Wenn kommenden Sonntag Bundestagswahlen wären, würde die AfD laut Umfragen auf 20 Prozent der Stimmen kommen. Die Mehrheit dieser Stimmen kommt von Männern (Immerzeel u. a. 2015), weshalb die Wissenschaft rechte Parteien als »Männerparteien« bezeichnet (Amesberger/Halbmayr 2002, 347ff). Aber wie genau sprechen die AfD und andere rechte Parteien und Organisationen explizit Männer oder besser: spezifische Männergruppen an? Die autoritäre Rechte – ich halte diese Bezeichnung für treffender als populistische Rechte, weil es den Akteur*innen um einen autoritären Gesellschaftsentwurf geht und sie gezielt ein autoritäres Begehren aufrufen und mobilisieren – greift damit widersprüchliche Entwicklungen der vergangenen 30 Jahre auf. In einer neuen Konjunktur, einer neuartigen Konstellation dieser Entwicklungen, gelingt es ihnen, eine konsistente und verbindende Erzählung zu entwickeln (vgl. Hall 1987, 16ff; Clarke in diesem Heft). Die autoritäre Rechte schließt dabei an verschiedene durch den Neoliberalismus hervorgebrachte Affekte der Verunsicherung an. Auf diese Weise versucht sie, über die emotional aufgeladenen Themen Geschlecht und Sexualität kulturelle Hegemonie zu erlangen.

Neoliberale Umbrüche und die »Krise der Autorität«

Diese Entwicklungen sind durch multiple Krisen charakterisiert. Der neoliberale Umbau europäischer Gesellschaften hat nicht nur zur Dominanz von Marktkräften in allen gesellschaftlichen Bereichen geführt, sondern auch zum Abbau sozialstaatlicher Leistungen, zur Deregulierung von Arbeitsverhältnissen und zu Lohnminderungen für Arbeitende, zur Finanzialisierung ihres Alltags und zu ihrer zunehmenden Disziplinierung durch Verschuldung (Demirović/Sablowski 2011). Außerdem beruht die neoliberale Globalisierung auf einer immer weiteren Ausbeutung von Umweltressourcen.

Vor allem aber implizierte die neoliberale Akkumulationsweise in den westlich kapitalistischen Ländern die Inwertsetzung von Frauenarbeit: Frauen sollten nicht mehr nur Hausfrauen sein, sondern wurden als Erwerbstätige angerufen, so beispielsweise in der Lissabon-Strategie der EU. Dadurch konnte der Familienlohn reduziert und zugleich ein Niedriglohnbereich mit vornehmlich weiblichen Beschäftigten geschaffen werden. Allerdings war die Integration von Frauen in Erwerbsarbeit nicht ohne weitere Gleichstellungsmaßnahmen möglich, die Frauen schließlich nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch in der medialen und politischen Öffentlichkeit sichtbarer machten. Die Institution des männlichen Familienernährers erodierte in dem Maße, wie Frauen in der Lage waren, selbstständig einen Haushalt zu führen.

Insgesamt verschärften sich Individualisierung, Verunsicherung und Entsolidarisierung sowie eine ›Krise der Autorität‹.

Eine weitere Dimension des progressiven Neoliberalismus (Fraser 2016) ist die Anerkennung von Diversität – sei es die Gleichstellung von Homosexuellen im Eherecht, sei es die Multiplizität von geschlechtlichen Identitäten, wie sie einst im Transsexuellen- und nun im geplanten, von LGBTIQ-Bewegungen erkämpften Selbstbestimmungsgesetz zum Ausdruck kommt. Die Finanzkrise der Jahre 2008/09 war die erste große Krise des Neoliberalismus, die zu diesem Zeitpunkt sich bereits zuspitzende Klimakatastrophe wurde damals noch mehr oder weniger erfolgreich verdrängt. Mit der Covid-19-Pandemie rückte aber das, was die Fridays-for-Future-Bewegung seit 2018 skandalisiert, nämlich die verheerenden Folgen der fossilistischen Lebensweise und der Vernutzung natürlicher Ressourcen, ebenso deutlich ins Bewusstsein wie das Ende des neoliberalen globalen Wachstumsphantasmas. Nun wurden nationalstaatliche Grenzen in der EU geschlossen und der interventionistische Staat sollte die Pandemie wie auch die Folgen der Pandemiebekämpfung beseitigen. Insgesamt verschärfte sich so eine Konstellation der Individualisierung, Verunsicherung und Entsolidarisierung sowie eine »Krise der Autorität« (Gramsci). Die Folgen sozialer und ökonomischer Prekarisierung sowie der Vereinzelung konnten im Alltag der Menschen emotional nicht abgefedert werden, lösten daher Angst um Erwerbsarbeit und Einkommen, um erworbene soziale Positionen und um erkämpfte soziale Rechte aus– und die politischen Eliten waren und sind immer weniger in der Lage, einen Konsens herzustellen.

Rechte Narrative der Bedrohung

Die autoritäre Rechte griff diese widersprüchlichen Entwicklungen und Emotionen auf und fügte sie ein in ein wenn nicht kohärentes, so aber auf jeden Fall schlichtes Verschwörungsnarrativ: Schuld an den Krisen seien »die« politischen Eliten, vor allem linke Eliten, die »das« Volk betrügen würden, aber auch Migrant*innen, besonders Geflüchtete, die in die EU geholt oder gelassen und den Sozialstaat ausplündern würden. »Das Volk« sei Opfer dieser verfehlten Politik. Als größte Opfergruppe dieser Entwicklung betrachtet die autoritäre Rechte Männer, vor allem weiße Männer. Diese liefen Gefahr, durch Gleichstellungspolitik und Frauenförderung um ihre ökonomischen Positionen gebracht zu werden, Väter hätten im Scheidungsfall das Recht an ihren Kindern verloren, Jungs müssten sich in der Schule an die Verhaltensweisen von Mädchen anpassen, sie würden zu »Weicheiern« erzogen, so Björn Höcke. Männer würden tendenziell alle als Gewalttäter diffamiert, was zu ihrer Domestizierung beitrage, sodass sie ihre natürlich-aggressive Männlichkeit nicht mehr leben könnten. Dies wird insbesondere der feministischen Anti-Gewalt- und der #metoo-Bewegung angelastet, deren disziplinierender Zugriff auf Männer durch Gleichstellungspolitik gerechtfertigt und implementiert werde. Männer hätten daher an Selbstbewusstsein verloren und Schwierigkeiten, Partnerinnen zu finden. Nicht nur diese Erzählung verweist darauf, dass die AfD bei maskulinistischen Männergruppen – seien dies Incels[1] oder Väterrechtler– Anleihen macht.

Als größte Opfergruppe dieser Entwicklung betrachtet die autoritäre Rechte Männer, vor allem weiße Männer.

Das Bedrohungsszenario der »Feminisierung«, also einer generellen Bedrohung der Ordnung westlicher Gesellschaften durch die Sichtbarkeit von Frauen und ihre gestiegene Entscheidungsmacht, ist ein altes rechtsextremes Motiv.[2] Dieses Motiv schließt an weitere Verschwörungserzählungen an, zum Beispiel die des überbordenden Einflusses der sogenannten Homo-Lobby und der Trans*Bewegung auf Kinder und Jugendliche. Zudem wird die vermeintliche Bedrohung durch eine »andere« Sexualität zum Ausdruck gebracht, neben der Homosexualität auch die von den Rechten so gesehene archaische Sexualität männlicher Migranten. Der Topos der gefährlichen migrierten jungen Männer gehört schon seit Längerem zum rechts-autoritären Repertoire und hat längst Eingang in Mainstreamdebatten bis hin zu linksliberalen feministischen Diskussionen gefunden. So nutzte die politische Rechte die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015/16 in deutschen Städten, um Ressentiments gegen muslimische Migranten und Geflüchtete zu schüren – mit großer medialer Resonanz. Diese Übergriffe verdeutlichten, so das Narrativ der Rechten weiter, auch die Schwächen weißer Männer, die »ihre« Frauen nicht mehr schützen könnten. Deutlich wird, dass weiße Frauen als Besitz weißer Männer gesehen werden – eine Vorstellung, die so nicht mehr lebbar ist. Zugleich lässt sich aber auf diese Weise die eigene Gewalt gegen Frauen externalisieren, so als sei die Gewalt nur durch die Anderen importiert. Zugleich schwingt freilich darin ein Begehren nach der »anderen«, nicht-domestizierten Sexualität mit: Anders als weiße Männer der Mehrheitsgesellschaft seien nämlich migrierte Männer in »ihrer Kultur« nicht gezwungen, sexuelle Gewalt zu unterdrücken.

(Weiße) Männlichkeit soll wieder souverän werden

Die Geschlechter- und Sexualitätsfrage wird von der autoritären Rechten genutzt, um einen umfassenden Verlust von Ordnung, Kontrolle und Sicherheit zu behaupten. Weiße Männer werden als Opfer entworfen und eine »Krise der (weißen) Männlichkeit« konstatiert. Männlichkeit müsse wiederentdeckt werden, damit die deutsche Gesellschaft wieder »wehrhaft« werde, so Björn Höcke im Herbst 2015 auf einer AfD-Demonstration in Erfurt. Dieser vermeintlichen Krise will er mit einer neuen heroischen, ja militaristischen Männlichkeit begegnen.[3] Der EU-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah, schlägt in diesem Sinne jüngst in einem Twitter-Video vor, dass Männer sich nicht mehr einreden lassen sollten, »lieb, soft, schwach und links zu sein«.[4]

Im Kontext neoliberaler Verunsicherung verspricht rechte Männlichkeitspolitik, alte Gewissheiten wiederherzustellen.

In der diskursiven Geste, eine generelle Bedrohung der Ordnung und einen ­Kontrollverlust zu behaupten (Heitmeyer 2018, 125ff), bietet sich die autoritäre Rechte als Rettung an – sie verspricht affektive Kompensation, die Re-Affirmierung und Re-Souveränisierung (zum Begriff: Forster 2006), also die Wiederherstellung der Idee eines autonomen weißen männlichen Subjekts mit einem Recht auf Aggressivität und auf ein Liebesversprechen im Rahmen heterosexueller Beziehungs- und Familienarrangements. Ich bezeichne dies als »maskulinistische Identitätspolitik«. Im neoliberalen Verunsicherungskontext – also angesichts der gefühlten Bedrohung des eigenen Wohlstands oder des Arbeitsplatzes – verspricht rechts-autoritäre maskulinistische Identitätspolitik, alte Gewissheiten wiederherzustellen, nämlich traditionelle Geschlechterkonstellationen und -hierarchien. Die »Wiedererringung« von Männlichkeit, die Höcke fordert und implizit verspricht, enthält die Festigung hierarchischer Zweigeschlechtlichkeit, weißer männlicher Suprematie und Aggressivität sowie die Aufwertung maskulinistisch kodierter Eigenschaften. Marc Jongen, Bundestagsabgeordneter der AfD, sprach sich auf einer Veranstaltung des rechten Thinktanks Institut für Staatspolitik für ein »Thymos-Training« aus, also die rechtmäßige Betonung von Mut, Zorn und Aggressivität sowie die Notwendigkeit, diese »Tugenden« gegen Einwanderer einzusetzen.[5] Schließlich taugt diese Argumentationsfigur auch dazu, Männer als Beschützer von Frauen der Mehrheitsgesellschaft vor migrantischen Männern zu erhöhen. Darüber hinaus kann auch die Leugnung der Klimakatastrophe als Teil der rechten maskulinistischen Identitätspolitik gedeutet werden, können sich dadurch doch Männer – sicher auch einige Frauen – in der Gewissheit wiegen, ihre »Petro-Männlichkeit« und ihr autoritäres Begehren weiterleben zu können und auf (große) Autos nicht verzichten zu müssen (vgl. Niederhauser in diesem Heft; Daggett 2018).

Die rechte politische Kommunikation enthält zugleich das Versprechen, dass eine charismatisch-maskulinisierte Führungsperson (die auch eine Frau sein kann) diesen Gruppen männlicher Opfer neue (Selbst-)Sicherheit verschaffen kann. Dieses Angebot ist freilich auch für bestimmte Frauengruppen attraktiv, Frauen, die sich angesichts wachsender sozialer Ungleichheiten und des zunehmenden Zwangs, trotz Familienverpflichtungen und einer fehlenden Sorge­infrastruktur erwerbstätig sein zu müssen, überfordert fühlen.

Exzess der Affekte

Die maskulinistische Identitätspolitik der autoritären Rechten ist mit nationalistischer Identitätspolitik verknüpft. Die avisierte ­Rückkehr zu traditionellen Geschlechterverhältnissen, zu hierarchischer Zweigeschlechtlichkeit und zur heterosexuellen Kleinfamilie wie auch die Abkehr von Gleichstellungspolitik werden im rechts-autoritären Diskurs mit der ­Neuformierung »des Volkes« verbunden. Diese biopolitische Konstruktion der­ ­Bevölkerung zu einem ethnisch gedachten Volk, zu dem die als »Andere« Identifizierten per se nicht ­gehören können, braucht traditionell hierarchische Zweigeschlechtlichkeit. »Echte Männer«, so noch einmal Maximilian Krah, seien »Patrioten« und sie seien »rechts«. Mit einer solchen Haltung »klappt’s auch mit der Freundin«, verspricht er frustrierten Heteros.[6]

Wie jede moralische Panik (Hall u. a. 1978, 17) ist auch die rechts-autoritäre Geschlech­ter- und Sexualitätspanik hoch­emotional und affektiv. Affekte verstehe ich in Anlehnung an Sara Ahmed (2004) als Gefühle bzw. Emotionen, sie stehen allerdings nicht per se im Gegensatz zu Rationalität oder Vernunft. Affektivität wie Rationalität sind – äußerst unterschiedliche – Formen der Wahrnehmung, wobei sich Affektivität auf die Körperlichkeit und Relationalität zwischen Menschen bezieht, die unabdingbare Voraussetzungen für demokratisches politisches Handeln sind. Anders als individuelle Emotionen verweisen Affekte auf eine soziale Struktur, die sich in gesellschaftliche Verhältnisse einschreibt und mobilisierbar ist.

Die rechts-autoritäre Geschlech­terpanik ist hoch­emotional und affektiv.

Die autoritäre Rechte kann für ihre emotionale Strategie auf einen Exzess an Affekten und Emotionen zurückgreifen, die der Neoliberalismus hervorgebracht hat. Dazu zählt die Mobilisierung von Angst, den Job zu verlieren, oder die Scham, im Wettbewerb zu versagen. Wettbewerb und Risiko wurden zu Chiffren des neoliberalen Umbaus von Ökonomie und Gesellschaft. Nur wer sich darauf einlässt, also ein »unternehmerisches Selbst« (Bröckling 2007) wird, erwirbt in diesem System das Recht, gut zu leben und ein erfolgreicher Bürger – vielleicht auch Bürgerin – zu werden.

Der Abbau von staatlicher Sicherung und die Deregulierung von Arbeit führten zu ökonomischer Prekarisierung, aber auch zu Verunsicherung und Angst. Die Furcht und Scham vor dem Versagen wurden allerdings auch unter neoliberalen Bedingungen kompensiert, nicht materiell, sondern affektiv. Ein wichtiges Element des neoliberalen Wettbewerbs- und Risikorepertoires ist die affektive Mobilisierung gegen die vermeintlich Erfolglosen und gegen jene, die bestimmte (sozial-)staatliche Maßnahmen nicht ver­dienen: Obdachlose, Erwerbslose, aber auch Migrant*innen. Diese Regierungs- und Dis­ziplinierungsweise hat über die Jahre ein Begehren nach Abgrenzung und Verachtung hervorgebracht – gegenüber all denen, die es nicht schaffen und vermeintlich versagen, verbunden mit Stolz auf das eigene, wenn auch oft nur prekäre Erreichte. Kurzum: Ein widersprüchliches Affekt-Gemenge hat sich in der neoliberalen Ära in die Körper der Menschen eingelagert. Darauf kann die autoritäre Rechte zurückgreifen: Angst, Verachtung, Wut und Scham sind ebenso mobilisierbar wie ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Anerkennung und Liebe.

Im Geschlechter- und Sexualitätsdiskurs verschärfen rechts-autoritäre Parteien auf diese Weise diskursiv neoliberale Gefühle der Verunsicherung und Überforderung. Sie deuten die Ursachen der sozialen Ungleichheit im Kontext steigender Zahlen Geflüchteter von einer Klassen- in eine Migrations-, aber auch in eine Geschlechterfrage um.

Hegemonie durch Geschlechterpanik

Geschlechter- und Sexualitätspanik sowie maskulinistische Identitätspolitik eignen sich besonders gut, um »kulturelle Hegemonie« herzustellen, denn Geschlecht und Sexualität sind und waren emotional aufgeladene Themen. Sie sind aufgrund der affektiven Körperlichkeit leicht zugänglich und geeignet, im Alltag Denkmuster über Geschlecht, aber auch über gesellschaftliche Verhältnisse insgesamt zu verankern: Die vermeintlich natürliche Ungleichheit zwischen Männern und Frauen kann zum Paradigma werden für eine grundlegende Ungleichheit der Menschen. Hierarchische Geschlechterverhältnisse und traditionelle patriarchale Familienverhältnisse können darüber hinaus dazu dienen, den Wunsch nach Sicherheit und Geborgenheit, aber auch nach Führung und Autorität zu wecken oder zu stärken. Mit der emotionalen Strategie der Verunsicherung und des Opferseins lassen sich also autoritäre Lösungen ebenso plausibilisieren wie durch traditionelle patriarchalische Geschlechter- und Sexualitätsverhältnisse. Die Bedrohung von Geschlechtergewissheiten wird zum Brennpunkt der Rechtfertigung von autoritärer gesellschaftlicher Ordnung, um Sicherheit und Kontrolle wiederherzustellen. 

Der Geschlechterkampf fügt sich in den Kampf der Rechten um kulturelle Hegemonie und politische Macht ein. Sie tritt an, um autoritäre Lösungen der als Krisen wahrgenommenen und (um-)gedeuteten Transformationen voranzutreiben. Auch hier kann die autoritäre Rechte auf neoliberale Entwicklungen zurückgreifen: Der Verunsicherungsdiskurs führte bereits in der neoliberalen Ära gleichsam notwendig zu einer Politik der Versicherheitlichung, zu Kontrolle und Disziplinierung. Der neoliberale Diskurs um die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Länder mit niedrigeren Lohnkosten disziplinierte Gewerkschaften und Arbeitnehmer*innen, während der Diskurs um eine Gefährdung von nationalen Arbeitsplätzen die Abschottung oder Sicherung nationalstaatlicher Grenzen vor Geflüchteten und Migrant*innen legitimierte. Gundula Ludwig und Volker Woltersdorff (2018) machen auch auf dem Gebiet der Sexualität eine Verschiebung aus. Einen Schwenk von der Liberalisierung zur Versicherheitlichung von Homosexualität, nicht zuletzt in der Integration in die Ehe als einer Institution, die Beziehungsformen normiert und absichert.

Rechte Akteur*innen verknüpfen Bedrohung, Kontrollverlust und Verunsicherung mit dem Versprechen von Sicherheit durch Führung und Disziplin. Damit erzeugen sie eine autoritäre maskulinistische »Konjunktur« im Hall’schen Sinne und bieten ­disziplinierende und führerzentrierte »Lösungen« für Transformationskrisen an. Die »autoritären Versuchungen« (Heitmeyer 2018) bieten Anknüpfungspunkte eines autoritären Begehrens. Die Ausgrenzung von Migrant*innen und die Geschlechter- und Sexualitätsideologie sind Teile einer Strategie, um für diesen Umbau Konsens herzustellen. Sie zielt darauf, autoritäre und ausschließende Diskurse und Praktiken in affektiver Weise zum Common Sense zu machen. Vermutlich werden uns solche moralisch-affektiven Paniken in Zukunft noch häufiger begegnen, denn die autoritäre Konjunktur ist bei Weitem noch nicht perfekt zusammengefügt. Daher existiert durchaus Raum für politische Gegenstrategien. Diese Strategien müssen ebenfalls affektiv, aber nicht ausgrenzend sein. Letztendlich geht es um eine linke queer-feministische Strategie der Solidarität.

[1] Incels (Kurzform für involuntary celibates) ist die Selbstbezeichnung einer in den USA entstandenen und inzwischen globalen Internet-Subkultur von Männern, die nach Eigenaussage unfreiwillig keinen Zugang zu heterosexuellen Erfahrungen und Beziehungen haben und daraus abgeleitet eine Ideologie patriarchaler und aggressiver Männlichkeit vertreten.

[2] So z. B. das sogenannte Manifest des rechtsextremen norwegischen Attentäters Anders Breivik.

[3] Vgl. www.youtube.com/watch?v=dvFJiPv93gc.

[4] Vgl. https://twitter.com/cbgspender/status/1685343919943364608?s=48&t=BEjmI6Vf07FqgJf92br8oA.

[5] Vgl. www.youtube.com/watch?v=cg_KuESI7rY&list=PLAWiZCGHaksbeEnZhcPyGuEkKjKiOAE15, Zugriff: 15.8.2023, nicht mehr verfügbar.8

[6] Vgl. https://twitter.com/cbgspender/status/1685343919943364608?s=48&t=BEjmI6Vf07FqgJf92br8oA.

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