Was Lehrer*innen von uns lernen können

Gespräch mit Narges Mari und Mona Santos
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Online-Schwerpunkt: Was heißt Solidarität in Zeiten der Pandemie?

Nach wochenlangen Ausgangsbeschränkungen kehrt das öffentliche Leben zurück – eine prekäre Normalität. Während es in Europa ein gewisses Aufatmen gibt, gehen in anderen Teilen der Welt die Infektionen durch die Decke. Die Ärmsten haben kaum eine Chance, sich vor Ansteckung zu schützen und sind, wie eine neue Studie zeigt, auch hierzulande am stärksten gefährdet. Das Virus trifft nicht alle gleich: In Schlaglichtern zeigen wir, wie die Krise Ungleichheiten verstärkt: Trotz des Beifalls für die »Heldinnen der Nation« haben Entgrenzung und Selbstausbeutung im Care-Bereich zugenommen.
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Corona-Krise: Schocktherapie gegen Schuldenangst?

Die Corona-Krise ist der schwerste Wirtschaftsschock seit der Großen Depression der 1930er Jahre. Die schwarze Null wurde beerdigt und die Schuldenbremse im Eiltempo durch Notfall-Kredite „ausgesetzt“. Die Corona-Krise offenbart wie ein Brandbeschleuniger die Fehler der Vergangenheit. Ob Renditemedizin, Investitionsstau oder Pflegenotstand: Die Kürzungspolitik in Europa macht die Krise teuer als nötig, weil die Wirtschaft wegen der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems gehemmt ist und die Unsicherheit nur mit großen Investitionen überwunden werden kann. Ohne staatliche Kredite (Schulden) wird die Krise teuer und die Brücke in die Zukunft reißt ab!
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Vergessene Orte. Die französischen Banlieues zwischen Revolte und Angst

Wann immer in Deutschland von französischen Banlieues die Rede ist, stehen die Themen Kriminalität und Gewalt im Vordergrund. Auch in der Linken haben sich bestimmte Eindrücke festgesetzt: einerseits von rebellischen Jugendlichen, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, die jeden Anlass dafür nutzen, mit ›disruptiven Mitteln‹ ihrer Gegnerschaft zum bestehenden System Ausdruck zu verleihen; andererseits eine deklassierte Arbeiterklasse, meist ohne Migrationshintergrund, die sich schon seit Langem von der Politik abgewendet hat und – wenn sie sich überhaupt zu Wort meldet – mit dem Front National sympathisiert und sich an dessen Versprechungen klammert.
Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown unterzeichnete kürzlich eine Anhebung des Mindestlohns von zehn auf 15 Dollar (ca. 13,50 Euro) pro Stunde – eine Steigerung um 50 Prozent, die den Mindestlohn in diesem Bundesstaat zum höchsten der Nation macht. Der Anstieg wird stufenweise über sechs Jahre hinweg erfolgen, um danach jährlich an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst zu werden.

Im Unterschied zur linken, meist auf Armut fokussierten Bearbeitung der Verteilungs- und Ungleichheitsfrage steht bei Thomas Pikettys Capital (2014) die empirisch-historische Analyse der Entwicklung der obersten Einkommen und des damit verknüpften Reichtums im Mittelpunkt.

Im Unterschied zur linken, meist auf Armut fokussierten Bearbeitung der Verteilungs- und Ungleichheitsfrage steht bei Thomas Pikettys Capital (2014) die empirisch-historische Analyse der Entwicklung der obersten Einkommen und des damit verknüpften Reichtums im Mittelpunkt.

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Das Scheitern der europäischen Sozialdemokratie in der Eurokrise

Europas inkompetentes Management der unvermeidbaren Eurokrise hat bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 zu einem Ergebnis geführt, das ein deutliches Signal für den Zerfall Europas war. Und Europa zerfällt deswegen, weil die Sozialdemokratie es auf spektakuläre Weise versäumt hat einzuschreiten, sowohl während der Konstruktion des Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, als auch, noch fataler, nachdem die Krise derselben begonnen hatte.
Am 7. Mai 2014 wird in Südafrika gewählt. Erstmals seit dem Ende der Apartheid vor 20 Jahren drohen dem regierenden ANC herbe Stimmenverluste. Viele Menschen sind unzufrieden mit den Erben Nelson Mandelas. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die soziale Ungleichheit hat zugenommen. Steigende Preise, marode Infrastruktur und miserable Wohnverhältnisse sowie Misswirtschaft und Korruption in Teilen der Regierungspartei rufen Zorn hervor.
Joe Stiglitz hat auf die negativen Auswirkungen von Ungleichheit auf Wirtschaftswachstum hingewiesen (vgl. LuXemburg 2/2013, 22ff). Paul Krugman bezieht sich in seiner Antwort auf einige der Punkte Stiglitz´ und diskutiert, ob Umverteilung von Einkommen von unten nach oben zu Minderungen bei den Steuereinnahmen und zu Stagnation führen würde. Zum ersten Punkt weist Krugman richtig darauf hin, dass das US-amerikanische Steuersystem zumindest geringfügig gestaffelt ist. Daher sollte doch eine allgemeine Einkommensumverteilung von unten nach oben die Steuereinnahmen steigern – entgegen Stiglitz´ Behauptungen. Es ist jedoch möglich, dass Stiglitz die Steuern und Transferzahlungen in einem größeren Gesamtzusammenhang betrachtet hat.
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Vote NO! and the Meaning of Twenty Years Of Democracy

Pick up any newspaper or tune into any radio broadcast and before long you are likely to hear discontent about the state of the Nation and in particular the ANC. This is expressed through the militancy of strike action, campaigning outside government buildings, booing the powerful, and community protest actions ranging from tire burning, to stone throwing and even setting fire to government buildings. These are almost an everyday occurrence. Increasingly these expressions of discontent are coming from those who once (and some still do) identify with ANC.

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2013: Das Jahr der Grossen Umverteilung

Man kann heute einem amerikanischen Politiker nichts Schlimmeres nachsagen, als ein »Redistributionist« zu sein. Und doch steht das Jahr 2013 für eine der größten Umverteilungen in der neueren Geschichte der Vereinigten Staaten. Es war eine Umverteilung von unten nach oben, von den arbeitenden Menschen hin zu denen, die Amerika besitzen. Die Aktienkurse befanden sich Ende 2013 auf einem Allzeithoch – was den Anlegern den höchsten Jahresgewinn seit fast zwei Jahrzehnten bescherte. Die meisten Amerikaner hatten allerdings nichts davon, weil sie keine Rücklagen bilden konnten, um ihr Geld anzulegen. Mehr als zwei Drittel der US-BürgerInnen hangeln sich von Zahltag zu Zahltag.
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Meine Oma hat nen Minijob bei Aldi

»Wir versaufen unsrer Oma ihr klein Häuschen und die erste und die zweite Hypothek« wollte Robert Steidl es im Kölner Karneval 1922 von den Gassenwänden widerhallen hören. Damit hatte er den Jahrhundertschlager komponiert Von Kurt Tucholsky wurden wir in seiner Analyse glücklicherweise darüber aufgeklärt, dass »die Hypothek selbst ja eine Schuld ist, die man unmöglich vertrinken kann – meint er doch wahrscheinlich die für die eingetragene Hypothek als Darlehn gegebene Summe, die der Schuldner oder die Schuldnerin in leichtfertiger Weise verbraucht.« (Panter 1922, 623)

Inequality and redistribution in the Greek crisis

Historical experience has shown that under capitalism a banking crisis is followed by an economic crisis, reducing the size of an economy, increasing unemployment.1 It has further shown that in such a situation, public expenditure increases, as a result of the automatic stabilizers coming into play, while public receipts decline, due to the drop in output. Thus, a banking crisis leads to deteriorating public finances.2

Verteilungsgerechtigkeit ist Wahlkampfthema. Bis zu 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland finden die Verteilung von Einkommen und Vermögen ungerecht. Wenn es ans Umverteilen geht, ist die Zustimmung nicht mehr so eindeutig. Umverteilen scheint ein böses Wort, schwingt doch mit, dass jemandem etwas weggenommen werden soll. Davor schrecken viele zurück. Sie haben einschlägige Erfahrungen oder sie glauben, hohe Vermögen oder Einkommen stünden für Leistungsgerechtigkeit.

Längst ließen es der weltweit erzeugte Reichtum und das Wissen um die Zusammenhänge des Lebens zu, allen Menschen ein Leben in Würde und Wohlbefinden zu ermöglichen. Die Realität aber ist eine andere

Die Angst des Journalismus vor der sozialen Kluft

Blitzlichter aus dem Frühjahr 2013: Weltweit fliegen Steueroasen auf. Ebenso der Steuerhinterzieher Uli Hoeneß. Die Nachsicht der Steuerbehörden mit den Reichen wird ein Thema. Und: Mit dem Buch Die neue Umverteilung greift Deutschlands renommiertester Historiker Hans-Ulrich Wehler in die Debatte über die Entwicklung der Einkommen und Vermögen ein. Fast zeitgleich legt die schwarz-gelbe Bundesregierung den Vierten Armuts- und Reichtumsbericht vor. Wehler befürchtet, die wachsende soziale Ungleichheit könne sich zu einer existentiellen Gefährdung des Gemeinwesens auswachsen. Der FDP-Vizekanzler hingegen jubelt: "Der Bericht zeigt: Deutschland ging es noch nie so gut wie heute."
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Ungleichheit erstickt Erholung

Obamas Wiederwahl glich einem RorschachTest, der vielfältigen Interpretationen offen steht. Im Wahlkampf wurden auf beiden Seiten Fragen diskutiert, die auch mich zutiefst beunruhigen: Zum einen die lang anhaltende Konjunkturschwäche, deren Ende nicht absehbar ist, und zum anderen die wachsende Kluft zwischen dem reichsten einen Prozent der Bevölkerung und dem Rest. Letztere bedeutet nicht nur eine Ungleichheit der Einkommen, sondern auch der Ausgangschancen. Für mich sind dies zwei Seiten derselben Medaille: Mit der größten sozialen Ungleichheit seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre ist eine stabile wirtschaftliche Erholung kurzfristig nur schwer möglich und der American Dream – der ein gutes Leben durch harte Arbeit verspricht – stirbt.

Umverteilen sozialdemokratisch

Das Thema Steuern bestimmt den anlaufenden Bundestagswahlkampf. Sogenannte Neiddebatten werden beklagt, oder aber ein Kampf gegen die Armut beschworen. Wie viel Umverteilung braucht und verträgt die Bundesrepublik? Eine Gerechtigkeitsdebatte scheint auf; auch in der SPD. Deren Grundbegriffe wurden allerdings im Übergang vom Berliner zum 2007 verabschiedeten Hamburger Programm revidiert, und es wurde versucht, sie mit der Agenda 2010 sowie dem gesamten Regierungshandeln seit den 1980ern in Einklang zu bringen. Wie aber sieht Umverteilen sozialdemokratisch aus?
Das Gebot der Stunde lautet »Umfairteilen«. Linke, Grüne und Sozialdemokraten ziehen mit Programmen in den Bundestagswahlkampf, in denen – mal klar und deutlich, mal eher vernuschelt – eine steuerpolitische Kehrtwende verlangt wird. Auf rund 60 Milliarden Euro verzichten die öffentlichen Kassen jährlich, seit die Schröder-Fischer-Regierung Unternehmen, Vermögenseignern und Beziehern hoher Einkommen großzügige Steuergeschenke gemacht hat. Die Folgen sind am Zustand der öffentlichen Infrastruktur zu besichtigen – und an den ausgedünnten kommunalen Dienstleistungen für jene, die auf ihre Nutzung angewiesen sind, weil sie nicht zu den Beschenkten gehören.
»Die Schweiz ist eine friedliche, prosperierende und stabile moderne Marktwirtschaft mit tiefer Arbeitslosigkeit, hoch qualifizierten Arbeitskräften und einem der größten Pro-KopfBruttoinlandsprodukte weltweit.« So stellt das Online-Factbook des US-amerikanischen Geheimdienstes die Schweiz vor (CIA 2010). Und die Weltbank hält die Schweiz sogar für das reichste Land der Welt, wenn der hohe Bildungsstand und die relativ gut erhaltene Umwelt mit berücksichtigt werden. Doch der Reichtum ist einseitig verteilt.

Austerity, limited sovereignty and social devastation. Greece and the dark side of European Integration

by Panagiotis Sotiris [caption id="attachment_2239" align="alignright" width="300"] Athen, November 2011, Foto: Ed Yourdon[/caption] In the past two years Greek society has been under constant attack. The sovereign debt crisis has led to the imposition of severe austerity packages that have already created something very close to a social disaster. Average wages are already down by more than 20%,[1] schools and hospitals are facing difficulties to function properly, the official unemployment rate already exceeds 20%. Soup kitchens, homelessness and other manifestations of poverty are becoming integral parts of the urban landscape.

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LANDGRABBING IM ZEICHEN DER VIELFACHKRISE

Spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 gehört es zum guten Ton, von der Vielfachkrise zu sprechen, also die zahlreichen Verbindungslinien zwischen Klimakrise, Energiekrise, Finanzkrise und weiteren Krisendyanmiken ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Doch was theoretisch längst begriffen ist, übersetzt sich viel zu selten in praktische Bündnisse zwischen den unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen bzw. bewegungspolitischen Akteuren. Der Bereich energiepolitischer Kämpfe ist hiervon keineswegs ausgenommen.
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BASEBALL UND DIE SCHWARZE ARBEITERKLASSE IN DEN USA

Die Veränderungen der Lage der schwarzen Arbeiterklasse in den USA während der letzten 60 bis 70 Jahre entsprechen den gleichzeitigen Entwicklungen im US-Baseball. Auch Baseball kann als Industrie betrachtet werden. Neben der Major League, den beiden nordamerikanischen Profiligen, in denen bis 1947 nur Weiße spielten, gab es bis in die 1950er Jahre die schwarzen Negro Leagues, die zwar untergeordnet, aber dennoch bedeutend waren. 1947 setzte im Baseball ein Prozess der Desegregation ein: Jackie Robinson von den Brooklyn Dodgers war der erste schwarze Major-League-Spieler, ihm folgten bald weitere herausragende schwarze Spieler in anderen Mannschaften.
Wir stehen erneut einer systemischen Krise gegenüber. Eine der Folgen der Krise von 1870 bis 1896 war das Aufkommen des ersten Volksund Arbeiteraufstands, der Pariser Kommune. Die Krise von 1929 bis 1945 zog vielfältige gesellschaftliche Auseinandersetzungen nach sich und wurde erst durch den Zweiten Weltkrieg gelöst. Wenn wir uns nun wieder in einer systemischen Krise befinden, wird diese lang anhalten – fünf bis zehn Jahre schätzt der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz – und erhebliche Konsequenzen zeitigen, bevor der Kapitalismus sich erneuert und ein neuer langer Akkumulationszyklus möglich wird.
Diese beiden Fragen neigen dazu, sich gegenseitig zu blockieren: Es ist schwer zu sagen, was zu tun ist, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wer es tun soll. Umgekehrt ist es genauso schwierig herauszufinden, wer etwas tun könnte, ohne zu wissen, was es ist. Es lassen sich großartige Vorstellungen entwickeln, was wir tun sollten. Aber dann schaut man sich um und fragt sich: »Wer zum Teufel soll das tun?« Und wenn man fragt, was die tatsächlichen Menschen voraussichtlich tun werden oder getan sehen möchten, ist man schnell verschreckt.