer mehr Länder Firmen dazu, ihre endgültigen Eigentümer– die sogenannten wirtschaftlichen Berechtigten – in Registern offenzulegen. Allerdings ist dieses System so löchrig, dass nur ein verschwindend kleiner Teil des »schmutzigen Geldes« jemals entdeckt wird. Besonders groß sind diese Löcher bei den Investmentfonds. So sind etwa US-amerikanische Investmentmanager von der Verpflichtung ausgenommen, ihre Kunden auf Geldwäscheverdachtsmomente zu überprüfen und gegebenenfalls anzuzeigen. Bei den Registern für die wirtschaftlichen Berechtigten gelten wiederum Grenzen: Anteilseigner, die weniger als 25 Prozent besitzen, müssen nicht gemeldet werden, was bei Investmentfonds meistens für alle Anleger zutrifft.
Auch hierzu ein Beispiel: Trockland ist ein Berliner Immobilienprojektentwickler, der auch an einem Wohnprojekt in der Nähe vom Checkpoint Charlie und der Neubebauung des Checkpoint Charlie selbst beteiligt ist.Zu den Investoren des Wohnprojekts gehören laut Presseinformationen (vgl. Keller/ Schlieter 2018) auch Familienmitglieder des ehemaligen und mittlerweile verstorbenen turkmenischen Präsidenten Nijazov. Ihmund seiner Familie wird vorgeworfen, in seiner Amtszeit mehrere Milliarden Euroaus staatlichen Gasgeschäften auf private Konten abgezweigt zu haben. Von den Geldern fehlt bis heute jede Spur. Im Fall von Trockland tauchen die Familienmitgliederim deutschen Handelsregister als Anteilseigner der für das Wohnprojekt zuständigen Objektgesellschaft für jeden sichtbar auf.Wie viel Geld sie investiert haben und woher das Geld kommt, ist nicht ersichtlich. Es gilt zunächst die Unschuldsvermutung. Sehrviel undurchsichtiger wird es, wenn mansich die Kreditgeber von Trockland anschaut. Dabei handelt es sich um einen anonymen Spezialfonds aus Luxemburg. Mit Geldwäschevorwürfen konfrontiert, hat Trockland auf seiner Internetseite erklärt, dass es sich bei den Anteilseignern dieser Fonds unter anderem um »institutionelle Investoren aus Europa, darunter Pensionskassen, Versicherungsunternehmen sowie Investmentfonds aus Großbritannien, Niederlande, Luxemburg und Schweiz« handele. Wer sich hinter diesen Fonds verbirgt, bleibt ein Geheimnis.
Was das für bezahlbare Mieten bedeutet
In einem angespannten Marktumfeld sorgen Spekulanten, darunter viele Investmentfonds, dafür, dass sich die gestiegenen Preise schneller und auf einen viel größeren Teil des Immobilienbestands übertragen. Ihre Spekulationsgewinne sind für Kommunen und Mieter*innen für immer verloren und müssen in Zukunft über Verluste neuer Investoren oder höhere Mieten getragen werden. Durch aggressive Steuervermeidung und möglicherweise mit ›schmutzigem Geld‹ erhöhen die Investoren dabei ihre Renditen auf Kosten der Allgemeinheit. Wenige Einzelpersonen schöpfen so riesige Gewinne ab. Würde man sowohl den Kauf als auch die Wertsteigerung bei Verkauf ordentlich besteuern und dafür die Option von Share Deals ausschließen, würde Spekulation teurer und damit unattraktiver. Darüber, dass diese Gesetzeslücke geschlossen werden soll, besteht weitestgehend Einigkeit, auch wenn sich die Immobilienlobby und Teile der CDU/CSU noch dagegen wehren. Der aktuelle Gesetzesvorschlag zur Grunderwerbsteuer muss aber dringend verschärft werden. Um die Probleme unfairer Vermögensverteilung, ungleicher Besteuerung und Geldwäsche wirklich an der Wurzel zu packen, müssten die finalen Nutznießer von Immobilieninvestments registriert und leistungsloses Einkommen etwa in Form von spekulativen Gewinnenaus Bodenwertsteigerungen angemessen besteuert werden. Auch dafür gibt es eine Vielzahl konkreter Vorschläge: angefangen von einer Erfassung von Immobilienwerten für eine wertabhängige Grundsteuer über die Einführung eines Immobilienregisters, das die wirtschaftlich Berechtigten erfasst, bis hin zur Wiederbelebung der Vermögensteuer.5
Zum Weiterlesen
Bonczyk, Sopie/Trautvetter, Christoph, 2019: Profitmaximierer oder verantwortungsvolle Vermieter? Hg v.d. Rosa-Luxemburg-Stiftung