Die ›Entdeckung‹ des Problems der Jugendarbeitslosigkeit durch die SpitzenpolitikerInnen der EU ist freilich nicht ganz neu. Bereits im Jahr 2005 vereinbarte der Rat der Europäischen Gemeinschaft, dass erwerbslosen Jugendlichen ein »Neuanfang« binnen sechs Monaten nach Eintritt der Erwerbslosigkeit ermöglicht werden soll. Am 6. Juli 2010 forderte das Europäische Parlament die Kommission und den Rat auf, durch eine »Europäische Jugendgarantie« sicherzustellen, dass junge Menschen nach einer Arbeitslosigkeit von maximal vier Monaten einen Arbeitsplatz, eine Lehrstelle, eine Zusatzausbildung oder eine Kombination aus Arbeit und Ausbildung angeboten bekommen. Die Europäische Kommission machte sich dies in ihrer Mitteilung »Jugend in Bewegung« am 15. September 2010 zu eigen und forderte die Mitgliedstaaten auf, entsprechend tätig zu werden. Passiert ist daraufhin jedoch zunächst wenig. Am 5. Dezember 2012 legte die EU-Kommission dann einen Vorschlag zur Einführung einer »Jugendgarantie« vor. Der Rat der EU verabschiedete eine entsprechende Empfehlung am 22. April 2013. Empfehlungen haben für die Mitgliedstaaten nicht die gleiche Verbindlichkeit wie Richtlinien, Verordnungen oder Entscheidungen des Rates. Dass inzwischen jedoch nationale Implementierungspläne für die »Jugendgarantie« vorliegen, dürfte damit zusammenhängen, dass das Problem der Jugendarbeitslosigkeit sich in den letzten Jahren erheblich zugespitzt und dass die EU für die Einführung der »Jugendgarantie« auch finanzielle Mittel mobilisiert hat. Zum einen sind Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) für den Zeitraum 2014 bis 2020 in Höhe von 10 Milliarden Euro jährlich vorgesehen. Zum anderen sollen durch eine »Beschäftigungsinitiative für junge Menschen« weitere EU-Gelder in Regionen fließen, in denen die Jugendarbeitslosigkeit über 25 Prozent liegt. Auf die »Beschäftigungsinitiative für junge Menschen« soll im Zeitraum 2014 bis 2015 ein Budget von 6 Milliarden Euro entfallen, wobei für 3 Milliarden Euro ein neuer Haushaltstitel der EU eingerichtet wird und die betroffenen Mitgliedstaaten mindestens noch einmal 3 Milliarden Euro durch eine entsprechende Widmung der ihnen zugewiesenen Mittel des ESF aufbringen müssen. Soweit es sich hier nicht um zusätzliche öffentliche Ausgaben handelt, sondern nur um eine spezifische Neuaufteilung des EU-Budgets, entstehen also keine neuen Multiplikatoreneffekte.

Ein Tropfen auf den heißen Stein

Die Gelder der »Beschäftigungsinitiative für junge Menschen« werden übrigens interessanterweise nicht proportional zur Zahl der erwerbslosen Jugendlichen in den Ländern, die an dem Programm teilhaben, verteilt, sondern nach politischen Gesichtspunkten. Von den 3 Milliarden Euro des neuen Haushaltstitels der EU entfällt der höchste Betrag mit 881 Millionen Euro auf Spanien, gefolgt von Italien (530 Mio. Euro) und Frankreich (290 Mio. Euro). Großbritannien erhält weniger Geld, obwohl dort mehr Menschen der Kategorie »Not in Employment, Education or Training« (NEET) leben als in Spanien.1 Auch der jeweilige Anteil der NEETs an der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen erklärt nicht die Verteilung der EU-Mittel. Denn Bulgarien, das Land mit der höchsten NEET-Rate in der EU, erhält 294 Euro pro NEET, während Italien, das Land mit der zweithöchsten NEET-Rate, 416 Euro pro NEET erhält, gefolgt von Griechenland mit 734 Euro, Irland mit 616 Euro und Spanien mit  1 038 Euro pro NEET. Dass die absolut höchsten Beträge auf Spanien, Italien und Frankreich entfallen, dürfte damit zu erklären sein, dass diese Länder für den europäischen Binnenmarkt bedeutender sind als kleinere Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal und dass Ende 2012/Anfang 2013 die wirtschaftliche und politische Situation in Italien, Frankreich und Spanien besonders instabil erschien, wenn man von den Ländern absieht, die sowieso schon den Programmen der Troika unterlagen. Kurzum: Der weitere Verlauf der Krise der EU schien sich zu jener Zeit in diesen Ländern zu entscheiden. Die EU-Jugendgarantie entspricht dem neoliberalen Konzept der ›Flexibilisierung‹ des Arbeitsmarktes und der ›aktivierenden‹ Arbeitsmarktpolitik, die auch für die Agenda 2010 in Deutschland bestimmend waren. Ferner muss die EU-Jugendgarantie als eine Maßnahme im Rahmen der Lissabon-Strategie und des auf ihr aufbauenden Programms »Europa 2020« verstanden werden. Im Rahmen der Lissabon-Strategie wurden unter anderem auch politische Ziele für den Arbeitsmarkt formuliert, die sich speziell auf Jugendliche und junge Erwachsene bezogen. So sollte deren europaweite Mobilität gefördert werden, die Quote der SchulabbrecherInnen auf zehn Prozent gesenkt werden und die Zahl der 18- bis 24-Jährigen, die lediglich über einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügen und keine weiterführende Berufsausbildung durchlaufen haben, bis 2010 halbiert werden. Unter den sieben ›Flaggschiffinitiativen‹ für »Europa 2020« findet sich die Initiative »Jugend in Bewegung«, die Vorgaben zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme enthält und den Eintritt von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt erleichtern soll, sowie die »Agenda für Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten«, mit der die Arbeitsmärkte »modernisiert«, der lebenslange Erwerb von Qualifikationen gefördert sowie »Arbeitsangebot« und »Arbeitsnachfrage« besser aufeinander abgestimmt werden sollen, unter anderem durch die Förderung der Mobilität der Arbeitskräfte.

»Passive« Jugendliche als Zielscheibe

Entsprechend den Konzepten der ›aktivierenden‹ Arbeitsmarktpolitik zielt die Jugendgarantie auf Jugendliche und junge Erwachsene, die als passiv beschrieben werden (die sogenannten NEETs, s.o.). Obwohl die EU-Kommission mit Verweis auf Eurostat-Daten selbst darauf aufmerksam macht, dass strukturelle Faktoren wie ein Migrationshintergrund, die Herkunft aus einem einkommensschwachen Haushalt, eine Behinderung oder das Leben in einem abgelegenen Gebiet die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass jemand der Gruppe der NEETs angehört (vgl. Europäische Kommission 2012, 4), verfolgt sie einen Lösungsansatz, der die Ursachen der ›Passivität‹ beim Individuum sucht. Es geht vor allem darum, employability, die ›Beschäftigungsfähigkeit‹ zu verbessern. Die Frage, ob die zunehmend besser ausgebildeten Jugendlichen auch auf ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot treffen oder ob sie trotz besserer Ausbildung nicht letztlich um eine gleichbleibende oder gar relativ schrumpfende Zahl von Arbeitsplätzen konkurrieren, wird gar nicht gestellt. Schauen wir uns die Zahlen an: Der Anteil der Graduierten in der EU-28 stieg in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen von 34,5 Prozent im Jahr 2007 auf 45,6 Prozent im Jahr 2012. Im selben Zeitraum stieg die Arbeitslosenquote der AkademikerInnen in dieser Altersgruppe von 11,5 Prozent auf 18,1 Prozent. Es gibt also in der EU immer mehr HochschulabsolventInnen, zugleich steigt die Zahl der erwerbslosen AkademikerInnen. Der ständige Wechsel zwischen Erwerbstätigkeit und Aus- und Weiterbildung wird zum Leitbild erhoben – im Einklang mit der Vorstellung des »lebenslangen Lernens«. De facto wird das Bildungssystem verstärkt als Zwischenlager für Erwerbslose genutzt, verändert sich aber auch qualitativ dadurch, dass es stärker der Arbeitsmarktpolitik untergeordnet wird. Bildung als Mittel der Emanzipation und der allseitigen Entwicklung des Individuums tritt weiter in den Hintergrund, während die »berufliche Kompetenzförderung« und der nahtlose Übergang von der Ausbildung zur Arbeit in den Vordergrund rücken. Das Scheitern des Letzteren wird als mangelnde Übereinstimmung des Bildungswesens mit den Qualifikationsanforderungen der Unternehmen interpretiert; daraus wird der Bedarf abgeleitet, das Bildungswesen weiter im Sinne ›der Wirtschaft‹ zu reformieren. In diesem Sinne ist eines der zentralen Vorhaben der EU im Rahmen der Beschäftigungspolitik für Jugendliche, einen »Qualitätsrahmen für Praktika« zu schaffen und eine »Europäische Ausbildungsallianz« zur Förderung dualer Ausbildungssysteme nach deutschem Vorbild voranzutreiben.

Ein Gespenst geht um: der »Unternehmergeist«

Eines der Ziele der Jugendgarantie ist es, den »Unternehmergeist« junger Leute zu fördern: »Erfolgreiche Unternehmer sind als Rollenmodelle wichtig für die Förderung des Unternehmergeistes bei jungen Menschen«, so die Europäische Kommission (ebd., 26f). Die »Unterstützung bei kontinuierlicher Beratung junger Menschen zu Unternehmensgründung und Selbständigkeit« sowie die »Bereitstellung von mehr Gründungshilfen« werden als Mittel zur Umsetzung der Jugendgarantie gesehen. Durch die Einführung von »Unternehmensgründungsunterricht« soll bereits in der Schule der Unternehmergeist geweckt werden. Das Rezept ist einfach: Wenn partout kein Job gefunden werden kann, dann machen sich eben alle selbständig, bis die offizielle Statistik stimmt. Dafür gibt es auch materielle Anreize. Der Plan der spanischen Regierung zur Umsetzung der Jugendgarantie sieht zum Beispiel vor, für die ersten Monate der Selbständigkeit eine »Flatrate« bei Steuern und Abgaben einzuführen und den Bezug von Arbeitslosenhilfe zu ermöglichen, die zugleich als »Kapital« genutzt werden soll. Die Konkurrenzfähigkeit solcher Existenzen ist zutiefst fragwürdig und nicht von Sanktionsmechanismen losgelöst, für die sich »Hartz IV« und alle früheren Workfare-Programme als Vorbild erweisen. Das Risiko des Einkommensverlustes bei Erwerbslosigkeit wird dabei komplett auf das Individuum abgewälzt. Alle Maßnahmen, die die EU-Kommission für die Umsetzung der Jugendgarantie vorgeschlagen hat, beruhen auf den »Grundsätzen der gegenseitigen Verpflichtung«, die die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen vorschreiben und Sanktionen bei mangelnder Kooperationsbereitschaft von Betroffenen beinhalten können. Die Kommission warnt, die Jugendgarantie könne ein »moralisches Risiko« beinhalten, wenn junge Menschen sich darauf verließen, dass Angebote an sie herangetragen werden. Diese Gefahr dürfte allerdings gering sein, denn fraglich ist eher, ob es überhaupt genügend ›Angebote‹ gibt beziehungsweise ob solche mit den von der EU zur Verfügung gestellten Mitteln geschaffen werden können.

Umverteilung zugunsten des Kapitals

Dass der Marktmechanismus als solcher kein ausreichendes Angebot an Arbeitsplätzen bereitstellt, erkennt implizit auch die Kommission an, wenn sie vorschlägt, »Einstellungsanreize« zu schaffen, um die Jugendgarantie umzusetzen. Als Ursache der mangelnden Bereitschaft der Unternehmen, junge Erwachsene einzustellen, gelten unter anderem – der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie entsprechend – zu hohe Löhne und ›Lohnnebenkosten‹. So fordert die Kommission unter anderem einen »budgetneutralen Abbau der Steuerbelastung der Arbeit«, das heißt, die Lohn- und Einkommensteuer sollen gesenkt und die indirekten Steuern und Abgaben erhöht werden. Die Forderung nach einer »Budgetneutralität« ergibt sich aus der Austeritätspolitik, die die Kommission gleichzeitig verfolgt. Eine solche Umschichtung von direkten zu indirekten Steuern würde es der Kommission zufolge erlauben, die Bruttolöhne zu senken, sodass Unternehmen entlastet werden und ihre Arbeitsnachfrage sich erhöht. Unter den Tisch wird dabei gekehrt, dass ein solcher Umbau des Steuersystems verteilungspolitisch regressiv ist und gerade die Kaufkraft der unteren Einkommensgruppen, der Erwerbslosen, der RentnerInnen und Studierenden schmälert, was zur Folge hat, dass die von ihnen ausgehende effektive Nachfrage sinkt, sodass weitere Arbeitsplätze abgebaut werden. Zuschüsse für die Einstellung schwer vermittelbarer Jugendlicher sind ein weiteres Mittel zur Umsetzung der Jugendgarantie, welches den Unternehmen zugute kommt. Um Anstellungen zu fördern, können zum Beispiel in Spanien die Beiträge zur Sozialversicherung gesenkt werden oder komplett entfallen. Eines der Programme bezieht sich auf eine Kombination von Teilzeitbeschäftigung und Weiterbildung, wobei der Beitrag zur Sozialversicherung für bis zu zwölf Monate gemindert werden kann. Das sogenannte First-Job-Programm sieht vor, dass für Personen, die keine Aussicht auf eine unbefristete Anstellung haben, temporäre Beschäftigungsverhältnisse erleichtert werden. Die gesamten Kosten der Unternehmen für sogenannte Traineeships können für eine Dauer von sechs Monaten bis zu drei Jahren vom Staat übernommen werden. Unternehmen, die befristete Beschäftigungsverhältnisse in unbefristete umwandeln, erhalten für drei Jahre Subventionen zu den Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 500 Euro jährlich für männliche Beschäftigte und 700 Euro jährlich für weibliche Beschäftigte (Ministerio de empleo y seguridad social 2013). Fraglich ist dabei, ob derartige Lohnsubventionen insgesamt zu einer Erhöhung des Arbeitsplatzangebots führen oder nur die Mitnahmeeffekte gestärkt werden.

Wanderer, das Kapital ruft!

Last but not least soll auch die Förderung der »Arbeitskräftemobilität« in der EU zur Umsetzung der Jugendgarantie beitragen. Wer also auf dem nationalen Arbeitsmarkt keinen Job findet, soll zur Emigration angeregt werden. Dazu sollen die Informationssysteme über Jobangebote grenzüberschreitend ausgebaut werden – als läge es nur an mangelnden Informationen, wenn Menschen trotz mangelnder Perspektiven ihr Heimatland nicht verlassen wollen. Vorgesehen sind ferner der Ausbau von Kontaktstellen, »Sensibilisierungskampagnen« und die Förderung von Freiwilligenorganisationen, die Mentoringprogramme anbieten. Die dazu zur Verfügung stehenden Mittel sind allerdings sehr beschränkt. Die Zahl der bei dem EURES-Portal gemeldeten jungen Menschen, die in der gesamten EU nach Arbeit suchen, ist seit 2010 stark angestiegen, wobei die höchsten Zuwächse in Griechenland (394 Prozent), Spanien (295 Prozent) und Italien (196 Prozent) zu verzeichnen waren. Im Rahmen des MobilPro-EU-Programms haben zum Beispiel das spanische Arbeitsministerium und das deutsche Ministerium für Arbeit und Soziales 2013 das Job-of-My-Life-Programm vereinbart, mit dem 5 000 spanische Jugendliche innerhalb von vier Jahren eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz in Deutschland erhalten sollten. Bereits im April 2014 musste das Programm wegen einer zu hohen Anzahl an Bewerbungen zeitweise ausgesetzt werden (vgl. Berlingieri et al. 2014, 80f). Im europäischen Durchschnitt sind die Mobilitätsintentionen laut Eurobarometer seit 2011 allerdings gesunken. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass MigrantInnen sich in den Zielländern häufiger als Einheimische in befristeten Arbeitsverhältnissen oder Teilzeitjobs wiederfinden und für die Arbeit, die sie ausüben, oft überqualifiziert sind (Europäische Kommission 2014).

Ein Teufelskreis wird geschaffen

Die Jugendgarantie der EU ist der untaugliche Versuch, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit isoliert von den es konstituierenden ökonomischen Verhältnissen zu behandeln. Quantitativ ist das Programm unzulänglich, weil die verfügbaren finanziellen Mittel, gemessen an der Zahl der betroffenen Personen, viel zu gering sind. Es ist aber auch qualitativ untauglich, weil es die Ursachen der hohen Jugendarbeitslosigkeit verkennt. Zunächst muss festgehalten werden, dass eine mehr oder minder hohe Erwerbslosigkeit eine Funktionsbedingung der kapitalistischen Produktionsweise ist, wie Karl Marx in Das Kapital gezeigt hat. Wenn die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität über der des Sozialprodukts liegt, nimmt die Zahl der Erwerbslosen tendenziell zu. Was die EU angeht, so ist empirisch festzustellen, dass die Wachstumsraten des Sozialprodukts seit Mitte der 1970er Jahre rückläufig sind und dass die Zahl der Erwerbslosen über die Konjunkturzyklen hinweg zugenommen hat. Unter dem Vorwand, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, wurden Standards für Jugendliche und junge Erwachsene geschaffen, welche die des eigentlichen Arbeitsrechts unterlaufen. Dadurch werden diese in überdurchschnittlichem Maße in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt und gehören daher auch zu den ersten, die Opfer von Krisen werden. Krisen haben zunächst die Entlassung von LeiharbeiterInnen und die Beendigung befristeter Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse zur Folge, wodurch die Jugendarbeitslosigkeit stärker als die allgemeine Erwerbslosigkeit ansteigt. Dies gibt dann wieder Anlass zu einer neuen Runde von Maßnahmen zur Förderung der prekären Beschäftigung von Jugendlichen, nach dem Motto: besser ein prekärer Job als gar kein Job. Die Jugendgarantie der EU reiht sich insofern ein in eine lange Reihe von neoliberalen Arbeitsmarktreformen und Sondermaßnahmen für Jugendliche, die einen Teufelskreis von Arbeitslosigkeit und Prekarisierung befördern. Die Jugendlichen scheinen jedoch nicht länger bereit, den politischen Ausverkauf ihrer Zukunft kommentar- und kampflos hinzunehmen. Das Aufbegehren gegen die europäische Krisenpolitik muss also auch als Absage an die europäische Jugendarbeitsmarktpolitik gelesen werden.

1 Der Ausdruck NEET bezieht sich in der Statistik auf Jugendliche und junge Erwachsene, die zum Zeitpunkt der Erhebung nicht beschäftigt (laut Definition der International Labor Organisation arbeitslos oder inaktiv) sind und sich mindestens vier Wochen vorher in keiner Aus- oder Weiterbildung befinden (Eurofound 2012, 22f). Im Unterschied zur Arbeitslosenrate, die sich auf die ökonomisch aktive Population einer Altersgruppe bezieht, wird die NEET-Rate in Bezug auf alle Personen dieser Altersgruppe berechnet. Daraus ergibt sich in der Regel, dass es zwar mehr NEETs als Erwerbslose gibt, die NEET-Rate jedoch niedriger ist als die Jugendarbeitslosenrate.



 

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