Der Krieg traf in Russland auf eine gespaltene Linke – und so ist es bisher geblieben. Eine Analyse aus dem Jahr 2019 beschreibt das linke Spektrum in Russland anhand der oft bemühten Unterscheidung zwischen systemischer und nichtsystemischer Linken: „Systemische Parteien haben eine Registrierung, nehmen an Wahlen teil und haben dort in kontrollierter Weise Erfolg“. Sie seien im Wesentlichen loyal, aber in einzelnen Fragen „kritisch gegenüber der Staatsmacht“ (Archipova et al. 2019, 4f.) Die „nichtsystemischen linken Gruppen“ werden hingegen dadurch charakterisiert, dass sie sich selbst als „radikale Linke, kommunistische, sozialistische oder anarchistische politische Organisationen“ verstehen und über keinen „offiziellen Status als registrierte politische Partei oder gesellschaftliche Bewegung“ verfügen. Sie eint ein negativer Bezug auf die Staatsmacht und auf die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF), die sie alle als eine rechte Partei betrachten, „die linke Symbolik und die Problematik der sozialen Gerechtigkeit usurpiert“ habe (ebd.).

Die Grenzen zwischen beiden Strömungen sind allerdings immer fließend gewesen. Insbesondere für die „systemischen“ Linken, also die KPRF und die Partei Gerechtes Russland (SR – Spravedlivaja Rossija) galt, dass die Politik der Führung und die Aktivitäten der Mitglieder durchaus im Gegensatz stehen konnten. Mitglieder beider Parteien waren in sozialen, ökologischen und feministischen Bewegungen aktiv, während die Führungen die konservative Politik des Präsidenten (nicht unbedingt der Regierung) im Grundsatz mittrugen. Mit sozialpolitischen Initiativen wurden in der Duma durchaus eigene Akzente gesetzt. In Kombination mit einer teils schrill-revolutionären, teils stalinistisch-konservativen Rhetorik bediente die KPRF ein weites Wähler*innenspektrum, was ihr eine stabile parlamentarische Präsenz auf den verschiedenen Ebenen der Föderation sicherte. Bei den Duma-Wahlen 2021 errang sie 18,9 Prozent der Stimmen und damit 57 Mandate.

Vom Träger einer vagen Hoffnung auf Veränderung zu einer wichtigen Stütze des Krieges

Eine der Grundlagen dieses Erfolges der KPRF war ein Bündnis mit der Linksfront (Levyj front) des charismatischen Sergej Udalzov und der hinter Nikolai Platoschkin stehenden „Bewegung für einen neuen Sozialismus“. Dieses Bündnis bezeichnete sich als „links-patriotisch“ und verband zwei an sich unvereinbare Ansätze: eine auf den sozialistischen Umsturz orientierende Politik auf der einen, und eine auf Russlands Größe und Eigenständigkeit orientierende Rhetorik auf der anderen Seite. In dieser Konstellation schien es die Möglichkeit zu geben, auch Akteure aus sozialen Bewegungen anzusprechen und so die soziale Komponente gegenüber der nationalistischen zu stärken. Damit hätte sich die KPRF langfristig zu einem Kristallisationspunkt breiterer Teile der Linken entwickeln können. 

Allerdings schlugen sowohl der „links-patriotische Block“ – und mit ihm die KPRF – als auch die Partei Gerechtes Russland einen anderen Weg ein: Beide gehören von Beginn an zu den radikalen Verfechtern eines Krieges bis zum Sieg. So beschwor der Chef der KPRF Zjuganov am 22. März in der Duma zum wiederholten Male den Mythos, durch den Kampf gegen die Sanktionen des Westens sei ein sozialistischer Umbruch voranzutreiben. Dieser Kampf gegen Nazismus und Faschismus in der Ukraine sei „bis zum Ende“ zu führen. Den Abgeordneten wurde ein Material übergeben, in dem die Erfahrungen mit der Entnazifizierung im Nachkriegsdeutschland und in Finnland ausgewertet wurden. An anderer Stelle nahm Zjuganov für Russland in Anspruch, die Völker Europas vor dem drohenden Faschismus bzw. der Bedrohung durch Biowaffen zu schützen. Außerdem forderte er eine Prüfung der Lehrmaterialien in den Schulen auf ihren patriotischen Gehalt hin. Nikolai Kolomejcev, Stellvertretender Vorsitzender der Duma-Fraktion der KPRF, sprach sich zur gleichen Zeit faktisch für die Einführung einer Kriegswirtschaft aus, auch wenn er diese als Mobilisierungsökonomie bezeichnet. Innenpolitisch habe die Regierung ein Kaderproblem, das Personal sei nicht geeignet, den außerordentlichen Umständen Rechnung zu tragen. Auch die Forderung, die „5. Kolonne des Westens“ zu bekämpfen, wurde von der KPRF schnell übernommen. Bemerkenswert ist, dass öffentliche Aktionen der Linksfront, die Krieg und sozialistischen Umsturz gleichzeitig fordern, von den Behörden toleriert werden. 

Welche Dimension der hier vertretene Chauvinismus hat, wird an zwei Aktivitäten der letzten Wochen besonders deutlich: Die Linksfront verkündete Ende März, dass am 30. Dezember 2022 (dem Jahrestag der Gründung der UdSSR) ein neuer Unionsvertrag abgeschlossen werden würde. Die beigefügte Karte zeigt die Sowjetunion in ihren alten Grenzen. Am 19. April wiederum brachte die KPRF einen Vorschlag in die Duma ein, die bisherige russländischen Flagge durch die sowjetische zu ersetzen.[1]

Gleichzeitig suggeriert die Partei, dass die Linken und die Kommunist*innen auf der ganzen Welt hinter Putin bzw. der KPRF stünden und einhellig die Abwehr der Aggression seitens der NATO begrüßen. Auf ihrer Presseseite wurden die Grußadressen einiger Parteien dokumentiert, während die Gegenstimmen nicht erwähnt wurden.

Man hört zwar aus verschiedenen Regionen Kritik am Kurs der Parteiführung, wie verbreitet diese ist, ist aber nicht abschätzbar, auch nicht, inwieweit sie zu gemeinsamen Aktionen mit anderen Kriegsgegner*innen führt. Am 2. März wurde ein Aufruf von Mitgliedern, Sympathisant*innen und Wähler*innen der KPRF gegen den Krieg veröffentlicht, der von 512 Menschen unterschrieben wurde. Allerdings sind seit dem 12. März keine neuen Einträge mehr auf dem entsprechenden Telegram-Kanal aufgetaucht. Der Parteiapparat reagiert offensichtlich schnell, und im Rahmen seiner Möglichkeiten hart auf solche Kritiken.

Dass die Putin-Gruppierung und die Wähler*innen der KPRF diese eigentümliche Loyalität danken werden, ist unwahrscheinlich. Die Politologin Tatiana Stanovaya sieht für die systemische Linke in Russland keine Zukunft. Da KPRF und SR sich völlig der Regierungspolitik unterordnen, seien sie als Opposition unsichtbar und überflüssig. Ein durchaus realistisches Szenario. 

Zwischen Kleinarbeit und revolutionärem Pathos 

Das weite Feld der nichtsystemischen Linken reicht von sozialdemokratischen bis hin zu anarchistischen Initiativen und ist faktisch unüberschaubar. Es besteht aus einer Vielzahl von kleinen und sehr kleinen Gruppen, die organisatorisch meist wenig stabil sind – sei es wegen innerer Differenzierungen, repressiven Maßnahmen des Staates oder weil Mitglieder ins Ausland abwandern. In dieses Spektrum gehören auch verschiedene sich kommunistisch bezeichnende Organisationen. Eine Untersuchung zu den Linken führt allein sieben relativ wichtige Organisationen auf, die sich als kommunistisch betrachten. Darunter finden sich reine Diskussions- und Bildungszirkel, aber auch militant-aktivistische Strukturen. In ihrer Vielfalt ist dieses Spektrum ein Spiegel der bewegten Geistesgeschichte des russischen Reiches und der Sowjetunion. Allgemein wird davon ausgegangen, dass diese Bewegungen im Vergleich etwa zur KPRF eine jüngere Generation repräsentieren. Es sind vor allem Initiativen von Studierenden und anderen Intellektuellen. Arbeiter*innen spielen, wie auch bei der systemischen Linken, kaum eine Rolle. 

Das wichtigste Instrument ihrer Vernetzung und Bildung ist das Internet. Hinter diesen Gruppen stehen keine Lehrstühle oder größere Zeitschriftenprojekte wie in den westlichen Staaten. Meist sind die Youtube- oder Telegram-Kanäle Projekte junger Leute. Ältere Intellektuelle wie Boris Kagarlizkij oder das von Aleksandr Buzgalin geführte Projekt Alternativy spielen (noch) eine vermittelnde Rolle in diesem Spektrum. Über Telegram und Youtube versuchen sie, aktiv in die linken Diskurse einzugreifen und auch Bildungsarbeit zu leisten. Die Kommentare zu ihren Posts legen nahe, dass sie dabei noch einen Brückenschlag zwischen den verschiedenen linken Lagern herstellen können. Allerdings repräsentieren beide aus der Sicht weiter Teile der nichtsystemischen Linken die „alte Generation“. Die Einschränkungen seitens der staatlichen Kommunikationsbehörde Roskomnadzor treffen diese Strukturen besonders hart. 

Positionen zum Krieg

Einige Organisationen sind in den Auseinandersetzungen um den Krieg besonders sichtbar geworden. Angesichts der komplizierten Bedingungen kann jedoch kein annähernd vollständiges Bild gezeichnet werden. Zwar finden sich in der nichtsystemischen Linken auch einige Kriegsunterstützer*innen, überwiegend werden hier aber feministische, internationalistische oder pazifistische Positionen vertreten und es gibt Verbindungen zu ukrainischen Aktivist*innen. 

Die Russländische Sozialistische Bewegung (RSB) hat sich besonders darum bemüht, internationale Positionen gegen den Krieg zu entwickeln. Gemeinsam mit Organisationen aus der Ukraine und den USA verabschiedete sie Anfang April ein „Internationalistisches Manifest gegen den Krieg“, dem sich bis zum 11. April Unterzeichner*innen aus vielen anderen Ländern angeschlossen haben. Allerdings zeigt sich auch, dass die Frage der Bewertung der Vorgeschichte des Krieges durchaus strittig bleibt. Gemeinsam mit der Linken Sozialen Bewegung aus der Ukraine veröffentlichten sie praktisch zeitgleich eine Erklärung, in der sie die westliche Linke auffordern, Waffenlieferungen an die Ukraine zu unterstützen. 

Die konsequentesten Erklärungen gegen den Krieg kamen in den ersten Stunden nach dessen Beginn aus dem linksradikalen Spektrum. Deren anarchistische oder trotzkistische Tradition lässt sie konsequent internationalistische Positionen einnehmen. Zu diesem Spektrum gehören der Linke Block, die Alternative Linke und die Autonome Aktion. Eine von ihnen veröffentlichte Petition, in der die Beendigung des Krieges gefordert und zur Schaffung einer breiten Bewegung in Russland gegen den Krieg aufgerufen wird, erreichte inzwischen über 1,2 Millionen Unterschriften. Die Progressive Linke (PL) bezeichnet sich selbst als sozialdemokratisch und grenzt sich damit auch gegen die KPRF ab. Allerdings wird sie zu den gegenwärtigen Problemen nicht konkret.

Die Feministische Antikriegsbewegung sticht durch eigene, auch kulturelle Interventionen hervor. Sie berichte auf Telegram über den tatsächlichen Kriegsverlauf und ermutigt mit originellen Protestformen zum Widerstand. Außerdem versucht sie, überhaupt eine Diskussion über den Krieg anzuregen. Dafür bot das Osterfest einen Anlass: Die österliche Grußformel „Christ ist erstanden“ (Христос воскрес!), die mit  „ХВ“ abgekürzt werden kann, wurde grafisch eingesetzt, um die Parole „Genug mit dem Krieg“ (Хватит Войны!) breit zu streuen. Außerdem wurde vorgeschlagen, mit blau-gelb gefärbten Ostereiern im Familien- und Bekanntenkreis zu Gesprächen zu provozieren. 

Wege aus der Krise

Nachdem die Proteste ab Mitte März immer wirkungsvoller unterdrückt wurden, verschob sich der Schwerpunkt der Aktivitäten dieser nicht-systemischen linken Gruppen stärker in Richtung (illegaler) Propaganda, hin zur Verbreitung von Informationen über das Kriegsgeschehen und zur analytischen Arbeit. 

Die RSB setzt ihre Hoffnung dabei auf die Arbeiter*innen. In einem Beitrag vom 13. März heißt es: „Was ist zu tun? Jetzt ist es an der Zeit, sich am Arbeitsplatz zu vereinigen, solange man ihn noch hat. Mitarbeiter*innen vieler Branchen haben bezahlten Urlaub genommen. Sie sollten sich aber nicht einbilden, dass der Staat für sie sorgen wird. Es ist an der Zeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren und für Arbeitsrechte zu kämpfen. Wir müssen jetzt handeln. Nur so können Sie sich vor der kommenden ‚vollen Geschäftsfreiheit‘ und der Krise schützen und sich auf den Umbau der Wirtschaft vorbereiten, der in den kommenden Jahren unweigerlich kommen wird.“ Sie schließen mit einem Zitat zur Analyse der wirtschaftlichen Perspektiven: „Ohne eine radikale Reorganisation und Transformation von allem, was heute in Russland passiert, ist eine wirtschaftliche Erholung unmöglich. Die Frage ist, wie und auf welchen Gleisen das alles passieren wird.“ 

Ähnlich heißt es bei der Alternativen Linken (AltLeft) Anfang April, dass angesichts der Verschlechterung der ökonomischen und sozialen Situation die Organisierung der „gewaltigen Armee der Arbeitslosen“ hohe Priorität haben sollte. Man müsse ihnen helfen, sich als soziale Kraft zu begreifen. Gleichzeitig müssten Verbindungen mit Arbeitskollektiven geschaffen werden und solche spontanen ökonomischen Bewegungen mit der politischen vereint werden. Offen bleibt, was das eigentlich bedeutet. Es stünden politische Erdbeben bevor, auf die man vorbereitet sein müsse. Allerdings verbindet AltLeft diese Feststellung mit einer Kritik an der „liberalen“ Opposition, die die Proteste in der Art von Startups betreibe. Insbesondere wird die Orientierung auf permanenten, täglichen, kleinformatigen Protest in Frage gestellt. Das erschöpfe die Aktivist*innen und gehe an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei. Die Symbolik, wie sie z.B. der Feministische Widerstand in Anlehnung an christliche Motive benutzt, oder auch die weiß-blau-weiße Flagge als Kreation von Künstler*innen scheint ihnen zu weit weg von den Menschen.

Damit sind zwei wunde Punkte dieser eher linksradikalen Strömungen angesprochen. Das ist erstens, die schwache Verbindung zu Arbeiter*innen und Gewerkschaften, die jedoch auch an der Situation der Gewerkschaften liegt: Die aus der sowjetischen Zeit hervorgegangene „Föderation der Unabhängigen Gewerkschaften Russlands“ (FNPR) ist zwar die größte Gewerkschaft, aber systemkonform. Die größte für die nichtsystemischen Linken ansprechbare Gewerkschaft ist die Konföderation der Arbeit (KTR), die sich auch gegen den Krieg positioniert hat. Mit etwas mehr als 2 Millionen Mitgliedern hat sie jedoch im Vergleich zu den offiziellen Gewerkschaften mit ihren knapp 28 Millionen zwar keine landesweite, dafür aber regionale Mobilisierungskraft. Die zweite Schwachstelle der nicht-systemischen Linken liegt in ihrem erheblichen Dogmatismus, der sowohl ein gemeinsames Handeln innerhalb dieser Strömung, aber erst recht die Zusammenarbeit mit bürgerlichen Oppositionellen erschwert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den von AltLeft kritisierten Aktivist*innen ebenfalls um ein junges intellektuelles Milieu handelt.

Die Linke muss sich – und das ist in diesem Zusammenhang ein drittes Problem – mit dem großrussischen Nationalismus, wie er durch die in der Duma vertretenen Parteien propagiert wird, überzeugend auseinandersetzen. Auf diesen Sachverhalt machte Mitte März Vladimir Kinzhalov vom Projekt Levoradikal (Linksradikal) in einer Analyse aufmerksam. Der Nationalismus sei das „Opium des Volkes“ angesichts der sozialen Situation in Russland. Die soziale Unzufriedenheit werde von der russländischen Führung durch den Chauvinismus in für diese günstigen Bahnen gelenkt. Der Autor sieht hier eine Aufgabe, aber auch eine Chance für die russländische Linke, ähnlich wie die Bolschewiki, „den chauvinistischen Knüppel, der zur Zeit in den Händen der russländischen Bürokratie und Bourgeoisie ist, in das Schwert des kommenden revolutionären Klassenkrieges zu verwandeln.“ Nur wie?

Das schwierige Miteinander

In Russland bewegt die Frage, wie man zu einem gemeinsamen oder wenigstens abgestimmten Handeln unter den Bedingungen des Krieges kommen könnte. Bereits am 26. Februar wurde über einen Runden Tisch von Mitgliedern der KPRF, der Linksfront, der Revolutionären Arbeiterpartei, der Russländischen Sozialistischen Bewegung (RSB) und der Linkssozialistischen Aktion berichtet. In einer Resolution verurteilten sie das Eindringen der russischen Truppen in die Ukraine und fordern den sofortigen Abbruch der Aggression. Die RSB betont in einem weiteren Aufruf vom 11. März, dass eine neue politische Kultur und eine neue politische Kraft gebraucht werde, die die Interessen der Mehrheit zum Ausdruck bringt. Es sei Zeit, das Monopol von Einiges Russland und ihrer Filialen (wozu offensichtlich KPRF und SR gezählt werden) zu brechen. Das schließe die Zusammenarbeit mit „gesunden Teilen“ der alten systemischen Parteien nicht aus. Wer da allerdings dazu gehöre, würde sich jetzt, in den Zeiten der Reaktion, zeigen. 

Der Feministische Widerstand gegen den Krieg hatte am 1. April 2022 gemeinsam mit Akteur*innen aus dem Navalny-Umfeld einen Forderungskatalog verabschiedet, der gemeinsames Handeln ermöglichen soll. 


Gefordert wurde: 
1. Der sofortige Abbruch der Kriegshandlungen und der Rückzug der russländischen Streitkräfte in ihre Stationierungsorte;
2. Die Veröffentlichung der tatsächlichen Verluste unter russländischen Soldaten und Sicherheitskräften;
3. Der Austausch von Kriegsgefangenen und Gefallenen nach dem Prinzip „alle für alle“, Rückkehr aller Entführten und gewaltsam Verschleppten;
4. Abschaffung des verfassungswidrigen Gesetzes über „Fake-Nachrichten“;
5. Einstellung aller gerichtlichen und administrativen Verfahren wegen der Teilnahme an Antikriegsprotesten. 


Ob diese verschiedenen Initiativen zu einem gemeinsamen Vorgehen geführt haben oder führen werden, ist ungewiss. Sich wiederholende Appelle an Gemeinsamkeit lassen vermuten, dass eine wirkliche Vereinigung der Kräfte noch aussteht. 

Jedoch wird weder eine dieser Gruppen allein, noch die nichtsystemische Linke insgesamt erfolgreich sein können. Sie brauchen Partner*innen aus den anderen Lagern. Auf dem Russländischen Sozialforum in St. Petersburg 2019 forderte angesichts der wachsenden Repression ausgerechnet ein Vertreter der liberal-bürgerlichen Partija Rosta (Partei des Wachstums) in Anspielung auf den Filmzyklus „Herr der Ringe“ eine „Bruderschaft des Rings“ zwischen den sehr verschiedenen oppositionellen Strömungen zu schaffen. Das nun für den 1. bis 4. Mai 2022 geplante IV. Russländische Sozialforum wird sich auf die eine oder andere Art und Weise – und unter weitaus komplizierteren Bedingungen – dieser Bündnisfrage stellen müssen. Organisiert wird es wieder von Alexandr Buzgalin und seinem Umfeld. Es ist zu hoffen, dass es gelingt, die Gemeinsamkeiten zu finden, die heute nötiger sind denn je.