Es gibt ein wachsendes Potenzial der Faschisierung als Ergebnis und Treiber einer blockierten Transformation, das weit über die radikale Rechte hinausreicht. Zugleich erleben wir, wie die gesellschaftliche Linke an Bedeutung verliert und in die Defensive gerät, ebenso eine wachsende Ratlosigkeit des progressiv-liberalen Lagers. Zusammen ergibt sich daraus die Bewegung einer regressiven Krisenbewältigung, in der große gesellschaftliche Probleme, sogar Menschheitsfragen, ungelöst bleiben, während die daraus erwachsenden gesellschaftlichen Spannungen auf affektiv aufgeladene Triggerpunkte (Mau u. a. 2024) verschoben werden. Ich möchte hier einige Gedanken aus einem früheren Text (Candeias 2024) weiterführen, mich dabei aber auf sozialpsychologische Aspekte beschränken.
Es geht um die Schwierigkeit vieler Menschen, die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der gegenwärtigen Situation noch nachzuvollziehen und zu verstehen, sich zu orientieren. Die permanenten Überforderungen und Zumutungen zuerst der Jahrzehnte des Neoliberalismus, dann der Krisen des Interregnums und derzeit der hart umkämpften Transformation führen in großen Teilen der Bevölkerung zu Erschöpfung und zum Rückzug ins Private. Die Folge ist ein eigentümliches Auseinanderfallen von gesellschaftlichen und »gefühlten« individuellen Problemlagen. Die daraus erwachsende Verunsicherung kann sich zu moralischen Paniken verdichten, die vor allem von Rechten geschürt und zur reaktionären Mobilisierung genutzt werden (Demirović 2018, 29), sodass die Bewusstwerdung notwendigen Handelns zur Bewältigung der Krisen und Transformationen aktiv blockiert wird, also eine »Verweigerung des in einer Krisensituation geforderten Lern- und Adjustierungsprozesses« (Jaeggi 2023, 217) stattfindet.
Fatalismus als Treibstoff der Faschisierung
Faschisierung beschrieb ich jüngst als einen Prozess, in dem die Bourgeoisie unfähig erscheint, zu regieren und die (im kapitalistischen Sinne) notwendige Transformation zu organisieren, während der größte Teil der lohnabhängigen Klasse demobilisiert ist. Faschisierung war bei Ernst Bloch (1935, 116f) Ausdruck »ungleichzeitiger Widersprüche«, die »objektiv« als Fortwirken älterer Produktions- und Lebensweisen, »subjektiv« als »gestaute Wut« auftreten, heute sozusagen gegen die Infragestellung des »normalen« Funktionierens der Welt. Die »Dinge passen nicht mehr zusammen« (Strobl 2021, 7), so als wäre die Welt im doppelten Sinne ver-rückt (ge)worden. »Toleranzreserven« schwinden (Goes 2024), bei Weitem nicht nur aufseiten der radikalen Rechten. Viele Entwicklungen entziehen sich dabei der Eindeutigkeit, erschüttern Gewissheiten.
Wenn wie derzeit die Wucht der multiplen Krisen zunimmt und die Angst vor ihnen und einer immer düsterer erscheinenden Zukunft wächst (vgl. hierzu Candeias 2023), macht sich in Gesellschaften eine fatalistische Stimmung breit. Der Fatalismus wird dabei zur negativen Kraft, zum Treibstoff der Faschisierung, einerseits durch Erschöpfung und Demobilisierung der solidarischen Teile der Bevölkerung, andererseits durch die reaktionäre Selbstermächtigung und Entsolidarisierung anderer Gruppen. Es bilden sich gewissermaßen zwei Formen dissoziierter oder autoritärer Persönlichkeiten als wichtige »Sozialcharaktere« (Fromm) heraus, als überindividuelle, von der Gesellschaft massenhaft und regelmäßig erzeugte strukturelle Handlungsmuster vor dem Hintergrund mangelnder Verarbeitungsmechanismen für erlebte Zumutungen.
Erschöpfung und Transformationsmüdigkeit
Besonders Anhänger*innen der Linken (fast 60 %) fühlen sich laut einer Studie der Beratungsagentur Auctority (Guthier u. a. 2024) erschöpft. Das berühmte alltägliche Hamsterrad, der steigende Leistungsdruck im Job, die geforderte Flexibilität, die Sorge, Reproduktionsarbeit mit Erwerbstätigkeit unter einen Hut zu bekommen, gesundheitlich mithalten zu können, das verstärkte Gefühl, gegen den Abstieg auf der gesellschaftlichen »Rolltreppe« (Nachtwey) anrennen zu müssen, sowie die abnehmende Planbarkeit der Zukunft – all dies ist bekannt. Auch die Diagnose der »erschöpften Gesellschaft« (Grünewald 2013) ist nicht neu, sie galt bislang vor allem für die Segmente der Arbeiter*innenklasse mit niedrigen Einkommen.
Hinzu kommt heute bei der gesellschaftlichen Linken eine Erschöpfung aufgrund der allgemeinen politischen Situation und des Eindrucks, dass trotz oft hohem Einsatz nur wenig vorangeht, im Gegenteil progressive Errungenschaften der Arbeiter*innen- und anderer Emanzipationsbewegungen (bspw. der Frauen- oder LGBTIQ*-Bewegung) sogar zurückgedrängt oder wieder zunichtegemacht werden. Die Erfahrung, die Enkelin muss erneut die Kämpfe ausfechten, die ihre Großmutter bereits gewonnen hatte, ist frustrierend. Währenddessen türmen sich die Sorgen um die vielen ungelösten Krisen auf, verstärken sich fatalistische Gefühle. Aufseiten der radikalen Rechten sind kaum weniger Menschen (52,5 %, Guthier u. a., 2024) erschöpft. Die Hintergründe der politisch bedingten Erschöpfung unterscheiden sich allerdings deutlich. Während Wähler*innen der Linkspartei vor allem »fehlende Solidarität und fehlenden Zusammenhalt« nennen (90,9 %), steht bei AfD-Wähler*innen »fehlendes Vertrauen in das System« an erster Stelle (83,4 %, ebd.).
Oft geht es um subjektiv erfahrene Ungerechtigkeiten und enttäuschte Teilhabeversprechen (an gesellschaftlichem Reichtum, kultureller Wertschätzung, sozialen und beruflichen Positionen etc.), denen individuell nicht oder nur sehr schwer begegnet werden kann, was Ohnmachtsgefühle verstärkt. Hinzu tritt die Schwächung traditioneller Ideologieelemente und Werte wie (Industrie-)Arbeit, Familie, Religion, Nation, Naturverhältnisse etc. im Zuge der Durchsetzung einer neuen transnationalen informationstechnologischen Produktions- und Lebensweise. Veränderungen und Pluralisierung von Lebensstilen rufen eine Krise der männlichen Subjektivität hervor (auch eine Krise der weiblichen bei eher traditionell geprägten Frauen), Globalisierung und Einwanderung werden von vielen zunehmend als »Bedrohungen von außen« empfunden, andere beklagen Prozesse der Entdemokratisierung und der organisierten Verantwortungslosigkeit (hierzu ausführlich Candeias 2018, 37ff). Die Verallgemeinerung einer Kultur der Unsicherheit wurde im Interregnum und in der gegenwärtigen Transformation für einen Teil der Menschen nahezu unaushaltbar verdichtet zu einem Gefühl des (auch emotionalen) Kontrollverlusts. Die Subjekte sind transformationsmüde.
Schwächung der traditionellen Hegemonieapparate und aktuelle Triggerpunkte
Viele können die Welt, so wie sie ist, nicht mehr lesen. Die herrschende Meinung ist fragwürdig geworden, wird selbst nicht mehr klar formuliert. In Krisen der Hegemonie verlieren auch die Apparate und Institutionen der Kommunikation und des Wissens ihre scheinbar natürliche Autorität. Derzeit zieht vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk den manchmal berechtigten, aber häufig übersteigerten Zorn auf sich, aber auch Teile der Wissenschaft, etwa mit Blick auf die Gender- und Klimaforschung oder ihre Rolle während der Corona-Pandemie. Ihre Autorität wird infrage gestellt, ihnen wird nicht mehr »geglaubt«, ihre symbolische Macht nicht länger stillschweigend akzeptiert – vielmehr wird offen widersprochen. Da Argumente in einer solchen Situation immer häufiger ins Leere laufen, wird der Diskurs immer moralischer. Die (meinungs-)bildende und erzieherische Aufgabe dieser Hegemonieapparate wird dann teilweise gekontert mit der (gerade bei meinungsstarken Prominenten) abstrusen Aussage, man könne »nicht einmal mehr seine Meinung sagen«, nur weil sich andere Positionen etwa zu Diversität im Rahmen des »progressiven Neoliberalismus« (Fraser 2017) inzwischen etwas mehr Gehör verschaffen konnten.
Die Ungleichzeitigkeit der Widersprüche, die mit normalen Mitteln nicht »in den Griff zu bekommen« sind, bewirkt ein Auseinanderfallen von grundlegenden gesellschaftlichen Problemen und öffentlichen Triggerpunkten. Bei Letzteren handelt es sich um vermeintliche Banalitäten wie Gendersternchen, Gesundheitstipps (etwa die Empfehlung, nur noch ein Ei pro Woche zu essen) oder die Einrichtung von Busspuren bzw. bizarre Geschichten über Geflüchtete, die nur zu uns kommen würden, um sich den Zahnersatz hier bezahlen zu lassen, während »Deutsche keinen Arzttermin mehr bekämen«. Das Verbot des Genderns an Schulen und öffentlichen Einrichtungen (in Bayern, aber auch in Sachsen unter einer CDU-SPD-Grünen-Regierung) zeigt allerdings: Es ist nicht nur der rechte Rand, der sich triggern lässt bzw. mit Ressentiments Politik betreibt. Es handelt sich um den durchaus erfolgreichen Versuch von herrschender Seite, den wirklich entscheidenden Fragen der Zeit auszuweichen bzw. die Aufmerksamkeit davon wegzulenken.
Diese Triggerpunkte dienen sozialpsychologisch als »Verdichtungszonen« (Brückner 1982, 12) für die Entladung der Tiefenspannungen unverarbeiteter, als überkomplex erlebter gesellschaftlicher Widerspruchskonstellationen, mit der die Welt wieder entzifferbar und klarer werden soll. Dabei »überwiegt die affektive gegenüber der kognitiven Komponente von Einstellungen« (Mau u. a. 2023, 247). Die Trigger sind Effekt der »Kompensation und/oder Verdrängung einer unlösbaren Spannung zwischen erkannten Problemen und der gesellschaftlich verstellten Möglichkeit, angemessen auf sie zu reagieren« (Jaeggi 2023, 223). Faschisierung tritt also auf als Phänomen des misslingenden Übergangs: von der multiplen Krise im und des Kapitalismus hin zu einer kohärenteren Form gesellschaftlicher Entwicklung. Dabei ist es gelungen, die Elitenkritik auf die Kritik an der vermeintlich »linksgrünen« Bundesregierung (beginnend mit dem Heizungsgesetz) zu konzentrieren sowie ein Gefühl der Unregierbarkeit und des »kranken Mannes Deutschland« zu erzeugen. Mit in Haftung genommen werden alle zivilgesellschaftlich engagierten »Gutmenschen«, soziale Bewegungen wie Fridays for Future oder Die letzte Generation, aber eben auch die Partei Die Linke als vermeintlich linksliberale, akademisch-urbane, »weltfremde« »Blase«, die den Kontakt zur »normalen« Bevölkerung verloren habe (vgl. Ege/Gallas 2024, 20).
Die Subalternen werden durch diese auch medial verstärkten Paniken und von »politischen Polarisierungsunternehmern« (Mau u. a. 2023, 278) »ermutigt, jene vom Denken, vom Begreifen zunehmend abgespalteten Gefühle in Ressentiments, rassistische Praktiken, Kälte und Entsolidarisierung zu übersetzen – und dafür belohnt mit Aufmerksamkeit« (Demirović 2018, 32). So stehen »psychischer Apparat« und »ideologische Apparate in Wechselwirkung« (Horkheimer 1932, 59f). Vor allem Männer bilden einen »Körperpanzer« (Reich 1933; Theweleit 1977/78) aus, der die Selbststabilisierung durch Härte gegen sich und andere sucht, aus der sich die reaktionäre Selbstermächtigung speist. Die (geistige) Erschöpfung und der Fatalismus werden gewendet in eine aggressive Haltung gegen andere, die der Spannungsabfuhr dient. Aggression gegen Individuen und Gruppen, die nicht der herrschenden Norm entsprechen, fungiert als Kompensation für die selbst erfahrenen Zwänge, für Unterordnung und Gewalt, die die Einzelnen selbst erleiden.
Natürlich könnten die unter den Triggern verborgenen Unsicherheiten und Kränkungen unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen auch in solidarischer und egalitärer Weise bearbeitet werden. Je weniger die Menschen jedoch an materielle Verbesserungen (durch die Politik) glauben, je mehr die großen sozialen Fragen (Löhne, Wohnen, Gesundheit etc.) in den Hintergrund treten oder kaum mehr bearbeitet werden, desto stärker treten die kleinen und feinen Unterschiede hervor. Dabei hat eine Verschiebung der Empörung stattgefunden: 2011 und in den Folgejahren standen noch die »Indignados« (die Empörten) mit ihren weltweiten Platzbesetzungen für einen linken Aufbruch, in Deutschland gelangte – nachdem die Empörung über die Einführung der Hartz-IV-Gesetze nur noch eine schwindende Erinnerung war – die soziale Frage mit der Energiepreiskrise und der Inflation zumindest für einen begrenzten Zeitraum zurück in die öffentliche Debatte. Die Empörung wanderte weg von sozialen oder auch ökologischen Fragen zu einer rechtsoffenen, von (sozialen) Medien gestützten Aufregungsökonomie. Die Wohnungskrise, der Pflegenotstand oder der Lehrermangel ebenso wie die nur noch begrenzbare Klimakatastrophe, Femizide oder die weiterhin ungleiche Entlohnung der Geschlechter, all diese gesellschaftlichen Skandale sind deswegen derzeit eben keine Triggerpunkte.
Wenn die beschriebenen Unsicherheiten und Moralpaniken auch bei Menschen aus der Arbeiter*innenklasse ideologisch nach rechts führen, dann agieren sie nicht »gegen« ihre eigenen Interessen, sondern für andere ihrer Interessen, gerade weil die linke Orientierung auf die soziale Frage über Jahrzehnte wenig an der wachsenden Ungleichheit zu verändern schien. Die individuellen und sozialen Interessen dieser Einzelnen werden im Zuge ihrer (aktiven) Subjektivierung im Rahmen nationalistischer, autoritärer und radikal rechter Diskurse und Denkformen umgebaut: Was ihnen nützt oder schadet, beurteilen sie dann vom neu gewonnenen rechtsautoritären Standpunkt aus – vielleicht die wirksamste Form der »ideologischen Transformationsarbeit« (PIT 1980) der radikalen Rechten im Prozess der Faschisierung, die Ausbildung einer Weltauffassung, die die herrschende Sicht herausfordert. Das heißt leider auch, die Betreffenden sind dann nicht für linke Politik zu gewinnen, indem an ihre »wirklichen« sozialen Interessen appelliert wird (und dem Kulturkampf ausgewichen wird).
Die große Regression
Die Erschöpfung auf der einen und die von rechten Kräften vorangetriebene Faschisierung auf der anderen Seite münden in die Gefahr einer großen Regression. Letztere zeichnet sich nicht einfach durch die Sehnsucht aus, zu einer »guten alten Zeit« zurückzukehren. Sie ist ein Effekt, bei dem sich das Denken und Handeln vor dem Neuen »verstockt« (Adorno 1949, 16) und nicht nur eine angemessene Krisenbearbeitung verhindert, sondern Gegenkräfte mobilisiert, »die die Ressourcen zur Lösung vernichten« (Jaeggi 2023, 218). Individuelle und gesellschaftliche Regression können als eine unbewusste Reaktion auf die Zumutungen der Transformation und die multiplen Krisen, die die eigene Lebensweise und Identität sowie die eigenen Formen des Denkens und Fühlens bedrohen, verstanden werden, die sich dagegen innerlich versperrt. Gewissermaßen eine »Erfahrungsblockade« (ebd., 212). Diese kommt einer »Realitätsvermeidung« gleich, die die Krisen- und Problembewältigung »verhindert« (ebd., 217). Denn es geht um ein »Zurück zu etwas oder ein Festhalten an etwas, wohin man (auf diese Weise) gar nicht zurückkehren kann und das sich nicht bewahren lässt« (ebd., 242).
»Der Abschied von Liebgewonnenem, von althergebrachten und praktischen Formen des Fühlens, Denkens und Handelns, verlangt eine Krise. Doch die spontane Parteinahme lässt Fühlen und Wollen auf der Seite des Alten, oft retrospektiv Verklärten stehen. Gesellschaftlich progressive Entwicklung braucht jedoch den Bruch mit den alten Formen als Voraussetzung des Neuen.« (Haug 2003, 63) Die Faschisierung ist Ausdruck dessen, ebendiesen Bruch, sei es in Form einer ökologischen und gesellschaftlichen Modernisierung, noch mehr in Form einer egalitären und sozialistischen Alternative, zu verhindern. Dies gelingt auch deswegen, weil die Kosten der Transformation einseitig den lohnabhängigen Klassen und hier vor allem den unteren Teilen auferlegt werden. Sie erleben die Veränderungen als negativ. Ergo wollen viele ihre alte Position in den Verhältnissen nicht verlassen, »um handlungsfähig zu bleiben und auch die schon gewährten Privilegien zu erhalten« (ebd., 65), die freilich von allen Seiten bedroht erscheinen. Die einen (jene, die es können und wollen) verhärten sich, um standzuhalten, andere verzweifeln und ziehen sich zurück.
Radikal rechte Politik kann als ein durchaus bewusster Prozess gesellschaftlicher Regression betrachtet werden, der ebenjene Verstocktheit und Blockade dazu einsetzt, »die Momente der Realität, die offenkundig nicht aushaltbar sind, die nicht konfrontiert werden können, zu kompensieren« (Jaeggi 2023, 222) und in ein reaktionäres, zerstörerisches Projekt zu überführen. Dies ist eine Entwicklung, die die liberalen Demokratien nicht »von außen« trifft, deren Grundlagen vielmehr in ihren »immanenten Defiziten« liegen (ebd., 226), die die herrschenden Klassen und Gruppen selbst nicht in einer Weise angegangen sind, dass sie wirkliche Führung im Sinne der Berücksichtigung der Interessen der untergeordneten gesellschaftlichen Gruppen für einen aktiven Konsens organisiert hätten. Die Klassenbasis des aktiven Konsenses in der neoliberalen Periode war schon auf eine immer schmalere Basis zusammengeschrumpft, die Träger*innen des grün-kapitalistischen und liberalen Modernisierungsprojekts, allen voran die Ampelregierung, haben versäumt, einen breiten Klassenkompromiss zu suchen. So erweiterte dieses angehende Hegemonieprojekt selbst die Grundlagen für sein eigenes Gegenprojekt: die Faschisierung und den Hass, die der halbierten liberalen Demokratie selbst entspringen. Dafür bedarf es mehr als der Rückkehr zu demokratischen Verfahren. Es braucht dafür ein erweitertes Projekt einer sozial-ökologischen, solidarischen und wirtschaftsdemokratischen Transformation, wenigstens eine Andeutung in diese Richtung, die Zukunft wieder vorstellbar werden lässt, die der Bedrängnis und Angst vor Veränderung Raum gibt und ihnen eine glaubwürdige Hoffnung entgegensetzt, einen Weg skizziert, um gemeinsam handlungsfähig zu werden und den »Wärmestrom« (Bloch) der Solidarität zu erfahren. Mit Horkheimer geht es darum, wie der begründete Pessimismus produktiv gemacht werden kann, damit er nicht in Fatalismus umschlägt.