Die Linke hat bei der Bundestagswahl einen überraschenden Erfolg erzielt. Mit einer ebenso direkten wie offensiven Sprache (»Milliardäre abschaffen«, »Tax the rich«), der Forderung nach einem Mietendeckel sowie der Senkung der Lebensmittelpreise setzte sie eine klare Botschaft: Die Linke tritt für die unmittelbaren Lebensinteressen der Vielen ein und ist bereit, sich mit den Reichen und Mächtigen anzulegen. Sie vertrat gesellschaftspolitisch eine klare Haltung, indem sie sich gegen den allgemeinen Trend stellte, gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. Sie zeigte klar Kante gegen rechts, vertrat als einzige Partei im Parlament eine humane Flüchtlingspolitik und weigerte sich, in die Kampagne gegen Bürgergeldbeziehende einzustimmen. Die Linke hatte damit ein attraktives Alleinstellungsmerkmal – während die SPD angesichts der Angriffe der Union eilfertig versicherte, sie tue doch schon so viel gegen die »irreguläre Migration«, und die Grünen sich schon im Wahlkampf als Juniorpartner für Friedrich Merz (CDU) andienten.
Spaltungslinien der Linken
Ursächlich für diesen »furchtsamen« Wahlkampf der Parteien der »demokratischen Mitte« sei – so Bernd Ulrich (2025) – der Versuch gewesen, alle »Triggerpunkte« zu vermeiden, die ihre Wähler*innen polarisieren und zu Stimmenverlusten führen könnten. Gänzlich anders Die Linke: Sie habe fröhlich auf den Triggerpunkten »gesteppt« und sei damit erfolgreich gewesen. Das ist ein erstaunlicher Befund, hatte es doch in der Linken im Vorfeld der Wahlen eine umfangreiche Diskussion über die Spaltungslinien und Triggerpunkte im linken Wähler*innenpotenzial gegeben und darüber, wie man Positionen »enttriggern« und Zielkonflikte vermeiden kann (bspw. Braband 2024).
