Nach einer Zeit der Annäherung von internationaler Solidarität, Frauenbefreiung, Antirassismus und Klassenkampf zum Ende der 1960er Jahre hat die kapitalistische Globalisierung und ihr neoliberales Regime die Bewegungen gesplittert, die Perspektiven auseinanderdriften lassen. Ein Teil der Wünsche und Träume der 1968er – wie auch ihrer Vertreter und Protagonistinnen – konnte integriert werden. Dass der Staat sich das Imaginäre der sozialen Bewegungen einverleiben konnte, hat die strategische Diskussion um das Verhältnis von außerparlamentarischer Bewegung und staatlicher Politik nicht einfacher gemacht. Gleichzeitig haben sich seit den 1990er Jahren Teile der Gewerkschaften von ihren verbündeten Parteien gelöst: Niedriglohn und Absenken der Standards waren politische Projekte fast überall, wo sozialdemokratische Regierungen angetreten sind. Parlament und Bewegung lassen sich nicht mehr wie »Standbein und Spielbein« (Rosa Luxemburg) in den linken Strategien finden. Es mangelt an Koordination, an der Richtung gemeinsamen Ausschreitens und an Formen und Kulturen der Aushandlung. Gegen Zersplitterung und Globalisierung von oben haben sich vor zehn Jahren die Sozialforen als Globalisierung von unten gebildet: Sie sollten ermöglichen, dass die Bewegungen zusammenkommen und um ein neues, vielfältiges Projekt ringen konnten. In ihnen hallt die zapatistische Losung nach, eine Welt zu schaffen, in der viele Welten Platz haben – auch wenn die EZLN als »militärische« Organisationsform kein Akteur der Sozialforen sein kann. Die Sozialforen sind distanziert gegenüber staatlichen und Parteiprojekten – und haben doch die linken Staatsprojekte in Lateinamerika befördert. Die Krise macht die Fragen drängender: Was wären linke Alternativen? Bedürfen sie der Klarheit der Opposition oder der Gestaltungsräume der Regierung? Lässt sich das eine mit dem anderen verbinden? Obamas Wahl war nur möglich mit der Unterstützung durch wichtige soziale, politische, kulturelle Bewegungen. Mit dem Regierungsantritt scheinen sie – und ihre Anliegen – nicht nachhaltig gestärkt und Obama wirkt schwach ohne sie. Die italienische Rifundazione hat ihre Bereitschaft zur Gestaltung nicht zur Konturierung eines eigenen Projektes genutzt. Die Krise hat den Linken in Deutschland, vor allem der Partei, Unterstützung und Hoffnungen zugetragen. Diese in Politik zu bringen, Ansprüche und Bezugspunkte in Programm zu übersetzen, darum wird gerungen. . Die Fähigkeit der Linken zum Handeln, die Möglichkeit von Hegemonie, kann es nur geben, wenn unterschiedliche Traditionen und Kulturen in der neuen Linken zusammenkommen und zusammen gedacht werden, wenn die Splitter ein »Mosaik « bilden. Der von Hans-Jürgen Urban geprägte Begriff hat im letzten Jahr viel Aufmerksamkeit gefunden (in den in der Krisenpolitik plötzlich auftauchenden Handlungskorridoren der Gewerkschaften spielte der Gedanke allerdings kaum eine Rolle). Das Mosaik kann nicht starr gedacht werden; die einzelnen Teile zu verbinden – ohne dass sie ihre Identität verlieren, sondern damit sie sich und das ganze Mosaik bereichern –, ist eine eigene Herausforderung. Die eigenen Organisationslogiken müssen überschritten werden. Eigene Projekte sind einzubringen, gemeinsame zu entwickeln. Im Kampf um ihre Verwirklichung müssen die Beteiligten auch sich selbst verändern. Welches Bild schließlich entsteht – und ob überhaupt ein Bild erkennbar wird –, kann sich nur im Fluss der Bewegung ergeben.