Spätestens seit #IchbinHanna sind die schlechten Arbeitsbedingungen im Wissenschaftssystem in aller Munde: Hier trifft „professorale[r] Feudalismus“ (van Dyk/Reitz 2017: 63) auf „unternehmerische Universität“ (Dörre/Neis 2019). In der hochschulspezifischen Hierarchie entscheiden die Professor*innen im Wettbewerb um die wenigen festen Stellen noch immer maßgeblich über den Zugang und damit auch über weitere Karrierewege (van Dyk/Reitz 2017: 63; Lenk 2022a). Wenig überraschend, dass es in derart asymmetrischen Abhängigkeitsverhältnissen immer wieder zu Machtmissbrauch kommt und Arbeitskämpfe weitestgehend ausbleiben. Gleichzeitig wird mit der Einkehr von „New Public Management“-Steuerungsansätzen im öffentlichen Dienst auch die Arbeit an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zunehmend nach marktwirtschaftlichen Prinzipien organisiert. Besonders die wachsende Abhängigkeit von Drittmitteln und eine damit verbundene „Projektifizierung“ beschleunigen die neoliberale Transformation der Wissenschaft. Auch die Prekarisierung der Vertragsbedingungen setzt sich fort: Durch ein Sonderbefristungsgesetz, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), das zu Lasten von (jungen) Wissenschaftlicher*innen geht, die auf Planungssicherheit und grundlegende Arbeitnehmer*innenrechte verzichten müssen.

Bislang wurde zu selten betrachtet, wo Lohnabhängige im Wissenschaftsbetrieb erstmals mit „akademischer Prekarität“ und damit auch mit einer spezifischen „akademischen Subjektivierung“ (Lenk 2022b) konfrontiert sind, nämlich in ihrer Arbeit als studentische wissenschaftliche Hilfskraft oder Tutor*in bereits neben dem Studium. Knapp drei von vier Promovent*innen (Lenger 2009: 121 f.) haben auf diese Weise einen Zugang zum akademischen Feld erlangt und erste Arbeitserfahrungen in der Wissenschaft gesammelt. Hier nimmt das (zwanghafte) Erlernen einer Kultur der Selbstausbeutung durch entgrenztes Arbeiten und der Verzicht auf grundlegende Arbeitnehmer*innenrechte seinen Anfang. Aus politischer Perspektive ist es umso erfreulicher, dass sich ausgerechnet dort bundesweit Widerstand regt. Mit einer klaren Strategie wollen die Studentischen Beschäftigten 2023 eine Aufwertung und Entprekarisierung ihrer Arbeit erkämpfen.

Jung, akademisch, prekär

Trotz ihrer Arbeit an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind Studentische Beschäftigte vom Tarifvertrag der Länder ausgenommen und werden nur knapp über Mindestlohnniveau vergütet. Ebenso sind sie mittel- oder gar unmittelbar von der gesetzlichen Mitbestimmung ausgeschlossen, wodurch erst recht eine Selbstvertretung vollkommen verunmöglicht wird. Die bis zu 400.000 Studentischen Beschäftigten[1] bilden so inmitten des öffentlichen Dienstes eine Ausnahme vom „dualen System“ (Müller-Jentsch 1997: 194; Keller 2010: 9 ff.) regulierter Arbeitsbeziehungen. Zusätzlich ermöglicht § 6 WissZeitVG eine Sonderbefristung, welche es den Hochschulen (respektive Professor*innen) erlaubt, im Zeitraum von 6 Jahren in Anzahl und Laufzeit beliebige Arbeitsverträge mit den Studierenden zu schließen. Das hat weitreichende Folgen angesichts der ohnehin hohen Machtasymmetrien zwischen Vorgesetzten (zumeist Männer gehobenen Alters) und Studentischen Beschäftigten (zumeist junge Menschen im Alter von durchschnittlich 24,6 Jahren und zu rund 60% Frauen oder nicht-binär). [2] Mit einer durchschnittlichen Dauer von gerade einmal 5,7 Monaten (ohne Berlin) sind kurze Vertragslaufzeiten an der Tagesordnung, obwohl Studentische Beschäftigte durchschnittlich 20,2 Monate als Hilfskraft oder Tutor*in arbeiten. Kettenbefristungen sind gängige Praxis: So schließen sie in dieser Zeit im Mittel 4,6 Arbeitsverträge mit der Hochschule. Sind sie bereits mehr als einmal dort beschäftigt, dann im Durchschnitt zum dritten Mal in Folge auf ein und derselben Stelle. Die fehlende Planungssicherheit und hohe Abhängigkeit vom Vorgesetzten bedeuten, dass die Beschäftigungsverhältnisse unweigerlich immer zur Disposition stehen. Eine Konstellation, welche wir in Anlehnung an arbeitssoziologische Beiträge (etwa Boes/Bultemeier 2010; Marrs 2007) als System permanenter Bewährungsproben bezeichnen. Für studentische Beschäftigte, für die ihre Arbeit als Hilfskraft und/oder Tutor*in knapp 40% des monatlichen Gesamteinkommens ausmacht, ist unter diesen Vertragsbedingungen quasi immer Probezeit. Hier ist zu bedenken, dass Hochschulen die größten Arbeitgeber*innen für Studierende sind und viele von ihnen dort neben ihrem Studium ihre ersten Berufserfahrungen unter derartigen Bedingungen sammeln. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Reichweite fehlender Regulierung für den gesamten (studentischen) Arbeitsmarkt, aber auch hinsichtlich der erlernten Haltung zur eigenen Tätigkeit und damit für die weitere Erwerbsarbeit nur erahnen. Der Status Quo wirkt sich damit nicht nur auf das (Selbst-)Bewusstsein aus, grundlegende Arbeitnehmer*innenrechte einzuklagen, es erschwert auch die gewerkschaftliche Selbstorganisierung und hat Auswirkungen auf die Bereitschaft zu Konflikt und Streik. „Unter den gegenwärtigen Bedingungen [Tariffreiheit, Mitbestimmungsfreiheit und Sonderbefristungsrecht, Anm. d. Autor*innen] nutzt der Staat seine Doppelrolle als Arbeit- und Gesetzgeber aus, um sich zu Sonderkonditionen einen exklusiven Zugriff auf die Arbeitskraft von jungen Menschen bzw. Studierenden zu verschaffen. Die gegenwärtigen Bedingungen bedeuten Prekarität und begünstigen die Unterwanderung von Arbeitnehmer*innenrechten.“ (Hopp et al. 2023: 124)

Lediglich in Berlin existiert seit 1980 ein Tarifvertrag für Studentische Beschäftigte (TVStud) sowie (eigene) studentische Personalräte. Nur in Hessen gibt es sechsmonatige und in Berlin zweijährige Mindestvertragslaufzeiten, die die Arbeitsverhältnisse ein Stück weit entprekarisieren. Die Beispiele beweisen, dass andere Verhältnisse möglich sind und können Studentische Beschäftigte andernorts motivieren, für eine Übertragung dieser Ansätze zu kämpfen.

Klarer Zeitplan, klare Strategie: 2023 mit (digitalem) Organizing zum Erfolg

Seit zwei Jahren organisiert sich die TVStud-Bewegung bundesweit und versucht die Berliner Erfolge auf die ganze Republik auszuweiten. Dabei ist sie so weit gekommen wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Im Nachklapp des letzten Streiks Studentischer Beschäftigter in Berlin, der 2018 erfolgreich den TVStud III erkämpfte, gründeten sich Aktivengruppen in weiteren Städten. Auf Initiative der Beschäftigten begann es mit Organizing-Schulungen und einer zeitweiligen Begleitung durch erfahrene Organizer*innen in Bremen und Hamburg. Im Vorfeld der Tarifrunde der Länder (TV-L) 2021 wurden die Aktivitäten mit der Kampagne „Keine Ausnahme! Für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen Studentischer Beschäftigter“ und einer Online-Petition, die über 5.000 Menschen unterschrieben, bundesweit ausgeweitet.[3] Auf dieser Basis konnte ein Mailverteiler eingerichtet werden und es wurde zu bundesweiten Onlinetreffen eingeladen. Um die gemeinsamen Aktivitäten zu planen und sich über Erfahrungen beim Strukturaufbau auszutauschen, finden seit über zwei Jahren alle zwei Wochen bundesweite, selbstorganisierte und digitale Vernetzungstreffen stattfinden. Eingeladen wird über einen stetig wachsenden Mail-Verteiler. Aktuelle Infos und Materialien werden in regionalen und überregionalen Telegramgruppen geteilt, sie ermöglichen niedrigschwelliges Onboarding für Interessierte und ein kollaboratives Arbeiten für die Aktiven der mittlerweile über 30 Basisinitiativen.

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Foto: © Marvin Hopp

Foto: © Marvin Hopp

Zum Start der TV-L-Runde 2021 wurde in Hamburg in der vorbereitenden „Arbeitsstreikphase“ ein Hörsaal besetzt. Er wurde zum Streikcafé umfunktioniert und das bundesweite Streiksemester eingeläutet. An vielen Orten fanden in den folgenden Wochen zum ersten Mal Streiks von Studentischen Beschäftigten statt. An der jeweiligen Streikbeteiligung ließ sich sehr deutlich ablesen, in welchen Städten zuvor nach Ansätzen des strukturbasierten Organizing vorgegangen worden war und wo (noch) nicht. Mit dem Tarifabschluss gelang ein Teilerfolg: Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) verpflichtete sich zu einer „Bestandsaufnahme“ der Arbeitsbedingungen Studentischer Beschäftigter, um eine mögliche Tarifierung im Rahmen der Tarifrunde 2023 vorzusondieren. Daraufhin wurde am Institut Arbeit und Wirtschaft (iaw) der Universität Bremen das Forschungsprojekt „Jung, akademisch, prekär?“ initiiert und 2022 wurden über 11.000 Beschäftigte zu ihren Arbeitsbedingungen befragt. So musste sich die Bewegung nicht auf die Bestandsaufnahme der Länder verlassen und konnte die Deutungshoheit in die Hände der Beschäftigten selbst legen. Die Ergebnisse wurden im Januar 2023 in einer Pressekonferenz von ver.di und GEW vorgestellt und 6 Tage später in das erste Gespräch mit dem Arbeitgeberverband eingebracht, zwei weitere folgen bis zur Tarifrunde im Oktober dieses Jahres. Bis dahin hat die TVStud-Bewegung einen klaren Plan. Vom 24. bis zum 26. Februar trifft sie sich unter dem Motto „Jetzt oder nie“ zu einer bundesweiten Konferenz in Göttingen, um ihr weiteres Vorgehen zu koordinieren und sich in Organizing zu schulen. Damit soll die erfolgreiche Strategie aus der Tarifrunde 2021 nun vereinheitlicht und auf weitere Bundesländer übertragen werden. Mit dabei sind auch Kolleg*innen aus Berlin, die sich angesichts von inflations- und krisenbedingten Reallohnverlusten und der ab 1. Juli anstehenden Anbindung an die Entgeltentwicklung des TV-L ebenfalls für Streiks im Herbst vorbereiten. Über 250 Menschen haben sich angemeldet, ausgerichtet wird die Konferenz in Kooperation mit ver.di und GEW, der Kampagne „Genug ist Genug!“, dem freien Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs) e.V. sowie den parteipolitischen Hochschulgruppen SDS, der Jusos und Campusgrün.

Beginnend mit der Konferenz sollen im Sommersemester möglichst viele „1 zu 1-Gespräche“ geführt werden, um Kolleg*innen gewerkschaftlich zu organisieren, vor Ort neue Aktivenkreise aufzubauen und bestehende auszubauen. Als Instrument dient ein bundesweit einheitlicher Gesprächsbogen, in dem die Beschäftigten u.a. befragt werden, was sich an ihren Arbeitsbedingungen verbessern soll und ob sie hierfür streiken würden. Die Bögen werden regelmäßig in den regionalen Strukturaufbautreffen ausgewertet und der Zwischenstand in den digitalen bundesweiten Treffen alle zwei Wochen zusammengetragen. Möglichst viele Beschäftigte und solidarische Unterstützer*innen sollen dabei als Gewerkschaftsmitglieder und sogenannte „TVStud-Botschafter*innen“ gewonnen werden. So kann der Kreis der Kolleg*innen, die „1 zu 1 –Gespräche“ führen, kontinuierlich erweitert werden. Im Anschluss an die Gespräche mit dem Arbeitgeberverband sollen regelmäßige Online-Schulungen und Briefings für die TVStud-Botschafter*innen durchgeführt werden, die eine gewerkschaftliche Politik der Basisorganisierung und des Selber-Machens etablieren. Indem in diesen Prozessen Transparenz und maximale Beteiligung ermöglicht wird, sollen möglichst viele Beschäftigte mitgenommen und Teil der Bewegung werden. So könnte es gelingen, für die Tarifrunde ab Oktober 2023 möglichst viele „Leuchttürme“ aufzubauen, in denen Studentische Beschäftigte sichtbar und lautstark mit den anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder in den Arbeitskampf treten.

Probleme und Perspektiven

Doch alleine durch den Streik wird die TVStud-Bewegung nicht gewinnen. Im bislang gewerkschaftlich unerschlossenen, prekären „Durchgangsstadium“ Hochschule ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad gering und liegt aktuell im einstelligen Bereich. Zudem lässt sich mit der eigenen Streikmacht nur indirekt ökonomische Wirkung entfaltet. Darum müssen kleine Brötchen beim Anvisieren von Organisierungserfolgen gebacken werden. Erst mit der Durchsetzung von Mindestvertragslaufzeiten ergeben sich verbesserte Rahmenbedingungen, die es möglich machen würden, Vergleichbares zu den Berliner Organisierungserfolgen (über 1000 neue Gewerkschaftsmitglieder im Zuge der TVStud-Kampagne 2018) auf weitere Bundesländer zu übertragen. In der Tarifrunde 2023 muss daher versucht werden, unter den schwierigen Bedingungen erneut ein Maximum an Organisierung zu erlangen. Zugleich muss das Bündnis mit anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und politischen Organisationen gesucht werden. Im Zusammenspiel von Streik und gezielter Druckkampagne kann die Bewegung zum Erfolg kommen. Denn auf der anderen Seite des Verhandlungstisches sitzen die Finanzminister*innen der Länder. Sie müssen öffentlichkeitswirksam adressiert und politisch unter Druck gesetzt werden. Die Bündnispolitik darf dabei aber nicht das Organizing ersetzen, denn Organisationsmacht ist und bleibt die entscheidende Grundlage für jeden Arbeitskampf.

In Hamburg konnten mit dieser Strategie bereits erste Erfolge erzielt werden: Im Nachgang der Tarifrunde 2021 eröffnetet sich die Möglichkeit für Verhandlungen mit den Kanzler*innen der Hamburger Hochschulen und der Wissenschaftsbehörde. Am Ende stand ein Beschluss in der Hamburger Bürgerschaft im Januar 2023, welcher die Einführung von Mindestvertragslaufzeiten von 12 Monaten zur Folge hat. Des Weiteren wird sich Hamburg laut diesem Beschluss für eine Übertragung der Regelung und einen Tarifvertrag im Arbeitgeberverband einsetzen. Letzteres beabsichtigen laut Koalitionsvereinbarung mittlerweile auch sechs weitere Landesregierungen, hinzu kommen zwei, die sich zumindest für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen aussprechen. Rechnet man Berlin dazu, welches bereits einen Tarifvertrag hat, steht es zwischen den Ländern 10 zu 6: Ein großer Zwischenerfolg von zwei Jahren bundesweiter TVStud-Kampagne! Und auch an der Verhandlungsspitze des Arbeitgeberverbands hat sich etwas verändert. Geführt wird die TdL von nur noch einem CDUler (Hartmut Vorjohann, Sachsen) anstatt zweien, einer Grünen (Monika Heinold, Schleswig-Holstein) und dem neuen Vorsitzenden Andreas Dressel (Hamburg) von der SPD. Damit haben sich die Gelingensbedingungen deutlich verbessert. Wenn es der Bewegung gelingt, in den nächsten Monaten, sowohl einen möglichst großen politischen Druck auf die Länder – insbesondere die Finanzminister*innen – auszuüben, als auch durch möglichst viele „1 zu 1 – Gespräche“ streikfähige Strukturen aufzubauen, kann in der Tarifrunde 2023 der Durchbruch gelingen.

Ein Beitrag zur Erneuerung gewerkschaftlicher Macht

Durch die Arbeit mit digitalen Tools für den Strukturaufbau und bundesweite Vernetzungstreffen, und durch die Verknüpfung von politischer Kampagnenführung und Organizing ermöglicht die TVStud-Kampagne jetzt schon viele wichtige Erfahrungen der Erneuerung gewerkschaftlicher Macht, die auch für andere Bereiche fruchtbar sein könnten.[4] Der größte Erfolg liegt darin, dass an den Hochschulen überhaupt Arbeitskämpfe stattfinden. Das erweitert die gewerkschaftliche Studierendenarbeit um einen wichtigen Aspekt. Wenn Gewerkschaften in der sich wandelnden Arbeitswelt handlungsfähig bleiben wollen, muss die Hochschule als Nadelöhr zum Arbeitsmarkt – neben den Ausbildungswerkstätten – das zweite Standbein der frühzeitigen Mitgliedergewinnung sein. Inzwischen beginnen jährlich mehr junge Menschen eine Hochschulausbildung als eine Berufsausbildung. Wenn Gewerkschaften den langfristigen Trend des Mitgliederverlusts umkehren wollen, müssen sie in Anbetracht einer zunehmend akademisierten Arbeitswelt ihre Präsenz an Hochschulen ausbauen. Sie müssen dort auf Dauer angelegte Strukturen etablieren, die über die bisherige (vorwiegend service- und beratungsorientierte) Hochschularbeit hinausgehen. Die TVStud-Kampagne schafft ein zusätzliches Kampffeld, auf dem der Wert von gewerkschaftlicher Selbstorganisierung praktisch erfahrbar wird. Sollte die TVStud-Bewegung erfolgreich sein und einen Tarifvertrag, insbesondere einen mit Mindestvertragslaufzeiten, durchsetzen, dann erreicht sie nicht nur eine massive Entprekarisierung und Verbesserung der sozialen Lage von Studierenden. Sie schafft damit auch dauerhaft die Möglichkeit studentischer Tarifkämpfe an den Hochschulen. Die Hochschulen sind die größten Arbeitgeber*innen für Studierende und der Ort, wo junge Beschäftigte ihre ersten Berufserfahrungen sammeln. Diese strategische Bedeutung ist leider noch nicht in allen Gewerkschaftsvorständen angekommen und wird noch unzureichend mit personellen Ressourcen unterstützt. Wohl auch, da die Gewerkschaften in Anbetracht ihrer Mitglieder- und damit verbundenen Finanzkrise eher kurzfristige Erfolge bei der Mitgliedergewinnung fokussieren. Doch die ehrenamtlichen Kolleg*innen werden nicht müde, ihre Organisationen hierauf aufmerksam zu machen. So beschloss neben GEW und ver.di nun auch die IG Metall-Jugend auf ihrer Bundeskonferenz, dass sie sich in ihrer Hochschularbeit der TVStud-Bewegung anschließen möchte. Auf ehrenamtliche Initiative verständigten sich beim DGB-Bundeskongress 2022 alle Gewerkschaften auf eine gemeinsame Tarifforderung: TVStud. Bleibt zu hoffen, dass dieses Signal einer Einheit zwischen den Gewerkschaften und der langfristigen strategischen Bedeutung dieses Kampfes Schule macht und dass die Ehrenamtlichen in den nächsten Monaten bundesweit Unterstützung erhalten. Denn zu gewinnen gibt es nicht weniger als die Tarifierung von über 300.000 Beschäftigten in einem Feld, in dem Gewerkschaften und Arbeitskämpfe bisher unzureichend etabliert sind. Dafür hat sich nun ein historisches Möglichkeitsfenster geöffnet. Darum lautet das Motto der bundesweiten TVStud-Bewegung zurecht: „Jetzt oder nie!“

[1] Da sie oft als Sachmittel und nicht als Beschäftigte gelten, werden sie von Hochschulen und Ländern nicht einmal (vollständig) statistisch erfasst, ihre Zahl kann nur näherungsweise bestimmt werden (Lenger et al. 2012: 15; Hopp et al. 2023: 19 ff.).

[2] Die Zahlen hier und im Weiteren stammen, sofern nicht anders kenntlich gemacht, aus unserer Studie „Jung, akademisch, prekär. Studentische Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen: eine Ausnahme vom dualen System regulierter Arbeitsbeziehungen (Hopp, Marvin/ Hoffmann, Ann-Kathrin/ Zielke, Aaron/ Leslie, Lukas/ Seeliger, Martin. 2023).

[3] Siehe www.TVStud.de.

[4] Auf der 5. Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung vom 12. bis 14. Mai in Bochum wird es hierzu einen eigenen Beitrag geben. Und auch während der sogenannten „Branchentreffen“ werden sich TVStud- und Mittelbauinitiativen über ihre bisherigen Organisierungserfahrungen austauschen. Zum gesamten Programm der Veranstaltung und Anmeldung: https://www.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/HY832/5-konferenz-gewerkschaftliche-erneuerung?cHash=ee604d349c968c6669e4c777b2bb3f39.

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