Steuern sind ein zentrales Instrument, Mittel von privat nach öffentlich umzuverteilen. Das Steuersystem entscheidet, welche Bevölkerungsgruppen wie viel zur Finanzierung des Öffentlichen beitragen müssen, von daher kann es in erheblichem Maße Einfluss auf die Einkommens- und Vermögensverteilung nehmen. Die Ausgabenstruktur des Staates wiederum ist auch ein Verteilungsinstrument, denn es macht einen großen Unterschied, ob der Staat die Renten und Sozialtransfers erhöht oder ob er sein Geld lieber an die Atom- oder Gentechnikindustrie oder die sich häufenden ›großen unnützen Projekte‹ durchreicht. Die steuerpolitischen Vorstellungen der LINKEN sind daher nicht nur mit Blick darauf interessant, wie viel zusätzliche Staatseinnahmen generiert werden, sondern wie die Umverteilungswirkungen insgesamt ausfallen.

Die Steuersünden der Vergangenheit

In den vergangenen 14 Jahren sind alle größeren Steuerreformen nach demselben Muster vorgenommen worden. Während es für niedrige und mittlere Einkommen bestenfalls Almosen gab, durften sich Reiche und Vermö- gende über zahlreiche kräftige Steuergeschenke freuen. Die hervorstechendsten Beispiele sind die Nichterhebung der Vermögensteuer seit 1999, die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent durch Rot-Grün und die Einführung der Abgeltungsteuer und die Erbschaftsteuerreform durch die große Koalition. Letztere ermöglicht nicht nur die steuerfreie Vererbung von Betriebsvermögen, sondern durch entsprechende Gestaltung auch die von Privatvermögen: Beispielsweise kann Vermögen in ein Unternehmen eingebracht und dann als Betriebsvermögen vererbt werden (»Cash-GmbHs«). Die amtierende schwarz-gelbe Koalition hat diese Privilegierung noch weiter ausgebaut. Derzeit können Vermögen im Bereich zwei- bis dreistelliger Millionenbeträge steuerfrei oder nur mit niedrigen Belastungen vererbt werden. Insgesamt sind durch diese Maßnahmen Mindereinnahmen von 235,5 Milliarden Euro im Zeitraum 2000 bis 2011 entstanden (vgl. Höll et al. 2013). Obwohl die Reichen immer reicher wurden, blieb ihr Anteil am Steueraufkommen weitgehend konstant. Das bedeutet nichts anderes, als dass die reale Steuerbelastung der Superreichen in Deutschland deutlich gesunken ist, während vor allem Geringverdienerinnen und -verdiener sehr hoch belastet wurden (vgl. Reiner in diesem Heft).

Die öffentliche Hand braucht mehr Einnahmen

Es steht außer Frage, dass die öffentliche Hand mehr Einnahmen braucht, da die Steuermindereinnahmen der Vergangenheit zu ökonomisch schädlichen Ausgabenkürzungen geführt haben, die Banken- und Eurorettung bereits jetzt immense Kosten verursacht hat und die Volkswirtschaft endlich einen ökologisch-sozialen Umbau braucht, um ein qualitatives, nachhaltiges Wirtschaftswachstum anzustoßen. Reform der Einkommensteuer: Die LINKE will die Umverteilung von unten nach oben umkehren. Geringe und mittlere Einkommen können stark entlastet werden, indem der Grundfreibetrag auf 9300 Euro erhöht und der bislang steile Anstieg der Steuersätze für mittlere Einkommen deutlich gesenkt wird. Der Spitzensteuersatz soll ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen in Höhe von 65000 Euro wieder wie zu Helmut Kohls Zeiten auf 53 Prozent erhöht werden, ein zu versteuerndes Einkommen von über einer Million Euro jährlich (nach Abzug aller Sozialversicherungsbeiträge) mit einer Reichensteuer von 75 Prozent belegt werden. Im Ergebnis wird jede Person, die weniger als 5700 Euro pro Monat zu versteuern hat, entlastet. Alle anderen werden belastet. Durch eine starke Mehrbelastung zehntausender Reicher wird eine deutliche Steuerentlastung für Millionen finanziert. Für deutliche Mehreinnahmen des Staates, also eine Umverteilung von privat nach öffentlich, bleiben bei der Einkommensteuer leider kaum Spielräume. Dies wird eher durch die Millionärs- und Erbschaftsteuer erreicht (s.u.). Abschaffung der Abgeltungsteuer: Ein elementarer Bestandteil der Reform der Einkommensteuer hin zu einer höheren Besteuerung großer Einkommen muss die Abschaffung der Abgeltungsteuer für Kapitalerträge sein.1

Die Abgeltungsteuer ist ein klarer Verstoß gegen die steuerliche Gleichbehandlung aller Einkunftsarten und stellt eine deutliche Privilegierung hoher Kapitalerträge dar. Die Begründung der unsozialen Abgeltungsteuer durch den damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) (»Lieber 25 Prozent von x als 45 Prozent von nix«; er meinte damit, die Abgeltungsteuer würde die Anreize zur Steuerhinterziehung vermindern) ist von der Realität widerlegt. Höhere Besteuerung von Vermögen durch Erbschaft- und Millionärsteuer: Kaum ein Land erzielt bei den vermögensbezogenen Steuern (Grund-, Vermögen-, Erbschaft- und Schenkungs- sowie Vermögensv erkehrssteuern) so geringe Einnahmen wie Deutschland. Laut OECD betrug deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2010 gerade einmal 0,8 Prozent. Das ist nicht einmal die Hälfte des OECDDurchschnitts von 1,8 Prozent (vgl. OECD 2013). Zur gezielten Besteuerung hoher Vermögen fordert die LINKE die Wiedererhebung der Vermögensteuer in Form einer Millionärsteuer sowie eine Reform der Erbschaftsteuer.2

Die Millionärsteuer bezieht sich ausschließlich auf Nettovermögen von Vermögensmillionären. Vermögen unter einer Million Euro sind als Freibetrag von der Millionärsteuer freigestellt. Der Teil des Vermögens von Millionären, welcher oberhalb von einer Million Euro liegt, wird mit fünf Prozent besteuert. Mit einer Reform der Steuersätze und der Steuerbefreiungen will die LINKE die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer deutlich erhöhen. Eckpunkte sind: Alle Begünstigten erhalten einen einheitlichen Freibetrag in Höhe von 150000 Euro. Für Erben, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, minderjährige Kinder, Hinterbliebene aus einer Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder alternativ für eine von der Erblasserin oder dem Erblasser benannte Person verdoppelt sich der Freibetrag auf 300 000 Euro. Damit ist sichergestellt, dass das durchschnittliche Wohneigentum nicht besteuert wird. Darüber hinaus gehende Erbfälle werden mit einem Eingangssteuersatz von 6 Prozent bis hin zu einem Spitzensteuersatz von 60 Prozent (ab einem zu versteuernden Erbe von drei Millionen Euro) besteuert. Groß- zügige Stundungsregelungen verhindern, dass das Fortbestehen von kleinen und mittleren Unternehmen gefährdet wird. Unternehmensbesteuerung: Die zahlreichen Steuersenkungen für Unternehmen aus den letzten zehn Jahren sollen zurückgenommen werden. Wichtigste Maßnahme ist die Anhebung des Körperschaftsteuersatzes für Kapitalgesellschaften von 15 auf 25 Prozent.

Fazit

Eine höhere Besteuerung von Reichen und Vermögenden ist aus verteilungs-, haushalts-, finanz- und wirtschaftspolitischen Gründen notwendig. Die LINKE hat hierfür konkrete und umsetzbare Vorschläge vorgelegt. Die Erzielung zusätzlicher Staatseinnahmen (»Umverteilung von privat nach öffentlich«) ist dabei ein wichtiger, aber keineswegs der einzige Aspekt. Das Steuerkonzept zieht seine Berechtigung auch aus seiner Umverteilungswirkung zwischen den Einkommensteuerzahlerinnen und -zahlern, weil im Gegensatz zum Steuerkonzept der SPD eine Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen zulasten der Reichen vorgesehen ist. Diese fällt um ein Vielfaches höher aus als im Steuerkonzept der Grünen. Umverteilen durch Um-Steuern ist keine Alternative zur Durchsetzung höherer Löhne und Gehälter. Der Kampf um die Lohntüte muss mindestens ebenso hart geführt werden wie der Kampf um Steuergerechtigkeit. Umgekehrt ist Steuerpolitik aber keineswegs ein naiver, kosmetischer Reparaturbetrieb und verdient daher den vollen politischen Einsatz.

1 Vgl. Antrag der Fraktion die LINKE, Bundestags-Drucksache Nr. 17/4878.

2 Vgl. Anträge der Fraktion die LINKE, Bundestags-Drucksachen Nr. 17/8792 und 17/2944.

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