Im Jahr 2009 wurde der Strom in Ecuador wieder rationiert. Ende desselben Jahres betrug das Energiedefizit 4000 Megawattstunden. Der Strommangel wirkt sich auch auf das Bruttoinlandsprodukt des Landes aus – was leicht vorauszusehen war: Der Bedarf wuchs ständig, das Angebot blieb nahezu gleich. Die Energiekrise war abzusehen: Eine heftige Dürre, die auch andere südamerikanische Staaten traf, ließ die Situation eskalieren, besonders im Süden Ecuadors. Die Rationierungen legten die Produktion lahm; eilig wurden Geräte zur Erzeugung thermischer Energie gekauft – jene Apparate, die riesige Mengen Diesel verbrauchen; Energie muss immer noch teuer aus Kolumbien und Peru besorgt werden. Ähnliche Situationen erlebte das Land schon in den Jahren 1992, 1995, 1996 und 1997. Besorgniserregend ist, dass in Kenntnis der Risiken nicht die notwendigen Vorkehrungen ergriffen worden sind, obwohl Ecuador ein enormes Potenzial an Wasserkraft und alternativen Energiequellen birgt.

In den letzten 20 Jahren wurde der Energiesektor der Logik des freien Marktes überlassen. Privates Kapital sollte angelockt werden, um die notwendigen Investitionen zu tätigen. Stromunternehmen wurden entlang von Produktion, Übertragung und Verteilung von Energie in getrennte Einheiten aufgespalten, was ihre Finanzierungsmöglichkeiten schmälerte und zu Reibungs- und Konkurrenzverlusten führte. Zugleich musste der Strom zu einem Verkaufspreis von 0,08 US-Dollar angeboten werden, unterhalb des Einkaufs-/Erzeugerpreises von 0,14 US-Dollar. Die dafür notwendigen öffentlichen Investitionen blieben aus. All dies lief schließlich auf eine Begünstigung der Wärmekraftwerke hinaus, die sich mehrheitlich in Privatbesitz befanden. Die Folge war der Niedergang staatlicher Stromunternehmen, insbesondere im Bereich der Energieversorgung, und der Abzug von Kapital. Hinzu kamen bedeutende Verluste technischer und nicht technischer Art, v.a. durch den Diebstahl von Strom, der bis zu 25 Prozent ausmachte. Wirtschaftliches, administratives, soziales und ökologisches Missmanagement war an der Tagesordnung. Insgesamt führte dies zur Zersetzung des Energiesektors.

Das strukturell größte Problem ist der Mangel an Investitionen, um den steigenden Energiebedarf decken zu können. Eine Anpassung des Energiebedarfs an die Verfügbarkeit von Ressourcen in Ecuador oder eine angemessene Effizienz bei Produktion und Verbrauch von Energie wurde politisch nie verfolgt. Hinzu kommen erhebliche Verzögerungen bei den wenigen geplanten Maßnahmen.

Es bleibt bei guten Absichten…

Die Energiepolitische Agenda (Agenda Energética 2007-11), im Juni 2007 vom Energie- und Bergbauministerium vorgestellt, benannte rechtzeitig alle strukturellen Defizite und schlug kurz-, mittel- und langfristige Lösungen vor. Daran anknüpfend arbeitete die Regierung von Rafael Correa von Beginn an auf einen Wechsel im Energiemix hin. Die Energiegewinnung durch Wasserkraft sollte auf 43 Prozent im Jahr 2010 und langfristig auf 86 Prozent bis 2017 steigen, ergänzt durch acht Prozent aus erneuerbaren Ener gien wie Solar- und Windenergie oder Biomasse. Schätzungen zufolge nutzt Ecuador derzeit lediglich acht Prozent seines energetischen Potenzials aus Wasserkraft. Die energiepolitische Agenda warnt, ein großer Teil der Kraftwerksanlagen müsse unverzüglich ersetzt, saniert oder umgebaut werden, da die Wärmekraftwerke die Zeit ihrer Wirtschaftlichkeit bereits überschritten hätten. Laut einer intermen Studie des Energie- und Bergbauministeriums war unverzüglich der Bau von vier Wärmekraftwerken mit einer Kapazität von 430 MW nötig, als Zwischenlösung, bis das verfügbare Potenzial an Wasserkraft entwickelt ist.

Während der Ausbau des Energieangebots nicht vorankommt, steigt der Bedarf fast exponentiell. In den Jahren 2000 bis 2008 stieg der Stromverbrauch um 49,3 Prozent, durchschnittlich erhöhte sich der Bedarf jedes Jahr um 5,6 Prozent. Dank eines besseren Energiemanagements konnten Energieverluste immerhin von durchschnittlich 25 Prozent auf 17,6 Prozent reduziert werden. Die Regierung Correa ergriff auch Maßnahmen, um die Energieeffizienz zu verbessern, etwa durch den Austausch herkömmlicher Glühlampen durch Energiesparlampen.

Hektische Reaktionen

Auf die Energiekrise wurde mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert. Ein Krisenplan des Ministeriums für Elektrizität und Alternative Energien suchte den landesweiten Verbrauch um fünf bis zehn Prozent zu senken. Eine Rationierung der Energieversorgung in Wohngebieten sollte verhindern, dass es Handels- und Industriezonen an Strom mangelt. Doch die sinkende Energieproduktion durch die enorme Trockenheit traf schließlich auch diese Bereiche und verstärkte damit die Wirkungen der schweren internationalen Wirtschaftskrise auf Ecuadors Wirtschaft.

Mit Peru wurde ein Energieverbund geschlossen, das Angebot aus Kolumbien sollte weiter im selben Umfang genutzt werden. Darüber hinaus beschränkte man sich darauf, mit Hilfe des Wärmekraftwerks Central Térmica Victoria II und sieben bei General Electric erworbenen Turbinen das Stromangebot zu vergrößern (154 MW). Zu den Kosten für die neuen Generatoren in Höhe von rund 176 Mio. US-Dollar sind Kosten für wachsende Importe von Derivaten wie Diesel in Höhe von 84 Mio. US-Dollar, für den Kauf von Strom aus Kolumbien und Peru (180 MW) und die Ausgaben für die Anmietung verschiedener Module für Wärmekraftwerke in Höhe von 104 Mio. USDollar (175 MW) hinzuzurechnen. Insgesamt wurde angesichts der Notlage nur getan, was ohne Eile und ohne derart hohe Kosten längst hätte getan werden können. Doch gefordert sind nicht allein konjunkturelle Maßnahmen, sondern ein struktureller Wandel im Energiemix. Das hektische Agieren verhindert, dass das enorme Energiepotenzial Ecuadors genutzt wird, allen voran die Wasserkraft.

Wasser: Schlecht verteilt und schlecht genutzt

Ecuador steht genügend Wasser zur Verfü- gung: vier Mal mehr Oberflächenwasser pro Kopf als im globalen Durchschnitt. »Das Problem ist, dass es schlecht verteilt ist, die Verschmutzung zunimmt und die Zerstörung der Wasserquellen immer schneller vonstatten geht.« (Gaybor 2009) So wird v.a. im agrarischen Exportsektor enorm viel Wasser zu besonders niedrigen Preisen verbraucht, während die Nahrungsmittelproduktion für den eigenen Verbrauch sinkt – Ecuador ist sogar zum Nahrungsmittel-Importeur geworden. Mit der Ausbreitung der Agroindustrie breiten sich Monokulturen aus, die für die wachsende Kontaminierung des Wassers zu einem erheblichen Maße verantwortlich sind.

Auch im Bergbau werden große Mengen an Wasser verbraucht und kontaminiert. Obgleich die Tür für Tagebau im großen Stil noch nicht geöffnet wurde, führt schon jetzt eine Reihe von dort eingesetzten Produkten zu erheblichen Umweltschäden. Ungelöst sind auch Probleme der Wasserverschmutzung durch die Erdölförderung und den Umgang mit deren Abfallprodukten in der Amazonas-Region. Alles in allem hat die Kontaminierung einen immensen Grad erreicht: Alle 72 bestehenden Wassereinzugsgebiete sind betroffen.

Wasser als Menschenrecht

Durch die Entscheidung der ecuadorianischen Bevölkerung ist in der neuen Verfassung die effektive Wiedererlangung der gesellschaftlichen und staatlichen Kontrolle über das Wasser festgeschrieben. Konkret heißt es in Artikel 12: »Das Recht auf Wasser ist grundlegend und unverzichtbar. Wasser ist ein nationales, strategisches und öffentliches Gut, unveräußerlich, unantastbar, unpfändbar und essenziell für das Leben.« Gleichzeitig wird von der Schaffung anderer Hoheitsrechte im Plural gesprochen, etwa von der Ernährungssouveränität, der wirtschaftlichen Souveränität, der Energiesouveränität, der regionalen Souveränität etc. Unter diesen erhält das Recht auf Wasser Priorität in der Verfassung. Artikel 413 ergänzt: »Der Staat wird die Energieeffizienz und die Entwicklung und Verwendung von Praktiken und Technologien fördern, die umwelttechnisch sauber und gesund sind, ebenso wie diversifizierte erneuerbare Energien mit geringen Umweltauswirkungen, die weder die Ernährungssouveränität und das ökologische Gleichgewicht der Ökosysteme noch das Recht auf Wasser gefährden.« Die Bestimmungen der Verfassung sind eindeutig. Doch eine Verfassung macht noch keine Gesellschaft, ihre Ausfertigung garantiert nicht ihre Gültigkeit und Erfüllung. Eine Verfassung muss, jenseits ihrer juristischen Bedeutung, ein politisches Projekt des gemeinschaftlichen Lebens sein, das unter aktiver Beteiligung aller erarbeitet werden muss und so zu seiner Gültigkeit gelangt.

Auf dem Weg zur Energiesouveränität

Ecuador ist zum Umdenken aufgefordert. Es ist nicht ratsam, weiterhin ohne strategische Planung mit isolierten Einzelmaßnahmen zu agieren. Erdöl und Erdgas, Wasserkraft sowie die diversen Formen erneuerbarer die diversen Formen erneuerbarer Energien sind gemeinsam in einer umfassenden Perspektive der Transformation des Energiesystems zu betrachten. Zudem ist ein effizienter Umgang mit der verfügbaren Energie (bei Herstellung und Verbrauch) nötig sowie eine Politik, die zur Entwicklung einer Kultur der Sparsamkeit ermutigt.

Der Energieverbrauch einer Wirtschaft ist eng verbunden mit dem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes. Das ist vor allem bei Ökonomien der Fall, die ihr Wachstum als Maßstab ihrer vermeintlichen Entwicklung begreifen. Um eine sozial-ökologische Transformation hin zur Energiesouveränität zu definieren, muss das Konzept des ökonomischen Wachstums selbst anders gefasst werden. Wenn man akzeptiert, dass die Verfügbarkeit eines zuverlässigen und sicheren Energie angebots helfen soll, den Produktionsapparat auszuweiten, sollte diese Erhöhung v.a. aus alternativen Energiequellen gespeist werden. In Ecuador muss die Schaffung einer post fossilen Ökonomie erst begonnen werden.

In einer von wirtschaftlichen Ungleichgewichten und Konzentration von Reichtum charakterisierten Gesellschaft muss die Energiepolitik selbst zu einem Mechanismus der Umverteilung werden, um großen Bevölkerungsteilen einen Weg aus Informalität und Marginalisierung zu eröffnen. Dies bedeutet weder, die Rolle des Marktes bei der Festsetzung einer Preispolitik zu leugnen, noch dass die Ungleichgewichte mittels einer nicht diskriminierenden Subventionspolitik überwunden werden können. Die Schwierigkeit besteht darin, Mechanismen zu finden, um die Verzerrungen zu korrigieren, indem Kriterien sozialer Gleichheit und ökologischer Verträglichkeit bei der Konzeption von Energiestrategien einbezogen werden.

Es ist wichtig, sich dabei zu vergegenwärtigen, dass die Art der Nutzung der Energie-Ressourcen die politische und soziale Struktur eines Landes beeinflusst, nicht allein die wirtschaftliche Struktur. So war das Vorhandensein des Erdöls, von den indigenen Bevölkerungen zum Teeren ihrer Boote oder für Heilzwecke genutzt, für sich genommen keine hinreichende Bedingung zur massiven Ausbeutung des Erdöls; diese hängt letztendlich von der technologischen Entwicklung der Gesellschaft ab, hat aber erhebliche Konsequenzen. Denn jede Nutzung bestimmter Energiequellen erfordert eine bestimmte Form sozialer und politischer Organisation. Die Verwendung von Energiequellen wie Erdöl oder große Staudämme mit Wasserkraftwerken erfordern eine enorme Konzentration finanzieller Mittel und befördern die Schaffung autoritärer, zentralisierter Systeme – oft auch Rentier-Systeme.

Die Aufgabe besteht darin, eine möglichst große Zahl dezentralisierter Prozesse mit einem steigenden Grad an gesellschaftlicher Kontrolle zu initiieren, ohne dadurch den adäquaten Rahmen und die nationale – oder gegebenenfalls regionale – Kontrolle zu minimieren. Das bedeutet, die Rolle dezentraler Regierungen und der Landgemeinden und Städte bei der Steuerung des Energiesektors zu stärken. Die Energie zu dezentralisieren, heißt Dezentralisation und Entflechtung von Macht; letzten Endes ist dies ein Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft.

Der Energiesektor kann nicht einfach als ein zusätzlicher Produktionsfaktor betrachtet werden. Im Falle Ecuadors darf das Erdöl auch nicht einfach als zusätzliche Quelle finanzieller Ressourcen angesehen werden. Vielmehr gilt es, entlang der Energiekette Nischen der technischen Entwicklung zu schaffen, deren Nutzung es erlaubt, ein Konglomerat von produktiven Aktivitäten und Dienstleistungen hervorzubringen, die die binnenwirtschaftliche Wertschöpfung steigern. Insofern der Energiesektor nachhaltige Verkettungen mit anderen Produktionsbereichen fördert, treibt er die Entwicklung voran; tritt das Gegenteil ein, ergäbe sich – wie bisher – lediglich ein einfaches quantitatives Wachstum, dessen Beitrag zu einer Transformation in Richtung einer postfossilen Wirtschaft gering wäre. Eine nachhaltige Energieentwicklung sollte sich an den folgenden Aspekten ausrichten: energetische Sicherheit und Selbstversorgung; Effizienz bei der Gewinnung, Umwandlung und Verwendung von Energie; Diversifizierung der Energiequellen und -technologien; wirtschaftliche Rentabilität des Energiesystems; »Harmonie« mit Umwelt und Gesellschaft – Wahrung sozialer und ökologischer Kriterien; gesetzliche und institutionelle Absicherung eines solchen Energiesystems.

Die Kapazitäten zur Stromgewinnung müssen durch eine ausgewogene Kombination von großen Wasserkraftprojekten und Wasserkraftwerken mittlerer und geringer Kapazität erhöht werden. Es wäre naiv, nur das eine oder andere zu tun. Eine Orientierung wäre: so viele Großprojekte wie nötig, so viele mittlere und kleine Projekte wie möglich. Die wirtschaftliche Bedeutung der Wasserkraftwerke ist hervorzuheben: Ihr Bau erfordert aufgrund der Kosten und der Zeit größere Mittel, doch ihr Betrieb ist wesentlich wirtschaftlicher. Während die Stromerzeugung aus Wasserkraft durchschnittlich 0,03 US-Dollar pro kWh kostet, fallen bei Wärmekraft 0,15 US-Dollar pro kWh an, d.h. 500 Prozent mehr.

Wenn das vorhandene Potenzial an Wasserkraft genutzt wird, ist zentral zu respektieren, welcher Nutzung die Verfassung Vorrang eingeräumt hat: Zu allererst muss die Sicherung des Wassers für den menschlichen Konsum und die Ernährungssouveränität gewährleistet und der Lebenszyklus der Flüsse garantiert sein, dann kann die Ausbeutung der Wasserkraft in Betracht gezogen werden. Vor allem für die dezentrale Errichtung kleiner und mittlerer Wasserkraftwerke muss die Partizipation von Provinz- und Bezirksregierungen sowie der Gemeinden gewährleistet sein. Bei Großprojekten bedarf es intensiver Abstimmungsprozesse mit Lokalregierungen und Gemeinden, die garantieren, dass letztere direkt von den Projekten profitieren. So ist z.B. die Errichtung isolierter Camps – Enklaven – bei den Bauarbeiten keine gute Lösung, ebenso wenig wie der »Import« von Arbeitern aus anderen Regionen. Auf keinen Fall akzeptabel ist die »Partizipation« der Gemeinden durch deren Kooptation als Aktionäre, um auf diese Weise ihren möglichen Widerstand angesichts von Bedrohungen durch ein Projekt auszuschalten. Selbstverständlich ist gerade bei großen Projekten ein Fonds zur Abfederung von sozialen und Umweltkosten unerlässlich.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass die sozialen und ökologischen Auswirkungen dieser Großprojekte desaströs sein können, und zwar womöglich ohne dass die erhofften wirtschaftlichen Gewinne eintreten (vgl. Ayboga in diesem Heft). Die Globale Kommission zu Wasserkraftwerken (Comisión Mundial de Represas) kommt zu dem Schluss, dass »Großprojekte generell eine Vielzahl von gewaltsamen Folgen hervorrufen«, die »eher negativ als positiv sind und in vielen Fällen zum unwiederbringlichen Verlust von Arten und Ökosystemen geführt haben«. Darüber hinaus haben Wasserkraftprojekte oft Menschenrechtsverletzungen zur Folge, etwa gesundheitliche Beeinträchtigungen, Verlust von Ernährungsquellen und Formen des traditionellen Lebens, gewaltsame Vertreibungen, unzureichende bis betrügerische Evaluationen der sozialen und ökologischen Auswirkungen, Einschränkungen bei Konsultationen und öffentlicher Teilhabe, geringer oder völlig fehlender Zugang zu Informationen, das Übergehen von Rechten der indigenen Völker und Nationalitäten, die Kriminalisierung sozialer Proteste.

Darüber hinaus ist es notwendig, Prozesse der Raumordnung und -planung in Gang zu setzen, um jene Gebiete zu identifizieren, in denen keinesfalls Projekte entwickelt werden dürfen. Dies bedeutet, der Produktion geographische Grenzen aufzuerlegen, etwa das Erdöl-Moratorium im zentralen Süden Amazoniens (zusätzlich zur Nichtausbeutung des Öls im Nationalpark Yasuní) in die Tat umzusetzen, so wie es der Regierungsplan von Movimiento País für die Jahre 2007-11 vorsah. In diesem Zusammenhang müssen jene gefährdeten Gebiete abgesteckt und geschützt werden, in denen die Möglichkeit zur Wassergewinnung verloren gehen kann, etwa in den Páramos (Hochmoorgebiete der Anden). Dort darf u.a. keinerlei Bergbauaktivität in der Nähe von Wasserquellen erlaubt sein. Außerdem sollte das »Säen von Wasser« (etwa durch Wiederaufforstungsprogramme) auf breiter Basis erfolgen. Doch zuvor müssen die negativen Auswirkungen durch Bergbau, Abholzung, unkontrollierte Besiedelung, Monokulturen und Ähnliches minimiert werden.

Es muss klar sein, dass komplementär zu den Wasserkraftprojekten und zusätzlich zu den wichtigen erneuerbaren und nicht konventionellen Energiequellen (Gezeitenenergie) auch Wärmekraftwerke mit einem hohen Effizienzgrad auf Erdgas-Basis notwendig sein werden. Darüber hinaus sind viele weitere Anstrengungen vonnöten, um eine rationale Energienutzung zu erreichen, die praktisch als eine Art weiterer Energiequelle angesehen werden sollte. In Ecuador gibt es noch kaum Vorstellungen zur Veränderung des Energiekonsums. Eine aktive Preispolitik könnte hilfreich sein, Änderungen im Energiemix herbeizuführen. Gleichwohl wird Strom seit langer Zeit, und um die Auswirkungen der hohen Kosten auf die ärmsten Teile der Bevölkerung zu vermeiden, sowohl direkt als auch indirekt subventioniert (was seine Berechtigung hat). Eine kreative Prüfung dieser Subventionen ist eine weitere Aufgabe. Dabei geht es nicht darum, die Subventionen einfach nach neoliberaler Art zu streichen (vgl. Ekine in diesem Heft). Sie müssen für marginalisierte und verarmte Gruppen bestehen bleiben, jedoch nicht für Wohlhabende.

Für das Ziel der Energiesouveränität ist die Intervention des Staates – sowohl der Zentralregierung als auch der dezentralen Regierungen – und der Gemeinden dringend erforderlich. Die dringliche Lage der Energiearmut in Ecuador (und vielen anderen Ländern des globalen Südens) erfordert Lösungen, die nicht notwendigerweise die effizientesten auf kurze Sicht sind, aber langfristig effektive Alternativen darstellen: die Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems, das sich besonders auf die Nutzung von im Land vorhandenen erneuerbaren Energieressourcen stützt und eine Versorgung garantiert, die wirtschaftlich, zuverlässig, qualitativ hochwertig und sozial gerecht ist.

Gekürzte und verbesserte Fassung eines Beitrags aus Agua y políticas públicas (Wasser und öffentliche Politik), hgg. v. Foro de Recursos Hídricos (Forum zu Wasserressourcen), Quito 2011. Aus dem Spanischen von Bettina Hoyer.