Der Volksentscheid von Deutsche Wohnen & Co. enteignen (DWE) wurde deutlich gewonnen. Sollte er tatsächlich umgesetzt werden, wie geht es dann weiter? Wie etwa würden die Wohnungen verwaltet werden?
ALEX: Dafür müssten neue Gremien geschaffen werden – auf Häuser- und Quartiersebene, aber auch darüber. Die Mieter*innen müssten wirklich einbezogen werden und sich mit Fragen beschäftigen, die bisher kaum eine Rolle spielen, etwa, wie die Häuser gepflegt werden sollen? Was ist mit den Grünanlagen, wer kümmert sich darum? Dafür gilt es, geeignete Verfahren zu finden, was gar nicht so einfach ist, denn damit gibt es ja kaum Erfahrungen. Jenseits der Mieter*innenbeteiligung geht es aber auch um die Verbindung zum Rest der Gesellschaft: Können etwa Mittel für den Bau weiterer Wohnungen erwirtschaftet werden? Wie wird darüber entschieden, wer die Gewerberäume nutzen darf? Wenn Hunderttausende Wohnungen vergesellschaftet werden, kann es nicht darum gehen, eine »Insel der Privilegierten« zu schaffen.
ULRIKE: Ich halte es für wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass Vergesellschaftung nicht einfach Verstaatlichung heißt. Wir müssen uns über die Organisationsform, in die diese Wohnungen dann überführt werden sollen, Gedanken machen. Im Moment steht von der Initiative die Vorstellung im Raum, eine Anstalt öffentlichen Rechts zu gründen und mit dieser die Wohnungen zu verwalten. Das wäre dann je nach Ausgestaltung eher eine Verstaatlichung. Wir können aber auch überlegen, ob eine Stiftung öffentlichen Rechts vielleicht die angemessenere Option wäre oder was wir aus dem Genossenschaftsgesetz übernehmen können. In dem Zusammenhang kann sich ein Blick über die Grenzen der Republik oder in die Geschichte lohnen, um Anhaltspunkte zu finden (vgl. Buckmiller in diesem Heft).
Was lässt sich aus den Versuchen lernen, bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen die Mieter*innenmitbestimmung zu stärken?
ULRIKE: Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sind der Rechtsform nach derzeit als Aktienunternehmen oder GmbHs organisiert. Das hat Auswirkungen auf die Steuerungsmöglichkeiten des Senats, denn dieser kann auf das Alltagsgeschäft gar keinen direkten Einfluss nehmen. Außerdem sind dadurch die Grenzen der Mitbestimmung sehr eng gezogen. Das haben wir in der letzten Legislatur schmerzhaft erfahren müssen.
Inwiefern?
ULRIKE: Bei der letzten Gesetzesnovelle des Wohnraumversorgungsgesetzes[i] gab es Streit um die Rolle der Mieterbeiräte. Diese sind anders als die Mieterräte, die auf Unternehmensebene agieren, ehrenamtlich auf Quartiersebene tätig. Sie vertreten die Interessen von Mieter*innen gegenüber den Unternehmen und werden in Beständen ab 300 Wohnungen gewählt, teilweise vertreten sie aber auch Mieter*innen von 2 500 Wohnungen und mehr. Bei dem Streit ging es darum, ob die Mieterbeiräte im Wohnraumversorgungsgesetz unter dem Begriff Mietermitbestimmung auftauchen sollen. Die Unternehmen argumentierten, Mitbestimmung sei nicht mit dem Aktien- oder GmbH-Gesetz vereinbar, lediglich im Betriebsverfassungsgesetz verankert und beziehe sich somit nur auf die Mitbestimmung von Beschäftigten. Die Verantwortung für ein Unternehmen dürfe nicht an Ehrenamtliche übertragen werden. Eine juristische Stellungnahme aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen folgte dieser Auffassung. Daran ist die Novelle des Gesetzes vorerst gescheitert. Sowohl die Mieterräte als auch die Mieterbeiräte waren darüber sehr unglücklich. Um diese engen Grenzen der politischen Steuerung und Mitbestimmung zu überwinden, wollten die Initiator*innen des Mietenvolksentscheids die landeseigenen Wohnungsunternehmen ja in Anstalten öffentlichen Rechts umwandeln.