[1] Die Unternehmensformen im Bereich der 24-h-Betreuung sind unterschiedlich. Es gibt a) auf 24h-Betreuung spezialisierte Schweizer Personalverleih-Unternehmen; b) private Spitex-Organisationen, die neben ambulanter Betreuung auch 24h-Betreuung als zweites Standbein betreiben; c) hauptsächlich über das Internet arbeitende Vermittlungsagenturen, die mit Entsendung aus osteuropäischen Ländern operieren, was in der Schweiz für den Haushaltssektor nicht erlaubt ist. Der Markt für 24h-Betreuung ist in den letzten fünf Jahren in der Schweiz expandiert und hat sich stark ausdifferenziert. Vgl. dazu Schilliger, Sarah: Pflegen ohne Grenzen? Polnische Pendelmigrantinnen in der 24h-Betreuung. Eine Ethnographie des Privathaushalts als globalisiertem Arbeitsplatz, Dissertation, Basel 2014, S. 137–200.
[2] Interessant ist, wie sich der Begriff der Care-Arbeit im Selbstverständnis der Aktivistinnen des Respekt-Netzwerkes durch die politische Organisierung immer mehr etabliert. Dies insbesondere, nachdem einige Respekt-Aktivistinnen im März 2014 an der Care-Revolution Konferenz in Berlin teilgenommen hatten und dort mit den politischen Debatten um Care vertraut wurden.
[3] Live-ins werden Hausarbeiterinnen genannt, die im Haushalt der arbeitgebenden Familie leben – im Gegensatz zu live-outs, die eine eigene Wohngelegenheit außerhalb des Haushalts haben.
[4] Vgl. Schwenken, Helen: Transnationale und lokale Organisierungsprozesse für eine ILO-Konvention «Decent Work for Domestic Workers», in: Apitzsch, Ursula/Schmidbaur, Marianne (Hrsg.): Care und Migration. Die Ent-Sorgung menschlicher Reproduktionsarbeit entlang von Geschlechter- und Armutsgrenzen, Opladen/Farmington Hills 2010, S. 200.
[5] Der VPOD sieht die 24-h-Betreuung insofern als wichtiges gewerkschaftliches Interventionsfeld, als dort private Akteure auf dem Pflegemarkt neue, prekäre Standards etablieren. Durch Organisierung in diesem Bereich wollen sie der Ausweitung eines prekären Arbeitsmarktes innerhalb der Pflege und Betreuung entgegenwirken. Auch die UNIA hat in den letzten Jahren verschiedene Organizing-Kampagnen im Pflegesektor initiiert, der zunehmend nach privatwirtschaftlichen Prinzipien strukturiert ist. Sie hat mit lokalen Organisierungsinitiativen im Tessin und jüngst im Kanton Zürich dafür gesorgt, dass neben Basel auch in anderen Regionen 24h-Betreuerinnen gewerkschaftlich unterstützt werden. Die UNIA hat zudem mit den Arbeitgebern einen Normalarbeitsvertrag ausgehandelt, der seit 2011 schweizweit gesetzliche Mindestlöhne im Privathaushalt festschreibt. Auch wenn die beiden Gewerkschaften um Mitglieder und öffentliche Aufmerksamkeit konkurrieren, arbeiten sie oft zusammen. Schon seit 2007 gibt es im Rahmen der Denknetz-Fachgruppe Prekarität in Privathaushalten einen regelmäßigen Austausch zwischen den UNIA-, VPOD-, NGO-VertreterInnen und kritischen WissenschaftlerInnen. Durch verschiedene Tagungen, die diese Gruppe in den letzten Jahren organisiert hat, konnte eine kritische Öffentlichkeit geschaffen werden. Auch die Verabschiedung der ILO-Konvention 189 für die Rechte von Hausarbeiterinnen hat politischen Druck zur Verbesserung von deren Arbeits- und Lebenssituation aufgebaut.
[6] Die Zitate stammen aus Interviews im Rahmen meiner Forschung. Bozena Domanska tritt öffentlich mit ihrem Namen auf, weshalb diese Zitate nicht anonymisiert sind. An dieser Stelle danke ich ihr herzlich dafür, mir unzählige Einblicke in ihre Arbeit als Betreuerin gewährt zu haben.
[7] Spitex ist in der Schweiz die Bezeichnung für ambulante Pflege und Betreuung (SPITal-EXtern).
[8] Im Rahmen meiner Dissertation (Schilliger: Pflegen ohne Grenzen?) unternahm ich eine ethnografische Forschung zur Pendelmigration polnischer Care-Arbeiterinnen. Die Untersuchung war zu Beginn nicht als aktivistische Forschung angelegt, entwickelte sich jedoch durch den intensiven Austausch mit den Care-Arbeiterinnen und durch meine eigene Involvierung bei der Gründung des Respekt-Netzwerkes zu einer partizipativen Aktionsforschung.
[9] «Hilfe aus dem Osten. Pflegemigrantinnen in der Schweiz», Film von Béla Batthyany, unter www.srf.ch/sendungen/dok/hilfe-aus-dem-osten-pflegemigrantinnen-in-der-schweiz-2.
[10] Vgl. Schilliger: Pflegen ohne Grenzen?, S. 152 f.
[11] Dies knüpft an die in der zweiten Frauenbewegung geübte Kritik der Gratisarbeit von Hausfrauen an, die häufig als Liebesdienst gesehen wird. Vgl. Bock, Gisela/Duden, Barbara: Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit. Zur Entstehung der Hausarbeit im Kapitalismus, in: Gruppe Berliner Dozentinnen (Hrsg.): Frauen und Wissenschaft. Beiträge zur Berliner Sommeruniversität für Frauen, Berlin 1977, S. 118–199.
[12] Vgl. Schilliger, Sarah: Globalisierte Care-Arrangements in Schweizer Privathaushalten, in: Nadai, Eva/Nollert, Michael (Hrsg.): Geschlechterverhältnisse im Post-Wohlfahrtsstaat, Weinheim/Basel 2015, S. 161 f.
[13] Da das Arbeitsgesetz auf private Haushaltungen keine Anwendung findet und von den kantonalen Normalarbeitsverträgen durch schriftliche Vereinbarung abgewichen werden kann, gibt es für Arbeitsverhältnisse in der 24-h-Betreuung hinsichtlich der Arbeits- und Ruhezeiten bisher keine rechtlich verbindlichen Vorgaben.
[14] Vgl. Beispiele aus den USA in: Benz, Martina: Zwischen Migration und Arbeit. Worker Centers und die Organisierung prekär und informell Beschäftigter in den USA, Münster 2014.
[15] Folbre, Nancy: The Invisible Heart: Economics and Family Values, New York 2001.
[16] Schweizer Eidgenossenschaft/Department für Wirtschaft, Bildung und Forschung: Rechtliche Rahmenbedingungen für Pendelmigration zur Alterspflege, 16.3.2012, unter: www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/39176.pdf.
[17] Vgl. Aust u. a.in diesem Heft