Die Wohnungsfrage ist in der Bundesrepublik schon lange mit der Migration verknüpft. In der Wohnungsnot der Nachkriegsjahre sorgten Millionen von Flüchtlingen dafür, dass neue Wohnungsbauprogramme aufgelegt wurden. Die Arbeiter*innen aus der Türkei, Griechenland, Portugal und Italien zogen in die Abrisshäuser bundesdeutscher Großstädte und bewahrten Ende der 1970er Jahre gemeinsam mit den Hausbesetzer*innen durch ihre Präsenz die Altbauviertel vor der Kahlschlagsanierung. Die Städte von heute haben durch die Praktiken der Migration ihr Gesicht bekommen. Und auch heute gehen von diesen Praktiken und ihrer Geschichte neue demokratische Impulse für eine Stadt von unten aus, in denen Antworten auf die derzeitige Wohnungskrise zu finden sind.
In Berlin und anderen Großstädten verschärft sich die Wohnungskrise. Diejenigen, die nicht zu den Gewinner*innen des Immobilien-Booms gehören, werden im räumlichen und sozialen Sinne des Wortes an den Rand gedrängt. Keine Stadtregierung des neoliberal existierenden Kapitalismus hat bisher dazu angesetzt, in diese Krise ernsthaft einzugreifen, ohne durch Proteste dazu gezwungen zu werden. Die Krise trifft am stärksten diejenigen, die keine gute Ausbildung und einen niedrigen Lohn haben. Das sind vor dem Hintergrund der Geschichte der Arbeitsmigration und der fehlenden Willkommenspolitik der letzten Jahrzehnte überdurchschnittlich viele Familien und Rentner*innen mit einer Migrationsgeschichte. Laut Mikrozensus zahlen Menschen mit so genanntem Migrationshintergrund im Durchschnitt mehr Bruttokaltmiete (7,26€ pro Quadratmeter) als Menschen ohne (6,69€ pro Quadratmeter). Von der Wohnungskrise ist also am härtesten betroffen, wer migriert ist.[2]
Kira çok yüksek
Kira çok yüksek [türk.] = „Die Miete ist zu hoch.“ Dies war die Feststellung der Mieter*innen am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg, die zur Gründung der Initiative Kotti & Co führte.