Dies zeigt sich an der Normalisierung und zunehmenden Dominanz radikal rechter Positionen im politischen Diskurs, insbesondere bei der CDU/CSU, in den Feuilletons, in den Talkshows des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und darüber hinaus. Die AfD wirkt dabei wie ein Türöffner, sie sagt das (vermeintlich) Unsagbare. Es folgen meist nicht ernst gemeinte Entschuldigungen und daraufhin weitere vermeintliche Tabubrüche. In der Öffentlichkeit, die anfangs mit moralischer Empörung darauf reagierte, fand rasch eine Gewöhnung statt. Während es weiterhin immer noch unaufgeregten und guten Qualitätsjournalismus gibt, ebnete das Gros der im neoliberalen Meinungskorridor beheimateten Medienmacher den Rechten den Weg. Dies geschieht durch die Wiedergabe einer rechts grundierten Volksmeinung oder durch eine aufgeregte Daueraufmerksamkeitsschleife zugunsten der AfD, mit der zugleich andere zentrale gesellschaftliche und soziale Fragen und Bewegungen (auch Gegenbewegungen zu Pegida und AfD) marginalisiert werden.
Ein starkes Symbol für die Diskursmacht der radikalen Rechten ist die jüngste Regierungskrise und der Streit zwischen Innenminister Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel. Es ging nur noch um geschlossene Aufnahmelager, sofortige Zurückweisung an den Grenzen entnannt wurde das gleichzeitige Massensterben im Mittelmeer. Die radikale Rechte setzt die Agenda und sie ist «auf der Jagd», wie der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland sagte. Nur einige Wochen später kam es zu den Ereignissen in Chemnitz, den rechten Demonstrationen unter Beteiligung organisierter Neonazis, dem offenen Zeigen des Hitlergrußes, der Hetzjagd auf Menschen mit anderer Hautfarbe – und zu kleinen Polizeieinheiten, die nicht in der Lage und/oder unwillig waren den Mob zu stoppen (während jede linke oder antifaschistische Aktion sich einer großen Zahl zunehmend militarisierter Antiterroreinheiten gegenübersieht). Der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, verharmloste die Geschehnisse, bezweifelte die Echtheit von Filmdokumenten und bezeichnete entsprechende Medienberichte als «gezielte Falschinformationen» - also fake news. Nach heftigem öffentlichem Unmut führte dies zur nächsten Regierungskrise, weil Seehofer Maaßen stützte, während Merkel und die SPD seine Ablösung forderten. Am Ende wurde Maaßen zwar seiner Position als Verfassungsschutzpräsident enthoben, zur Gesichtswahrung von Seehofer jedoch zum Staatssekretär für Innere Sicherheit und Cybersicherheit im Innenministerium befördert. Ein Kompromiss, geeignet den Eindruck einer abgehobenen und korrupten Politikerkaste weiter zu befördern. Die Krise schwelt noch, die Regierungsparteien verlieren weiter an Rückhalt in der Bevölkerung, Menschen reagieren frustriert, nicht wenige treiben dadurch noch weiter in die Anti-Establishment-Haltung und in die Arme der AfD. Die politische Polarisierung verläuft zwischen der radikalen Rechten und der rechtskonservativen und neoliberalen Regierung.
Dabei zeichnet sich die AfD-Taktik – nicht durchgängig, aber mit System – durch eine offene Gegnerschaft zum Parlamentarismus aus, zumindest durch eine Anti-Parteien- und Anti-Parlaments-Orientierung, die die demokratischen Verfahren verunglimpft, umgeht und das Parlament nur als Bühne nutzt. Natürlich hat die Entdemokratisierung durch eine Aushebelung demokratischer Verfahren schon mit den Neoliberalen eingesetzt und wurde bzw. wird weiterhin von Leuten wie Berlusconi, Orbán, Trump offensiv betrieben. Hier arbeitet die radikale Rechte mit ihrem allenfalls taktischen Verhältnis zum Parlamentarismus einem neuen Autoritarismus von oben zu. Dazu kommt der Versuch einer politischen Kontrolle der Judikative (beispielsweise in Polen und Ungarn sowie in den USA und in der Türkei), die Einschränkung der Pressefreiheit, die Relativierung von «Wahrheit» und der Einsatz von Fake-News und Verschwörungstheorien, häufig verbunden mit einem groben Geschichtsrevisionismus. Minderheiten-, Frauen- und Gewerkschaftsrechte sowie die Wissenschaftsfreiheit werden in mehr und mehr Ländern grundlegend missachtet. Eine gewaltförmige Sprache und affirmativ-relativierende Positionen gegenüber physischer Gewalt von rechts führen zu einer weiteren Brutalisierung des Alltags, worauf wiederum mit Sicherheitsdiskursen und Forderungen reagiert wird, die repressiven Apparate weiter aufzurüsten. Die Erweiterung des Raums des Sagbaren («Man wird es ja mal sagen dürfen») erweitert auch den Raum des Handelns: von Hassäußerungen bis hin zu Gewalttaten. Kurzum: Wir können vielfältige Tendenzen der Faschisierung erkennen, die eine demokratische und solidarische Lebensweise infrage stellen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Konstruktion und Bekämpfung des «Anderen».
Vor dem Hintergrund der Veränderungen im politisch-medialen Diskurs und im Alltag geraten auch alle existierenden Parteiformationen in Bewegung, die gesellschaftlichen Widersprüche brechen sich auch in ihrem Inneren Bahn. Das betrifft die Christdemokratie, in der sich offener Widerspruch zu Merkel formiert (noch ohne personell ernst zu nehmende Alternative) und die Flügel von Rechtskonservativen und liberalen Modernisierern nicht mehr durch die Person Merkel geeint werden. Die Fliehkräfte nehmen zu, die Partei verliert in alle Richtungen Wähler*innen, vor allem an die Gruppe der Nichtwähler*innen, die AfD und die rechtsgewendete FDP als «One-man-Show», aber auch zu Grünen, SPD und seltsamerweise sogar zur LINKEN. Die SPD wiederum hat sich aus Angst vor dem Absturz in das Gefängnis der «großen Koalition» geflüchtet. Ohne eigenes Projekt, ohne wenigstens ein oder zwei zentrale Reformvorhaben spielen sie in der Regierung kaum eine wahrnehmbare Rolle. Die Regierungsbeteiligung hat zugleich jeden Versuch einer Erneuerung von Beginn an zur Wirkungslosigkeit verdammt. Die SPD befindet sich im freien Fall. Die Grünen haben sich mit einer neuen «post-ideologischen» Führung konsolidiert, die strategischen Widersprüche zwischen grün-konservativem Regierungskurs und dem Liebäugeln mit einer CDU-Grünen-Regierung und einer konsequent links-ökologischen Neuprofilierung sind ungelöst. Als Antikriegs- und Bürgerrechtspartei, die die Rechte von Geflüchteten verteidigt, ist sie nach der Zustimmung zu den vielfältigen Schritten zur Asylrechtsverschärfung und der migrationsfeindlichen Positionen innerhalb der Partei à la Boris Palmer und anderer eigentlich unglaubwürdig geworden. Dennoch gelingt es ihnen mit der Stilllegung ihrer inneren Konflikte sich als Alternative zur Zerstrittenheit der Regierungskoalition zu präsentieren und in Umfragen deutlich zuzulegen. Die Polarisierung durch die radikale Rechte treibt enttäuschte oder inaktive Anhänger*innen wieder zurück zu den Grünen, auch wenn sie dadurch keineswegs in der Lage sind, einen Dritten Pol hörbar werden zu lassen.
Auch die Linke kann die Polarisierung zwischen der Rechten in der Regierung und der radikalen Rechten in der Opposition nicht wirksam durchbrechen. Sie ist stabil, gewinnt erstaunlich viele neue und vor allem junge Mitglieder (mit breiter beruflicher Palette, insbesondere aus sozialen Diensten, und viele mit sogenanntem Migrationshintergrund), die sich gegen AfD und für alltagsnahe politische Themen engagieren wollen. Die Partei versucht über mehr Präsenz im Alltag durch Haustürgespräche, konkrete Organisierung in benachteiligten Vierteln, in Mieterinitiativen, in Hartz-IV-Beratungen, durch systematische Unterstützung von Arbeitskämpfen der Beschäftigten bei Amazon oder an Krankenhäusern, in Willkommensinitiativen, alltäglich gemeinsam mit sozialen Bewegungen und Initiativen (nicht nur bei großen Demonstrationen), sich breiter zu verankern, beim Aufbau solidarischer Strukturen im Alltag, als Ort wechselseitiger Hilfe und politischer Organisierung, um stärker zu werden.
Und sie versucht, sich mit Kampagnen zu fokussieren, zentrale gesellschaftliche Alltagsprobleme der Menschen aufzugreifen. Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem, was Menschen als «größtes politisches Problem» betrachten bzw. was ihnen durch den alltäglichen Medienbeschuss nahegelegt wird, und dem, was sie in ihrem eigenen alltäglichen Leben als zentral betrachten: unsichere Arbeitsbedingungen, mangelnde soziale Infrastrukturen, etwa bei der Pflege und im Schulwesen, sicherer Wohnraum (vgl. empirische Untersuchungen von Hillje 2018 u. Candeias 2018). Entsprechend fokussiert Die LINKE auf Kampagnen zu Wohnen und Pflege – Themen, die mobilisierungsfähig sind, wo innerhalb und außerhalb der Partei bereits viele aktiv sind, um einem existierenden Aufbruch eine kritische Masse und Wirksamkeit zu verleihen, Veränderungen voranzutreiben. Vielversprechende Ansätze, die Zeit brauchen, um zu wachsen.
Doch wird auch die LINKE (und sie besonders) zerrissen in der Debatte um die Migrationsfrage (zu erwarten ist demnächst auch wieder das Aufbrechen der Gegensätze in der Europafrage). Die alten strömungspolitischen Linien gelten kaum noch, ordnen sich neu. Die Partei ist eine andere geworden. Als linke Partei will sie nicht nur im Parlament und in den Medien präsent sein, sondern gemeinsam mit den Vielen aktiv Gesellschaft verändern. Dennoch hemmt diese Zerrissenheit die Partei und die Bundestagsfraktion im Inneren, vergeudet wichtige Ressourcen und Energien. Zwar sind keine Verluste aufgrund des Streits in der Migrationsfrage zu erkennen, doch begrenzt die Debatte die weitere Ausdehnung in ein für Migration und globale Bewegungsfreiheit offenes Milieu. Die organisierenden Projekte bleiben randständig, wurden von der Fraktionsspitze nie unterstützt und medial verstärkt, die Parteidebatten folgen stattdessen der Agenda der Medien, nicht einer eigenen. Der stärkste Grund für die Stagnation der LINKEN liegt in den deutlichen Verlusten im Osten begründet. Hier ist die Partei überaltert, abnehmend präsent, gilt weithin als etabliert, trotz erstaunlicher örtlicher Erfolge der Erneuerung oder der erfolgreichen Mobilisierung bei Kommunalwahlen.
Auch wenn von einer Repräsentationslücke im umfassenden Sinne nicht wirklich gesprochen werden kann: Ein relevanter Teil der Wähler*innen ist auf der Suche und ein ebenso relevanter Teil findet zurzeit keine überzeugende Repräsentantin und enthält sich, aus unterschiedlichen Gründen: weil ihre Alltagsprobleme keine Rolle spielen, sie Parteien nichts zutrauen, die Linke als machtlos gilt, selbst wenn sie die richtigen Positionen formuliert, es Berührungsängste mit der Linken gibt, etc. Der dritte Pol ist nur in seinen Fragmenten repräsentiert, unverbunden. Auch der Linken gelingt es entsprechend (noch) nicht, den von uns schon öfter beschriebenen Pol der Solidarität zu gewinnen und über die ihn tragenden Milieus hinaus zu verbreitern und zugleich jene sozial benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen und Klassenfraktionen zu erreichen, die sich von «der Politik» verabschiedet haben, vielleicht auch jene, die sich von der Linken ab- und der radikalen Rechten zugewandt haben.
Kurzfristig ist die AfD kaum zurückzudrängen. Aber ihr weiterer Aufstieg kann klassenpolitisch eingedämmt werden, wenn es gelingt, einen linken emanzipatorisch-klassenpolitischen Pol ausstrahlungskräftig zu machen. Wir erleben gerade eine Veränderung der Situation: Seit Wochen gehen jedes Wochenende Zehntausende bundesweit auf die Straße zu Mieten (Berlin, Hamburg, München, Stuttgart; unzählige kleine Proteste in den Kommunen), gegen rechts (#ausgehetzt oder die Demonstrationen in Chemnitz und in vielerlei Orten), gegen verschärfte Polizeigesetze sowie für Seebrücke und Klimaschutz (wozu der Jahrhundertsommer sicher ebenso beigetragen hat wie der Kampf um den Hambacher Forst). Diese Bewegungen haben mit #unteilbar einen sichtbaren Ausdruck erreicht. Die Ereignisse in und nach Chemnitz haben deutlich gemacht, wie stark die Bedrohung einer demokratischen und solidarischen Lebensweise ist. Die Frage ist, ob es gelingt, sich über symbolische Sichtbarkeit im «Herbst der Solidarität» hinaus zu organisieren und zu bündeln – und ob es gelingt, nicht nur die politisch aktiven Teile zu verbinden, sondern auch jene einzubeziehen, die aus vielerlei Gründen nicht selbst organisieren wollen, vielmehr eine aktive Repräsentation suchen (vgl. Candeias/Völpel 2014, 207ff).
Sammeln oder/und verbinden?
Dies wirft die Frage auf, wie dies am besten zu schaffen ist – mit welchen Methoden und auch mit welcher Konzeption von Partei und Repräsentation. Vor diesem Hintergrund muss man die Entstehung der Sammlungsbewegung #aufstehen betrachten. In der Debatte wird sich häufig auf Jeremy Corbyn, die Kampagne um Bernie Sanders, La France Insoumise oder vor einiger Zeit noch Podemos bezogen. Nun sind diese Beispiele teilweise sehr unterschiedlich und nicht vergleichbar mit der Situation in der BRD: In Großbritannien etwa existiert aufgrund des Mehrheitswahlrechts keine ernst zu nehmende Linke jenseits der Labour Party, auch in Frankreich gilt ein Mehrheitswahlrecht, vor allem aber gab es in allen betreffenden Ländern massive gesellschaftliche Mobilisierung von links, auch in Großbritannien und noch viel stärker im spanischen Staat. Bedingungen, die es so in der Bundesrepublik nicht gibt. Und dennoch wäre einiges zu lernen:
Erstens konzentrieren sich diese Formationen auf wenige Themen und Botschaften. Sie hegen keinen Vollständigkeitsanspruch, sondern fokussieren sich in der Kommunikation, bei Kampagnen und der Organisierung, um wirksamer zu sein. So verzetteln sie sich nicht, bündeln Kräfte und Ressourcen.
Zweitens richten sie ihre Kampagnen gegen einen klaren Gegner, die Regierung und die sie stützenden Kapitalfraktionen.
Drittens formulieren sie ihre Botschaften dabei möglichst inklusiv, damit breitere Gruppen der Bevölkerung sich mit dem Projekt identifizieren können.
Dies bedeutet viertens auch Unschärfen und Uneindeutigkeiten zuzulassen, besonders bei besonders kontroversen Themen, die die Bewegung tendenziell spalten würden. Zwei Beispiele: a) Statt für oder gegen den Brexit Stellung zu beziehen, ließ Labour hier die Position offen, kritisierte sowohl die gegenwärtige EU als auch die Regierung May und ihre Absichten. b) In der Migrationsfrage rief La France Insoumise die laizistische Tradition der Republik an, die nicht nach Migrationshintergründen fragt, hielt an der Unverbrüchlichkeit der Menschenrechte für alle fest, auch für Geflüchtete, und kritisierte EU und Regierung, einer schrankenlosen Konkurrenz Vorschub zu leisten und Arbeitsmigrant*innen dafür zu missbrauchen.
Fünftens wurde konsequent versucht die vermeintliche Konfliktlinie in der Gesellschaft zu verschieben, das vom Gegner und den Medien vorgegebene Terrain zu verschieben, eine eigene Agenda zu setzen und jene gesellschaftlichen Konfliktlinien zu betonen, die eine linke Thematisierung erleichtern: nicht zuletzt lebensweltliche soziale Themen (bei La France Insoumise zentral auch sozial-ökologische Themen), die die Menschen alltäglich bewegen: Sozial- und Arbeitsrechte, Gesundheit, Wohnen, soziale Infrastrukturen, Umverteilung.
Sechstens – und vielleicht entscheidend: das aktive Organisieren, um mehr zu werden. Unid@sPodemos und La France Insoumise konnten auf großen gesellschaftlichen Mobilisierungen und Bewegungen aufsetzen und örtlich unterschiedliche Plattformen bilden, die eine breite Basis formierten und eine eigene Dynamik entfalteten. Die Kampagne People for Bernie Sanders und die Organisation Momentum wiederum zogen Abertausende von Aktivist*innen in den Prozess und machten in der innerparteilichen Auseinandersetzung der Demokraten und bei Labour den Unterschied. Entscheidend ist: Alle verwandten enorme personelle Ressourcen, um vor Ort mit Menschen in Kontakt zu treten und aktiv zu organisieren, neue Aktivist*innen zu gewinnen – rund um konkrete Problemlagen und dann auch, «um zu gewinnen» (Ada Colau), dies dann auch verknüpft mit intelligenten Social Media- und Medienkampagnen.
Siebtens wurden alle diese Bewegungen getragen von einem jungen, urbanen, akademisch-gebildeten – oft auch (post-)migrantischen – Prekariat, doch es gelang ihnen, darüber hinauszugehen: mit Mindestlohnkampagnen oder Bewegungen wie Black Lives Matter in den USA, mit Initiativen aus den Vierteln und einer von Movimiento 15-M inspirierten neuen Arbeiter*innenbewegung (den «Mareas») in Spanien, mit Haustürbesuchen und einer gewerkschaftlich gestützten Anti-Austerity-Kampagne in Großbritannien. Die unterschiedlichen Segmente und Milieus der Klasse und ihre vielfältigen Interessen zu verbinden, nicht, sie gegeneinander auszuspielen, war zentral! Andernfalls drohte die Spaltung in mehrere Formationen, der Verlust der Fokussierung auf den Gegner und eine Demobilisierung von Teilen der Basis. Was auf der einen Seite gewonnen wird, kann auf der anderen schnell verloren werden.
Achtens war eine radikale Perspektive entscheidend. Es ging nicht einfach um die Verteidigung des Sozialstaates, sondern in jedem Fall um eine neue gesellschaftliche Perspektive, einer «wirklichen Demokratie», eines «demokratischen Sozialismus», einer «sechsten Republik» mit radikal sozial-ökologischer Agenda. In keinem Fall wurde gegen (links-)liberale und emanzipative Positionen polarisiert, sondern versucht sie im Angesicht der rechten Gefahr nach links herüberzuziehen (vgl. Women’s Marches gegen Trump in den USA).
Populistisch und popular
Damit sind durchaus unterschiedliche Konzeptionen des Verhältnisses von Partei und Bewegung verbunden (vgl. Candeias 2016). Grob könnte man zwei differierende Herangehensweisen benennen, die unterschiedlich kombiniert werden:
Die organisch-populare Option baut (im Anschluss an Gramsci) auf alltägliche und enge Kooperation mit den Bewegungen und mutualistischen Solidarstrukturen, versteht sich selbst als organisierende Kraft, die die Selbstaktivität und Selbstrepräsentation der Vielen befördert und von dort aus versucht, mit der gewonnenen Glaubwürdigkeit auch andere Teile der Bevölkerung zu repräsentieren, die sich nicht aktiv beteiligen wollen oder können.