In Berlin wird ein Mietendeckel eingeführt. Er friert die Mieten auf dem jetzigen Niveau ein und setzt bei Neuvermietungen außerdem Mietobergrenzen fest. Zusätzlich erhalten Mieter*innen die Möglichkeit, viel zu hohe Mieten abzusenken – ein Novum in der Bundesrepublik. 

Das Kapital und ihm nahestehende Teile der Medien sind außer sich. So wurde etwa im Handelsblatt kommentiert, es handele sich um den „Einstieg in eine sozialistische Wohnungspolitik, in der in die Eigentumsrechte von Vermietern eingegriffen wird.“ Wie konnte es dazu kommen? So wie die steigenden Mietpreise in der Stadt und der allseits beklagte Mietenwahnsinn seine Geschichte haben (zu der übrigens auch die Finanzialisierung des Wohnungsmarktes, damit die Finanzkrise von 2007ff und in Folge die Suche nach „sicheren“ Anlagemöglichkeiten in Immobilien gehören [vgl. Unger 2019]), so kommt auch der Mietendeckel nicht aus dem Nichts. 

Er ist der vorläufige Höhepunkt eines Kampfes der Berlin Mietenbewegung, der spätestens 2011 begann. Damals verloren die Strippenzieher der Berliner Immobilienlandschaft erst den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld, anschließend mischte eine Initiative namens „Kotti & Co“ die Stadt mit einer Diskussion zum sozialen Wohnungsbau auf und kurz darauf gelang es, die vielen Mieterinitiativen in der Stadt unter einem einheitlichen Dach, dem Mietenvolksentscheid, zu versammeln. Die damalige Forderung war, bei den städtischen Wohnungsunternehmen umzusteuern, u.a. durch eine geänderte Rechtsform und eine umfassende Demokratisierung mit mehr Mitbestimmung der Mieter*innen. Das Volksbegehren mit seinem 58-Seiten-starken Gesetzesentwurf wurde durch den damals schwarz-roten Senat mit juristischen Einwänden angegriffen und unter Rückgriff auf EU-Recht letztlich schachmatt gesetzt. Die LINKE konnte Ende 2016 einige Punkte des Volksentscheids in den Koalitionsvertrag bringen. 

Die Mietenbewegung hat es seither geschafft, sich als eigenständiges Kraftzentrum in der Stadt zu etablieren und den Diskurs beständig nach links zu verschieben. 2019 gipfelte dies in dem Volksbegehren zur Enteignung großer Immobilienkonzerne, dem je nach Umfrageinstitut und Zeitpunkt der Erhebung zwischen 40-60 Prozent der Berliner*innen zustimmen. Die SPD sah sich dermaßen in der Defensive, dass sie Anfang des Jahres den Vorschlag des Verwaltungsjuristen Peter Weber aufgriff, mittels eines Mietendeckels die Mietpreise durch öffentliches Recht zu regulieren. Der Vorschlag der SPD: fünf Jahre keine Mieterhöhungen in der Stadt, um den Mieter*innen eine „Atempause“ im Mietenwahnsinn zu gönnen. 

Dass der Mietendeckel jetzt kommt, wäre ohne diese politischen Prozesse der Hegemoniebildung durch eine breite und in den Kiezen verankerte Mietenbewegung undenkbar gewesen. Dass er nun so kommen soll, wie er derzeit geplant ist, ist nicht zuletzt ein Erfolg der Regierungsarbeit der LINKEN. Denn er enthält alle vier von der Partei geforderten Bausteine und geht damit weit über das hinaus, was die SPD Anfang des Jahres vorgeschlagen hatte. Zur Erinnerung: die SPD wollte lediglich einen Mietenstopp. Nun kommt ein Gesetz mit a) Mietenstopp, b) Obergrenzen bei Wiedervermietungen, c) Absenkungen der überhöhten Bestandsmieten und d) einer Regulierung von Modernisierungen. Um die Ausgestaltung des Mietendeckels hatte sich zuletzt ein intensiver Machtkampf entwickelt, nachdem die Immobilienwirtschaft im Sommer 2019 eine aufgeregte Kampagne gegen den Mietendeckel geführt, und diese noch einmal intensiviert hatte, als die ersten Pläne für eine konkrete Umsetzung von Senatorin Lompscher bekannt geworden waren. 

In der Folge wurde der Senatsbeschluss aus dem Juni durch die Koalitionspartner SPD und Grüne wieder in Frage gestellt. Im ersten Referentenentwurf Anfang September gab es Zugeständnisse an die Koalitionspartner (Bruchmann et al.). Die SPD stellte das Projekt zu diesem Zeitpunkt aber insgesamt in Frage. Im Oktober kam es dann zum Showdown – zwei Tage wurde in der Koalition verhandelt. Statt weiteren „Zugeständnissen“ – wie von einigen befürchtet – gab es jedoch aus Mieterperspektive substantielle Verbesserungen an dem Gesetz. Die Ergebnisse zu den vier Bausteinen im Detail:

A: Mietenstopp

Abgesehen von einem Inflationsausgleich darf die Miete für fünf Jahre nicht mehr erhöht werden. Ab 2022 sind erstmals Mieterhöhungen von 1,3 Prozent pro Jahr zum Inflationsausgleich möglich. 

Einschätzung: Den Grünen war es wichtig, eine Möglichkeit für gewisse Mieterhöhungen einzubauen. Mit der jetzigen Regelung können alle gut leben. Bei einer 100qm Wohnung im Altbau und der maximal zulässigen Miete wäre dies 8,4 Cent im ersten Jahr, also eine Erhöhung der monatlichen Miete um 8,40€.

B: Deckel bei Wiedervermietung (Mietobergrenzen)

Bei Wiedervermietung gilt entweder die Vormiete oder falls diese bereits über der Mietobergrenze liegt wird die Miete auf dieses Niveau abgesenkt. Die Mietobergrenze ergibt sich baujahrabhängig auf Basis des Mietspiegels von 2013 (indexiert mit der Lohnentwicklung seit 2013). Die Kosten-Tabelle aus dem Referentenentwurf von Anfang September 2019 bildet also auch im beschlossenen Konzept die Grundlage. Der klassische Altbau (Baujahr bis 1918) mit Bad und Heizung kostet 6,45€/qm. 

Einschätzung: Die Obergrenzen sind in den Augen vieler Leute das Herzstück des Mietendeckels. Bei Wiedervermietung der Wohnung darf die Miete nicht mehr erhöht werden, oder muss ggf. sogar auf die Obergrenze abgesenkt werden. Damit entfällt der Anreiz, Mieter*innen aus der Wohnung zu drängen, um höhere Mieten nehmen zu können. Man kann wieder umziehen. Mietobergrenzen gelten einheitlich für die ganze Stadt, und werden nicht nach Lage differenziert, um segregierender Dynamik entgegen zu steuern. Hier hat sich die LINKE in allen Punkten durchgesetzt.

C: Absenken von Bestandsmieten:

Mieten, die mehr als 20 Prozent über der zulässigen Mietobergrenze liegen, können auf Antrag der Mieter*innen abgesenkt werden. Zur Berechnung des zulässigen Wertes ist – anders als bei der Mietobergrenze – eine Berücksichtigung der Lage möglich: einfache Lage – 28 Cent/qm, mittlere Lage – 9 Cent/qm, gute Lage +74Cent/qm. Abgesenkt wird auf den Schwellenwert, das heißt auf 20 Prozent über der Mietobergrenze. 

Einschätzung: Hier gibt es im Vergleich zum Referentenentwurf eine substantielle Verbesserung. Darin war noch vorgesehen, die Möglichkeit zur Absenkung an das Haushaltseinkommen und eine „angemessene“ Wohnungsgröße zu koppeln. Das ist vom Tisch. So werden mehr Menschen absenken können. Die Differenzierung nach Lage war der SPD besonders wichtig. Da es laut Berliner Mietspiegel aber in Berlin ganz überwiegend einfache und mittlere Lagen gibt, geht es vor allem um Abschläge auf die Mietobergrenzen. Damit kann man absolut leben. Schlecht, aber verkraftbar ist, dass man nur auf 120 Prozent der Obergrenze und nicht auf diese selbst absenken kann. Aber dafür, dass Michael Müller als Regierender Bürgermeister im ZDF erklärt hatte, mit ihm werde es keinerlei Absenkungen geben, ist die Koalition sehr weit gekommen und das Ergebnis steht am Ende weiter links als der Referentenentwurf.

D: Modernisierungen:

Die Regelung aus dem Referentenentwurf, nach der vergangene Modernisierungen der letzten 15 Jahre die Mietobergrenze um maximal 1,40€ erhöhen können wird ersetzt: die Mietobergrenze erhöht sich um 1€/qm, falls die Wohnung 3 von 5 Merkmalen einer „gehobenen“ Ausstattung aufweist. Die 5 Merkmale sind: barrierefrei zugänglicher Fahrstuhl, Einbauküche, hochwertige Sanitärausstattung, hochwertiger Bodenbelag, sehr geringer Energieverbrauchskennwert der Wohnung. 

Zukünftige Modernisierungen mit einer Umlage bis zu 1€/qm sind anzeigepflichtig. Geht sie darüber hinaus sind sie genehmigungspflichtig, wobei die Umlage der Modernisierungskosten auf die Mieter*innen gekappt wird. Das heißt: für die Kosten, die zu einer Erhöhung von mehr als 1€/qm führen würden, sollen Eigentümer*innen Fördergelder des Senats in Anspruch nehmen. 

Einschätzung: Im Vergleich zum Referentenentwurf gibt es eine leichte Verbesserung. Dass sich die Mietobergrenzen bei entsprechender Ausstattung dennoch um 1€/qm erhöhen können, bleibt ein Problem. Gut ist, dass die Umlagefähigkeit der Modernisierungen auf die Miete bei 1€/qm gekappt wird. Hier geht die Koalition über das hinaus, was das Bundesgesetz vorsieht (dieses lässt eine Umlage von 2€ bzw. 3€/qm zu). Zudem gibt es eine Einschränkung, die sicherstellt, dass nur Barriere verringernde, klimapolitisch sinnvolle oder gesetzlich notwendige Maßnahmen erlaubt sind. Die neu aufzusetzenden Förderprogramme sind aber noch etwas unterbestimmt. Von ihrer Ausgestaltung wird abhängen, ob es im Sinne einer ökologischen Klassenpolitik tatsächlich gelingt, die klimapolitisch notwendigen Maßnahmen und den Mieterschutz unter einen Hut zu bringen (Brand/Wissen 2018). 

Nebenbei wird mit dem Mietendeckel ein Schlupfloch gestopft, mit dem Vermieter*innen die bisher bestehenden Mietenregulierungen umgehen konnten. „Möbliertes Wohnen“ war nämlich bisher von Mietpreisbremse und anderen Regulierungen ausgenommen. Im Ergebnis reichte es, wenn Vermieter*innen eine billige IKEA-Couch, einen Tisch und ein paar Stühle in eine Wohnung stellten, um absolut überteuerte, aber auf dem Markt realisierbare Mieten zu verlangen. Damit ist jetzt Schluss. 

Anders als die Mietpreisbremse der Großen Koalition, bei der Verstöße lediglich als Ordnungswidrigkeiten gelten und somit für die Vermieter*innen quasi folgenlos bleiben, bekommen Vermieter*innen, die gegen den Mietendeckel verstoßen, ein handfestes Problem: ihnen droht eine Strafzahlung von bis zu 500.000€. So sieht es aus, wenn eine Regierung ernst macht, mit der Durchsetzung von Mieterschutz. 

Und es kommt noch besser: Katrin Lompscher hat ins Gesetz geschrieben, dass Vermieter*innen ihre Mieter*innen über die künftigen Obergrenzen und die Möglichkeit zur Absenkung von Mieten informieren müssen. 

Die LINKE schreibt mit dem Mietendeckel Geschichte. Um das richtig einzuordnen, beamen wir uns ins Jahr 1987: die Bergarbeiterstreiks in Großbritannien sind lange verloren, aber in Berlin sind die Mietpreise für Altbauwohnungen (Baujahr bis 1949) noch staatlich festgesetzt, wie übrigens nach dem zweiten Weltkrieg in der gesamten Bundesrepublik. Doch während im Rest der Republik der Wohnungsmarkt bereits in den 1960er und 70ern liberalisiert wird, gilt in Berlin im Altbau auch in den 1980ern noch eine staatlich festgesetzte Miete von 2,73€/qm. Als die Koalition aus FDP und CDU diese Regelung, den so genannten Schwarzen Kreis, abschaffen will, werden in der Westberliner Bevölkerung – damals ca. 2,1Mio Menschen – 500.000 Unterschriften dagegen gesammelt. Der Berliner Mieterverein (3/08) schreibt dazu: „Verständlich wird die durchschlagende Mobilisierung rückschauend nur für den, der weiß, dass Altbauwohnungen, die vor 1949 gebaut wurden, sich über Jahrzehnte zum eigentlichen sozialen Wohnungsbau West-Berlins entwickelt hatten. Während die freifinanzierten Neubaumieten 1980 als längst preisfreie Flecken bei 7,07 DM lagen und damit bundesweites Spitzenniveau aufwiesen, lagen die Sozialmieten des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in Berlin bei 5,13 DM. Die damalige Durchschnittsmiete von 3,81 DM war ausschließlich dem in seiner Miethöhe staatlich gekappten Altbau geschuldet, der rund die Hälfte des Wohnungsangebots bestimmte. Damit waren die Altbaumieten die sozialpolitisch relevante Größe in der Inselstadt, die mit niedrigem Einkommensniveau, hohen Studentenanteilen und schlechten Wirtschaftsdaten am Dauertropf bundesdeutscher Subventionszufuhr hing.“ 

Trotz der Proteste wird der Schwarze Kreis zum 1. Januar 1988 abgeschafft. Die Koalition wird zwar ein Jahr später abgewählt, doch der Schwarze Kreis kommt nicht zurück. Stattdessen folgt eine neoliberale Offensive auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Im Zuge dessen werden in den 1990er und 2000er Jahren viele städtische Wohnungen privatisiert, teilweise auch von einer rot-roten Regierung. 2005 sind die Bestandsmieten im Altbau bereits um nahezu 100 Prozent gestiegen: von durchschnittlich 2,73€/qm im Jahr 1988 auf 4,39€/qm. Und um diese Zeit geht der „Mietenwahnsinn“ aber erst richtig los. Im Jahr 2019 liegen die Angebotsmieten im Altbau in einigen Bezirken teilweise bei 20€/nettokalt pro Quadratmeter, teilweise noch darüber. Als leistbare Miete gilt vor dem Hintergrund der allgemeinen Preis- und Lohnentwicklung eine Miete von 6,50€/qm. 

Und damit zurück ins Heute: der Mietendeckel kommt und gilt zunächst befristet auf fünf Jahre. 30 Jahre neoliberale Offensive auf dem Berliner Wohnungsmarkt werden damit – vorerst – beendet.

Wie geht es jetzt weiter? The trouble ain´t over yet...

Das Gesetz muss noch durch den Rat der Bürgermeister, erneut im Berliner Senat und abschließend im Landesparlament beschlossen werden. Hier werden Lobbygruppen natürlich ihr Bestes geben, um das Gesetz zu verwässern. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass es noch einmal zu wesentlichen Veränderungen kommen wird. Ist das Gesetz einmal in Kraft, wird die Auseinandersetzung selbstverständlich weitergehen. Und zwar entlang von vier Konfliktlinien:
 

  1. Gerichtliche Auseinandersetzungen: Das Gesetz wird beklagt werden, die CDU-Bundestagsfraktion hat bereits eine Normenkontrollklage angekündigt. Letztendlich wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob es in Kraft bleibt und ob es in Teilen revidiert werden muss. Das jüngste Urteil zur Mietpreisbremse könnte eine mögliche Linie markieren, entlang derer die Richter über das Gesetz urteilen werden. Darin wird argumentiert, dass es zwar einen Bestandsschutz des Eigentums gebe, nicht jedoch einen Schutz bestimmter Renditeerwartungen.
  2. Diskurs: Die Immobilienwirtschaft hat bereits einen „Investitionsstreik“ angekündigt und wird in den nächsten Jahren versuchen, die Stimmung in der Berliner Bevölkerung gegen den Mietendeckel zu drehen, indem sie notwendige Instandhaltungen nicht durchführen. Wer die Diskurshoheit über die Wirkungen des Mietendeckels gewinnt, bleibt abzuwarten. Der Fakt, dass die Berliner*innen die nächsten drei Jahre gar keine Mieterhöhungen bekommen und anschließend auch nur im Rahmen des Inflationsausgleichs erhöht werden darf, dürfte seine eigene Wirkung entfalten.


Nicht zuletzt wird es darauf ankommen, die derzeit hoch-ideologisch geführte Debatte um angebliche Neubau-Verhinderung sachlich, aber bestimmt zu entkräften. Zur Erinnerung: Der Mietendeckel gilt gar nicht für neu gebaute Wohnungen, sondern nur für Wohnungen bis einschließlich Baujahr 2014. Es gibt also keinen Zusammenhang zwischen Neubauleistungen und rechtlichen Mieterhöhungsspielräumen. Dieses interessierte Argument übersieht außerdem, dass das Geld, welches in Neubauprojekte fließt, in erster Linie als überakkumuliertes Kapital von Finanzmärkten – Stichwort Niedrigzins – und nicht aus Mieterträgen von Berliner Altbauwohnungen kommt. Die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache: im Zeitraum 2009-2018 flossen 90 Prozent (139Mrd. Euro) der Investitionen in den Kauf von Grundstücken und Häusern, während nur 10 Prozent (16 Mrd. Euro) in den Neubau investiert wurden (Holm 2019). Umgekehrt wird also ein Schuh draus: wenn der Mietendeckel eine Lenkungswirkung hat, dann dürfte er den Neubau eher fördern, weil er anlagesuchendes Kapital vom spekulativen Ankauf von Altbauwohnungen, der unattraktiver wird, hin zum Neubau lenkt. Und auch historisch entpuppt sich die These „Mietpreisbindung verhindert Neubau“ als Mythos. Denn in den Zeiten, in denen es in Berlin eine Mietpreisbindung gab (1949-1987) wurden pro Jahr deutlich mehr Wohnungen gebaut als in den Zeiten ohne Mietpreisbindung (1988-2019).
 

  1. Umsetzung: Ob das Gesetz in der Praxis scharf gestellt wird, hängt letztlich auch daran, ob die strukturell überlastete Berliner Verwaltung die Vorgaben umsetzen kann. Dadurch, dass die Möglichkeit der Absenkung nicht mehr einkommensabhängig ist, hat man sich unnötige Bürokratie vom Hals geschafft. Dennoch sind Zweifel über den Umsetzungswillen und die Umsetzungsfähigkeit in einigen Bezirken nicht völlig unbegründet. Da die Verantwortung letztendlich bei der links geführten Senatsverwaltung liegt, wird bei gravierenden Problemen Die LINKE verantwortlich gemacht werden.
  2. Mietendeckel als Kopiervorlage: Verbunden mit der Diskurshoheit in Berlin stellt sich die Frage, ob sich der Mietendeckel auch im Rest der Republik als mieterfreundliche Reform ausrollen lässt. Sollten sich die Katastrophen-Szenarien, ähnlich wie vor und nach der Einführung des Mindestlohns, nicht bewahrheiten, scheint das nicht ausgeschlossen.


Klar ist aber auch – wie sollte es anders sein – ein Mietendeckel ist nicht genug. Unter Umständen entstehen durch ihn sogar neue Problemlagen. Für die Mietenbewegung innerhalb wie außerhalb des Parlaments sollte nun u.a. folgende vier Handlungsfelder mit neuer Dringlichkeit verfolgt werden:
 

  1. Mietwohnungen erhalten: Problemlösungen im Kapitalismus produzieren immer auch neue Widersprüche. Im Falle des Mietendeckels ist zu befürchten, dass Vermieter und Konzerne, die sich nun um ihre (spekulative) Rendite gebracht sehen, massenhaft Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln, um darüber ihre kalkulierte Rendite abzusichern. In der Folge könnte eine Welle von Eigenbedarfskündigungen zum Problem werden, wenn es nicht gelingt, Mieterinnen und Mieter mit neuen Regularien zu schützen.
  2. Soziale Richtsatzmiete im sozialen Wohnungsbau: Aus rechtlichen Gründen ist der soziale Wohnungsbau vom Mietendeckel ausgenommen. Das bedeutet, dass eine Reform dort dringender ist denn je. Hierzu gibt es Verabredungen im Berliner Koalitionsvertrag, zu deren Konkretisierung es jedoch bisher keine Einigung gibt. Eine Umsetzung ist damit nach wie vor blockiert, und die versprochene „soziale Richtsatzmiete“ bleibt weiterhin ein uneingelöstes Versprechen der Koalition. Das muss sich ändern.
  3. Öffentlichen Neubau stärken: der Neubau der landeseigenen Wohnungsunternehmen ist in den letzten Jahren zwar hochgefahren worden, aber reicht noch nicht aus, um dem wachsenden Bedarf zu begegnen. Die Idee einer kommunalen Bauhütte, also eigenen Planungs- und Umsetzungsstrukturen zum Bau von Wohnungen bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen, steht aktueller auf der Tagesordnung, denn je.
  4. Enteignungsvolksbegehren: Der Mietendeckel schützt – zunächst zeitlich befristet für fünf Jahre – 1,4 Mio. Wohnungen. Das ist gut, aber spricht nicht gegen eine langfristige Lösung, nämlich große Immobilienkonzerne, die häufig an der Börse notiert sind, zu enteignen. Auch wenn der Mietendeckel über die fünf Jahre hinaus verlängert werden sollte, bleibt es richtig, die Marktmacht der renditehungrigsten Akteure zu brechen, in dem ihre schätzungsweise 240.000 Wohnungen vergesellschaftet werden.


Der Mietendeckel zeigt, was möglich ist, und wofür es sich zu kämpfen lohnt – nicht nur in Berlin.