Gerade Berlin hatte in den letzten 15 Jahren die höchsten Bodenwert- und Mietpreissteigerungen zu verzeichnen, für Investoren und Spekulanten war und ist hier am meisten zu holen. Das schlägt sich auch in der Berliner CDU nieder. Selbst öffentlich zugängliche Quellen zeichnen ein Bild enger Verwobenheit von Lobby und Partei, wie die folgenden Beispiele belegen.

Zweifelhafte Praktiken

Ernst Brenning hat es in den Bundestag geschafft. Nein, das Berliner CDU-Mitglied hat kein Mandat bekommen, sondern seine zahlreichen Eigenbedarfskündigungen haben den Linke-Abgeordneten Pascal Meiser Ende 2020 zu einer Zwischenfrage an Brennings Parteifreund Jan-Marco Luczak motiviert. Mitte Mai 2021 war so ein Fall wieder vor Gericht, das Landgericht Berlin hatte als zweite Instanz über eine Kündigung wegen Eigenbedarfs für dessen Nichte zu befinden, ausgesprochen erstmals im Jahr 2018. Der Vorsitzende Richter hatte in der Verhandlung deutlich gemacht, dass er dem Wunsch des Rechtsanwalts und Notars Brenning, der Justiziar des Berliner CDU-Landesverbands war, nicht stattgeben werde. Nötig sei „ein Mindestmaß an Konsistenz“, ließ der Richter verlauten. Zu deutsch: Der Bedarf ist unglaubwürdig. Bereits mehrere Male zuvor entledigte sich Brenning Mietern des Hauses in der Reichenberger Straße 73 in Berlin-Kreuzberg per Eigenbedarfskündigung, um vorgeblich für Familienmitglieder Wohnraum zu beschaffen. Doch, so berichten es Nachbarn, hätten die nie lange dort gewohnt. 

Dazu muss man wissen, dass dem Ehepaar Brenning um die 20 Häuser in Berlin gehören. Eigentlich gehören sie den Kindern, um irgendwann wohl mal kräftig Erbschaftssteuer für den auf rund 100 Millionen Euro Marktwert geschätzten Immobilienbesitz zu sparen. Aber die Brenning-Eltern haben ein sogenanntes Nießbrauchsrecht. Damit können sie weitgehend über die Liegenschaften bestimmen, Einnahmen und Ausgaben gehen auf ihre Kappe. „Ich will mich gegen leere Wahlkampfversprechungen und für die Rückkehr von Ehrlichkeit und Anstand in die Politik einsetzen“, zitierte die „Berliner Morgenpost“ übrigens Ernst Brenning bei seiner Kandidatur für den Bundestag 2009. Bis heute ist Brenning stellvertretender Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Lilienthal im Südwesten der Hauptstadt. Auch in anderen Prozessen ließen Richter Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Aussagen des CDU-Mitglieds erkennen, was offenbar weder seiner Tätigkeit als Notar noch seinem innerparteilichen Standing schadet. 2017 wurde er als Aufklärer einer Affäre um gefälschte Stimmzettel im Steglitz-Zehlendorfer Kreisverband eingesetzt.

Maximalrendite mit Schrottimmobilien

Um Immobilien und die Geschäfte damit dreht sich viel in der Hauptstadt-CDU. Im August 2020 trat Thilo Peter, Vorstandsmitglied des CDU-Ostverbands Charlottenburg-Nord von seinem Amt zurück. Zu groß war der Druck geworden nach Medienberichten, die zeigten wie Peter Kasse macht mit der Vermietung heruntergekommener Schrottimmobilien. Von Migrant*innen in Neukölln kassierte er überhöhten Mieten, gab jedoch stets den Ahnungslosen. Lange Jahre störte sich die Partei nicht sonderlich an seinem Gebaren als Vermieter, über das bereits 2012 Medien berichteten. Sein Zwillingsbruder Michael Peter, der in den Häusern die Hausverwaltung übernimmt, erklärte in einem Beitrag des ZDF damals ganz offen, Roma seien aus Vermietersicht vorteilhaft, weil sie sich weniger beschwerten und Reparaturmaßnahmen oft selbst übernähmen.

Maskendeal über die Immobilienfirma

Erst im Frühjhar 2021 folgte auf die Berichterstattung über Geschäfte mit Masken der Rücktritt des CDU-Mitglieds Niels Korte von seiner Bundestagskandidatur für die Wahlen im Herbst im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick. Korte, Jurist und Unternehmer, soll in der ersten Pandemiewelle im April 2020 laut Medienberichten von Maskengeschäften profitiert haben. Über das Immobilienunternehmen Areal Invest XXXI. Grundstücksgesellschaft mbH soll mit dem Bund ein Vertrag über die Lieferung von knapp 20 Millionen FFP2-Schutzmasken geschlossen worden sein – für 4,63 Euro das Stück. Es war das berüchtigte, für alle Bewerber offene sogenannte Open-House-Verfahren von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). 

Korte verdiente sein Geld zuvor unter anderem als Anwalt für Studierende, die sich in bestimmte Studiengänge einklagen wollten und über seine Holding Umamea UG als 40-prozentiger Anteilseigner der Areal Invest XXXI. Grundstücksgesellschaft mbH. Doch das Masken-Geschäft, bei dem rund 90 Millionen Euro Umsatz winkten, war wohl zu verlockend. Laut der Zeitung „Welt“ hatte der geschäftstüchtige Politiker per E-Mail direkt Kontakt zu Minister Jens Spahn aufgenommen, um an die Vergabeunterlagen heranzukommen. Zudem soll er CDU-Abgeordnetenhausmitglied Maik Penn um Hilfe gebeten haben. Auf seinem Facebook-Profil erklärte Niels Korte, die Behauptung, er habe „politische Kontakte für unlautere Geschäfte genutzt“ sei „unwahr, rufschädigend“ und er „weise sie entschieden zurück“. Um „weiteren Schaden von meiner Partei abzuwenden“, ziehe er jedoch die Bundestagskandidatur zurück. „Auch werde ich nicht auf der Landesliste der CDU kandidieren“, so Korte weiter. 

Die Areal Invest XXXI. Grundstücksgesellschaft, an der Niels Korte beteiligt ist, gehört zu einer ganzen Reihe von Immobilienunternehmen, die laut Handelsregistereinträgen eine Gemeinsamkeit haben: Geschäftsführer ist meist Jens Kirsch. Zusammengebunden scheint das Konvolut in der Areal Group Wealth Management GmbH, deren Mit-Geschäftsführer ebenfalls Kirsch ist. Laut Homepage gehört die „Inwertsetzung von sanierungsbedürftigen Altbaubeständen“ zu den Spezialitäten der Gruppe. Das wird anderswo auch weniger fein als Verdrängung bezeichnet. Im Portal Immobilienscout24 bietet die Areal Group einige Häuser zum Verkauf an. Für 1,8 Millionen Euro ist ein Altbau an der Frankfurter Allee, direkt an der Rampe der autobahnartigen Lichtenberger Brücke als „Invest“ zu haben. Das entspricht fast 3000 Euro für jeden der 610 Quadratmeter vermietbarer Fläche in alptraumhafter Lage. Ähnliche „Perlen“ sind an der Reinickendorfer Residenzstraße, am Mariendorfer Damm oder an der Berliner Allee in Weißensee zu vergleichbaren Preisen im Angebot. Niels Korte – der ein Anhänger des beinharten Neoliberalen Friedrich Merz ist und ursprünglich aus dem nordrhein-westfälischen Arnsberg stammt – ist bei Weitem nicht der einzige Berliner CDU-Politiker, der im Immobiliengeschäft mitmischt.

Immobilien als Teil des Firmenimperiums

Der Wohlhabendste unter ihnen dürfte der Steglitz-Zehlendorfer Bundestagsabgeordnete und ehemalige Berliner Justizsenator Thomas Heilmann sein. Zu seinen zahlreichen Firmenbeteiligungen gehört auch die Berliner Häuser KG, die Immobilien in mehreren Bezirken hält. Auf eine Anfrage, ob Heilmann denn Politik und Geschäft immer trennen könne, antwortet sein Vermögensverwalter Jochen Beutgen, der auch CDU-Vorsitzender im brandenburgischen Angermünde ist: „Seit etwa neun Jahren verwalte ich sein Vermögen. Herr Heilmann konzentriert sich seitdem auf seine Funktionen als Politiker und lässt deswegen sein Vermögen vollständig fremd verwalten.“ Heilmann sei „stets ein besonders vehementer Befürworter der bundesweiten Mietpreisbremse in seiner strengsten Form“. Vom Mietendeckel sei der Bundestagsabgeordnete wirtschaftlich kaum betroffen. Heilmann halte das Gesetz jedoch „für verfassungswidrig und die Wohnungsnot fatal vergrößernd“, so Beutgen.

Der Darling der Immobilienlobby

Auch der Tempelhof-Schöneberger Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak, Vorsitzender der Berliner Landesgruppe der CDU-Fraktion im Parlament, fiel bei Treffen der Immobilienwirtschaft immer wieder durch Ankündigungen auf, er wolle die rechtliche Verschärfungen zugunsten von Mieter*innen nicht mittragen. Auf seiner Homepage schreibt er auch: „Als Mietrechtsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dränge ich darauf, die soziale Ausgewogenheit des Mietrechts zu wahren und habe die sogenannte Mietpreisbremse mitgestaltet.“ Das ist eine äußerst spitzfindige Aussage. Zu dem Gesetz sagte er LTO: „Wir haben darin eine begrenzte Auskunftspflicht für die Fälle beschlossen, in denen sich Vermieter auf eine höhere Vormiete berufen. Dass die Bundesjustizministerin daraus nun eine generelle Auskunftspflicht macht und zukünftig Vermieter allumfassend über Höhe und Grund der verlangten Miete unaufgefordert Auskunft geben müssen, schießt weit über das Ziel hinaus.“ Zuletzt wandte er sich gegen Verschärfungen bei der Frage nach Aufteilungen von Mietshäusern in Eigentum. 

Seine Beschäftigung als Rechtsanwalt bei der Großkanzlei Hengeler Mueller, die unter anderem die Abwicklung großer Immobiliendeals betreut, soll aber keinen Einfluss darauf haben. „Mein Arbeitsbereich bei Hengeler Mueller ist das öffentliche Wirtschaftsrecht. Mandate mit immobilienwirtschaftlichem Bezug betreue ich keine“, so Luczak auf Anfrage. „Viele Vorschläge für mehr Regulierung klingen auf den ersten Blick gut, verhindern aber im Ergebnis das, was wir am dringendsten benötigen: den Bau von neuen Wohnungen“, begründet der Abgeordnete, warum er „entschiedener Gegner des Berliner Mietendeckels“ sei. Luczak war allerdings in seiner Fraktion Koordinator der erfolgreichen Verfassungsklage gegen den Berliner Mietendeckel, das Verfahren führte die Kanzlei Hengeler Mueller. 

Luczaks Abgeordnetenbüro wurde inzwischen mehrfach Ziel von Sachbeschädigungen, kurz nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel Mitte April wurden erneut Scheiben beschädigt, unter anderem der Schriftzug „Mieterfeind“ wurde hinterlassen. „Für diese Eskalation und die Gewalt tragen auch SPD, Grüne und Linke die politische Mitverantwortung, die mich als „Immobilienlobbyist“ diffamieren. Mit diesen haltlosen Anschuldigungen bereiten sie den Boden für Gewalt. Das gleiche gilt für den Berliner Mieterverein, wenn er zu Protestveranstaltungen gegen die Mietenpolitik vor meinem Bürgerbüro aufruft, erklärte der Abgeordnete im Nachgang.

Weniger den Mietern verpflichtet

Noch ist auch Kai Wegner Bundestagsabgeordneter der CDU und baupolitischer Sprecher der Fraktion. Doch der Berliner Landesvorsitzende der Partei und Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl im Herbst lässt deutliche Nähe zur Immobilienwirtschaft erkennen. Bei einem Termin der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland, dem Sprachrohr von sechs großen Immobilienverbänden Anfang Mai erklärt er in Richtung der Lobbyisten: „Der Austausch mit Ihnen, das Miteinander, hat mir immer viel gegeben. Sie wissen: Da war ich häufig eher auf Ihrer Seite als auf der anderen Seite“. Beim Start der verschärften Kampagne der CDU gegen das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen im Februar erklärte Wegner noch, er wolle „mit starken sozialen Leitplanken den Mietern den besten Schutz bieten“.

Interessen auch im Abgeordnetenhaus

Auch eine Etage tiefer ist die Berliner CDU tief verwoben mit der Wirtschaft. Abgeordnetenhausmitglied Adrian Grasse ist Vice President Head Office Berlin der Siemens AG, die mit der Siemensstadt 2.0 die immobilienwirtschaftliche Verwertung nicht mehr benötigter Werksflächen in Spandau betreibt. Fraktionskollege Dirk Stettner war oder ist mit verschiedenen Gesellschaften an mehreren Projekten in Weißensee und auch im nördlichen Berliner Umland beteiligt. „Ich habe nie eine Interessenüberschneidung zwischen meiner politischen Tätigkeit und meiner unternehmerischen Tätigkeit gehabt – weder in den 20 Jahren der rein ehrenamtlichen Tätigkeit noch seit 2011 im Mandat im Abgeordnetenhaus“, erklärt Stettner auf Anfrage. Um auch jedem Anschein zu entgehen, habe er „jede wirtschaftliche Tätigkeit in Berlin seit Jahren eingestellt. Auch bin ich nicht mehr Aufsichtsratsvorsitzender, noch übe ich ein Aufsichtsratsmandat aus“. Wenn dem so ist, sollte Stettner dringend die Angaben zu seinen Nebentätigkeiten auf der Homepage der CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses aktualisieren.

Verwoben auf allen Ebenen

Auch in den Bezirken ist die Baulobby präsent. Wie bei Christoph Brzezinski, dem Vizechef und Stadtentwicklungsexperten der Charlottenburg-Wilmersdorfer CDU-Fraktion. Er arbeitet als Anwalt in der Kanzlei Malmendier Legal, laut „Hauptstadtmagazin“ ist sie „für das Planungs- und Baurecht erste Adresse bei großen Bau- und Infrastrukturvorhaben in der Hauptstadt“. Er bringe die in seinem Beruf gewonnenen Erfahrungen „gerne in die Arbeit des Stadtentwicklungsausschusses ein, so wie viele meiner Ausschusskolleginnen und -kollegen dies mit ihren beruflichen Erfahrungen als Architekten, Ingenieure, Juristen et cetera ebenfalls tun“, erklärt er auf Anfrage. Es könne „in seltenen Einzelfällen zu Interessenüberschneidungen zwischen beruflicher und ehrenamtlicher Tätigkeit kommen“, räumt er ein. In einem Fall habe er deswegen an entsprechenden Beratungen und Entscheidungen nicht teilgenommen, da der „Eindruck einer Interessensüberschneidung jedenfalls nicht auszuschließen gewesen wäre“. 

In zahlreichen Orts- und Kreisverbänden haben Anwälte, Makler und Geschäftsführer von Immobilienunternehmen Parteiämter inne. Die Bauwirtschaft ist wiederum mit Manja Schreiner direkt im Landesvorstand der Berliner CDU vertreten. Sie ist seit 2018 Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg.

Millionen von der Immobilienlobby

Und dann ist da noch die Sache mit den Spenden. In zwei Tranchen spendete der Projektentwickler Christoph Gröner im vergangenen Jahr der Berliner CDU insgesamt 800 000 Euro. Bis Mai 2021 wurden Spenden des Berliner Immobilienentwicklers Klaus Groth in Höhe von 434.950 Euro an die Berliner CDU bekannt. Davon 2017 109.950 Euro direkt von ihm und weitere 100.000 Euro über die von ihm kontrollierte VHB Grundstücksverwaltung und Beteiligung. Direkt spendete er 2018 125.000 Euro und im November 2019 noch einmal 100.000 Euro. Groth hat viele große Bauprojekte in der Hauptstadt, in den letzten Jahren vornehmlich auf ehemaligen Eisenbahn-Liegenschaften. Auf der Weddinger Seite des Mauerparks konnte er sich lange des Wohlwollens des damaligen CDU-Baustadrats von Mitte, Carsten Spallek, gewiss sein. In der Nähe des Hauptbahnhofs errichtete er das Quartier Mittenmang an der Lehrter Straße mit 1000 Wohnungen. Von ihm gebaut wurde auch die Berliner CDU-Bundeszentrale. Beim größten Berliner Projekt „Neulichterfelde“ mit rund 2000 Wohneinheiten profitierte er direkt von der Entscheidung der Steglitz-Zehlendorfer Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU), den städtebaulichen Vertrag mit ihm noch am 31. Juli 2018 zu schließen. Es war der letzte Tag, bevor laut dem Berliner Modell die Sozialwohnungsquote von 25 auf 30 Prozent heraufgesetzt worden ist. Auf Anfrage weist die Pressestelle des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf so einen Zusammenhang zurück. „Eine Vertragsunterzeichnung mit alleiniger Zustimmung der CDU wäre nicht möglich gewesen. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Städtebaulichen Vertrages und bis heute hatte und hat Frau Bezirksbürgermeisterin Richter-Kotowski keine Kenntnis über eine 100.000-Euro-Spende an den entsprechenden Landes- oder Kreisverband der CDU“, heißt es. Es sei demzufolge auszuschließen, dass der Zeitpunkt des unterschriebenen Städtebaulichen Vertrages im Zusammenhang mit der Spende stehe. 

Die CDU Lichtenberg hat in den Jahren 2016 und 2017 zusammengenommen 60.000 Euro des niederländischen Projektentwicklers Harry van Caem erhalten. Die Spenden flossen vom Immobilien-Unternehmen Van Cogg Beheer B.V. mit Sitz in der niederländischen Gemeinde Uithoorn. sowie von einer Firma namens Cash-Flow 931 B.V., einer Tochterfirma von Cogg Beheer. Der Bauunternehmer plant unter anderem, auf einem Areal an der Frankfurter Allee einen Gewerbepark mit sechs Neubauten zu errichten. In der Bezirksverordnetenversammlung forderte die CDU-Fraktion mehrfach, vereinfachtes Baurecht nach §34 anzuwenden und auf die Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens zu verzichten. Bereits im Oktober 2016 hatte van Caem den Bau einer Wohnanlage namens „Herzbergerpark“ mit 1200 Wohnungen beantragt. Allerdings ist die Liegenschaft im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesen. 1600 Wohnungen will van Caem an der Landsberger Allee errichten. 

Der Berliner Projektentwickler Jürgen Leibfried, Geschäftsführer der Bauwert AG, spendete 2019 12.900 Euro. Die Primus Immobilien AG, die laut Homepage „hochwertige Immobilienprojekte mit Schwerpunkt Eigentumswohnungen in Berlin und weiteren Regionen Deutschlands“ hat, gab 10.900 Euro. Laut vorliegenden Rechenschaftsberichten hat die Rocket Internet SE 2017 und 2018 der CDU zusammen 45.000 Euro überwiesen. Den Rocket-Internet-Gründern gehören laut Spiegel Immobilien im Wert von 150 Millionen Euro. Der Konzern will auch direkt in Immobilien investieren. Für 2017 verzeichnet der Rechenschaftsbericht weitere Parteispenden aus Berlin mit Immobilienbezug. 11.000 Euro kamen von der AC Ingenieurbau Verwaltungs GmbH. Sie ist Teil eines Firmengeflechts an Projektentwicklern und Baufirmen. 25.000 Euro kamen von Kolja Ltd., einem inzwischen liquidierten Unternehmen von Kolja Benjamin Hebenstreit, der Geschäftsführer mehrerer Hauseigentums-GmbHs in Berlin ist.

Nach dem Amt als Lobbyisten tätig

Bei SNPC, einem Lobby- und Beratungsunternehmen mit Sitz in Berlin, sind viele CDU-Politiker beschäftigt. Zu den Gebieten gehört auch die Liegenschaftspolitik. Als Fallbeispiel auf der Homepage wird die Strategieanpassung eines bundesweit tätigen Unternehmens auf die geänderte Liegenschaftspolitik genannt. Zu den Ergebnissen des Prozesses habe auch eine Spiegelung der Marktsicht gehört – „die neuausgerichtete Liegenschaftspolitik kann wichtige Anregungen des Marktes aufnehmen und so die Ablaufstrukturen der Kommune weiter optimieren helfen“. Für den Bereich Immobilien ist Wolfgang Branoner zuständig. Er war unter anderem von 1985 bis 1990 Bezirksstadtrat für Bau und Wohnungswesen im Bezirk Neukölln, von 1991 bis 1996 Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz und von 1996 bis 1998 Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe. Von 1998 bis 2001 hielt er das Amt des Berliner Wirtschaftssenators inne. Ebenfalls für den Bereich zuständig ist Henner Bunde, der von 2012 bis Februar 2019 Staatssekretär in der Wirtschaftsverwaltung war. Auch Stefanie Vogelsang gehört zum Team. Von 1995 bis 1999 war sie Bezirksstadträtin für Gesundheit und Soziales im Bezirksamt Neukölln, von Dezember 2001 bis Juni 2009 stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und in dieser Zeit fünf Jahre Bezirksstadträtin für die Abteilung Bauwesen und drei Jahre für die Abteilung Bürgerdienste und Gesundheit. 2009 ging sie für eine Legislatur als Abgeordnete in den Bundestag. 

Die Beispiele werfen ein Schlaglicht auf eine Haltung, die auch in den Maskendeals diverser Bundes- und Landtagsabgeordneter und sonstiger Parteigranden der CDU/CSU deutlich wurde. Politik und Wirtschaft scheinen für die Beteiligten ein nicht zu trennendes Kontinuum zu sein. Sei es die eigene, durch Ämter begünstigte wirtschaftliche Tätigkeit oder das gesetzgeberische Handeln in enger Übereinstimmung mit Wirtschaftsunternehmen, das durch hohe Parteispenden oder gut dotierte Jobs belohnt und begünstigt wird. Von den Parteiführungen der konservativen Schwestern werden Enthüllungen schnell als skandalöse Verfehlungen einzelner abgetan. Dass sie System haben und das Ausmaß von Einzelfällen längst überschreiten, ist längst deutlich geworden. Die politischen Konsequenzen sind gerade in der Wohnungs- und Mietenpolitik unübersehbar.