Es müssen, so die Forderung, Lösungen her. »Sehr vereinfacht ist ›just transition‹ gleichbedeutend mit einer fairen Kompensation der betroffenen Arbeiter und Kommunen für ökonomische und andere Verluste aufgrund von Veränderungen der Produktion«, so Jenice View (2002, 2) von der Just Transition Alliance. Ausgangspunkt waren die Erfahrungen mit Strukturwandel und Konversion, etwa in der Rüstungsindustrie, und mit dem »ersten Umweltstreik« (Toni Mazzocchi) 1973 beim Ölkonzern Shell in den USA (Young 2003, 3). Hier wurde erstmals ein Bündnis aus Arbeitern und Umweltschützern organisiert, um gegen die Gesundheitsgefährdung von Umwelt, Bevölkerung und Beschäftigten zu protestieren und Kompensationen für bereits Erkrankte durchzusetzen. Aus solchen gewerkschaftlichen und kommunal verankerten Initiativen entstand später die Just Transition Alliance, die sich als Teil des Climate Justice Movements (Klimagerechtigkeitsbewegung) engagiert. Sie setzt sich insbesondere für die die dreckigen Tätigkeiten verrichtenden »Front-Arbeiter« ein und weist auf die rassistische Diskriminierung bei der Verteilung der ökologischen Kosten hin: In den von Umweltverschmutzung und Klimawandel am stärksten betroffenen Gemeinden leben meist People of Color, Indigene und andere benachteiligte Gruppen, und sie sind es auch, die die häufig extrem gesundheitsgefährdenden Arbeiten verrichten (Just Transition Alliance o. J., 1). »Just transition« bezieht sich aber aus Sicht der Klimagerechtigkeitsbewegung, wie z.B. Stine Gry von Climate Justice Action ausführt2, nicht nur auf von Arbeitsplatzverlust bedrohte Arbeitende im globalen Norden, sondern auf alle Menschen, die von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Bei den Weltklimagipfeln in Kopenhagen und Cancún gelangte die Forderung nach einem gerechten Übergang bis in die Abschlussdokumente der Regierungen. Ähnlich wie schon die »Nachhaltige Entwicklung« oder die »Klimagerechtigkeit« droht »just transition« eine Leerformel zu bleiben, hinter der sich unterschiedlichste Gruppen versammeln können und mit der reale Gegensätze übertüncht werden (Flemming 2011). Dennoch könnte die »Rede von den Kosten ökologischer Transformation« eine Möglichkeit sein, auf »Widersprüche in der hegemonialen Bearbeitung der ökologischen Krise aufmerksam zu machen. Denn wo Kosten entstehen und einige durch diese benachteiligt werden, kann auf die strukturellen Ursachen dieser Ungleichverteilung hingewiesen werden« (ebd.).

GEWERKSCHAFTEN IM DILEMMA

Gewerkschaften und Beschäftigten in den besonders klimaschädlichen Industrien wird oft vorgeworfen, strukturkonservativ zu agieren und mit dem praktizierten Krisenkorporatismus die notwendige sozial-ökologische Transformation zu blockieren (vgl. Schumann in diesem Heft). Tatsächlich fällt es ihnen seit 30 Jahren schwer, kurz- und mittelfristige Ziele zu vereinbaren. Sektoren wie die Automobilindustrie müssen schrumpfen mit der Folge, dass viele ihre gewohnte Arbeit verlieren werden. Unter ungünstigen gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und Krisenbedingungen fallen hier kurzfristige Anforderungen und langfristige Ziele auseinander. Ein Strukturwandel hin zu »grünen Technologien« oder erneuerbaren Energien bedeutet für die Beschäftigten nicht, dass sie einfach von einer Branche in die andere wechseln werden. Der Umbau des Automobilsektors wird nicht notwendig am selben Standort stattfinden, Arbeitsplatzverluste und Verlagerung der Produktion in andere Länder sind zu erwarten. Die widersprüchlichen Erfahrungen mit tariflicher Arbeitszeitverkürzung, die zu Arbeitsverdichtung führt, immer kurzfristigeren Beschäftigungsgarantien (auf Kosten längerer Arbeitszeiten, Kürzungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc.) und Beschäftigungsgesellschaften zur Requali- fizierung der »freigesetzten« Arbeitskräfte zeigen, dass die bekannten Lösungen kaum eine Perspektive für die Einzelnen bieten. Nur wenige finden nach mehr oder weniger langer »Parkzeit« in sogenannten Qualifizierungsmaßnahmen eine vergleichbare Anstellung, vielen droht Arbeitslosigkeit und bald danach Hartz IV. Fast immer sind Lohnverluste hinzunehmen, von Sinnverlusten und der Auflösung von Sozialkontakten ganz zu schweigen. Kurzfristig hilft eine Umstellung auf »grünes Wachstum« den Einzelnen wenig. Gewerkschaften sind hierbei objektiv verpflichtet, auch den unmittelbaren Interessen an Joberhalt nachzukommen – wenngleich dieser oft von kurzer Dauer sein mag. Wie aber die Betroffenen für eine Veränderung gewinnen, wenn es für das Wohl aller um ihren Verzicht auf einen Arbeitsplatz geht? Wie können die Interessen so (re)formuliert werden, dass sie diejenigen der potenziellen Bündnispartner mitdenken und Kämpfe verbunden werden (vgl. Candeias 2010, 11)? Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (2010) schlägt vor, Arbeitsplätze im Transportarbeitsgewerbe abzubauen und in anderen Sektoren neue zu schaffen – ein bahnbrechender Schritt. Auch die Gewerkschaftsgruppe der Kampagne gegen den Klimawandel (vgl. in diesem Heft) plädiert für die Schaffung von einer Million grünen Jobs – jetzt! Sie fordert eine Garantie auf einen neuen Arbeitsplatz für Beschäftigte, die durch den Strukturwandel ihren Job verlieren. Doch wenn neue Branchen die Jobverluste in den alten Branchen quantitativ kompensieren, sind die Arbeitsverhältnisse und -bedingungen nicht vergleichbar. Es wird in der Regel geringer entlohnt, tarifliche Standards existieren oft nicht. Der Bereich der erneuerbaren Energien ist, wie viele öko logisch orientierte Unternehmen, weitgehend »gewerkschaftsfrei«. Das liegt nicht allein an der Schwäche der Gewerkschaften, neue Branchen zu organisieren, sondern auch an der zum Teil offenen, mitunter aggressiven Ablehnung von Minimalstandards der Mitbestimmung, Tarifpolitik und Organisationsfreiheit durch das Management. Die vielen klein- und mittelständischen Betriebe sind häufig nicht Mitglied in den Unternehmensverbänden. Der zu Recht geforderte Ausbau eines öffentlichen Dienstleistungs- und Infrastruktursektors wird unter gegebenen Bedingungen ebenfalls nicht vergleichbar viele Arbeitsplätze mit so hohen Lohn- und Tarifstandards schaffen. Zudem wirkt in Deutschland die Konkurrenz zwischen den jeweils zuständigen Branchengewerkschaften. Die IG Metall tritt daher für eine industrie politische Wende ein, wie sie u.a. von Ulla Lötzer (2010) formuliert wird. Die Schrumpfung der alten Industrien bedroht den Kern der Organisationsmacht der Gewerkschaften: die gut organisierten Groß- betriebe mit ihren hohen tariflichen Standards, an denen sich die Arbeitsbedingungen in anderen Betrieben orientieren, und die zugleich die machtpolitische Basis für die Absicherung sozialer Errungenschaften (samt ihrer gesetzlichen Regelungen) sowie die Voraussetzung für die Organisierung anderer Bereiche sein sollen. (Industrie-)Gewerkschaften sind also keineswegs aus Uneinsichtigkeit strukturkonservativ. Ein schneller Strukturwandel kann zum Verlust ihrer Organisationsmacht führen. Verfolgen sie aber keine eigenständige Transformationsstrategie, sind sie den Veränderungen durch Unternehmensentscheidungen (Verlagerung, Restrukturierung, Umbau), ökologische Reformen und Krisen blind ausgesetzt. Ein Umgang mit diesem Dilemma wäre, frühzeitig die Weichenstellungen in Richtung auf einen gerechten Übergang zu organisieren. Nicht weniger als die Neudefinition des gewerkschaftlichen Selbstverständnisses sowie der Organisationskultur ist gefordert (Candeias/Röttger 2007). Zwar können Umbau und Organisierung potenziell die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften verbessern, zugleich aber erhebliche Ressourcen kosten und Risiken bergen. Ein langer Atem ist nötig, ohne dass sicher ist, was am Ende herauskommt. In der akuten Krisensituation fiel es den Gewerkschaften leichter, auf die alten strategischen Verbindungen zu Staat und Kapital zu setzen. Lange Zeit von beiden weitgehend ignoriert, wurden sie seit 2008 wieder als ernstzunehmender Partner gehört. Anders als in den Jahren zuvor, in denen auf betrieblicher oder tariflicher Ebene kaum Fortschritte durchsetzbar waren, konnten etwa eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes, die Abwrackprämie, Konjunkturprogramme und Mitbestimmung in gewerkschaftsfeindlichen Unternehmen wie Scheffler durchgesetzt werden. Diese strukturkonservativen Maßnahmen stabilisierten die Lage, bis die wieder ansteigende Nachfrage aus dem Ausland – nicht zuletzt aus China und Südostasien – Entlastung und vermeintliche Perspektive versprach. Strategiewechsel und sozial-ökologische Transformation müssen demgegenüber warten. Nahe läge, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. Es scheitert bisher an den finanziellen, personellen und strategischen Ressourcen der Gewerkschaften.

ÖKOLOGISCHE KURZSCHLÜSSE

Doch müssen nicht nur Gewerkschaften ökologischer werden, sondern ökologische Bewegungen auch stärker die Interessen von Beschäftigten berücksichtigen. In den 1990er Jahren wurden die soziale und die ökologische Frage immer stärker voneinander getrennt. Während die parteipolitischen Repräsentanten im rot-grünen Projekt aufgingen, bezogen ambitionierte Global Governance-Prozesse seit der UN-Konferenz in Rio zunehmend die zu professionalisierten lobbypolitischen NGOs transformierten Teile der Ökologiebewegung ein. Die sozial-ökologische Frage wurde in beiden Feldern auf ökologische Modernisierungspolitik reduziert. Auf diese Weise wurden zwar Kräfte gebündelt und die mediale Darstellung von Forderungen befördert, zugleich aber die Interessen der Beschäftigten vernachlässigt. Die Verbindung zur Arbeiterbewegung ging verloren, ihre ökologisch orientierten Teile wurden marginalisiert. Fragen globaler sozialer Gerechtigkeit wurden über Jahre kaum adressiert oder dazu genutzt, »überzogenes Anspruchsdenken« im Norden anzuprangern. Eine ökologische Transformation ist jedoch nicht auf eine technische Modernisierung reduzierbar, sondern berührt gesellschaftliche Ungleichheiten: klassenförmige Macht- und Herrschaftsverhältnisse, Geschlechter- und Produktionsverhältnisse sowie unsere konsumorientierte Lebensweise. Umweltpolitik selbst wirft immer wieder Gerechtigkeitsprobleme auf, da Folgen und Kosten sich ungleich verteilen, etwa bei Ökosteuern und Preispolitiken. Von der propagierten Nettodividende einer ökologischen Transformation profitieren vor allem bestimmte Gruppen und Klassen. Welche Branchen schrumpfen sollen, welche Bedürfnisse eingeschränkt werden und vor allem, wer betroffen ist, wird ausgeblendet. So bleibt ökologische Politik eine Ein-PunktPolitik für gutsituierte, urbane Mittelklassen. Die Berücksichtigung von Interessen der unteren Klassen oder von Beschäftigteninteressen bleibt nachrangig. Da verwundert es nicht, dass die ökologische Bewegung seit 30 Jahren bei Gewerkschaften nur beschränkt als politischer Bündnispartner anerkannt wird, im Prekariat keine Rolle spielt. Die Vertreter eines Green New Deal setzen dann auch auf Kompromisse mit (progressiven) Kapitalfraktionen oder auf die »Kreativität« der Unternehmen. Es gehe angesichts knapper werdender Rohstoffe um ein »effektives Ressourcenmanagement«, so Fücks und Steenbock (2007). Wahrscheinlicher sind der bereits in Gang gekommene, intensivierte Kampf um Ressourcen und die Zunahme imperialer Politiken. Das »Wächtersystem« (ebd.) globaler zivilgesellschaftlicher Umweltorganisationen hat dem nichts entgegenzusetzen. Und doch soll gerade ihnen nach der »sozialen Zivilisierung des Kapitalismus« im 19. Jahrhundert der Sprung in den ökologischen Kapitalismus gelingen. Das Soziale scheint erledigt. Es ist fraglich, ob eine Strategie der Zähmung und Einbindung des Kapitals durch ökologisch orientierte Fraktionen der Mittelklasse ohne breites Mitte-Unten-Bündnis Erfolg haben kann, zumal jede konsequente (sozial)ökologische Transformation mit einer massiven Kapitalvernichtung einhergeht. Betroffen hiervon sind die mächtigsten Kapitalfraktionen: die fossilistischen Konzerne vom Öl bis zum Auto. Was dies für die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, Kräfteverhältnisse, Krisen bedeutet, wird kaum thematisiert. Der Übergang wird von tiefen Krisen und heftigen Kämpfen geprägt sein.

ANS STEUER DER EIGENEN GESCHICHTE KOMMEN

Dies gilt auch für die Strategie der Abfederung über Umverteilung. Ob DeGrowth oder qualitatives Wachstum und Green Jobs, alle (linken) Positionen plädieren für Umverteilung. Diese ist sicher unverzichtbar. Doch stellen sich damit bisher nicht gekannte Probleme. Zu Zeiten des Fordismus sicherten hohe Produktivität und hohes Wachstum große Verteilungsspielräume. Ansätze eines Green New Deal wollen diese Situation wieder herstellen. Andere setzen auf den Ausbau des Öffentlichen, einen Bereich, der unter kapitalistischen Bedingungen aus dem Steueraufkommen und letztlich vor allem aus den kapitalistisch organisierten Sektoren finanziert werden muss. Geht es gar um Schrumpfung der Wirtschaft, werden Verteilungskämpfe wesentlich härter werden. Der Rückgang des Wachstums in der neoliberalen Periode gibt einen Vorgeschmack. Die Lohnabhängigen selbst werden bei den unterschiedlichen Projekten ökologischer Erneuerung vorwiegend nur als individuelle Konsumenten angesprochen, als diffuse Zivilgesellschaft, nicht als politische Subjekte. Die (Selbst-)Anrufungen richten sich ansonsten an den Staat, das (Öko-)Kapital und NGOs – manchmal an die Gewerkschaften. Doch auch letztere betrachten die Klasse der (mehr oder weniger prekären) Lohnabhängigen nicht wirklich als Akteure von Entscheidung und Bewegung. Die Möglichkeit einer sozial-ökologischen Transformation ist verbunden mit der Frage, wie wir die politische Praxis einer Mosaik-Linken begreifen (vgl. Luxemburg 1/2010). Die Betroffenen selbst müssen zu Protagonisten der Veränderung werden. Bislang agieren die unterschiedlichen Gruppen meist getrennt voneinander. Es bedarf daher konkreter gemeinsamer Einstiegsprojekte und verbindender Perspektiven, die aus den unterschiedlichen Interessen Gemeinsamkeiten schaffen und dennoch Differenzen respektieren. Am Beispiel der Automobilindustrie lässt sich dies verdeutlichen. Der bereits enorme Konkurrenzdruck wird angesichts weiter steigender globaler Überkapazitäten zunehmen, Zentralisierung befördern und Standorte und Arbeitsplätze gefährden. Präventiv wären staatliche Kapitalhilfen an alternative Entwicklungswege und die Beteiligung am Eigentum bzw. die volle Vergesellschaftung von Unternehmen zu knüpfen (ähnlich wie es die USA bei General Motors getan haben, freilich ohne die Gelegenheit für den Einstieg in eine Konversion zu nutzen). Öffentliche Beteiligung wäre mit erweiterter Partizipation von Beschäftigten, Gewerkschaften, Umweltverbänden und den Menschen der Region zu verbinden, z.B. in regionalen Räten, die über konkrete Schritte einer Konversion des Automobilkonzerns in einen ökologisch orientierten Dienstleister für öffentliche Mobilität entscheiden. Mit integrierten Mobilitätskonzepten könnte das Gewicht zwischen öffentlichem und privatem Verkehr verschoben und Straßenbahnen, Bussen, Fußgängern und (Elektro-)Fahrrädern Vorrang vor dem Autoverkehr eingeräumt werden (vgl. Luxemburg 3/2010). Von Jobverlust bedrohte Automobilwerker diskutierten, entwickelten und bestimmten in betrieblichen und regionalen Räten, wie eine Konversion ihrer Industrien und ein gerechter Übergang organisiert werden kann. In einer solchen Perspektive lassen sich die unterschiedlichen Interessen leichter verbinden und verschiedene Gruppen übergreifend organisieren. Makroökonomisch würde Konversion darüber hinaus bedeuten, unsere wachstumsorientierte kapitalistische Ökonomie in eine »Reproduktionsökonomie« zu transformieren, die sich zu beschränken weiß und zugleich neuen Reichtum schafft. Reproduktion heißt hier zum einen, sich auf eine bedürfnisorientierte, solidarische »Care Economy« zu konzentrieren: soziale Infrastrukturen öffentlicher Gesundheit, Pflege, Erziehung und Bildung, Forschung, soziale Dienste, Ernährung(ssouveränität) und Schutz unserer natürlichen Umwelt. Denn das sind zentrale Bedürfnisse, in denen alle seit Jahren Mangel beklagen, und es sind die einzigen Bereiche, in denen in den Industrieländern die Beschäftigung wächst. Während in der Krise in der Metall- und Elektroindustrie 200 000 Jobs verloren gingen (FTD vom 31.1.2010), sind im Gesundheits- und Sozialsektor 122 000 geschaffen worden (FTD vom 1.2.2010). Auch in den neuen kapitalistischen Zentren wie China, Indien oder Brasilien sind dies rasch wachsende Sektoren. Es ist zentral, sie öffentlich zu halten und nicht dem Markt preiszugeben. Eine solche Reproduktionsökonomie bedeutet mittelfristig, dass sich Bedürfnisse und Ökonomie qualitativ entwickeln, aber nicht mehr quantitativ bzw. stofflich wachsen. Ein gerechter Übergang bedeutet kurzfristig, dass, während bestimmte Bereiche schrumpfen, andere zunächst wachsen müssen, bei relativer Entkopplung vom stofflichen Wachstum. Ein solches qualitatives Wachstum ist übergangsweise nicht zuletzt aufgrund der Defizite in vielen Bereichen der Reproduktion notwendig – vor allem für Länder des globalen Südens. Im globalen Süden hieße das, sich auf die grundlegenden Bedürfnisse der ländlichen und urbanen Armen zu konzentrieren: Ländliche Gemeinden müssen mit Hilfe von Landreformen Ernährungssouveränität erhalten, so dass sie selbst die Kontrolle über ihre spezifischen Produktions- und Lebensweisen übernehmen und die Bevölkerung nicht länger gezwungen ist, in den Städten nach Überlebensmöglichkeiten zu suchen. In diesen »Megacities« wäre entscheidend, stoffliche und soziale Infrastrukturen sowie Sozialversicherungssysteme zu entwickeln. Mit Blick auf Mobilität hieße das, freien Zugang zu einem rasch expandierenden öffentlichen Verkehrssystem zu garantieren, statt teure Infrastruktur für Millionen privater Autos zu bauen, mit den entsprechenden ökologischen und menschlichen Kosten. Eine Reorientierung auf reproduktive Bedürfnisse geht mit einer Orientierung auf Binnenmarkt und -produktion einher. Globale Produktionsketten verschwenden Ressourcen. Der Transport, einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen, muss verringert und die Produktion ökologisch reorganisiert werden. Es geht also nicht um einen »naiven Antiindustrialismus« (Urban), sondern um eine alternative Produktion. Eine Tendenz zu Deglobalisierung und Regionalisierung der Wirtschaft trägt auch zum Abbau der Leistungsbilanzungleichgewichte und der Exportfixierung bei. Es braucht neben der Konversion einzelner Branchen zugleich auch eine Konversion unserer wachstums- und exportorientierten Wirtschaftsmodelle insgesamt – und ein linkes Staatsprojekt, das die Bedingungen hierfür schafft. Protagonist eines solchen Prozesses kann nur eine partizipativ orientierte Mosaik-Linke sein, die die Einzelnen befähigt, »ans Steuer der eigenen Geschichte« (Mann 2010, 103) zu kommen.  

LITERATUR

Candeias, Mario, 2010: Von der fragmentierten Linken zum Mosaik, in: Luxemburg 1/2010, 6–17 Ders. und Bernd Röttger, 2007: »Nicht widerstandslos enthaupten lassen!« Beteiligungsorientierte Betriebspolitik und lokale Arbeiterbewegung: Wege aus der gewerkschaftlichen Defensive?, Standpunkte der RLS 16/2007, Berlin Flemming, Jana, 2011: Just Transition, in: mehring1-blog, http://ifg.rosalux.de/2011/01/14/just-transition/ (4.2.2011) Fücks, Ralf, und Kristina Steenbock, 2007: Die Große Transformation. Kann die ökologische Wende des Kapitalismus gelingen?, Berlin, http://www.boell.de/downloads/EDigest07-03FuecksSteenbockEndf.pdf (4.2.2011) Internationale Transportarbeiter Föderation, 2010: Modaler Wechsel, in: Auto.Mobil.Alternativen, Standpunkte der RLS 30/2010, 3f. Just Transition Alliance, o.J.: Frontline Workers and Fenceline Communities United for Justice, www.stuffit.org/carbon/ pdf-research/resistance-alternatives/climateenglish.pdf Kohler, Brian, 2010: Sustainability and Just Transition in the Energy Industries, http://bildungsverein.kpoe-steiermark. at/download.php?f=64cae7b1985df6414a9ea4b36016 cf99 (4.2.2011) Lötzer, Ulla, 2010: Industriepolitische Offensive – Konversion, Zukunftsfonds, Wirtschaftsdemokratie, in: Luxemburg 3/2010, 86–93 Mann, Eric, 2010: Organizing in den Bussen von Los Angeles, in: Luxemburg 3/2010, 98–103 View, Jenice L., 2002: Just Transition Alliance Frontline Workers and Fenceline Communities United for Justice, Washington DC, www.ejrc.cau.edu/summit2/JustTransition.pdf (4.2.2011) Young, Jim, 2003: Green-Collar Workers. Debating issues from arctic drilling to fuel economy, labor and environmentalists are often at odds. But a bold new plan could help reconcile the differences, in: Sierra Magazine, www.sierraclub.org/sierra/200307/labor_printable.asp#top (8.2.2011)

Anmerkungen

1 Für die Recherche zur Herkunft des Begriffs danke ich Jana Flemming, vgl. mehring1-blog: http://ifg.rosalux. de/2011/01/14/just-transition/ (4.2.2011). 2 Vgl. www.climate-justice-action.org/news/2009/10/19/ climate-justice-movement-to-take-mass-action-during-unclimate-talks/ (4.2.2011).