Das Szenario: Spätsommer 2025. Du bist auf einer Mitgliederversammlung der LINKEN und wirst um eine Bilanz der letzten fünf Jahre gebeten: Wie ging es weiter nach dem Parteitag 2020 – welche Weichen wurden dort gestellt? Und was kommt in der Zukunft auf die LINKE zu? 

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Wir können uns als Mitglieder auf die Schultern klopfen dafür, dass wir beim Parteitag 2020 entschieden haben, dass … 

…wir eine konstruktive Diskussionskultur wollen und einen Parteivorstand, der die LINKE und ihre Wähler:innen in ihrer Breite repräsentiert. Das Wahlprogramm hat dann die Interessen der arbeitenden und der nicht privilegierten Teile der Bevölkerung in den Mittelpunkt gestellt, und auf überzogene Positionen verzichtet, die auf die überwiegende Mehrheit eher abschreckend wirken. Für eine Politik, die soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, gleiche Rechte und Chancen für alle, ökologischen Umbau und Frieden verbindet, gegen undemokratische kapitalistische Herrschaft und globales Dominanzstreben. 

Denn heute, fünf Jahre nach dem Parteitag und vier Jahre nach der Bundestagswahl, hat die Partei es geschafft, dass… 

…„links“ von den Menschen wieder in erster Linie mit sozial und dem Einsatz für die Arbeitenden und die Benachteiligten verbunden wird und wir so in Richtung 20% gehen. DIE LINKE hat wirksam Druck entwickelt für die Stärkung der Tarifbindung, eine Vermögensabgabe, bessere Renten und Mindestsicherung, Deckelung von Mieten, Abrüstung statt Auslandseinsätze. 

Mit Blick auf die vergangenen Jahre bist Du besonders stolz darauf, dass … 

…es uns gelungen ist, die Unkultur der öffentlichen persönlichen Angriffe gegen Genoss:innen mit anderen Auffassungen einzustellen. DIE LINKE deckt eben ein erhebliches Spektrum unterschiedlicher Menschen und Positionen ab, und das geht auch nicht anders. Die gemeinsame Basis sind linke Grundorientierungen, siehe die Präambel des Grundsatzprogramms. 

Die LINKE hatte in der Wirtschaftskrise und den Verteilungskämpfen nach Corona richtig reagiert, sie … 

…hat deutlich gemacht, dass ein handlungsfähiger Sozialstaat und gesellschaftliche Solidarität entscheidend sind, um Krisen so bewältigen und die Zukunft so zu gestalten, dass möglichst niemand dabei unter die Räder kommt. Diejenigen, die kaum betroffen waren oder ihren Reichtum weiter mehren konnten, müssen in einem Lastenausgleich herangezogen werden. Die Ungleichheit muss endlich wieder abgebaut werden. Für einen neuen Weg, eine bessere Gesellschaft nach der Krise müssen die herrschenden Eigentumsverhältnisse verändert werden. 

Realpolitisch hat die LINKE wichtige Erfolge feiern können. Entscheidend war, dass sie … 

…an drängenden Problemen großer Teile der Bevölkerung populär anknüpfen und Lösungen präsentieren konnte, die umsetzbar waren. Das hat die Bedingungen für die Betroffenen spürbar verbessert. Dem so entwickelten Druck mussten auch die anderen Parteien Rechnung tragen. Es gelang aber deutlich zu machen, dass DIE LINKE die treibende Kraft war und weiterhin ist. Entscheidend war zu zeigen, dass soziale Dienstleistungen und Infrastrukturen und ökologischer Umbau nur durch öffentliches Eigentum und den Sozialstaat vernünftig geregelt werden können, nicht durch kapitalistisches Eigentum und Marktkonkurrenz. 

Wenn man heute Linkspartei googelt, kommt als weiteres Schlagwort …

...soziale Gerechtigkeit 

Die größte gesellschaftspolitische Herausforderung ist nun … 

…die Orientierung der arbeitenden und lohnabhängigen Klasse auf linke Politik und DIE LINKE zu stärken. Das große Kapital und die US-basierte Finanzoligarchie wollen die Digitalisierung und die Krisen für eine immer umfassendere Kontrolle und Befestigung ihrer Herrschaft nutzen. Deutschland und die EU sollen gegen angebliche Gegenspieler, insbesondere China und Russland, konfrontativ aufgestellt werden. Dagegen müssen wir Widerstand mobilisieren. 

Deswegen schlägst Du Deinem Ortsverband für 2035 vor, sich für die kommende Zeit noch stärker auf… 

...populäre Aktionen für breit getragene gemeinsame Ziele zu konzentrieren: soziale Interessen und Emanzipation, sozial-ökologische Umbauprojekte und Frieden. Dazu gehört Aufklärung über die kapitalistischen, klassenpolitischen und internationalen Herrschaftsverhältnisse und Hintergründe der Probleme und politischen Entwicklungen. Demokratie und soziale Gestaltung sind zentral für Lösungen und Perspektiven im Interesse der Menschen, also Sozialismus als Perspektive. So wirken wir für die Zusammenführung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Kräfte, die die Linke bilden, für den gemeinsamen Kampf gegen die gemeinsamen Gegner: die kapitalistische herrschende Klasse und Oligarchie, in Deutschland, Europa und weltweit. 

Am Ende Deines Beitrags willst Du noch mal Folgendes loswerden: 

Die linke und sozialistische Bewegung war dann erfolgreich, wenn sie es schaffte, möglichst breit verschiedene Teile der lohnabhängigen und beherrschten Klassen für das Fortschrittsprojekt einer besseren Zukunft für alle zusammenzuführen, ein Projekt, das realisierbar erschien und durch gemeinsames Handeln und konkrete Erfolge die herrschende Klasse in die Defensive brachte. 

Nach der Mitgliederversammlung trefft ihr euch im Biergarten, ein paar Interessierte sind auch gekommen, um euch Genoss*innen kennenzulernen. Du unterhältst Dich mit... 

...verschiedenen Leuten, die aus unterschiedlichen Betroffenheiten und Motivationen politisch und an der LINKEN interessiert sind. 

Dein zentrales Argument, warum deine Gesprächspartner*in an diesem Abend in die LINKE eintreten soll, ist: 

Das zentrale Argument  ist, dass Bewegungen allein nicht reichen, sondern es eine politische Organisation, eine Partei braucht. Wir müssen nicht nur Einzelforderungen propagieren, sondern die Entwicklungsrichtung der Gesellschaft insgesamt ändern. Dazu ist eine Organisation nötig, die nicht nur Forderungen aus einzelnen Bewegungen sammelt oder vorantreibt, sondern sie zusammenführt und durchsetzungsfähige Konzepte entwickelt und politisch einbringt, eine Organisation, die Aufklärung und übergreifende Orientierungen bietet, für Bündnisse eintritt und die gesellschaftspolitischen Machtverhältnisse angreifen und verändern kann. 

Auf Deinem Spazierweg nach Hause denkst Du Dir: 

Gut, dass DIE LINKE nicht in ein Sammelbecken für Einzelanliegen zerfallen ist und viele neue Mitglieder Interesse an Kapitalismuskritik und sozialistischen Perspektiven haben.  

Das Gespräch führte Rhonda Koch