Energiekämpfe - Editorial

Die ausgerufene »Energiewende« in der BRD setzt auf Grünen Kapitalismus. Getrieben von Akzeptanzverlusten und Katastrophen wie Fukushima vollzieht die Regierung den Ausstieg aus der Atompolitik und den (zögerlichen) Einstieg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien – ein Markt, der weltweit auf etliche Billionen Dollar anwachsen wird. Wie die Dampf- und Textilmaschinen für den Beginn der Industriellen Revolution standen, wie Taylorisierung und Fließband die technische Basis für den Fordismus und die IT-Revolution für die Globalisierung bereitstellte, soll die globale Energiewende die Grundlage für einen ökologischen Umbau der Produktionsweise und neue Wertschöpfungsstrategien liefern.
Von Michael T. Klare [caption id="attachment_2079" align="alignright" width="300"] CC Works by flickr/Land Rover Our Planet[/caption] Von 1618 bis 1648 wütete in Europa der »Dreißigjährige Krieg«. Dieser war auch ein Kampf zwischen einem imperialen Herrschaftssystem und dem entstehenden Nationalstaat. Viele Historiker führen die Herausbildung des modernen Staatensystems auf den Westfälischen Frieden von 1648 zurück. Derzeit beginnt ein neuer Dreißigjähriger Krieg. Er wird vielleicht nicht zu so viel Blutvergießen führen wie der im 16. Jahrhundert – obwohl auch Blut fließen wird –, aber er wird für die Zukunft des Planeten nicht weniger folgenreich sein.
Spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 gehört es zum guten Ton, von der Vielfachkrise zu sprechen, also die zahlreichen Verbindungslinien zwischen Klimakrise, Energiekrise, Finanzkrise und weiteren Krisendyanmiken ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Doch was theoretisch längst begriffen ist, übersetzt sich viel zu selten in praktische Bündnisse zwischen den unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen bzw. bewegungspolitischen Akteuren. Der Bereich energiepolitischer Kämpfe ist hiervon keineswegs ausgenommen.