Elektroauto ist nicht gleich Elektroauto
Was ist ein Elektroauto? Ein Auto mit neuartig elektrifizierter Antriebstechnologie. Die am wenigsten radikalen Varianten setzen auf die Rückgewinnung der Bremsenergie zur Unterstützung eines Verbrennungsmotors (Mild-Hybrid – etwa der Honda Insight). Diese Technik spart Kraftstoff, zieht aber vergleichsweise hohe Investitionskosten für einen relativ geringen Verbrauchseffekt nach sich. Der Voll-Hybrid (etwa Toyota Prius) ermöglicht das Fahren nur mit Strom für kurze Strecken, die Hauptlast im Fahrbetrieb trägt ein Verbrennungsmotor. Der Verbrauch bewegten sich nicht unter dem moderner Dieselfahrzeuge, zudem sind die Investitionskosten gleichfalls hoch. Den Sprung zum elektrischen Fahren erreichen Fahrzeuge mit so genanntem Reichweitenverlängerer (Range Extender), wie etwa der Opel Ampera. Hier übernimmt ein Elektromotor den Fahrantrieb. Ist die Batterie leer, springt ein Verbrennungsmotor an und lädt die Batterie teilweise wieder auf. Auf den ersten Kilometern ist so ein sehr niedriger Verbrauch möglich, danach steigt der Verbrauch auf ähnliche Werte wie im Verbrennungsfahrzeug. Die radikalste Variante stellt das vollständig batteriebetriebene Fahrzeug dar, das bisher nur in Kleinserien produziert wird. Die Zukunftsvision der »Elekromobilität« im Individualverkehr bezieht sich zumeist auf diese Variante, obwohl sie weit von einer Markteinführung entfernt ist und einen umfassenden Umbruch in Infrastruktur und Energieproduktion bedeuten würde. Noch schwieriger dürfte nur die flächendeckende Infrastruktur für Wasserstofffahrzeuge werden, von denen diejenigen mit Brennstoff- zellenantrieb ebenfalls als Elektrofahrzeug bezeichnet werden können.
Das Batteriebetriebene Elektroauto - teures Nischenprodukt
Die Achillesferse des batteriebetriebenen Fahrzeuges ist der Energiespeicher. Fossiler Kraftstoff speichert im selben Volumen 70-mal mehr Energie als eine moderne LithiumIonen-Batterie. Wird der deutlich bessere Wirkungsgrad eines Elektromotors einberechnet, besteht immer noch eine Proportion von eins zu 20. Die Reichweiten derzeitig entwickelter Batteriefahrzeuge für den Massenmarkt liegen unter optimalen Bedingungen zwischen 100 und 200 Kilometern. Diese können sich bei Kälte, Abnutzung der Akkumulatoren, höheren Geschwindigkeiten oder Benutzung weiterer Verbraucher wie Licht, Heizung oder Klimaanlage deutlich verringern. Dieser Reichweite stehen lange Ladezeiten von einer halben bis acht oder mehr Stunden je nach Ladetechnologie und angestrebtem Ladestand gegenüber. Damit bleibt das Batteriefahrzeug auf den Kurzstreckenverkehr beschränkt und steht nur für begrenzte Anwendungen, etwa das Pendeln zum Arbeitsplatz oder gewerbliche Fahrten von Liefer- und Servicediensten, zur Verfügung.
Derzeit verteuert der Stromspeicher einen Kleinwagen auf etwa das Doppelte (etwa 8 000 bis 20 000 Euro). Wollte man auch andere Fahrzeugsegmente auf Batteriebetrieb umstellen, würden mit der Größe der Batterie auch die entsprechenden Aufpreise steigen. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, hängt aber entscheidend von der preislichen Konkurrenzfähigkeit der Fahrzeuge ab. Sollten die Differenzbeträge zum herkömmlichen Verbrennungsmotor komplett von der öffentlichen Hand subventioniert werden, würde dies je nach Szenario etwa 880 Millionen bis maximal 2,7 Milliarden Euro kosten.3 Damit könnten lediglich fünf Prozent des derzeitigen Fahrzeugbestandes von 40 Millionen Pkw ersetzt werden.
Wenn überhaupt wird sich das Batteriefahrzeug auf absehbare Zeit nur als Zweitund Stadtwagen für Besserverdienende am Markt bewähren. Als Nischenprodukt erfüllt es in keinem Fall die umfassenden Verheißungen einer klimafreundlichen Individualmobilität und fällt auch als Stromspeicher in intelligenten Stromnetzen vorerst aus.
1 Vgl. VDI-Technologiezentrum (Hg.): Mehr Wissen – weniger Ressourcen. Potenziale für eine ressourceneffiziente Wirtschaft. Düsseldorf 2009, 51ff. www.vdi.de/uploads/ media/2009-05-Studie_Ressourceneffizienz_01.pdf
2 Vgl. Rother, Franz: Mogelpackung beim Elektroauto. Online unter www.wiwo.de/technik/mogelpackung-beimelektroauto-379180/
3 Kortlüke, Norbert/Pieprzyk, Björn: Klimafreundliche Elektromobilität: Finanzielle Hürden zur Markteinführung bis 2020. Bielefeld 2010. www.unendlich-viel-energie. de/uploads/media/Energieimpuls_OWL_Klimafreundliche_Elektromobilitaet_Endbericht_mai10.pdf
4 Vgl. aktuelle Energiestatistik des BMWi unter www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/Binaer/Energiedaten/ energietraeger11-einsatz-energietraegern-zur-stromerzeugun g,property=blob,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.xls
5 Vgl. Friedrich, Axel/Petersen, Rudolf: Der Beitrag des Elektroautos zum Klimaschutz. Wunsch und Realität. Studie im Auftrag der Delegation DIE LINKE im Europäischen Parlament. www.dielinke-europa.eu/fileadmin/PDF/MEP_Materialien/ Gutachten.pdf, www.greenpeace.de/themen/verkehr/nachrichten/artikel/elektroautos_ganz_und_gar_nicht_co2_frei/. Diese Rechnungen sind allerdings umstritten.
6 Vgl. Eckpunkte für ein Integriertes Energie- und Klimapaket. Online unter www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/ application/pdf/klimapaket_aug2007.pdf
7 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hg.): Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität. 2009. www.bmvbs.de/Anlage/original_1091814/NationalerEntwicklungsplan-Elektromobilitaet.pdf
8 Vgl. www.bundesregierung.de/Content/DE/ Artikel/2010/05/2010-05-03-elektromobilitaet-erklaerung. html (Zugriff am 15.6.2010)
9 Umweltbundesamt (Hg.): CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland. Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale. Dessau 2010. www.umweltdaten.de/ publikationen/fpdf-l/3773.pdf
10 Vgl. etwa Greenpeace (Hg.): Das Smile-Prinzip. o.O. 2007 www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/sonstige_themen/greenpeace_smile_broschuere.pdf
11 Eine Studie im Auftrag von 13 Bundesländern sowie dem Deutschen Städtetag und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sieht einen Investitionsstau von 2,4 Milliarden Euro sowie eine Finanzierungslücke für turnusmäßige Reinvestitionen von 330 Millionen Euro im Jahr. Die Kosten für den laufenden Betrieb würden um einen Betrag von 580 Mio. Euro bis 2025 steigen, der derzeit nicht gegenfinanziert sei. Vgl. VDV u.a. (Hg.): Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis 2025. Köln 2009. Online unter www.staedtetag.de/imperia/ md/content/pressedien/2009/9.pdf