Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 2024 haben wir vom Convergence Magazine mit »Block and Build« (Blockieren und Aufbauen) ein Rahmenkonzept für mögliche linke Strategien vorgelegt. Angesichts der sich zuspitzenden Weltlage gilt es, den Aufschwung und den erstarkenden Einfluss der extremen Rechten – vereint unter dem Slogan »Make America Great Again« (MAGA) – zurückzudrängen und gleichzeitig die politische Macht der Linken auszubauen, damit sie eine Bewegung für sozialen Wandel und hin zu einer gerechten und demokratischen Gesellschaft anführen kann. 

Typisch für die US-amerikanische Demokratie ist die besonders gewichtige Stellung des Präsidenten und der Würgegriff eines Zweiparteiensystems, das wenig Raum für dritte Parteien lässt. Für wirkungsvolle wahlpolitische Bestrebungen sind daher die Vorwahlen entscheidend, bei denen nicht die Parteispitzen, sondern die Wähler*innen selbst die Kandidat*innen der jeweiligen Parteien für bestimmte Ämter festlegen. Nach diesem Muster hat die Tea Party während der Obama-Jahre die Republikanische Partei erobert. Und auch eine Gruppe progressiver Kräfte, bekannt geworden als »The Squad«, zu der Alexandra Ocasio-Cortez gehört, konnte auf diese Weise im Laufe der letzten zehn Jahre einen eigenen Demokratischen Block im Kongress etablieren. Die Block-and-Build-Strategie macht sich diesen wahlstrategischen Ansatz zu eigen, geht aber auch davon aus, dass Wahlkampagnen mit außerparlamentarischen Initiativen, gewerkschaftlicher Organisierung, Community-Arbeit und militantem Protest im Sinne einer Gesamtstrategie einhergehen müssen, um Regierungsmacht aufzubauen. 

Die Erarbeitung einer gemeinsamen politischen Linie war ein logischer nächster Schritt in jener Entwicklung der US-Linken, die in den Jahren nach Occupy Wall Street begann. So war die zweite Amtszeit von Obama (2013 bis 2017) von einem deutlichen Aufschwung sozialer Bewegungen geprägt: von einer dynamischen Klimabewegung bis hin zu den Protesten gegen tödliche Polizeigewalt gegen unbewaffnete Schwarze. Das Ausbremsen der Kandidatur von Bernie Sanders und seiner kämpferischen Politik bei den Vorwahlen der Demokraten zur Präsidentschaftswahl 2016 hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich ernsthaft mit dem Thema Regierungsmacht auseinanderzusetzen, und wie dringlich es ist, wahlpolitisches Terrain zurückzuerobern, das lange Zeit zugunsten anderer Organisierungsformen vernachlässigt oder abgewertet wurde.

Der Präsidentschaftswahlkampf 2020 war nicht zuletzt eine Fallstudie für Organisa­tionen, deren Fokus zuvor primär auf wahlkampfpolitischer Arbeit gelegen hatte. In diesem Jahr entfachte die Energie der Straßenproteste während der George-Floyd-Aufstände und die Empörung über den sträflichen Umgang der Trump-Regierung mit der Covid-19-Pandemie eine Welle der Unterstützung für einen Wahlkampf, der Trump letzten Endes aus dem Amt drängte und das progressive Lager im Kongress größer werden ließ.

» ›Block and Build‹ bietet einen wirksamen Ansatz, um das Kräfteverhältnis zugunsten derjenigen zu verschieben, die für eine gerechte, diverse und demokratische Gesellschaft eintreten.«

2024 war also ein passender Zeitpunkt, um einen klaren strategischen Rahmen zu formulieren, der die wichtigsten Lehren aus den letzten beiden Präsidentschaftswahlen zusammenführt: wahlbezogene und außerparlamentarische Organisierungsstrategien sind stärker aufeinander abzustimmen; es muss ein tieferes Verständnis dafür entwickelt werden, wie die Regierungsmacht das politische Terrain prägt, auf dem wir kämpfen; und der Kampf gegen den Autoritarismus muss als gemeinsame Priorität hervorgehoben werden. Die Block-and-Build-Strategie beruht auf der Annahme, dass wir uns derzeit auf dem Höhepunkt der Reaktion auf die Errungenschaften der Bürgerrechtsära befinden. Die Antwort der extremen Rechten auf diese Fortschritte war sowohl kultureller als auch politischer Natur und ihre Strategie bestand darin, die Bemühungen der Linken, Regierungsmacht aufzubauen, von sämtlichen Seiten anzugreifen. In unserer Analyse dieses Backlash greifen wir auf ein Verständnis von Regierungsmacht zurück, das der linke Thinktank Grassroots Power Project entwickelt hat: Es geht um die Fähigkeit, ein neues kollektives Verständnis von Regierungsführung zu etablieren, darum, die Art und Weise, wie Staat, Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren und miteinander interagieren, neu zu denken. Um der gegenwärtigen Lage zu begegnen, haben wir ein Studienprogramm entwickelt, das in sieben Sitzungen die aktuelle Gemengelage untersucht und die Wechselwirkungen zwischen dem Blockieren der autoritären Rechten und dem Aufbau unabhängiger linker Macht herausarbeitet.

Verschiedene einflussreiche nationale Organisationen nutzten »Block and Build« als expliziten oder impliziten Rahmen, um sich auf den entscheidenden Wahlzyklus 2024 vorzubereiten. Parteiorganisationen wie die Working Families Party integrierten ihn in ihr strategisches Konzept. Organisationen wie Seed the Vote, die außerhalb von Parteistrukturen arbeiten, aber explizit auf Wahlen ausgerichtet sind, setzten ihn ein, um Freiwillige zu mobilisieren. Sozialistische Organisationen wie Liberation Road und einige Fraktionen der Democratic Socialists of America verwendeten »Block and Build« für die politische Bildungsarbeit, während linke Bewegungsorganisationen wie Rising Majority das Konzept für interne Diskussionen nutzten, etwa dazu, wie Initiativen, die nicht unmittelbar auf die Wahlpolitik ausgerichtet sind, jene ergänzen können, die sich direkt in Wahlkämpfen engagieren.

Obwohl »Block and Build« bei einflussreichen Gruppen und Netzwerken großen Anklang gefunden hat, ist das Konzept noch weit davon entfernt, Teil eines allgemeinen Verständnisses davon zu sein, wie mit der gegenwärtigen politischen Lage umzugehen ist. Wir vom Convergence Magazine wollen es weiter bekanntmachen, um der US-Linken zu helfen eine Strategie zu entwickeln, wie sie ihre politische (Gegen-)Macht ausbauen kann. »Block and Build« bietet einen wirksamen Ansatz, um das Kräfteverhältnis zugunsten derjenigen zu verschieben, die für eine gerechte, diverse und demokratische Gesellschaft eintreten.

 

Risse in der Basis der Demokratischen Partei

Die Machtverhältnisse im Jahr 2024 ließen bereits das Schlimmste erwarten: Während sich die Rechte rund um Trumps Wiederwahl konsolidieren konnte, schien die Demokratische Partei zerrissen und unvorbereitet. Trotz einiger gegensätzlicher Andeutungen in der Vergangenheit fehlte es der Biden-Regierung an einer politischen Vision, die deutlich gemacht hätte, dass die Demokratische Partei bereit ist, den Pfad des Neoliberalismus zu verlassen und das sehr reale Leiden der mittellosen US-Amerikaner*innen und der Arbeiterklasse über ethnische Grenzen hinweg zu adressieren. Dies ist vor allem auf die engen Beziehungen der Parteiführung zur Welt der Großkonzerne und eine Übereinstimmung mit deren Interessen zurückzuführen. Sie warb durchgehend um weiße Wähler*innen der Mitte aus den Vorstädten und wertete damit ihre Basis unter den Arbeiter*innen und People of Color ab. Innerparteiliche Kämpfe waren bislang nicht in der Lage, diese Dynamik maßgeblich zu verändern. Ihren Höhepunkt erreichten diese bei den Präsidentschaftsvorwahlen 2016, die durch einen offeneren Wahlprozess belebt wurden. Bernie Sanders konnte die Partei herausfordern, weil es eine massive Unterstützung für den von ihm angestrebten »Grasstops Change« gab – also für einen Wandel, der durch einflussreiche Persönlichkeiten mit Rückhalt an der Basis angestoßen wird. Das Momentum rund um die Kandidatur von Sanders wurde jedoch durch das Geld und den Einfluss der dominanten, unternehmensfreundlichen Mitte-rechts-Strömung in der Partei ausgebremst, die dadurch vermittelte, dass die Demokraten nicht die Interessen der einfachen Leute im Blick haben.

2024 war auch ein Jahr, in dem mehr Menschen begannen, politische Parteien als wichtige Orte für politische Auseinandersetzungen wahrzunehmen. Anlass dafür war der Genozid in Gaza und die bedingungslose Unterstützung Israels durch die USA. Die Uncommitted-Bewegung – ins Leben gerufen von arabisch-amerikanischen und muslimischen Mitgliedern der Demokraten und Verbündeten – war ein Versuch der Basis in genau diese Richtung. Leider entschied sich die Parteiführung dazu, diesen wichtigen Dissens zu ignorieren, was dazu führte, dass viele potenzielle Wähler*innen der Demokraten am Wahltag einfach zu Hause blieben.


Mit Blick auf innerparteiliche Auseinandersetzungen lassen sich vier zentrale Konflikte identifizieren: 


➔ der Einfluss des American Israel Public Affairs Committee, einer der mächtigsten Lobbygruppen im Land, die sich für die weitere militärische Unterstützung Israels durch die USA einsetzt;


➔ der Einfluss von Unternehmensinteressen und die anhaltende Dominanz neoliberaler Logiken innerhalb der Partei, trotz eines kämpferischen progressiven Flügels;


➔ die Kapitulation der Biden-Regierung vor dem Großkapital und rechten Narrativen rund um das »Ende« der Covid-19-Pandemie, einschließlich der Tatsache, dass wichtige Sozialprogramme aus der Pandemiezeit nicht verlängert wurden;


➔ der Rechtsruck der Partei bei wichtigen Themen, die von der extremen Rechten strategisch instrumentalisiert werden, insbesondere in der Einwanderungs- und Grenzpolitik sowie beim Recht auf körperliche Selbstbestimmung (sowohl was die reproduktiven Rechte von Frauen als auch die von trans*Personen betrifft).


Das Parteiestablishment neigte 2024 viel zu oft dazu, kritische Stimmen in der eigenen Partei zu diesen Themen überhaupt nicht ernstzunehmen oder sie gar verächtlich zu machen. Genauso verhielt es sich gegenüber denjenigen Teilen der Bevölkerung, die mit den von diesen dominanten Kräften vorangetriebenen Entwicklungen unzufrieden waren. Nach der Wahlniederlage fiel es der Parteiführung dagegen leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen – zum Beispiel auf trans* Personen, die in ihren Forderungen nach mehr Sichtbarkeit und Integration in die Gesellschaft »zu weit gegangen« seien, oder auf diejenigen von uns, die sich klar gegen US-Imperialismus und Völkermord aussprechen, um damit einen strategischen Block aufzubrechen. 

Dennoch hat diese Wahl gezeigt, dass progressive Themen Anklang finden. Progressive Vorstöße zur Erweiterung des Wahlrechts, zum Schutz und zur Ausweitung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch sowie zur Verbesserung des Arbeitsrechts und sozialer Absicherung waren landesweit überaus erfolgreich. Viele Kandidat*innen, die sich auf Landes- und Kommunalebene für den ungehinderten Zugang zu sicheren Abtreibungen, Schutz und Ausweitung des Wahlrechts, Mindestlohn sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschutz einsetzten, waren trotz schwieriger Rahmenbedingungen an den Wahlurnen erfolgreich.

Die aktuelle Lage in den USA verstehen 

Offensichtlich war es uns nicht möglich, die Rückkehr Donald Trumps ins höchste Amt des Landes zu verhindern, obwohl weniger als ein Drittel der Wähler*innen für ihn gestimmt hat. Sowohl der Senat als auch das Repräsentantenhaus werden nun, wenn auch mit zum Teil knapper Mehrheit, von den Republikanern kontrolliert. Wir sehen uns mit einer rasanten Demontage demokratischer Werte und Institutionen konfrontiert, die Trump und seine Gefolgsleute mit erschreckender Geschwindigkeit und Konsequenz vorantreiben. Die Situation unterscheidet sich grundlegend von 2017. Diesmal tritt die Trump-Regierung vorbereitet an. Sie verfügt über Instrumente, einen ideologischen Rahmen und den festen Willen, viele der ­Institutionen zu beseitigen, die ihr in der letzten Amtszeit im Wege standen. Außerdem ist die konservative Vereinnahmung der Gerichte, die während Trumps erster Amtszeit begann, weiter fortgeschritten und die Medien, sowohl das Rundfunksystem als auch die sozialen Medien, haben an kritischem und kontrollierendem Potenzial verloren. 

Auf der Ebene der Bundesstaaten hat unterdessen an manchen Orten eine parteipolitische Verschiebung stattgefunden, ein anderer Lichtblick ist die Bereitschaft einiger Generalstaatsanwält*innen, Gouverneur*innen und Gesetzgeber*innen, sich der Trump-Agenda entgegenzustellen. Aber die Lage ist unübersichtlich und verändert sich schnell, vor allem weil das Weiße Haus unter der Führung von Trump alles tut, um Bewegungen für Gerechtigkeit und Demokratie zu überrumpeln und zu demoralisieren. Zudem steuern wir auf eine ernsthafte Verfassungskrise zu. Die Trump-Regierung weigert sich, der Anordnung eines Bundesgerichts zum Stopp von Abschiebungen Folge zu leisten, die auf Grundlage eines Gesetzes von 1798 verfügt wurden und mittlerweile als illegal erachtet werden. Um dieser Krise zu begegnen, passen wir auch die Block-and-Build-Strategie an. Es reicht nicht aus, sich gegen die extremen Kürzungen zu wehren, die der nicht gewählte Milliardär Elon Musk mit seinem Department of Governmental Efficiency durchgesetzt hat, auch wenn der Widerstand gegen diese Maßnahmen unseren vollen Einsatz erfordert. Es gibt akut bedrohte vulnerable Bevölkerungsgruppen in den USA, die unsere Unterstützung benötigen, und Aktivistennetzwerke mobilisieren gegen diese Bedrohungen. In einem Kreislauf permanenter Mobilisierung zu stecken, garantiert jedoch nicht, dass wir langfristig Macht aufbauen und am Ende dieser Kämpfe besser aufgestellt sind.

Im Großen und Ganzen hat die Demokratische Partei bislang noch keinen echten Willen zum politischen Kampf entwickelt, auch wenn sich einzelne Mandatsträger*innen dieser Aufgabe stellen. Dafür gibt es viele Gründe, nicht zuletzt die ungelösten Konflikte innerhalb der Partei, die sich bereits deutlich im Wahljahr 2024 zeigten und nun fortwirken. Viele Demokraten auf Bundesebene erscheinen feige und berechnend und folgen anscheinend einem bestimmten politischen Kalkül: Sollte das MAGA-Regime kurzfristig scheitern, könnten sie bei den Zwischenwahlen 2026 daraus Kapital schlagen. Das ist jedoch ein fataler Trugschluss. Er beruht auf der Annahme, die aktuelle Situation sei im Kern vergleichbar mit jener von 2017 bzw. es handele sich um eine politische Ausnahmesituation. Das verkennt jedoch die rassistischen und antidemokratischen Grundzüge, die die US-amerikanische Politik seit Gründung der Vereinigten Staaten prägen (vgl. hierzu Davidson/Fletcher in diesem Heft). Viele der Menschen, die im Fadenkreuz der MAGA-Bewegung stehen, können es sich schlichtweg nicht leisten, das Scheitern der Rechten in den USA abzuwarten. Für sie geht es ums Überleben. Die politischen Verschiebungen auf Bundesebene sind buchstäblich lebensbedrohlich: für ältere Menschen, für Menschen mit Behinderungen, für trans*Personen und queere Menschen, für Migrant*innen und ihre Familien – im Grunde für alle, außer für wohlhabende weiße Männer. Was also ist zu tun?

Blockieren ist intuitiv, aber was wollen wir aufbauen? 

Die Ziele der MAGA-Bewegung, verstärkte Reichtumsverteilung von unten nach oben sowie eine weitere Zementierung der politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse, sind völlig inakzeptabel und richten sich gegen das Bestreben der Menschheit, auf diesem sich schnell erwärmenden Planeten zu überleben. Langfristig kann sich eine linke Bewegung allerdings nicht darauf beschränken, nur die Blockade der MAGA-Agenda zu organisieren, auch wenn dies in vielerlei Hinsicht das einfachere politische Programm ist. 

Beim Convergence Magazine sehen wir unsere Aufgabe darin, den Blick der Leute zu schärfen und sie mit Fragen zu konfrontieren, deren Diskussion und Lösung zu einer größeren politischen Einigkeit und Einheit beitragen würden – eine Einheit, die uns stärkt und auf die wir uns stützen können. Das Tempo, in dem wir arbeiten, entspricht naturgemäß nicht der Flut der MAGA-Maßnahmen und -Ankündigungen, das ist aber auch nicht unsere oberste Priorität. Vielmehr ist in unseren Gesprächen mit Organizer*innen und engagierten Menschen im ganzen Land deutlich geworden: Was in dieser Zeit entscheidend ist, ist Raum für den strategischen Dialog zu erhalten. 


Aus unserer Sicht gibt es vier ineinandergreifende Aufbauansätze, die heute im ­Zentrum linker Strategie stehen sollten und die alle unsere volle Aufmerksamkeit verlangen:


Aufbau heißt, die Linke aufzubauen. Es geht darum, unsere politische Macht zu konsolidieren, unsere Organisationen zu vergrößern und unsere Ressourcen zu erweitern. Dazu gehört auch der Kampf um Einfluss innerhalb bestehender Strukturen wie der Demokratischen Partei: Eine grundlegende Erneuerung wird nicht über Nacht geschehen und das Winner-takes-all-Prinzip unseres Wahlsystems blockiert effektiv den Aufbau ernstzunehmender Drittparteien. Dennoch gehören Wahlen und Wahlkämpfe zu den wichtigsten Ereignissen, über die die meisten Menschen in den USA politisch zu erreichen sind. 


Aufbau heißt, eine breite Front aufzubauen. Wir müssen mehr Menschen in unsere politischen Bewegungen einbinden, indem wir neue Mitglieder gewinnen, aber auch, indem wir Ziele identifizieren, die wir eventuell mit Organisationen und Akteur*innen teilen, mit denen wir bisher nicht zusammengearbeitet haben, seien es unorganisierte Arbeitnehmer*innen, Glaubensgemeinschaften oder dissidente Republikaner, die sich gegen das MAGA-Programm stellen. Die Zahl derer, die sich dem Widerstand anschließen wollen, wird mit der Ausweitung der gesellschaftlichen Schäden der MAGA-Politik wachsen, und es ist die Aufgabe einer guten Organisation, diesen Neuzugängen mit Offenheit zu begegnen. 


Aufbau heißt, Infrastruktur zu schaffen, die unsere politischen Bewegungen stützt. Dazu gehören Kommunikationskanäle und -technologie genauso wie die Rekrutierung und Förderung von Kandidat*innen für politische Ämter sowie die finanzielle Unterstützung von Organisationen. Die Ausweitung unserer Arbeit und die zunehmenden Angriffe durch MAGA-nahe Kräfte innerhalb und außerhalb der Regierung machen eine widerstandsfähige, innovative Infrastruktur zur Überlebensfrage.


Aufbau heißt, sich auf eine klare, überzeugende und anschlussfähige politische Vision zu fokussieren. Wir brauchen eine Vision davon, was eine linke Regierungsmacht für unsere Mitmenschen, Familien, Gemeinschaften, unsere Gesellschaft und unseren Planeten bedeuten könnte. Sie muss nachvollziehbar und glaubwürdig, inklusiv und mitfühlend sein.


Die Herausforderung besteht darin, dass wir alle diese vier Schritte gleichzeitig gehen müssen. Insbesondere der letzte Punkt ist ein entscheidender Baustein für unseren künftigen Erfolg. Eine solche Vision ist notwendig, um die politische Macht, die wir derzeit haben, zu konsolidieren. Und sie wäre ein gutes Argument dafür, warum der Linken innerhalb einer breiten antifaschistischen Front die Führungsrolle zukommt. Zudem würde sie unsere Glaubwürdigkeit unter den neu Politisierten erhöhen und ist Grundlage für alle weiteren Aufbauaktivitäten sowie der Eckpfeiler jedes ernsthaften politischen Programms einer Bewegung, die gewinnen will.

Es gibt keine einzelnen Mandatsträger*innen oder Organisationen, die besonders dafür geeignet wären, sich dieser vierten Aufbauaufgabe anzunehmen und diese Vision entscheidend voranzubringen. Deshalb ist unsere Rolle als politisch unabhängiges Medienprojekt so wichtig. Wir bemühen uns, eine Plattform für Akteur*innen auf verschiedenen Ebenen zu bieten und soziale Bewegungen, Gewerkschaften und die parteipolitische Linke zusammenzubringen, um zu diskutieren, wie politische Führung in unserer Zeit aussehen sollte. Seit November 2024 konzentrieren wir uns in unseren Veröffentlichungen auf die Frage, wie verschiedene Organisationen mit dieser komplexen Aufgabe umgehen. Denn, wie das Sprichwort sagt: Wenn es einfach wäre, hätten wir es schon längst getan. 

Eine kohärente Zukunftsvision für die Linke 

Aufgrund der langen Geschichte, in der die Demokratie im Dienst des Neoliberalismus instrumentalisiert wurde, reicht es nicht aus, eine Bewegung für Demokratie aufzubauen. Tatsächlich ist ein Großteil der autoritären Wende in der Weltpolitik eine direkte Reaktion auf das Scheitern der neoliberalen Demokratie. Unsere Bewegung muss proaktiv vermitteln, wie eine wirklich demokratische und diverse Gesellschaft in den USA aussehen und wie sich ein Leben in dieser anfühlen könnte. Nur so können wir die Menschen langfristig hinter einer solchen Vision vereinen. Diese Zukunftsvision muss konkret, glaubwürdig und überzeugend sein, wenn sie Wirkung entfalten soll (dem Ruf nach einer sofortigen Revolution würde wohl kaum jemand folgen).

Ein dualer Block-and-Build-Ansatz bedeutet, sowohl die Heuchelei und Gewalt des aktuellen Regimes offenzulegen als auch reale Wege aufzuzeigen, wie sich Menschen in unserer Politik wiederfinden und etwas Neues mitgestalten können. Es muss sowohl Raum für praktische Herangehensweisen als auch weitreichende Visionen geben und den Organizer*innen käme die Aufgabe zu herauszuarbeiten, wie diese beiden Ebenen zusammenwirken können. Die aktuell stark verbreitete Skepsis und der Zynismus gegenüber vielen Formen zivilgesellschaftlichen Engagements verweisen darauf, dass wir auch neue Wege finden müssen, um diejenigen zu erreichen, die sich zurückgezogen haben, desillusioniert oder verängstigt sind.

»Ein dualer Block-and-Build-Ansatz bedeutet, sowohl die Heuchelei und Gewalt des aktuellen Regimes offenzulegen als auch reale Wege aufzuzeigen, wie sich Menschen in unserer Politik wiederfinden und etwas Neues mitgestalten können.«

Aktuell sehen wir zwei besonders vielversprechende Entwicklungen: Die erste ist der Aufbau unabhängiger politischer Macht über Organisationen wie die Working ­Families Party. Die zweite betrifft den Aufbau einer kampfbereiten Arbeiterschaft durch eine wiederbelebte Arbeiter*innenbewegung, der sich gerade rund um die United Auto Workers unter der Führung von Shawn Fain beobachten lässt. Gleichzeitig setzt sich die zunehmende Militanz der frühen 2020er Jahre in anderen Branchen fort, die erstmals gewerkschaftlich organisiert werden, oder im öffentlichen Sektor, der besonders von den Kürzungen der Trump-Regierung betroffen ist. 

Wir haben einen langen Weg vor uns, und der Aufbau einer funktionsfähigen, gerechten und inklusiven Demokratie nach dieser langwierigen Krise ist eine Aufgabe, die mehrere Generationen in Anspruch nehmen wird. Wir stellen uns dieser Herausforderung in dem Wissen, dass wir nicht allein sind. Wir sind Teil einer globalen Bewegung, die sich mit den tiefgreifenden Veränderungen auseinandersetzt, die uns alle betreffen. Die autoritäre Krise ist kein exklusiv US-amerikanisches Phänomen. Klimawandel, die Umverteilung von Reichtum von unten nach oben, die Neuordnung der neoliberalen Weltordnung und der Wandel unserer Mediensysteme machen nicht an nationalen Grenzen halt. Dieser Aufgabe sind wir verpflichtet, weil die Zukunft von uns auf dem Spiel steht. 


Aus dem Englischen von Charlotte Thießen & Camilla Elle für Gegensatz Translation Collective

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