Am 17. November fand auf Einladung von Kanzlerin Merkel das vierte Spitzengespräch zur Zukunft der Automobilindustrie statt. Daran nahmen mehrere Bundesministerinnen und Bundesminister, die Ministerpräsidenten der „Autoländer“ sowie die Spitzen von Union und SPD teil, natürlich Vertreter der Autoindustrie und der IG Metall.
Vorgebliches Ziel war es, „nachhaltige Strategien“ zu diskutieren, „die der erfolgreichen Bewältigung der tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen für den Automobilstandort Deutschland durch Digitalisierung, Klimawandel, Globalisierung und weitere Faktoren dienen“ (Bundeskanzleramt).
Die Autohersteller wollen mehr Subventionen, eine Verlängerung der staatlichen Verkaufsprämien, den Ausbau der Ladeinfrastruktur durch den Staat, eine Privilegierung von Elektro-Autos mit Gratisparkplätzen und Sonderspuren sowie „Abwrackprämien“ für LKW. Zukunftsträume wie Autonomes Fahren sind in weite Ferne gerückt, es geht nur noch um Pflaster kleben. Die IG Metall hat sich auf die Fahne geschrieben, „um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen“ – aber es gibt, wen wundert es, keine Übereinstimmung in den Zielen mit der Industrie, die die Produktivität steigern und die Kosten senken will. Die Personalabbaupläne der Auto- und Zulieferindustrie, von Volkswagen und Daimler, die Abwicklungs- oder Verlagerungspläne ganzer Standorte bei MAN, Bosch, Conti und ZF sprechen jedoch eine deutliche Sprache. Mit Mühe können nicht einmal mehr betriebsbedingte Entlassungen verhindert werden – eine Entwicklung, die sich bereits seit 2018 angekündigt hat. Wie absurd das ist, wird deutlich an der geplanten Schließung des Daimler-Werks in Berlin und der zeitgleichen Eröffnung des Tesla-Werks in Grünheide. Der Werkleiter von Daimler ist schon mal zu guten Konditionen gewechselt – den Arbeiterinnen und Arbeitern von Daimler wird das nicht möglich sein, weil Tesla-Eigner Elon Musk nicht nach Tarif zahlen will.
„Wenn wir mal das Ganze betrachten, dann schaut es nicht gut aus. Kurzarbeit zum Beispiel überdeckt gerade Einiges. Wir schieben eine Welle vor uns her, die uns hart treffen wird“ sagt der Betriebsratsvorsitzende von Bosch in Bamberg laut ARD. Laufen Hilfen wie Kurzarbeitergeld und Insolvenz-Aussetzungsgesetz aus, wird es sehr eng mit der Beschäftigung.
Für Regierung und Autoindustrie liegt der Schwerpunkt bei diesem „Gipfel“ wieder bei Elektro-Autos, die aber tatsächlich keinen Beitrag zur Mobilitätswende leisten, sondern nur eine Verlängerung des eigentlich gescheiterten und klimaschädlichen Geschäftsmodells der Autoindustrie sind.
Die Konzentration und Beschränkung auf Elektro-Autos ist engstirnig. Mit Elektromotoren allein ist keine Beschäftigung aufzubauen. Das weniger an Arbeit durch E-Autos könnte sozialverträglich in alternative Produktion von Verkehrsmitteln für den öffentlichen Verkehr und in Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich umgesetzt werden – dazu wäre aber mehr erforderlich, als die betriebliche Umsetzung der Vier-Tage-Woche, wie die IG Metall das jetzt angekündigt hat.
Der Absatz von Elektro-Autos läuft nach wie vor schleppend. Die im Sommer ausgeweitete Kaufprämie für E-Wagen führte im Oktober zu 33.000 Förderanträgen bei insgesamt 275.000 Neuzulassungen und einem totalen Absatzrückgang von fast 25 Prozent im Jahresverlauf. Reine E-Autos werden nach dem bisherigen Konzept mit bis zu 9 000 Euro gefördert, der Staat übernimmt davon 6 000 Euro. Das soll nun bis 2025 verlängert werden. Wenn das Tempo der Zulassungen für E-Autos nur etwas gesteigert werden wird, kostet das die Steuerzahler mehr als 10 Milliarden Euro – und es ist ein Geschenk für die Autoindustrie, die die Fahrzeuge sonst nicht los würde und die selbst auf Gewinnrücklagen von 180 Milliarden Euro sitzt. Da wird sich der Gipfel im Kanzleramt doch richtig gelohnt haben für die Porsches, Piëchs und Quandts – wohl weniger für die Beschäftigten von Volkswagen, Audi, Daimler, MAN und die vielen kleinen Zulieferer.