Gewerkschaften globalisieren?

Wo man hinkommt, wird über Globalisierung gesprochen. Im gewerkschaftlichen Feld ergibt sich daraus fast zwangsläufig die Schlussfolgerung: »ArbeiterInnen müssen sich global organisieren!«, »Gewerkschaften müssen sich internationalisieren!« Ich will nicht behaupten, dies seien nicht zentrale Elemente einer lebendigen Gewerkschaftspolitik, um der entfesselten Macht des globalen Kapitals etwas entgegenzusetzen.1 Ich denke aber doch, dass unsere Antworten etwas komplexer sein müssten als ein simples ›Wir müssen uns globalisieren‹. Kompliziert wird die Lage unter anderem durch die Frage der Geographie.
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Ein mediterraner Block? Südeuropa auf der Suche nach einem Ausweg

Spanien gehört neben Portugal, Griechenland, Italien und Irland zu den von der Finanzkrise am stärksten betroffenen Ländern, den sogenannten PIIGS. Ihre politischen, wirtschaftlichen und Sozialsysteme sind einem Strukturwandel unterworfen, dessen Ergebnis noch nicht absehbar ist. Während Irland als Sonderfall gelten kann, besitzen die anderen vier Länder viele Gemeinsamkeiten und haben ähnliche historische Entwicklungen durchlaufen. Nichtsdestotrotz gelten für Italien einige Besonderheiten: Das Land verfügt als Gründungsmitglied der Europäischen Gemeinschaft (EG) über eine größere Verhandlungsmacht als die anderen südeuropäischen Staaten. Seine wirtschaftliche, politische und institutionelle Modernisierung fand über drei Jahrzehnte
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Drei Thesen zur Organisierungsfrage

2011 war ein außergewöhnliches Jahr, das irgendwann in einem Atemzug mit 1968 und 1848 genannt werden könnte. Das hängt allerdings davon ab, ob die kommenden Jahre sein Versprechen erfüllen werden und es im Rückblick als den Beginn von etwas Neuem erscheinen lassen. Um diesem spezifischen Versprechen auf den Grund zu gehen, sollte man sich bei der Analyse der Ereignisse so wenig wie möglich von den vielen falschen Mediendarstellungen leiten lassen, und auch nicht von den manchmal irreführenden Reflexionen der Protestierenden selbst. Anders ausgedrückt: Es geht darum, was die Menschen wirklich getan haben und tun, und nicht darum, was sie oder andere darüber denken. Nach Negris Diktum zu Lenin – »Organisation ist Spontaneität, die sich selbst reflektiert« – ist Spontaneität nie einfach formlos, sondern es kommt in ihr immer schon irgendeine Art von Organisation zum Ausdruck (Negri 2004, 42). Seit Langem leidet die Organisationsdebatte darunter, dass so getan wird, als müsse man sich zwischen absoluter Formlosigkeit (›spontaner‹ Bewegung) und einer strikten Form (der Partei) entscheiden. Was auf den ersten Blick als konturlos erscheint, birgt jedoch immer schon seine eigene Form in sich, auch wenn diese offen und veränderbar ist. 
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Die Macht zurückholen. Eine neue zivilgesellschaftliche Struktur in Spanien

Was ist die Frente Cívico? Mit der Frente Cívico wollen wir eine politische Kraft aufbauen, die sich direkt aus den Forderungen der Bevölkerung speist, fähig ist, Alternativen zu formulieren und einen demokratischen Ausweg aus diesem System zu weisen. Sie soll eine politische Organisierung ermöglichen, doch sie wird explizit nicht bei Wahlen antreten. Sie soll attraktiv für breite zivilgesellschaftliche Kreise sein, jenseits der üblichen Lager entlang von Parteiidentitäten. Es geht uns nicht um Posten, sondern um Positionen, jenseits dessen, was die herrschende politische Klasse in Spanien auf der Agenda hat.

Ausgehend von den Impulsen der Arabellion (vgl. LuXemburg 2/2011) hat seit 2011 auch in Europa und den USA, Chile, der Türkei und Brasilien mit den »Empörten« und »Occupy Wall Street« ein transnationaler Bewegungszyklus eingesetzt, getragen von einem urbanen Prekariat, das besser ausgebildet ist denn je. Immer wieder öffnen sich Räume für Protest und Organisierung. Immer wieder erzeugen Ereignisse an einem Ort Resonanzen an anderen, werden Bezüge über nationale Grenzen hinweg hergestellt und Solidarität praktiziert. Zuletzt fast zeitgleich in Athen (vgl. Völpel 2013), in Istanbuls Gezi-Park (vgl. Tugal in LuXemburg Online, Juli 2013) und São Paulo (Richmond 2013; Dilger 2013).