Die Corona-Krise ist der schwerste Wirtschaftsschock seit der Großen Depression der 1930er Jahre. Die schwarze Null wurde beerdigt und die Schuldenbremse im Eiltempo durch Notfall-Kredite „ausgesetzt“. Die Corona-Krise offenbart wie ein Brandbeschleuniger die Fehler der Vergangenheit. Ob Renditemedizin, Investitionsstau oder Pflegenotstand: Die Kürzungspolitik in Europa macht die Krise teuer als nötig, weil die Wirtschaft wegen der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems gehemmt ist und die Unsicherheit nur mit großen Investitionen überwunden werden kann. Ohne staatliche Kredite (Schulden) wird die Krise teuer und die Brücke in die Zukunft reißt ab!
Teile der Öffentlichkeit schauen derzeit beunruhigt nach Frankreich. So wurde selbst in deutschen Medien zurückhaltend darauf hingewiesen, dass die Strategien zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Frankreich äußerst gewalttätig sind und einer Revision bedürfen. Aktueller Höhepunkt war der Tod des jungen Steve Maia Caniço, der während eines Polizeieinsatzes gegen die Besucher*innen eines Technokonzerts in Nantes in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni in der Loire ertrank, dessen sterbliche Überreste aber erst mehr als einen Monat später aus dem Fluss geborgen werden konnten.
Im Zeitalter transnationaler Unternehmen und globaler Finanzspekulation ist eine sozialistische Strategie, die nur oder nur primär auf einen bestimmten Nationalstaat fokussiert, zum Scheitern verurteilt. Gleichzeitig sind breit angelegte Kämpfe um Kontrolle über Nationalstaaten ein grundlegender Teil einer notwendigen internationalen Strategie. Diese Feststellungen sind mein Ausgangspunkt, um auf Costas Lapavitsas (griechischer Ökonom) und seine Forderung nach einem Sozialismus, der „daheim“ beginnen solle, einzugehen.
Im Gespräch mit dem italienischen Autor und Aktivisten Lorenzo Marsili spricht Ken Loach über die Rolle von Kunst in Momenten politischer Transformation, die Entstehung der arbeitenden Klassen, die Bedeutung von Klassenkämpfen und radikaler Veränderung.
Pablo Iglesias (Podemos) und Alberto Garzón (Izquierda Unida) kündigen in diesem gemeinsamen Artikel an, in den "nächsten Jahren gemeinsam den politischen Kampf und die Wahlkämpfe zu führen."
Dieser Artikel soll unsere Verpflichtung zur Zusammenarbeit deutlich machen. Nur gemeinsam können wir ein souveränes Land aufzubauen, in dem soziale Gerechtigkeit und wirkliche Gleichheit zwischen Frauen und Männern herrscht, und in dem Spanien territorial so organisiert ist, dass die vielfältigen Nationalitäten (plurinacionalidad) anerkannt werden.
Die Katalan*innen haben ein Recht auf ein Referendum. Seit Jahren gärt es. Längst geht es nicht mehr nur um die alten nationalistischen Unabhängigkeitsbestrebungen, die sich auf den Verlust der katalanischen Unabhängigkeit im 18. Jahrhundert beziehen. Referenzpunkt ist bei vielen eher die Zeit der Republik in den 1930er Jahren und der »kurze Sommer der Anarchie«. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Über viele Jahrzehnte wurde der katalanische Nationalismus vorwiegend von der Bourgeoisie vertreten, einer im spanischen Vergleich reichen und mächtigen Bourgeoisie, die mit den Autonomiestatuten dem postfranquistischen spanischen Regime viele Zugeständnisse abringen konnte. Schließlich waren über Jahrzehnte viele Regierungen von PP und PSOE von der katalanischen Regionalpartei Convergència i Unió (kurz CiU) abhängig. Diese stellte auch jahrzehntelang den katalanischen Ministerpräsidenten. Doch seit Ausbruch der Krise und der gesellschaftlichen Mobilisierung seit 2011 veränderte die Bewegung für »wirkliche Demokratie« auch die Bewegung für Unabhängigkeit.
Der französische Präsidentschaftswahlkampf offenbarte fundamentale Krisenprozesse und manifestierte historische Umbrüche der französischen Gesellschaft. Mit dem Einzug von Marine Le Pen und Emmanuel Macron zeigte sich in Frankreich eine gesellschaftliche Polarisierung, wie sie bisher in noch keinem europäischen Land deutlich wurde. Die von Zürn (2016; vgl. auch Zürn/de Wilde 2016) herausgearbeiteten „gesellschaftlichen Konfliktlinien“ zwischen Kosmopolitismus und regressiven Kommunitarismus personalisierten sich im Duell zwischen Macron und Le Pen in der Stichwahl am 7. Mai 2017. Anders jedoch als in den meisten europäischen Ländern wurde mit der Bewegung „La France Insoumise“ und ihrem Kandidaten Jean-Luc Mélenchon ein dritter gesellschaftlicher Pol sichtbar.
Die Erosion der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) geht weiter. In einem innerparteilichen Coup stürzten die Vorstandsmitglieder um Felipe González am 1. Oktober 2016 den amtierenden Generalsekretär Pedro Sánchez. Ihr Ziel war es, eine Kooperation zwischen PSOE und Unid@s Podemos und damit eine »Regierung des Wandels« zu verhindern. Stattdessen wollten sie den Weg frei machen für eine »Regierung der nationalen Einheit« unter Führung der rechtskonservativen Partido Popular mit ihrem Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Eine innerparteiliche Revolte des Establishments gegen das zarte Pflänzchen der Erneuerung. (Die Redaktion)
Während im kurdischen Südosten direkte Kolonialpraktiken angewendet werden und die Faschisierung Fahrt aufnimmt ist die westliche Kritik an den politischen Zuständen in der Türkei lauter geworden.
»Dilettantisch« oder »für Erdoğan«? Erklärungsversuch einer verwirrenden Nacht in der Türkei
Ihr habt das Projekt DiEM 25 – eine Bewegung für die Demokratisierung Europas – an der Berliner Volksbühne vorgestellt. Kannst du kurz skizzieren, worum es dabei geht?
2015 haben sich in Europa eine ganze Reihe von Krisenmomenten aufaddiert, und wir haben einen regelrechten Orkan erlebt: das Aufeinanderprallen der griechischen Regierung und der Troika, die Geflüchteten, das Ausbleiben einer europäischen Außenpolitik angesichts der Geschehnisse in Nordafrika, in Syrien oder in der Ukraine.
Blockupy, DiEM und 2025: Über die Möglichkeit einer transnationalen Offensive
Alle, die in den letzten Wochen versuchen, zu einer Einschätzung über den Regierungskurs von Syriza zu kommen und dabei deren Pro-Memorandum-Wendung ablehnen, sind de facto zur Beantwortung der schmerzlichen Frage aufgerufen: War die Kapitulation gegenüber den Gläubigern das Ergebnis von Alexis Tsipras' Bruch mit dem Parteiprogramm, oder müssen wir untersuchen, ob, von allem anderen abgesehen, die politische Strategie von Syriza falsch war? Diese Frage betrifft nicht nur die theoretische Analyse der Ereignisse, denn je nach ihrer Beantwortung ergeben sich auch andere politische Strategien für das ›Danach‹.
Innerhalb der Linken im spanischen Staat wird derzeit eine scharfe Kontroverse über die richtige Strategie bei den kommen Parlamentswahlen ausgetragen. Nach den Ergebnissen der Kommunalwahlen plädieren viele, dem Beispiel der verbindenden Kommunalen Plattformen wie Barcelona en Como oder Ahora Madrid zu folgen und gemeinsam anzutreten. Alberto Garzon, Spitzenkandidat der Vereinigten Linken (IU), lancierte einen entsprechenden Vorschlag für eine Unidad Popular, eines neuen politischen Subjekts aller transformatorischen Kräfte aus Bewegungen, Zivilgesellschaft, Parteien, Gewerkschaften. Pablo Iglesias und die Führung von Podemos erwidern, dass es dieses Subjekt bereits gäbe - Podemos - und lehnten den Vorschlag brüsk ab. Die Debatte durchzieht aber auch Podemos selbst. Starke Kritik formiert sich auch am zentralistischen Vorgehen bei der Aufstellung der Wahllisten. Inzwischen hat sich eine Initiative für eine verbindende Plattform gebildet, sie nennt sich Ahora en Común. Doch die Differenzen sind groß. Hier zwei kontroverse Positionen.[1]
Zum ersten Mal seit Beginn der weltweiten Finanzkrise, die 2008/09 begann, wird ernsthaft über eine Alternative zur autoritären Krisenbearbeitung und Kürzungspolitik diskutiert. Mit dem Wahlsieg von SYRIZA in Griechenland wurde eine linke Regierung in Europa in die Lage versetzt, eine Politik offensiv infrage zu stellen, die für soziale Verelendung, den Abbau von demokratischen und sozialen Rechten und Umverteilung von unten nach verantwortlich ist. Nun muss sich zeigen, ob es gelingen kann, diesen Moment für eine wirkungsvolle Verdichtung sozialer Proteste und des Widerstands in Europa und Deutschland zu nutzen.
Der 25. Januar markiert einen Wendepunkt für Griechenland. Mit dem Wahlsieg SYRIZA’s ist das Ende der Austeritätsregierung von Nea Dimokratia und PASOK besiegelt. Die politische Landschaft hat sich damit dramatisch verändert. Dies ist das Ergebnis einer in Europa beispiellosen politischen Krise, die in einigen Momenten die Form einer hegemonialen Krise annahm. Der Teufelskreis aus Sparkurs–Arbeitslosigkeit–Rezession war in seinen Auswirkungen verheerend. Mit ihm entstand eine lang anhaltende Protestbewegung, die in einigen Augenblicken fast aufständische Formen annahm und als Katalysator fungierte für die tiefen Brüche in der politischen Repräsentation. In weiten Teilen der subalternen Klassen wuchs ein neues Gefühl der gemeinsamen Identität des Kampfes und Protestes – neue Formen der Politisierung und Radikalisierung entstanden.
Wie die Kirche gegen gleichgeschlechtliche Ehen mobilisiert
Rechte in Großbritannien
The austerity measures dictated to Portugal by the Troika’s Memorandum are nearing completion and should be fully implemented by May 2014. The impact on Portuguese society is huge. As a consequence of these policies unemployment has risen, the phenomenon of emigration has returned, the social state has been dismantled, and all major public enterprises sold off.
Ein Gespräch mit AktivistInnen aus Griechenland, Portugal, Spanien und Italien über lokale Kämpfe und transnationale Perspektiven.
Die Krise in Europa zieht immer weitere Kreise. Mit der Zypernkrise entstand ein neuer Krisenherd, ein weiterer räumlicher Verdichtungspunkt der Widersprüche eines krisengeschüttelten Kapitalismus. Schon fast gewohnheitsmäßig schaltete sich die Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfond (IWF) ein, um wie in Irland, Portugal und Griechenland Sparauflagen und Austeritätspolitik zu diktieren. Auch die Einberufung eines Sondergipfels der EU-Finanzminister hatte bereits Routinecharakter. Also alles nur ‚same shit, different time‘?

[caption id="attachment_2226" align="alignright" width="257"]
Auf dem Markt in Athen, Foto: Ed Yourdon[/caption]
In den 1980er und verstärkt in den 1990er Jahren durchliefen die Länder Europas eine Privatisierungsphase, in deren Ergebnis die Wohlfahrtsstaaten drastisch reduziert wurden. Die Begründungen dafür unterschieden sich je nach Wirtschaftssektor, Land und Zeitpunkt voneinander, auch die Form der Privatisierung. Doch handelt es sich um ein Stadium in der Entwicklung des Kapitalismus, »eine Verschiebung der Beziehungen zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft, die politisch, sozial und ökonomisch einen durchgreifenden Wandel darstellt« (Frangakis u.a. 2009, 10).

Budapest – Auf dem Blaha-Lujza-Platz, einem der zentralen Verkehrsknotenpunkte der Stadt, warten an einem milden Samstagnachmittag dutzende Bedürftige auf eine warme Mahlzeit, die ihnen christliche Hilfsorganisationen anbieten. Aus den Lautsprechern tönen immer wieder die gleichen Bibelverse. Eine Frau teilt rötliche Bohnensuppe in Plastikschüsseln mit einer dicken Scheibe Graubrot aus, »im Namen Christi«. Männer und Frauen schlürfen wortlos ihre Teller leer, dann verschwinden sie in die benachbarten Seitenstraßen.